DGUV Information 207-206 - Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln im Gesundheitsdienst

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Abschnitt 10.1 - 10.1 Allgemeines

Im Gesundheitsdienst ist für einen Teil der verwendeten Textilien ein desinfizierendes Waschverfahren notwendig, um einer Übertragung von Krankheitserregern vorzubeugen. Die sachgerechte Wäscheaufbereitung kann dabei betriebsintern oder durch externe Großwäschereien erfolgen. Die Behandlung von Krankenhauswäsche, Schutzkleidung, Arbeitskleidung und Flachwäsche von Krankenhäusern oder auch Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen erfolgt vielfach in diesen speziellen Wäschereien, die große Mengen an Textilien durch automatische, kontinuierlich arbeitende Waschanlagen führen. Daneben werden aber häufig Mehrwegwischtextilien (z. B. Feuchtwischtücher und Wischmopps) in Krankenhäusern, Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen betriebsintern in Waschmaschinen desinfizierend gewaschen. In medizinischen und therapeutischen Praxen werden diese Mehrwegwischtextilien sowie Schutzkleidung, Arbeitskleidung und Flachwäsche betriebsintern in Waschmaschinen desinfizierend gewaschen.

Das folgende Kapitel bezieht sich auf die Abläufe der betriebsinternen Wäschedesinfektion in kleinen bis großen gesundheitsdienstlichen Betrieben und nicht auf die Abläufe in externen Großwäschereien.

Wichtigste Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen

Die Wirkstoffe in Desinfektionswaschmitteln gehören zu der Stoffgruppe der Peroxidverbindungen. Die am häufigsten vorkommenden Wirkstoffe sind in Tabelle 11 aufgeführt.

Tabelle 11
Häufigste Wirkstoffe in Desinfektionswaschmitteln mit zugehöriger Stoffgruppe und Luftgrenzwerten

StoffgruppeCAS-Nr.WirkstoffAGW
[mg/m3]
MAK
[mg/m3]
Int. GW [mg/m3]
(Land)
DNEL [mg/m3]
lokalsystemisch
Organische Säure64-19-7Essigsäure252525 (EU)25-
Peroxidverbindungen15630-89-4Natriumpercarbonat---5-
79-21-0Peroxyessigsäure-0,320,6 (FIN)0,560,56
7722-84-1Wasserstoffperoxid0,710,710,4 (POL)1,4-

Flüssige Desinfektionswaschmittel basieren auf Peroxyessigsäure und Wasserstoffperoxid und enthalten Essigsäure als organischen Zusatz. Desinfektionswaschmittel in Pulverform basieren hingegen auf Natriumpercarbonat und dem Aktivator Tetraacetylethylendiamin (CAS-Nr. 10543-57-4) und enthalten organische Zusätze wie Benzolsulfonsäure (CAS-Nr. 98-11-3) und Zitronensäure (CAS-Nr. 77-92-9). Bei Zumischung von Wasser zum Pulver wird Peroxyessigsäure als Wirkstoff in situ freigesetzt.

Chlor kann ebenfalls, aber viel seltener als Peroxyessigsäure als Wirkstoff in Produkten für die Wäschedesinfektion Anwendung finden. Pulverwaschmittel basieren auf anorganischen oder organischen Substanzen wie Natriumdichlorisocyanurat als Dihydrat (CAS-Nr. 51580-86-0), die Chlor freisetzen.

Tenside, Wasserenthärter (z. B. Silikate), Waschalkalien (z. B. Laugen), Seifen und Duftstoffe können wie in haushaltüblichen (nicht desinfizierenden) Waschmitteln zur Reinigungswirkung in Desinfektionswaschmitteln zusätzlich enthalten sein.

ccc_3519_as_2.jpgWasserstoffperoxid
Produkte mit hohem Wasserstoffperoxidgehalt (> 12 Gew.-%) sind in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 2019/1148 über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe genannt. Es sind besondere Regelungen zu beachten, damit Privatpersonen keinen Zugang zu diesem Stoff erhalten.

