TRFL 2017 - TR Rohrfernleitungsanlagen

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Anhang VIII TRFL - Verfahren zum Feststellen von austretenden Stoffen

Vorbemerkung

Nach Teil 1 Abschnitt 11.4 TRFL müssen für Rohrfernleitungen Verfahren zur Anwendung kommen, die im Schadensfall austretende Stoffe feststellen können. Die Feststellung beinhaltet auch eine Ortung des Lecks.

In diesem Anhang werden unter dem Begriff "Leckage" die aus einer undichten Stelle (Leck) austretenden Stoffe und unter dem Begriff "Leck" die undichte Stelle, durch die Stoffe austreten (Leckage), verstanden.

Nachfolgend sind in den Abschnitten VIII 1 bis VIII 8 technische Verfahren aufgeführt, die zum Feststellen von austretenden Stoffen an Rohrfernleitungen in Betracht kommen. Der Einsatz abweichender technischer oder anderer Verfahren ist möglich, wenn eine vergleichbare Empfindlichkeit der Leckageerkennung in vergleichbaren Erkennungszeiträumen gegeben ist.

Für die Feststellbarkeitsgrenzen hinsichtlich der erkennbaren Leckagemenge der einzelnen Verfahren können keine allgemein gültigen Werte angegeben werden. Diese hängen im Wesentlichen von folgenden Einflussfaktoren ab:

  1. a)

    Kompressibilität des Fördermediums;

  2. b)

    Aggregatzustand (gasförmig, verflüssigt, flüssig);

  3. c)

    Leitungssystem (z. B. nur eine Leitung von A nach B, Verbund-, Ring-, Netzsystem, Länge und Durchmesser der Leitung bzw. der Leitungen);

  4. d)

    Leitungsbetrieb, z. B. Druck-, Mengen-, Temperaturänderungen; gleichzeitige oder zeitlich versetzte Aus- und Einspeisung an einer oder mehreren Stellen, Umkehr der Förderrichtung in der Leitung oder in Teilen eines Leitungssystems und anders mehr.

Es wird bei den weiteren Aussagen vorausgesetzt, dass bei verflüssigten gasförmigen Stoffen und Flüssigkeiten an den Mess- und Erfassungsstellen auch lokal keine das Messergebnis verfälschende Verdampfung auftritt.

Zur Ortung des Lecks lassen sich von den aufgeführten Verfahren insbesondere die auf Druckänderung basierenden heranziehen. Bei den auf der Mengenänderung beruhenden Verfahren ist die Ortungsmöglichkeit auf den Leitungsabschnitt zwischen zwei Mengenmessern beschränkt.

Die Leckageerkennungsgrenze und Ortungsgenauigkeit der in den Abschnitten VIII 1 bis VIII 6 genannten Verfahren setzt den Austritt relativ großer Stoffmengen voraus. In begrenztem Umfang lassen sich die Leckageerkennungsgrenze und die Ortungsgenauigkeit durch den Einsatz von Prozessrechnern verbessern. Hierbei ist es erforderlich, dass mit Hilfe eines Prozessmodells (Verfahren nach Abschnitt VIII 7) ein Soll/Ist-Vergleich der Betriebsdaten bzw. der abgeleiteten Kenngrößen durchgeführt wird.

Die hinter die nachfolgend aufgeführten Verfahren gesetzten Buchstaben bedeuten:

B = wirksam während des Betriebes,

Fp = wirksam während der Förderpause.

VIII 1 Mengenvergleichsverfahren (B)

Dieses Verfahren beruht auf dem Vergleich der Fördermengen, die in einem Leitungsabschnitt eingegeben werden, mit denen, die in diesem Leitungsabschnitt entnommen werden. Die gemessene Differenz der Fördermengen führt zu einer Aussage über die Dichtheit der Leitung. Die Erfassung der Fördermengen kann mittels Massendurchflussmessgeräten, Ultraschalldurchflussmessgeräte, Verdränger- oder Turbinenzählern oder Messblenden erfolgen. Erforderlichenfalls müssen hierbei zur Erzielung einer hinreichenden Genauigkeit Änderungen der Temperatur, des Druckes, der Dichte und der Viskosität berücksichtigt werden.

Dieses Verfahren ist sowohl für Flüssigkeiten, gasförmige Stoffe als auch für verflüssigte Gase anwendbar. Bei verflüssigten Gasen liegt die Feststellbarkeitsgrenze in der gleichen Größenordnung wie bei Flüssigkeiten. Bei gasförmigen Stoffen lässt sich eine entsprechende Leckageerkennungsgrenze nicht erreichen, wenn sich durch die Betriebsweise das Fördermedium infolge der Kompressibilität wesentlich ändert.

