TRBA 200 - TR Biologische Arbeitsstoffe 200

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Anhang 1 TRBA 200 - Beispielhafte Inhalte für den Erwerb bzw. die Auffrischung der Kompetenz im Arbeitsschutz im Rahmen der Fachkunde in den Schutzstufen 3 und 4 sowie zur Fortbildung von benannten fachkundigen Personen

Die aufgelisteten Kenntnisse zielen nicht nur auf theoretisches Wissen ab. Insbesondere der Umgang mit der Persönlichen Schutzausrüstung (Anlegen von und Arbeiten mit Schutzkleidung), die Nutzung sicherheitstechnischer Vorkehrungen (z. B. Ein- und Ausschleusen, Arbeiten an mikrobiologischen Sicherheitswerkbänken), die Entsorgung von Abfall sowie der Umgang mit Vorfällen (Unfallsimulation) bedürfen der praktischen Übung.

ThemenkomplexÜbergeordnete Kenntnisse und FähigkeitenBeispielhafte Inhalte
(1)
Bewertung relevanter Biostoffe
Aktualisierte Kenntnis der für den Arbeitsplatz/die Tätigkeiten relevanten Biostoffe und deren Eigenschaften.
Einordnung der Gefährdungen, die von biologischen Materialien ausgehen können.
Anwendung der Einstufungskriterien.
Kenntnisse für die Planung eines sicheren Probenmanagements.
  • Pathogenitätsmechanismen,

  • Infektionsdosis,

  • Übertragungswege, Anwesenheit von Überträgern (Vektoren),

  • Möglichkeit des Überlebens außerhalb des menschlichen Wirtes,

  • Wirkungsweise von Toxinen (gem. § 2 BioStoffV),

  • Gefährdungspotenziale für Mitarbeiter und andere Personen,

  • Impfpräventabilität,

  • Laborerworbene Infektionen (LAI),

  • Krankheitssymptome mit Blick auf verwendete Biostoffe,

  • Epidemiologische Relevanz,

  • Gefährdungspotenziale von Probenmaterial,

  • Sicherer Umgang mit Probenmaterial,

  • Gefährdungspotenziale beim Umgang mit infizierten Tieren.

(2)
Rechtliche Grundlagen für Tätigkeiten mit Biostoffen
Kenntnis der Grundlagen der Rechtssystematik und der Systematik des Arbeitsschutzes.
Kenntnis einschlägiger Rechtsvorschriften.
Anwendung der Rechtsgrundlagen für das Arbeiten mit Biostoffen.
Grundlagen zur Rechtssystematik, zum Aufbau und zur rechtlichen Bedeutung von
  • EU-Recht (Richtlinien, Verordnungen),

  • nationalem Recht (Gesetze, Verordnungen),

  • untergesetzlichen Regelungen (Technische Regeln und beratende Ausschüsse, Regeln der Unfallversicherungsträger),

  • Normen.


Regelungsinhalte tätigkeitsrelevanter
  1. a)

    Rechtsvorschriften

    • ArbSchG (STOP-Prinzip und Minimierungsgebot),

    • BioStoffV,

    • Sonstige Gesetze und Verordnungen mit Bezug zur Thematik (z. B. GefStoffV, BetrSichV, IfSG, GenTG, GenTSV, TierSeuchErrV, Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG) [21], Kriegswaffenkontrollgesetz [22], Verordnung (EU)-Nr. 2021/821, ArbMedVV),

  2. b)

    Untergesetzliche Regelungen

    • Technische Regeln (TRBA, TRGS, TRBS, AMR),

    • Regelungen von DGUV und UVT (z. B. DGUV Information 213-086; B 002 "Biologische Laboratorien

    • Ausstattung und organisatorische Maßnahmen" [23]),

    • Normen.

(3)
Strukturierte Beurteilung von Arbeitsplätzen in Abhängigkeit der verwendeten Biostoffe
Kenntnis der Arbeitsplätze und Tätigkeiten.
Bewertung und Einordnung von Tätigkeitsabläufen und Expositionssituationen.
Identifikation und Bewertung von Kontaminationsquellen.