Verfahren

Die wesentlichen Verfahren der Wäschedesinfektion sind:

  • thermische Desinfektionswaschverfahren (Desinfektionstemperatur > 85 °C) für Textilien aus Baumwolle (sogenannte Kochwäsche)

  • chemothermische Desinfektionswaschverfahren (Desinfektionstemperatur 40-60 °C) für Textilien aus Mischgewebe (Baumwolle und Synthesefasern)

    • Verfahren mit Peroxidverbindungen als Wirkstoff (für Wäsche mit Verschmutzungen wie bis 12,5 ml Blut pro kg Wäsche geeignet, bei stärkeren Verschmutzungen gegebenenfalls zweimal durchführen)

    • Verfahren mit anorganischen oder organischen Substanzen mit aktivem Chlor als Wirkstoff (nicht für stark verschmutzte und auch nicht merklich mit Blut verschmutzte Wäsche geeignet)

Die Waschmaschinen sollen gewährleisten, dass die für das jeweilige Verfahren vorgeschriebene Konzentration des Desinfektions- und Waschmittels, das Flottenverhältnis und die Temperatur während der Einwirkzeit eingehalten werden. Unter Flotte versteht man die Flüssigkeitsmenge, mit der das Reinigungsgut während einer Arbeitsphase behandelt wird. Das Flottenverhältnis beschreibt das Verhältnis der Gewichtsmengen von Reinigungsgut und Flotte. Die für das Flottenverhältnis angegebenen Daten sind Mindestwerte. Es ist zulässig, größere Flotten anzuwenden. Am Ende der Desinfektionsphase sollen Desinfektionsgut, Flotte und der Innenraum der Maschine, der mit der kontaminierten Wäsche und der Flotte in Berührung kam, desinfiziert sein (siehe Kapitel 6.2).

Nach dem derzeitigen Stand der Technik können diese Forderungen von folgenden Maschinen erfüllt werden (siehe Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren):

  • diskontinuierlich arbeitende Trommelwaschmaschinen

  • kontinuierlich arbeitende Waschmaschinen (soweit sie vom RKI geprüft sind)

Haushaltswaschmaschinen erfüllen im Gegensatz zu gewerblichen Maschinen diese Kriterien in der Regel nicht, da sie nicht über die erforderlichen Prozessparameter (z. B. erforderliche Desinfektionstemperatur, erforderliche Temperaturhaltezeit oder erforderliches Flottenverhältnis) verfügen. Deshalb sind Haushaltswaschmaschinen nicht ohne entsprechende Validierung, d. h. Sicherstellung der erforderlichen Prozessparameter, für die Aufbereitung von Wäsche im medizinischen Bereich geeignet (siehe VAH-Mitteilung Nr. 7/2010 der Desinfektionsmittel-Kommission). Herstellerinformationen geben Hinweise für die Auswahl der Waschmaschine mit entsprechenden Leistungsvorgaben.

Bestimmte Textilien bzw. Materialien wie Fixiergurte, Rettungstücher oder Evakuierungstücher, die in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen verwendet werden, werden in der Regel mittels eines maschinellen Waschverfahrens in externen Wäschereien desinfiziert. Wird die Desinfektion dieser Textilien bzw. Materialien betriebsintern durchgeführt, erfolgt dies oft mittels einer manuell desinfizierenden Reinigung. Die Wäsche wird dazu in einer verdünnten Anwendungslösung für eine bestimmte Einwirkzeit nach Herstellerangaben (z. B. 12 h) zur Desinfektion eingelegt und anschließend gründlich gespült.

Neben den in Kapitel 3 genannten allgemeingültigen Gefährdungen und Schutzmaßnahmen zu Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln werden im Folgenden konkrete Gefährdungen und ergänzende Schutzmaßnahmen bezüglich der speziellen Wäschedesinfektionsverfahren beschrieben. Im Unterschied zu den anderen Desinfektionsverfahren ist hier der Umgang mit dem Desinfektionsmittelkonzentrat bzw. konzentrierten Wäschedesinfektionsmittel inbegriffen.

Quellen: Marktrecherche der BGW Anfang 2020 (Anhäuser, Halsen et al. 2021), TRGS 900, "International Limit Values"- und "DNEL"-Listen des Gefahrstoffinformationssystems der DGUV. Die DNEL-Werte beziehen sich auf die inhalative Langzeitexposition am Arbeitsplatz (Webcodes: d6247 und d145542), Stand: Juli 2023.