VIII 2 Mengenänderungsverfahren (B)

Dieses Verfahren beruht auf der Messung der Fördermenge an mehreren Punkten über die Länge der Leitung. Beim Auftreten einer Leckage wird an einer stromaufwärts gelegenen Messstelle die Durchflussmenge entsprechend der Pumpen- bzw. Verdichterkennlinie und aufgrund des Entspannungseffektes durch die Leckage zunehmen und an einer stromabwärts gelegenen Messstelle abnehmen. Diese Mengenänderungen werden mit Hilfe von oberen und unteren Grenzwerten zur Leckageerkennung herangezogen.

Dieses Verfahren ist für Flüssigkeiten, gasförmige Stoffe und verflüssigte Gase bei stationärer Betriebsweise anwendbar.

Bei instationärer Betriebsweise muss ein ausreichend großer Abstand der Alarmgrenzen zu den Betriebsmesswerten eingestellt werden, um häufige Fehlalarme zu vermeiden.

Bei Verbund-, Ring- oder Netzsystemen ist das Verfahren nicht anwendbar.

VIII 3 Mengendifferentiationsverfahren (B)

Bei diesem Verfahren wird die Summe der einem Leitungssystem entnommenen Mengen oder Massen von der Summe der in das Leitungssystem eingespeisten Mengen oder Massen subtrahiert. Die Differenz wird nach der Zeit differenziert. Bei sich verändernder Differenz (z. B. infolge einer Leckage) weicht das Differentiationsergebnis momentan stark vom stationären Wert ab. Diese Abweichung wird zur Alarmgabe ausgenutzt.

Dieses Verfahren ist sowohl für Flüssigkeiten als auch für gasförmige Stoffe und verflüssigte Gase anwendbar. Bei verflüssigten Gasen liegt die Feststellbarkeitsgrenze in der gleichen Größenordnung wie bei Flüssigkeiten. Bei gasförmigen Stoffen lässt sich eine entsprechende Feststellbarkeitsgrenze nicht erreichen, wenn sich durch die Betriebsweise der Leitungsinhalt infolge Kompressibilität wesentlich ändert.

VIII 4 Dynamisches Massenbilanzierungsverfahren (B, Fp)

Bei diesem Verfahren wird für zwei aufeinanderfolgende Zeitpunkte aus den gemessenen Einspeisungen und Abnahmen jeweils der Netz-Nettozufluss berechnet. Durch Differenzbildung und Multiplikation mit dem Zeitintervall zwischen den betrachteten Zeitpunkten ergibt sich die über Zu- und Abflüsse eingeprägte Massenänderung über das Zeitintervall. Weiterhin wird unter Verwendung aller verfügbaren Prozessmessdaten mit Hilfe eines Netzmodells für die zwei aufeinander folgenden Zeitpunkte jeweils die im Gesamtnetz gespeicherte Masse ermittelt. Durch Differenzbildung ergibt sich die Änderung der im Gesamtnetz gespeicherten Masse über das Zeitintervall.

Ausgewertet wird als Kurzzeitmassenbilanz die Differenz zwischen der Massenänderung, die unter Zugrundelegung aller gemessenen Einspeisungen und Abnahmen ermittelt wurde, und der Änderung der Gasmasse im Gesamtnetz, die mittels Netzmodell berechnet wurde. Ein starkes Abweichen des so ermittelten Ergebnisses vom Wert Null weist auf eine Leckage hin. Außerdem wird als Langzeitmassenbilanz die Summe der Kurzzeitmassenbilanzen gebildet. Ein mit der Zeit ansteigendes Bilanzergebnis deutet auf eine Leckage hin. Aus dem Anstieg einer für dieses Leckagekriterium gebildeten Regressionsgeraden kann nach Erkennen einer Leckage die Leckagerate bestimmt werden.

Wird das Gesamtnetz in mehrere Teilnetze unterteilt und eine Massenbilanzierung über die einzelnen Teilnetze durchgeführt, ist auch eine netzabschnittsweise Leckageortung möglich.

Dieses Verfahren ist für Flüssigkeiten, verflüssigte gasförmige und gasförmige Stoffe anwendbar.

Die Anwendung des Verfahrens erfordert eine netzspezifische Anpassung und setzt detaillierte Kenntnisse über Rohrleitungsnetz, die Fernwirkanlage, die Messstellen sowie über Details des Überwachungsprogramms in der Inbetriebnahmephase voraus.

VIII 5 Druckfallverfahren (B, Fp)

Bei diesem Verfahren wird der statische Druck an mehreren Messstellen (z. B. an Verdichter- bzw. Pump-, Übergabe- und Streckenschieberstationen) gemessen. Die durch die Leckage bewirkte Abweichung vom stationären Fördergradienten wird zur Alarmgabe ausgenutzt.

Dieses Verfahren ist sowohl für Flüssigkeiten als auch für gasförmige Stoffe und verflüssigte Gase bei stationärer Betriebsweise anwendbar.

Bei instationärer Betriebsweise muss ein großer Abstand der Alarmgrenzen zu den Betriebsmesswerten eingestellt werden, um häufige Fehlalarme zu vermeiden. Bei Verbund-, Ring- oder Netzsystemen ist das Verfahren nicht anwendbar.