Zuordnung zu gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten und zu einer Schutzstufe.
Festlegung von Schutzmaßnahmen.
Durchführung und Dokumentation einer Gefährdungsbeurteilung.
Aufbau und Strukturierung von
  • Gefährdungsbeurteilung,

  • Betriebsanweisung,

  • Unterweisung,

  • Arbeitsanweisung.

Quellen der Informationsbeschaffung
  • TRBA z. B. TRBA 460 "Einstufung von Pilzen in Risikogruppen" [24], TRBA 462 "Einstufung von Viren in Risikogruppen" [25], TRBA 464 "Einstufung von Parasiten in Risikogruppen" [26] und TRBA 466 "Einstufung von Prokaryonten (Bacteria und Archaea) in Risikogruppen" [27],

  • wissenschaftliche Datenbanken,

  • Arbeitshilfen der Unfallversicherungsträger z. B. GESTIS-Biostoffdatenbank [28], BG-Merkblätter.

Vorgehensweise bei der Bewertung von Arbeitsplätzen
  • Durchführung einer Arbeitsplatzbegehung,

  • Zuordnung gezielte/nicht gezielte Tätigkeiten,

  • Zuordnung zu Schutzstufen,

  • Durchführung einer Risikobewertung,

  • Substitutionsprüfung,

  • Erforderliche Schutzmaßnahmen (STOP-Prinzip),

  • Wirksamkeitskontrolle der angewandten Schutzmaßnahmen,

  • Dokumentation und Kommunikation der Gefährdungsbeurteilung.

(4)
Sicherheitstechnische Voraussetzungen
Kenntnis (Überblick) der technischen Schutzmaßnahmen und baulichen Ausstattung zur Aufrechterhaltung von Einschließungsmaßnahmen in der Schutzstufe 3 oder 4.
Verständnis der Funktionsweise sicherheitsrelevanter Arbeitsgeräte und Einrichtungen.
Bewertung gerätespezifischer Gefährdungspotenziale, insbesondere
  • Aerosolbildung,

  • Grenzen der Desinfizierbarkeit.

Verständnis der Anforderungen an verschiedene Betriebszustände.
Bauliche Voraussetzungen (inkl. Aspekte des Brandschutzes)
  • Zugangskontrollen, Schleusen,

  • Lüftungstechnik (Unterdruck),

  • Filtersysteme,

  • Sicherheitsaspekte der Medienversorgung,

  • Anlagen zur Abwasser- und Abfallentsorgung.

Ausstattung und Einrichtung, z. B.
  • Sicherheitswerkbänke der Klassen I, II und III,

  • Inkubatoren,

  • Fermenter,

  • Zentrifugen,

  • Isolatoren,

  • Geräte für Bildgebungsverfahren (Imaging-Systeme),

  • Durchreicheautoklaven,

  • Abwassersterilisationsanlagen.

Anforderungen an
  • Probebetrieb,

  • Wartungen (u.a. Filterwechsel),

  • Abweichungen vom Regelbetrieb (z. B. Verhalten bei Störmeldungen und Alarmen),

  • Außerbetriebnahme.

(5)
Elemente von Arbeitsschutzmanagementsystemen und der Risikokommunikation
Kenntnis von Elementen der Arbeitsschutzorganisation, des Biosicherheitsmanagements und der Risikokommunikation.
Ermittlung und Festlegung von Maßnahmen bei Unfällen und Zwischenfällen.
Erstellung Notfallplan und Konzept zur Gefahrenabwehr.
Notfallübungen planen und durchführen.
  • Erstellen eines Betriebs- und Organisationskonzepts, einschließlich Benennung der Verantwortlichkeiten,

  • Planung und Durchführung von Begehungen der Arbeitsplätze,

  • Aufstellen erster Hilfe Konzepte und Planung von Maßnahmen nach Unfällen,

  • Festlegung prä- und postexpositionsprophylaktischer Maßnahmen,

  • Konzepte zu Brandschutz- und Evakuierungsübungen,

  • Anforderungen an die Qualität der Unterweisungen von Beschäftigten,

  • Erstellung von Arbeitsanweisungen,

  • Risikokommunikation,

  • Umgang mit Zwischenfällen und Unfällen (Meldewesen, Untersuchungen, Konsequenzen),

  • Erstellung Notfallplan und Konzept zur Gefahrenabwehr,

  • Auswertung von Unfallursachen,

  • Kontrolle der Akzeptanz und Wirksamkeit eingesetzter Schutzmaßnahmen.

