Abschnitt 3.2 - 3.2 Tätigkeiten im Verkaufsraum
3.2.1 Ware präsentieren
Die Art der Warenpräsentation prägt das Erscheinungsbild des Verkaufsraums. Schaufenster, Sonderverkaufsflächen und Aktionsstände sollen neue Waren oder auch Saisonprodukte richtig in Szene setzen, dabei haben sie oftmals nur eine kurze Nutzungsdauer. Achten Sie dennoch darauf, nicht auf Kosten der Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu improvisieren.
Abb. 43
Achten Sie bei der Einrichtung von Verkaufsflächen darauf, dass die notwendigen Gangbreiten nicht unterschritten werden.
Rechtliche Grundlagen | |
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Gefährdungen |
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Unter der Prämisse "das muss sowieso nur eine kurze Zeit gut gehen" wird oft mit vorhandenem Material und Raum improvisiert:
Gefährdung durch Verstellen von Fluchtwegen oder Notausgängen
Gefährdung durch Umstürzen von Waren oder Herabstürzen von aufgehängten Dekorationen
Gefährdung durch Glasbruch von z. B. Glaswänden, Glasregalen
Gefährdung durch Quetsch- und Scherstellen, z. B. bei der Warenpräsentation in der Nähe von Fahrtreppen und Fahrsteigen
Brandgefährdung durch Elektrogeräte an Probierständen, z. B. durch Heizplatten
Maßnahmen |
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Stapeln von Ware
Gelagerte Ware in Stapelform ist so zu errichten, zu erhalten und abzutragen oder abzubauen, dass Beschäftigte durch herabfallende, umfallende oder wegrollende Gegenstände oder durch ausfließende Stoffe nicht gefährdet werden. Das Verhältnis der Höhe zur Schmalseite der Grundfläche von Stapeln darf nicht größer als 6:1 sein. Siehe auch Kap. 3.1.1 "Umgang mit Paletten".
Gestalten von Verkaufsflächen
Fluchtwege, Notausgänge oder Feuerlöscher dürfen bei der Gestaltung von Verkaufsflächen nicht verstellt werden. Auch zugehörige Hinweiszeichen dürfen nicht verdeckt werden.
Durch Warenpräsentationen auf Verkaufsflächen dürfen keine zusätzlichen Gefährdungen entstehen, z. B. potentielle Stolpergefahren durch Podeste oder provisorisch verlegte Kabel. Eingesetzte elektrische Geräte wie Heizplatten oder Verlängerungskabel müssen auf ihre elektrische Sicherheit geprüft worden sein. Defekte Kabel oder Stecker bergen eine hohe Brandgefahr sowie die Gefahr einen Stromschlag zu erleiden. Stellen Sie sicher, dass auch bei häufigen Wechseln der Sonderverkaufsflächen und Sonderverkaufstische diese Vorgaben eingehalten werden.
Unterweisen Sie Personal von Fremdfirmen auch bei kurzfristigem Einsatz vor Ort, z. B. über Funktionsweise und Standorte der vorhandenen Feuerlöscher oder über die Fluchtwege (siehe auch Kap.2.1 "Was für alle gilt").
Abb. 44
Stauraum an der Fahrtreppe freihalten
In den Bereichen zwischen Handläufen von Fahrtreppen und Fahrsteigen sollten Sie keine Waren lagern oder präsentieren.
Abb. 45
Der Abstand zwischen Handlauf der Fahrtreppe und feststehenden Teilen muss mind. 80 mm betragen.
Ebenso sind Treppen von Waren freizuhalten.
Regale aus Glas
Tauschen Sie defekte Glasregalböden aus.
Dies gilt auch für fächerförmige Abplatzungen bei Einscheibensicherheitsglas.
Hängende Warenpräsentation, Hinweis- und Preistafeln
Halten Sie zur Vermeidung der Brandgefahr ausreichend Abstand zu Beleuchtungseinrichtungen (Richtwert: 0,5 m).
An Leuchten oder nicht tragfähigen abgehängten Decken dürfen keine Dekorationen, Werbetafeln oder Waren angehängt werden, ebenso wenig an Sprinklerleitungen und elektrischen Leitungen.
Abb. 46
Preisschilder, die öfter gewechselt werden, sollten leicht und gefahrlos zugänglich sein. Dies gilt insbesondere bei Preisschildern in Getränkemärkten oder im Baustoffbereich.
Eine Möglichkeit ist der Einsatz digitaler Preisschilder.
Warenpräsentation im Freigelände
Berücksichtigen Sie bei der Auswahl der zu präsentierenden Waren vor dem Eingang des Ladengeschäftes, dass es im Zusammenhang mit Witterungseinflüssen zu keinen gefährlichen Situationen kommen kann.
keine Druckbehälter, z. B. Spraydosen, der direkten Sonneneinstrahlung aussetzen
Waren gegen Wind sichern, besonders leichte großflächige Waren
Waren gegen Wegrollen sichern, z. B. Blumenrollwagen
Dekoration in der Warenpräsentation
Sollen Waren z. B. im Bereich der Schaufenster oder einer Musterausstellung präsentiert werden, beachten Sie hierbei:
spitze Gegenstände, z. B. Stecknadeln, Nägel, dürfen nicht in den Mund genommen werden. Empfohlen wird die Verwendung von Nadelkissen
nutzen Sie nur geeignete Aufstiegsmittel wie Tritte oder Leitern
im Schaufenster dürfen keine Druckbehälter präsentiert werden
führen Sie Möbelaufbauten und Schreinerarbeiten nur mit geeignetem Werkzeug durch. Prüfen Sie gerade bei seltenem Einsatz das Werkzeug vor Gebrauch. Für Maschinen wie Handkreissägen oder Drucklufttacker müssen Sie eine Betriebsanweisung erstellen (siehe auch Kap. 3.6.1 "Haustechnik").
Unterweisung/Information der Beschäftigten
Erstellen Sie Betriebsanweisungen, die die notwendigen Verhaltensregeln über das sichere Arbeiten mit Maschinen und das sichere Verhalten bei Tätigkeiten der Warenpräsentation leicht verständlich zusammenfassen. Unterweisen Sie die mit diesen Tätigkeiten beauftragten Beschäftigten vor der erstmaligen Aufnahme der Arbeit. Wiederholen Sie die Unterweisungen in längstens jährlichen Abständen. Dokumentieren Sie alle Unterweisungen.
3.2.2 Ergonomisches Arbeiten an der Kasse
Besonders in umsatzstarken Zeiten werden die Anforderungen an das Kassenpersonal deutlich. Höflich und zuvorkommend auch bei gestressten Kundinnen und Kunden sowie eventuell hohem Umfeld-Geräuschpegel zügig und fehlerfrei kassieren. Um diesen gesteckten Zielen gerecht zu werden, tragen u.a. ergonomisch gestaltete Kassenarbeitsplätze bei.
Abb. 47
Scanner sollten so eingebaut sein, dass die Ware leicht darüber oder daran vorbei geschoben werden kann, ohne sie anheben oder drehen zu müssen.
Rechtliche Grundlagen | |
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Weitere Informationen | |
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Abb. 48
Beim Sitz-Kassenarbeitsplatz beträgt die Arbeitshöhe in der Regel zwischen 0,73 m und 0,82 m.
Abb. 49
Beim Steh-Kassenarbeitsplatz mit Stehhilfe beträgt die Arbeitshöhe in der Regel zwischen 0,95 m und 1,06 m.
Gefährdungen |
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Eine falsche Arbeitshaltung kann beim Arbeiten an der Kasse Rücken und Gelenke schädigen. Sich ständig wiederholende Bewegungen beanspruchen Handgelenke, Arme und Schultergürtel. Kassieren fordert die Beschäftigten jedoch nicht nur physisch sondern auch psychisch durch z. B. den Umgang mit Kundinnen und Kunden und Umgebungsgeräusche. Das Risiko eines Raubüberfalls ist im Einzelhandel ebenso gegeben, siehe hierzu Kap. 3.2.4. "Verhalten bei Raub, Diebstahl, Gewalt".
Maßnahmen |
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Beschaffung der Kassenmöbel
Kassen mit Förderband gelten als Maschine. Achten Sie daher auf CE-Zeichen, Konformitätserklärung und Sicherheitseinrichtungen, wie z. B. das Springblech, das die Einzugsstelle sichert und bei Gefahr das Band stoppt. Der Hersteller liefert Ihnen eine Betriebsanleitung mit, die auch Tipps zu Wartung und Prüfung enthält.
Abb. 50+51
Beim Sitz-Steh-Kassenarbeitsplatz kann abwechselnd im Sitzen und im Stehen gearbeitet werden. Die Zeitanteile können die Beschäftigten selbst wählen.
Gestaltung der Kassenbox
Betreten der Kassenbox, Einnehmen der Arbeitshaltung sowie Aufstehen sollten ohne Einschränkungen möglich sein. Halten Sie den Fuß- und Beinbereich frei von Gegenständen.
Anordnung der Arbeitsmittel
Arbeitsmittel wie der Scanner, die pro Minute mehr als 10-mal genutzt werden, sollten im kleinen Greifraum auch mit angewinkelten Armen erreichbar sein. Falls Sie Laserscanner an der Kasse einsetzen, beachten Sie auch Kap. 3.1.7 "Umgang mit Geräten, die Laserstrahlung aussenden".
Optimieren Sie auch die Anordnung von Arbeitsmitteln im Kassenbereich, die nicht so häufig genutzt werden, wie Warenentsicherung oder Handscanner.
Richtschnur für die maximale Entfernung ist der ausgestreckte Arm (großer Greifraum). Der Arm sollte nicht über Schulterniveau gehoben werden müssen, um Arbeitsmittel zu erreichen. Eine gute Lösung ist die Anordnung des Bildschirms und/oder der Tastatur auf einem neigbaren Geräteträger, der sich in Höhe, Abstand und seitlich verstellen lässt.
Stuhl und Fußstütze
Achten Sie beim Kauf des Arbeitsdrehstuhls auf eine gute Polsterung sowie auf Möglichkeiten der individuellen Einstellung von Rückenlehne und Sitzfläche. Ebenfalls empfiehlt sich der Einsatz von Fußstützen an den Kassenarbeitsplätzen. Beim Sitz-Steh-Platz ist der Stuhl ein Drehstuhl mit verlängerter Gasdruckfeder sowie Aufstiegsring.
Gestaltung der Umgebungsbedingungen
Durch die Lage der Kassenzone im Ausgangsbereich kann Zugluft auftreten. Schützen Sie Ihre Beschäftigten davor, z. B. durch Positionierung des Kassentisches, Luftschleieranlagen an den Türen oder Verkleidungen am Kassentisch. Durch Zugluftmessungen u.a. auf Kopf-, Schulter- und Tischhöhe lässt sich ermitteln, welche Zugluftexposition an der Kasse besteht. Eine Raumtemperatur von 19 °C am Kassenarbeitsplatz gilt als Mindestwert. Für den Fußboden in der Kassenbox gilt dabei ein Mindestwert von 18 °C Oberflächentemperatur. Oft wird über ein Kassenpodest die Wärmeisolation gegenüber dem Boden erreicht, zusätzlich können Kassenheizungen oder Infrarotdeckenpaneele verbaut werden.
Die Mindestbeleuchtung im Kassenbereich liegt bei 500 Lux; Anzeigen müssen blendungsfrei und gut lesbar sein.
Abb. 52
Häufig genutzte Geräte wie Bondrucker, Bildschirm und Tastatur sollten leicht erreichbar sein.
Vermeiden Sie in der Kassenzone Lärmquellen, z. B. durch den Sammelplatz für Einkaufswagen oder durch laute Musik. Zur besseren effizienteren Bedienbarkeit lohnt sich die Auswahl von Software nach Gesichtspunkten der Softwareergonomie, z. B. Größe und Anordnung der Schrift, Funktionsfelder und Farbgebung.
Über-Kopf-Zigarettenträger dürfen nicht in den Arbeitsbereich des Kassierpersonals hineinragen. Die oberste Lage im Zigarettenträger soll sich maximal 1,84 m über dem Kassenboden befinden, um eine gute Erreichbarkeit für das Kassierpersonal zu ermöglichen.
Unterweisung/Information der Beschäftigten
Erstellen Sie Betriebsanweisungen, die die notwendigen Verhaltensregeln über das ergonomische Arbeiten an der Kasse leicht verständlich zusammenfassen. Unterweisen Sie die mit diesen Tätigkeiten beauftragten Beschäftigten vor der erstmaligen Aufnahme der Arbeit. Wiederholen Sie die Unterweisungen in längstens jährlichen Abständen. Dokumentieren Sie alle Unterweisungen.
3.2.3 Umgang mit Zahlungsmitteln
Als Unternehmerin oder Unternehmer ist Ihnen ein reibungsloser Kassiervorgang wichtig. Die Barzahlung als Zahlungsmethode ist immer noch weit verbreitet. Gestalten Sie daher den Weg der Zahlungsmittel von der Kasse über den Tresor bis zur Bank so, dass Anreize zu einem Raubüberfall so klein wie möglich sind.
Abb. 53
links: Geldlade
Abb. 54
mitte: Hinweis auf ein Zeitverschlusssystem
Abb. 55
Sichern Sie die Zugänge durch einen Türspion, elektronisch und/oder durch eine Videoüberwachungsanlage.
Rechtliche Grundlagen | |
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Gefährdungen |
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Der inner- und außerbetriebliche Geldtransport steht im engen Zusammenhang mit den Inhalten der Kapitel 3.2.2 "Ergonomisches Arbeiten an der Kasse" sowie 3.2.4 "Verhalten bei Raub, Diebstahl, Gewalt".
Hauptgefährdung besteht in den körperlichen und psychischen Verletzungen (Trauma) von Raubüberfällen.
Maßnahmen |
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Das übergeordnete Ziel aller Maßnahmen im Umgang mit Zahlungsmitteln ist es keinen Anreiz für einen Raubüberfall oder sonstigen Übergriff zu bieten.
Organisieren Sie die interne und außerbetriebliche Geldver- und -entsorgung lückenlos. Berücksichtigen Sie dabei den gesamten Weg des Geldes innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Halten Sie Ihre Planung schriftlich fest.
Auf die getroffenen Sicherungsmaßnahmen sollte an den Zugängen zur Betriebsstätte z. B. per Aufkleber hingewiesen werden.
Formen der Bezahlung sind z. B.:
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Geldbestand in der Kasse und Bargeldabschöpfung
Legen Sie einen Kassenbestand für die Geldlade fest. Lassen Sie diesen zu Beginn der Schicht unter Anwendung des 4-Augen-Prinzips überprüfen bzw. lassen Sie eine fertig gefüllte Kassenlade durch ein elektronisches Auszahlsystem ausgegeben. Eine ausreichende Versorgung mit Münzgeld sollte sichergestellt sein, um ein häufiges Wechseln während des Betriebs zu vermeiden. Gleichzeitig soll der greifbare Betrag in der Kasse gering gehalten werden um einen Überfall für potenzielle Täter unattraktiv zu machen. Dafür können spezielle Geldabwurfbehältnisse genutzt werden.
Geldwechsel während des Betriebs
Wird während des Betriebs ein Geldwechsel notwendig, weil den Beschäftigten an der Kasse kein Wechselgeld mehr zur Verfügung steht, ist dies schnellstmöglich nach einem von Ihnen festgelegten System zu erledigen. Dies kann z. B. durch verdeckten Transport in einer Geldtasche auf direktem Wege zwischen Büro und Kassenarbeitsplatz geschehen.
Geschlossene Kassensysteme
Bei einem geschlossenen Kassensystem hat das Kassenpersonal keinen Zugriff auf das Bargeld, das senkt den Anreiz für Täter einen Raubüberfall zu begehen. Die Geldscheine werden über eine Eingabeöffnung der Kasse zugeführt, der Automat gibt eigenständig das Wechselgeld aus. Zusätzlich werden die Beschäftigten entlastet, da es nicht zu Kassendifferenzen kommen kann und Falschgeld direkt erkannt wird.
Zugangskontrollen
Halten Sie die Türen zu Nebenräumen, insbesondere zu Büro-, Abrechnungs- oder Tresorräumen immer geschlossen. Vor allem während der Geldbearbeitungszeit dürfen die Räume von Unbefugten nicht betreten werden können.
Jede Betriebsstätte sollte über einen Tresor mit mehreren Sicherheitsstufen verfügen. In einem separat zugänglichen Fach können die vorbereiteten Kassenladen bereitgestellt werden, in einem nur gemeinsam mit dem Geldentsorger zu öffnenden Innentresor sollten die gefüllten Safebags verwahrt werden. Der Tresor soll nur befugten Beschäftigten zugänglich sein. Die eingeschränkte Zugänglichkeit kann z. B. durch ein elektronisches Tresorschloss oder durch eine Schlüsselweitergabe erreicht werden. Grundsätzlich soll der Bestand an Bargeld in der Betriebsstätte möglichst gering gehalten werden. Die Höhe des maximalen Bargeldbestandes wie auch die Beschaffenheit des Tresors, ist in der Regel mit dem Sachversicherer abzustimmen.
Geld- und Werttransport
Um das Risiko eines Überfalles gering zu halten wird die Beauftragung eines Geld- und Werttransportunternehmen (WTU) empfohlen. Hierdurch kann der Bargeldbestand in der Betriebsstätte klein gehalten und die Versorgung mit Wechselgeld sichergestellt werden. Wählen Sie den Entsorgungsrhythmus so, dass er zur wechselnden Höhe des Geldumsatzes der Betriebsstätte passt, aber keine Regelmäßigkeiten für potentielle Täter erkennen lässt.
WTU sind auch für kleine Betriebe eine gute Überlegung. Bei entsprechender Tresortechnik kann ein wöchentlicher Abholtermin mit dem WTU ausreichend sein.
Unterweisung/Information der Beschäftigten
Erstellen Sie Betriebsanweisungen, die die notwendigen Verhaltensregeln über den sicheren Umgang mit Zahlungsmitteln einschließlich des innerbetrieblichen Geldtransports leicht verständlich zusammenfassen. Unterweisen Sie die mit diesen Tätigkeiten beauftragten Beschäftigten vor der erstmaligen Aufnahme der Arbeit. Wiederholen Sie die Unterweisungen in längstens jährlichen Abständen. Dokumentieren Sie alle Unterweisungen.
3.2.4 Verhalten bei Raub, Diebstahl, Gewalt
In einer Betriebsstätte sind häufig hochwertige Waren im Verkaufsraum sowie ein gewisser Bargeldbestand, zum einen in den Kassen, zum anderen im Tresor, vorhanden. Personen mit entsprechend krimineller Energie oder einem erhöhten Gewaltpotenzial können dies als Anreiz zur Tat sehen. In allen Fällen von Bedrohung oder anderen Straftaten ist ein ruhiges und umsichtiges Handeln notwendig.
Abb. 56
Vermitteln Sie Ihren Beschäftigten das richtige Verhalten während eines Raubüberfalls.
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Weitere Informationen | |
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Gefährdungen |
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Die Gefährdungen beim Raubüberfall oder bei Gewalt, z. B. im Zusammenhang mit Diebstahl gehen von Menschen aus. So unterschiedlich Menschen sind, so unterschiedlich ist auch die Bereitschaft zur Gewaltanwendung und damit die Höhe der Gefährdung für die Beschäftigten: von der verbalen Bedrohung, über das Vorhalten einer Waffe, bis hin zu körperlicher Gewaltanwendung.
Neben einer Gefährdung für die körperliche Gesundheit muss auch die Gefährdung für die psychische Gesundheit betrachtet werden. Die persönlichen Erfahrungen der Betroffenen, die mit einem Gewaltereignis verbunden sind, können zu einem psychischen Trauma führen. In schweren Fällen kann es zu längerer Arbeitsunfähigkeit kommen oder dazu, dass Betroffene die bisherige Tätigkeit nicht weiter ausüben können.
Maßnahmen |
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Planen Sie für Ihren Betrieb, mit welchen Maßnahmen Sie möglichen Anlässen wie Raubüberfall oder Gewaltanwendung, z. B. im Zusammenhang mit Diebstahl oder nach verweigertem Umtausch, vorbeugen wollen. Ein durchdachtes und gut funktionierendes System kann helfen, Gesundheit und Leben Ihrer Beschäftigten zu schützen. Bei den festgelegten Maßnahmen muss immer der Eigenschutz im Vordergrund stehen. Es ist nicht Aufgabe der Beschäftigten, Diebstähle und Raubüberfälle zu vereiteln und Flüchtende um jeden Preis zu stellen. Ziel muss es sein, die Anreize für Straftaten in der Betriebsstätte möglichst gering zu halten. Sprechen Sie z. B. Personen, die sich verdächtig verhalten, direkt an ("Kann ich Ihnen weiterhelfen?"). Damit signalisieren Sie Selbstbewusstsein und grundsätzliche Aufmerksamkeit in Ihrer Betriebsstätte.
Senken des Raubüberfallrisikos
Vermitteln Sie Ihren Beschäftigten grundsätzliche Verhaltensweisen zur Prävention von Raubüberfällen. Hierzu gehören z. B.:
Betreten oder Verlassen der Betriebsstätte nicht alleine, besonders zu Ladenöffnung und Ladenschluss
auf Verdächtige und wartende Personen achten
Türen zu Nebenräumen (z. B. Büro-, Abrechnungs-, Tresorraum) immer ge- bzw. verschlossen halten
Kundschaft nicht außerhalb der Öffnungszeiten einlassen
alleinigen Aufenthalt im Außenbereich (z. B. Rauchen in der Dunkelheit) vermeiden
Stellen Sie sicher, dass die Ein- und Ausgänge, die von den Beschäftigten genutzt werden, möglichst hell ausgeleuchtet sind. Die Nutzung einer Videoüberwachungsanlage kann dazu beitragen, dass weniger kriminelle Handlungen stattfinden.
Der Umgang mit Zahlungsmitteln ist ein wesentlicher Baustein der Raubprävention. Dazu gehört die Nutzung der vorhandenen Sicherheitseinrichtungen, auf die am Eingang aufmerksam gemacht werden sollte (siehe auch Kapitel 3.2.3 "Umgang mit Zahlungsmitteln").
Verhalten während eines Raubüberfalls
Grundsätzlich hat der Schutz von Leben und Gesundheit des Menschen Vorrang vor dem Schutz materieller Werte. Dies bedeutet jedoch nicht, "Begrüßungsgeld" bereitzuhalten, um Täter schnell bedienen und damit los zu werden. Haben Beschäftigte keinen Zugriff auf Bargeld, muss diese Tatsache im Falle eines Raubüberfalls, d.h. in einer Stress-Situation, erklärt werden können. Dies sollte mit den Beschäftigten geübt werden.
Vermitteln Sie Ihren Beschäftigten das richtige Verhalten während eines Raubüberfalls
versuchen Sie Ruhe zu bewahren
sprechen Sie ruhig und langsam
bleiben Sie höflich
führen Sie keine hastigen Bewegungen aus
befolgen Sie alle Anweisungen des Täters
kommentieren Sie Ihre Handlungen
verlassen Sie keinen sicheren Bereich, um anderen zu helfen
prägen Sie sich das Äußere des Täters und Auffälligkeiten für eine spätere Täterbeschreibung möglichst genau ein
Das Verfolgen eines gewalttätigen Täters auf der Flucht ist zu unterlassen. Dies gilt es, den Beschäftigten nachhaltig zu vermitteln.
Verhalten nach einem Raubüberfall
Folgende Verhaltensweisen sollten beachtet werden:
leisten Sie bei Bedarf Erste-Hilfe
melden Sie den Überfall der Polizei (Notruf 110 oder 112)
informieren Sie Ihre betrieblichen Vorgesetzten
beruhigen Sie Anwesende und bitten Sie, das Eintreffen der Polizei abzuwarten
stellen Sie den Betrieb ein und verändern oder berühren nichts
machen Sie sich mit Hilfe des Fahndungsblatts Notizen zur Täterbeschreibung und zum Tathergang
melden Sie Verletzte (auch psychisch) schnellstmöglich Ihrem Unfallversicherungsträger
Senken des Diebstahlrisikos
Um das Risiko von Ladendiebstählen zu verringern, können bauliche, technische und organisatorische Maßnahmen eingesetzt werden. Eine übersichtliche und offene Gestaltung der Betriebsstätte mit einer Platzierung der hochwertigen Ware z. B. im Kassen- und damit Sichtbereich der Beschäftigten macht es Personen, die einen Diebstahl planen, schwerer den Plan in die Tat umzusetzen.
Weitere Sicherungsmaßnahmen sind z. B. abgeschlossene Vitrinen oder Ausgabeautomaten. Mit sichtbarer optischer Raumüberwachung oder elektronischer Artikelsicherung mit z. B. RFID (Radio-Frequency Identification) kann der Diebstahl weiter erschwert werden.
Damit diese Maßnahmen ihre volle Wirkung entfalten können, ist es wichtig, gut informierte und geschulte Beschäftigte zu haben. Der Einsatz von professionellen Dienstleistern z. B. Ladendetektivinnen und -detektiven oder Sicherheitspersonal am Ein- und Ausgang kann eine weitere Maßnahme sein.
Umgang mit des Diebstahls beschuldigten Personen
Eine Ladendiebin oder ein Ladendieb ist höflich, aber bestimmt anzusprechen. Vermeiden Sie die offene Konfrontation in der Betriebsstätte. Führen Sie das Gespräch immer zu zweit und seien Sie jederzeit auf Verhaltensänderungen vorbereitet. Wenden Sie keine Gewalt an und stellen Sie Ihren Eigenschutz immer an erste Stelle. Bis zum Eintreffen der Polizei, die dann das eigentliche Verhör übernimmt, schaffen Sie eine ruhige Atmosphäre, um nicht zu provozieren.
Gewalt gegen Beschäftigte
In zwischenmenschlichen Beziehungen, so auch zwischen Kundschaft und Beschäftigten, kann es zu Konfliktsituationen kommen, beispielsweise wegen eines verweigerten Umtauschs.
Abb. 57
Einige Menschen werden aggressiv und reagieren mit verbaler und körperlicher Gewalt, wenn sie sich gekränkt oder angegriffen fühlen.
Menschen wenden eher Gewalt an,
wenn sie selbst Gewalt erlebt haben
wenn sie sich einer Gruppe zugehörig fühlen, die Gewalt anwendet und gewalttätiges Verhalten in dieser Gruppe als normal angesehen wird
wenn sie der Überzeugung sind, dass sie durch Gewalt ihre Ziele besser erreichen können
wenn sie keinen Ausweg mehr wissen, ihnen z. B. die Worte fehlen und sie nicht mehr wissen, was sie sagen sollen
In Betriebsstätten, in denen mit Personen mit erhöhtem Gewaltpotential zu rechnen ist, bietet sich z. B. ein Deeskalationstraining für die Beschäftigten an. Lassen Sie sich nicht provozieren, wenden Sie nicht selbst Gewalt an und denken Sie an den Eigenschutz. Ziehen Sie die Polizei hinzu.
Psychologische Betreuung von Raub oder Gewalt Betroffener
Halten Sie den innerbetrieblichen Ablauf schriftlich z. B. in einer Betriebsanweisung oder einem Alarmplan fest und unterweisen Sie Ihre Beschäftigten regelmäßig hierzu
wer informiert wen worüber?
wer kümmert sich um den oder die Betroffenen in der Akutphase und im weiteren Verlauf?
Die psychologische Soforthilfe der BGHW
Die Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) unterstützt Betroffene von psychisch belastenden Ereignissen (z. B. Gewaltereignissen) durch eine psychologische Akutintervention. Wichtig ist eine rasche Meldung des Vorfalls an die BGHW, damit die Unterstützung die Betroffenen möglichst schnell erreicht. Die Betroffenen werden zunächst von der BGHW zeitnah telefonisch kontaktiert. Je nach Bedarf erfolgt eine telefonische oder persönliche Betreuung durch erfahrene Fachpsychologinnen oder -psychologen. Dabei werden die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigt.
Für die Betreuung von Betroffenen nach Gewaltereignissen gibt es unterschiedliche Konzepte bei den verschiedenen Unfallversicherungsträgern. Bitte informieren Sie sich über die Regelungen bei Ihrem Unfallversicherungsträger.
Unterweisung/Information der Beschäftigten
Erstellen Sie Betriebsanweisungen, die die notwendigen Verhaltensregeln über das richtige Verhalten bei Gewaltereignissen leicht verständlich zusammenfassen. Unterweisen Sie die Beschäftigten vor der erstmaligen Aufnahme der Arbeiten. Wiederholen Sie die Unterweisungen in längstens jährlichen Abständen. Dokumentieren Sie alle Unterweisungen.