VIII 6 Druckwellenverfahren (B, Fp)

Beim Druckwellenverfahren wird die physikalische Gesetzmäßigkeit ausgenutzt, dass die im Leckagefall am Leck entstehende Druckabsenkung sich als negative Druckwelle stromaufwärts und stromabwärts mit Schallgeschwindigkeit ausbreitet. Durch Erfassung der negativen Druckwelle mittels geeigneter Einrichtungen wird das Leck erkannt.

Dieses Verfahren ist bei Flüssigkeiten, bei verflüssigten gasförmigen Stoffen und gasförmigen Stoffen mit hoher Dichte anwendbar. Mit dem Verfahren kann nur ein spontan entstehendes Leck erfasst werden.

VIII 7 Modell-basiertes Verfahren (B, Fp)

Messwerte aus den statistischen Verfahren (Abschnitte VIII 4 bis VIII 6) werden mit den mit Hilfe numerischer Berechnungsverfahren ermittelten theoretischen Strömungszuständen in der Rohrleitung verglichen, die sich aufgrund von Druck und Temperatur sowie den Masse-, Impuls- und Energieerhaltungssätzen ergeben.

Dieses Verfahren ist sowohl für Flüssigkeiten als auch für gasförmige Stoffe und verflüssigte Gase bei jeder Betriebsweise und während der Förderpausen anwendbar.

Das Verfahren ist anwendbar, wenn sich dadurch im Vergleich mit den Verfahren nach den Abschnitten VIII 4 bis VIII 6 die Leckageerkennungsgrenzen verringern und die Leckortungsgenauigkeit verbessert wird.

VIII 8 Verfahren zur Erkennung schleichender Leckagen

VIII 8.1 Diffusionsschlauch-Verfahren

Beim Diffusionsschlauch-Verfahren wird parallel zur Rohrfernleitung ein Schlauch verlegt, der eine rasche Diffusion des Fördermediums ins Innere des Schlauches zulässt. Der Schlauchinhalt wird einem am Ende des Rohrleitungsabschnittes installierten Analysegerät in geeigneten Zeiträumen zugeführt. Bei Anwesenheit von Produkt, d. h. beim Auftreten einer Leckage, wird ein Alarm ausgelöst. Das Verfahren besitzt eine große Ansprechempfindlichkeit, jedoch auch eine große Ansprechzeit. Der großen Ansprechempfindlichkeit muss im Hinblick auf Fremdeinflüsse Rechnung getragen werden, um Fehlalarme zu vermeiden. Das Verfahren ist sowohl für Flüssigkeiten als auch für gasförmige Stoffe und verflüssigte Gase anwendbar.

VIII 8.2 Faseroptische Lecküberwachung

Die faseroptische Lecküberwachung basiert auf der Messung der Temperaturdifferenz zwischen dem austretenden Medium und der unmittelbaren Umgebung der Rohrfernleitung.

Das Verfahren ist sowohl für Flüssigkeiten als auch für gasförmige Stoffe und verflüssigte Gase anwendbar, soweit prozessbedingt eine ausreichende Temperaturdifferenz zwischen dem strömenden Fördermedium in der Rohrleitung und dem Erdreich gewährleistet oder durch die Druckentlastung des ausströmenden Fördermediums ein ausreichender Temperaturabfall erzeugt wird.

VIII 8.3 Lecksuchmolche

Die Verwendung von Lecksuchmolchen in kurzen zeitlichen Abständen oder von fest installierten Mikrophonen ermöglicht die Erkennung schleichender Leckagen durch die Ortung des Ausströmgeräuschs. Lecksuchmolche können in Rohrfernleitungsanlagen für flüssige Stoffe eingesetzt werden.

VIII 8.4 Druck-Temperatur-Messverfahren (D-T-Verfahren)

Die Druckprüfung von erdverlegten Rohrleitungen nach dem Druck-Temperatur-Messverfahren z. B. in Anwendung des VdTÜV-Merkblatts 1051, basiert auf der Feststellung und Auswertung von Druck- und Temperaturänderungen während Förderpausen. Das D-T-Verfahren kann in Rohrfernleitungsanlagen für flüssige Stoffe eingesetzt werden.

VIII 8.5 Begehung mit Gasspürgeräten

Die Begehung mit Gasspürgeräten in ausreichenden zeitlichen Abständen ermöglicht die Erkennung von Schleichleckagen. Die zeitlichen Abstände für die Begehung sind im Einzelfall festzulegen.

Das Verfahren kann für gasförmig transportierte Stoffe, die nicht schwerer als Luft sind, und leicht flüchtige Stoffe eingesetzt werden. Für oberirdische Rohrleitungsabschnitte ist das Verfahren auch für Gase, die schwerer als Luft sind, und druckverflüssigte Gase bedingt geeignet.