DGUV Information 207-026 - Zu Hause pflegen - so kann es gelingen! Ein Wegweiser für pflegende Angehörige

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Abschnitt 3 - 3 Den neuen Alltag gestalten - Organisation der häuslichen Pflege

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Abb. 11 In guten wie in schlechten Tagen

Um den Belastungen bei der Pflege und Betreuung eines Menschen entgegenzuwirken, brauchen Sie eine gute Organisation und sollten ausführlich informiert sein.

Ein Beispiel:

Herr Steffens ist mit einem Schlaganfall vor einem Jahr ins Krankenhaus gebracht worden. Seit er wieder zu Hause ist, dreht sich alles um ihn. Er braucht rund um die Uhr Hilfe. Frau Steffens ist allein für die Pflege und Betreuung ihres Mannes zuständig. Ihr Sohn lebt in Hamburg und kommt nur in großen zeitlichen Abständen zu Besuch. Für Frau Steffens stellt sich die Frage, ob sie ihren Mann ins Pflegeheim geben soll, gar nicht erst. "Wir lieben uns und sind füreinander da, so wie wir es uns vor Gott versprochen haben - in guten und in schlechten Zeiten", sagt sie zu ihrem Sohn, als dieser erwähnt, dass es die Möglichkeit gebe, den Vater in einem Pflegeheim unterzubringen.

Sie erledigt alles mit großer Sorgfalt. Anfangs geht ihr alles leicht von der Hand. Doch sie merkt auch, dass ihr die Pflege und Betreuung ihres Mannes immer schwerer fallen und sie es nicht mehr allein schafft. Deshalb bindet sie auf Anraten des Sohnes einen Pflegedienst ein, der morgens und abends zur Unterstützung kommt. Den Rest des Tages und in der Nacht ist Frau Steffens allein mit ihrem Mann. Nach einiger Zeit stellt sie fest, dass sie trotz Hilfe durch den Pflegedienst immer noch viel Zeit für die Pflege und Betreuung benötigt und geht deshalb nicht mehr zu ihrer Kaffeerunde, die schon seit 17 Jahren besteht und auch nicht mehr zur Gymnastik, die, wie sie sagt, "ihr immer so gut tut". Denn die Zeit braucht sie ja für ihren Mann.

Auch ihre Freundinnen kommen nur noch sehr selten zu Besuch. Frau Steffens glaubt, dass es daran liegt, dass ihre Freundinnen sich nicht mehr so richtig wohl bei ihr fühlen, dass sie ein Unbehagen verspüren, wenn sie bei ihr sind. Sie werden vielleicht daran erinnert, dass ihnen so etwas auch passieren könnte. Außerdem hat sie ja auch nichts Neues zu berichten. Alles, was sie erlebt, spielt sich im Haus ab und dreht sich um ihren Mann. Na ja, und gestört werden sie dann auch noch, wenn ihr Mann sie häufig ruft, während die Freundinnen da sind. Frau Steffens kümmert sich nun noch intensiver um ihren Mann, denn außer dem Pflegedienst und dem Sohn kommt niemand mehr ins Haus. Dies führt dazu, dass sich ihre Gedanken immer mehr um die Bedürfnisse ihres Mannes drehen. Selbst in der Nacht findet sie nur schlecht in den Schlaf, weil sie ja etwas vergessen haben könnte.

Was kann Frau Steffens tun, um bei der häuslichen Pflege und Betreuung ihres Mannes im Gleichgewicht (Balance) zu bleiben?

Frau Steffens setzt sich mit einer Pflegeberaterin zusammen, um mit ihrer Hilfe die häusliche Pflegesituation zu planen. Die Pflegeberaterin erstellt zusammen mit Frau Steffens einen auf sie abgestimmten Selbstsorgeplan. Dieser berücksichtigt das Alter, die Lebenssituation, die Bedürfnisse sowie den Gesundheitszustand von Frau Steffens. Es werden außerdem zwei unterschiedliche, individuelle Netzwerke zusammengestellt (eines für den Alltag und eines für den Notfall). Diese enthalten alle wichtigen Institutionen und Menschen, die sie entlasten. Darüber hinaus wird ein strukturierter Tages- oder Wochenplan erstellt, der den sinnvollen Einsatz der Dienste und Menschen sowie Maßnahmen zur Selbstsorge beinhaltet, die individuell auf Frau Steffens abgestimmt sind.

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Denken Sie daran: Oft dauert die Pflege länger als gedacht!

Vor dem Termin mit der Pflegeberatung, sollten Sie unter anderem über folgende Fragen nachdenken:

  • Warum möchten Sie die Pflege übernehmen?

  • Was glauben Sie, wo Ihre Grenzen sind?

  • An welchem Ort soll die Pflege und Betreuung stattfinden?

  • Wie können Sie die Familie einbinden? (Sich mit allen an einen Tisch zu setzen, kann hilfreich sein.)

  • Was will die pflegebedürftige Person?