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Abschnitt 4.3 TRBA 200 - Anforderungen bei Tätigkeiten mit Schutzstufenzuordnung in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes sowie bei Tätigkeiten in der ambulanten Pflege

Tätigkeiten mit Biostoffen in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes werden ebenfalls Schutzstufen zugeordnet. Tätigkeiten in der ambulanten Pflege dagegen müssen nach der Biostoffverordnung keiner Schutzstufe zugeordnet werden, da sie laut Begriffsbestimmung nicht in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes (§ 2 Absatz 14 BioStoffV) durchgeführt werden. Aufgrund der Vergleichbarkeit der Pflegetätigkeiten in beiden Bereichen, wird die ambulante Pflege aber in Nummer 4.3.1 mit erfasst.

4.3.1
Tätigkeiten der Schutzstufe 1 oder 2 und Tätigkeiten in der ambulanten Pflege

(1) In vielen Arbeitsbereichen des Gesundheitsdienstes finden Tätigkeiten der Schutzstufe 1 und 2 nebeneinander statt. Die Fachkundeanforderungen für diese beiden Schutzstufen werden deshalb zusammengefasst. Bei Tätigkeiten der Schutzstufe 1 ist eine Infektionsgefährdung unwahrscheinlich; bei Tätigkeiten der Schutzstufe 2 muss mit einer Infektionsgefährdung gerechnet werden.

(2) Folgende Anforderungen müssen erfüllt sein, um die Gefährdungsbeurteilung fachkundig durchzuführen:

1.
Eine geeignete Berufsausbildung sowie Berufserfahrung, nachgewiesen:

  1. a.

    in Krankenhäusern, in der stationären Pflege, Hospizen und Arztpraxen durch:

    • ein abgeschlossenes Medizinstudium oder

    • eine abgeschlossene Ausbildung in der Krankenpflege oder Fachaltenpflege,

    • eine abgeschlossene Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf, z. B. Operationstechnischer Assistent oder Operationstechnische Assistentin,

  2. b.

    in Reha-Einrichtungen, in der ambulanten Pflege und in sonstigen Einrichtungen des Gesundheitswesens durch:

    • eine Ausbildung nach Nummer 1a oder

    • den Abschluss einer staatlich anerkannten branchentypischen Ausbildung, z.B. Physiotherapeut oder Physiotherapeutin, Logopäde oder Logopädin

und

  • eine mindestens zweijährige Tätigkeit in dem erlernten Beruf.

2.
Kompetenz im Arbeitsschutz - Voraussetzungen hierfür sind:

Kenntnisse der

  • relevanten Biostoffe und ihrer Eigenschaften (infektiös, toxisch, sensibilisierend oder sonstige Wirkungen; Einstufung, Übertragungswege bzw. Aufnahmepfade und mögliche Erkrankungen),

  • Arbeitsplätze und Tätigkeiten,

  • einschlägigen Rechtsgrundlagen (insbesondere ArbSchG, BioStoffV, TRBA - insbesondere TRBA 250[15], ArbMedVV, IfSG, KRINKO-Empfehlungen, MedHyg-VO der Länder [16])

sowie die Fähigkeit zur

  • Bewertung von Tätigkeitsabläufen und Expositionssituationen hinsichtlich der von den Biostoffen ausgehenden Gefährdungen,

  • Ermittlung und Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen (technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen, insbesondere Persönliche Schutzausrüstung) nach dem Stand der Technik,

  • Anwendung des Minimierungsgebotes,

  • Festlegung von Sofortmaßnahmen bei Unfällen oder Zwischenfällen sowie Auswertung von Unfallursachen,

  • konzeptionellen Planung und praktischen Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung von Nadelstichverletzungen,

  • Ermittlung erforderlicher medizinischer Präventionsmaßnahmen,

  • Ermittlung und Festlegung von geeigneten Maßnahmen zur Inaktivierung, Sterilisation, Desinfektion und Abfallentsorgung,

  • Festlegung der erforderlichen Hygienemaßnahmen.

(3) Über die erforderliche Kompetenz im Arbeitsschutz verfügen:

  • die Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin, sofern in deren Aus- oder Weiterbildung Kenntnisse über spezifische Gefährdungen im jeweiligen Einsatzgebiet erworben wurden,

  • der Arbeitgeber, wenn er ein alternatives Betreuungsmodell nach der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 2 "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit" [7] wählt und aktiv in das Betriebsgeschehen eingebunden ist,

  • sonstige Personen, die die erforderlichen Arbeitsschutzkenntnisse auf andere Art - zum Beispiel im Rahmen des Studiums, der Ausbildung oder einer Weiterbildungsmaßnahme - erworben haben.

4.3.2
Tätigkeiten der Schutzstufe 3

(1) Aufgrund der erhöhten Infektionsgefährdung sind für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten der Schutzstufe 3 höhere Anforderungen an die Fachkunde zu stellen.

(2) Folgende Anforderungen müssen erfüllt sein, um die Gefährdungsbeurteilung fachkundig durchzuführen:

1.
Eine geeignete Berufsausbildung sowie Berufserfahrung, nachgewiesen durch:

  • ein abgeschlossenes Studium der Humanmedizin

und

  • eine mindestens zweijährige Tätigkeit in dem erlernten Beruf.

2.
Kompetenz im Arbeitsschutz, insbesondere zu Tätigkeiten der Schutzstufe 3 - Voraussetzungen hierfür sind:

Kenntnisse der

  • relevanten Biostoffe und ihrer Eigenschaften (Einstufung, Übertragungswege und mögliche Erkrankungen),

  • Arbeitsplätze und Tätigkeiten,

  • einschlägigen Rechtsgrundlagen (insbesondere ArbSchG, BioStoffV, TRBA - insbesondere TRBA 250, ArbMedVV, IfSG, BetrSichV, KRINKO-Empfehlungen, MedHygVO der Länder)

sowie die Fähigkeit zur

  • Bewertung von Tätigkeitsabläufen und Expositionssituationen hinsichtlich der von den Biostoffen ausgehenden Gefährdungen,

  • Zuordnung der durchzuführenden Tätigkeiten zur erforderlichen Schutzstufe,

  • Ermittlung und Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen insbesondere im Hinblick auf notwendige räumliche Trennung und Persönliche Schutzausrüstung für Tätigkeiten der Schutzstufe 3,

  • Festlegung der Zutrittsregelungen,

  • Festlegung von Sofortmaßnahmen bei Unfällen oder Zwischenfällen sowie Auswertung von Unfallursachen,

  • konzeptionellen Planung und praktischen Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung von Nadelstichverletzungen,

  • Ermittlung erforderlicher arbeitsschutzrelevanter Präventionsmaßnahmen,

  • Ermittlung und Festlegung von geeigneten Maßnahmen zur Inaktivierung, Sterilisation, Desinfektion und Abfallentsorgung.

(3) Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie Betriebsarzt oder Betriebsärztin und ggf. weitere Personen (z.B. Beauftragte für die Biologische Sicherheit, Betriebstechniker) decken mindestens Teilaspekte der erforderlichen Arbeitsschutzkompetenz ab und können insoweit zur Beratung bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung hinzugezogen werden.

4.3.3
Tätigkeiten der Schutzstufe 4 (Sonderisolierstationen)

(1) Aufgrund der hohen Gefährdung sind für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten der Schutzstufe 4 besondere Anforderungen an die Fachkunde zu stellen, und der Arbeitgeber ist verpflichtet, sich von der benannten fachkundigen Person beraten zu lassen. Schwerpunkt ist hier nicht nur die Vermeidung einer Exposition der Beschäftigten. Vielmehr liegt das Augenmerk auch darauf zu verhindern, dass andere Personen infiziert werden und hochpathogene Biostoffe in die Umwelt gelangen.

(2) Folgende Kompetenzen sind erforderlich, um die Gefährdungsbeurteilung fachkundig durchzuführen:

1.
Eine geeignete Berufsausbildung sowie Berufserfahrung, nachgewiesen durch:

  • die Qualifikation zum Facharzt oder zur Fachärztin für medizinische Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie oder ggf. Facharzt oder Fachärztin für Innere Medizin oder für Kinder- und Jugendmedizin

oder

  • die Qualifikation zum Facharzt oder zur Fachärztin mit der Berechtigung zum Führen der Zusatzbezeichnung "Tropenmedizin" bzw. "Infektiologie"

sowie

  • eine unmittelbar zuvor liegende mindestens fünfjährige fachärztliche Tätigkeit.

2.
Kompetenz im Arbeitsschutz, insbesondere zu Tätigkeiten der Schutzstufe 4 - Voraussetzungen hierfür sind:

Kenntnisse

  • hinsichtlich Aufbau und der Funktion einer Sonderisolierstation, insbesondere zu sicherheitstechnischen Aspekten und Einrichtungen,

  • der einschlägigen Rechtsgrundlagen (insbesondere die speziellen Anforderungen für eine Sonderisolierstation nach Anhang 1 der TRBA 250, ferner ArbSchG, BioStoffV, ArbMedVV, IfSG)

sowie die Fähigkeit zur

  • konzeptionellen Planung des Betriebs einer Sonderisolierstation,

  • Entwicklung von Managementkonzepten für den Behandlungsbereich, z. B. zur Inbetriebnahme vor Behandlungsbeginn, zur Betriebsorganisation während der Behandlung und nach Behandlungsende,

  • konzeptionellen Planung und Festlegung von geeigneten Maßnahmen zur Inaktivierung, Sterilisation, Desinfektion und Abfallentsorgung sowie zur Dekontamination von Persönlicher Schutzausrüstung,

  • Festlegung von Sofortmaßnahmen bei Unfällen oder Zwischenfällen sowie Auswertung von Unfallursachen,

  • Entwicklung von Schulungs- und Trainingskonzepten.

(3) Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie Betriebsarzt oder Betriebsärztin und ggf. weitere Personen (z.B. Beauftragte für die Biologische Sicherheit, Betriebstechniker) decken mindestens Teilaspekte der erforderlichen Arbeitsschutzkompetenz ab und können insoweit zur Beratung bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung hinzugezogen werden.