(6)
Persönliche Schutzmaßnahmen
Festlegung und regelmäßige Überprüfung der erforderlichen persönlichen Schutzmaßnahmen.
Training zum Einsatz der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) planen und durchführen.
Verwendung stichsicherer Instrumente, Persönliche Schutzausrüstungen (PSA) (u. a. Handschuhe, Gebläse unterstützter Atemschutz, Vollschutzanzüge).
Persönliche Hygienemaßnahmen.
(7)
Maßnahmen zur Inaktivierung, Sterilisation und Abfallentsorgung Hygienemaßnahmen
Ermittlung und Festlegung wirksamer Sterilisations-, Desinfektions- und Inaktivierungsverfahren.

Erstellung eines geeigneten Hygieneplans.
Auswahl geeigneter Methoden zur Entsorgung.
  • Funktionsweisen von Autoklaven,

  • Wirkstoffe und Wirkprinzipien von Desinfektionsmitteln,

  • Validierung der Verfahren, Prozesse und Methoden,

  • Hygieneschulungen,

  • Prinzipien einer Raumdekontamination,

  • Verfahren zur Inaktivierung und Entsorgung von infizierten Kadavern,

  • Inaktivierung von Proben zur weiteren Bearbeitung,

  • Anforderungen an die Entsorgung von Abfall/Abwasser aus den Schutzstufenbereichen 3 oder 4.

(8)
Inner- und außerbetrieblicher Transport von Biostoffen
Kenntnis von Anforderungen an die Verpackung für den Transport und Versand von Biostoffen. Kenntnis der Verantwortlichkeiten.
Kenntnis der einschlägigen Gefahrgutvorschriften zum Transport.
Rechtsgrundlagen zu den verschiedenen Transportarten
  • Verpackungen,

  • Kennzeichnungen,

  • Dokumentation,

  • Unterschriftspflicht.

Konzept für den innerbetrieblichen Transport erstellen.
(9)
Biosecurity
Kenntnisse der verschiedenen Komponenten eines Biosecurity-Programms. Anwendung von Dual Use Research of Concern (DURC) Kriterien zur Bewertung von Forschungsarbeiten.
  • Physikalische Sicherheit und Zugangskontrollen einer Einrichtung,

  • Inventarisierungsprozesse (Lagerung, Materialmanagement),

  • Feststellung persönlicher Zuverlässigkeit (Personalmanagement),

  • Verfahrensregelungen für Transport und Abgabe gefährlicher Biostoffe,

  • Verfahren zur Sicherung sensibler Informationen,

  • DURC relevante Aufgaben einer Kommission für Ethik sicherheitsrelevanter Forschung (KEF).

Kriterien für Forschungsarbeiten, die in die DURC-Rubrik fallen:
  • Virulenzsteigerung,

  • Erhöhung der Übertragbarkeit,

  • Tenazitätserhöhung,

  • Verstärkung der Resistenz,

  • Biowaffenfähigkeit,

  • Veränderung des Wirtsspektrums,

  • Erhöhung der Anfälligkeit von Wirtsorganismen,

  • Synthese neuer Pathogene,

  • Herabsetzung therapeutischer Maßnahmen,

  • Umgehung von Nachweismethoden.

Hinweise:

(1) Veranstalter von Kursen, die Inhalte dieses Anhangs z. B. als Themenreihe für Fortbildungen anbieten, können den Teilnehmern nicht die "Erlangung der Fachkunde gemäß BioStoffV" bescheinigen. Die Fachkunde umfasst insgesamt drei wesentliche Komponenten, eine geeignete Berufsausbildung, eine einschlägige Berufserfahrung und Kompetenz im Arbeitsschutz, deren Anforderungen nicht allein durch den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen abgedeckt werden können.

(2) Fortbildungsveranstaltungen können aber zur Vervollständigung der Fachkunde (und zu deren Auffrischung) beitragen, sofern die anderen in der TRBA 200 im Einzelnen beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind.