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Abschnitt 5.1 - 5
Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen bei Mischexpositionen

5.1
Allgemeine Vorgehensweise

Bei der überwiegenden Mehrzahl der nicht gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen besteht ein Kontakt zu einem Gemisch von Mikroorganismen unterschiedlicher Risikogruppen, wobei die Kombination aus Organismen der Risikogruppen 1 und 2 am häufigsten auftritt.

Auch die Mikroorganismen, mit denen wir täglich außerberuflich Kontakt haben, stellen im Allgemeinen eine Mischpopulation aus Bakterien, Pilzen und Viren dieser beiden Risikogruppen dar. Ein Kontakt hierzu bedeutet nicht zwingend eine Infektion. Bei reduzierter Immunabwehr oder bei Exposition gegenüber hohen Konzentrationen kann aber eine Erkrankung die Folge sein.

Die Entscheidung, ob eine Mischexposition gegenüber biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 1 und 2 der Schutzstufe 1 oder der Schutzstufe 2 zugeordnet wird, muss der Unternehmer in jedem Einzelfall nach Abschätzung des Infektionsrisikos treffen. Hierzu sollen im Anschluss einige allgemeine Hilfestellungen gegeben werden.

Für ein nicht zu vernachlässigendes Infektionsrisiko und damit für eine Zuordnung der Tätigkeit zur Schutzstufe 2 sprechen

  • Untersuchungen oder Literaturstellen, die ein häufiges Vorhandensein von Risikogruppe-2-Mikroorganismen belegen (z.B. in wassergemischten Kühlschmierstoffen, Fahrzeugwaschanlagen)

    oder

  • wenn bereits Infektionskrankheiten bei vergleichbaren Tätigkeiten bekannt sind (für die meisten Bereiche in der Metallbranche ist ein Krankheitsgeschehen bei den Metallberufsgenossenschaften durch biologische Arbeitsstoffe nicht auffällig),

    sowie

  • der häufig gegebene Übertragungsweg über Aerosole oder Hautkontakt

    und

  • die zum Teil hohen Konzentrationen der biologischen Arbeitsstoffe im Material (deutliche Zeichen einer Vermehrung von Mikroorganismen können sein: fauliger Geruch, zunehmende Trübung von Flüssigkeiten, pH-Wert-Abfall in Flüssigkeiten u.a.) oder in der Atemluft.

In Fällen, in denen die genannten Risikofaktoren vernachlässigt werden können, kann eine Zuordnung der Tätigkeit zur Schutzstufe 1 erfolgen.

Fällt die Entscheidung für die Schutzstufe 2, bedeutet dies, dass ein gewisses gesundheitliches Risiko bei der Tätigkeit gesehen wird und dass entsprechende Schutzmaßnahmen daraus abzuleiten und einzuhalten sind.

Häufig besteht im Betrieb eine hohe Hemmschwelle, eine Tätigkeit der Schutzstufe 2 zuzuordnen, aus Angst vor einer großen Anzahl neu umzusetzender Maßnahmen. Viele dieser Maßnahmen sind schon aufgrund anderer Gefährdungen umgesetzt, sodass eine Entscheidung für Schutzstufe 2 nicht zwangsläufig zusätzliche Maßnahmen erforderlich macht.

  • Bei einer Zuordnung zur Schutzstufe 1 sind die allgemeinen Hygienemaßnahmen nach TRBA 500 (siehe Abschnitt 3.2.2) durchzuführen.

  • Bei einer Zuordnung zur Schutzstufe 2 müssen selbstverständlich ebenso die allgemeinen Hygienemaßnahmen nach TRBA 500 beachtet werden. Weiterhin müssen die in Abschnitt 3.2 genannten Maßnahmen getroffen und aus dem Anhang III der BioStoffV diejenigen Sicherheitsmaßnahmen ausgewählt werden, die anwendbar und geeignet sind, um eine Gefährdung der Beschäftigten zu verringern.

Da jedoch die im Anhang III aufgelisteten Sicherheitsmaßnahmen vorwiegend für gezielte Tätigkeiten ausgelegt sind, sind diese nur in seltenen Fällen auf die im Metallbereich anfallenden Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen anwendbar und können somit nicht "ausgewählt" werden.

Die festzulegenden Schutzmaßnahmen sind großenteils identisch mit den bereits durch Beachtung der TRBA 500 umgesetzten Maßnahmen. Als darüber hinausgehende Maßnahmen kommen

  • Angebotsuntersuchungen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge (§ 15 BioStoffV) und

  • die Kennzeichnung der Arbeitsbereiche mit dem Symbol der Biogefährdung (Bild 3-5)

infrage.

Bei Schutzstufe 2 muss der Unternehmer den Beschäftigten Vorsorgeuntersuchungen anbieten, es sei denn, aufgrund der getroffenen Schutzmaßnahmen ist nicht mit einer gesundheitlichen Gefährdung zu rechnen. Bei Einhaltung geeigneter und wirksamer Schutzmaßnahmen ist davon auszugehen, dass keine über das allgemeine Maß hinausgehende Gefährdung besteht.

Eine Kennzeichnungspflicht bei Schutzstufe 2 besteht nur, wenn sich hieraus eine Verringerung der Gefährdung ergibt. Ist der Kontakt mit dem Arbeitsstoff durch den Arbeitsprozess vorgegeben und nicht zu vermeiden, vermindert auch eine Kennzeichnung diesen Kontakt nicht.

Es ist ersichtlich, dass die Entscheidung für Schutzstufe 1 oder für Schutzstufe 2 bei vielen nicht gezielten Tätigkeiten mit einem nicht näher charakterisierten Gemisch von biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 1 und 2 nur einen sehr geringen Unterschied bezüglich der tatsächlich geeigneten Schutzmaßnahmen zur Folge hat. Bei Entscheidung für Schutzstufe 2 stellt sich hauptsächlich die zusätzliche Frage, ob die festgelegten und durchgeführten Schutzmaßnahmen geeignet sind, die Gesundheitsgefahr so weit zu reduzieren, dass eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung nicht angeboten werden muss.

Unabhängig von der Zuordnung zu Schutzstufe 1 oder 2 müssen zusätzliche Schutzmaßnahmen bei gleichzeitigem Auftreten von biologischen Arbeitsstoffen mit sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen getroffen werden.