TRB 610 - TR Druckbehälter 610

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Abschnitt 5 TRB 610 - Zusätzliche Anforderungen bei sehr giftigen oder giftigen Gasen (2)

5.1 Allgemeines

5.1.1 Sicherheitskennzeichen

Räume und Bereiche im Freien mit Lagerbehältern für sehr giftige oder giftige Gase müssen deutlich erkennbar und dauerhaft gekennzeichnet sein.

Die Forderung ist erfüllt, wenn

  • die Lagerbehälter im Freien oder

  • die Zugänge zu Räumen oder umgrenzten Bereichen im Freien mit dem Namen des Gases, mit dem Gefahrensymbol und mit der Gefahrenbezeichnung gekennzeichnet sind.

Für die Ausführung der Kennzeichen - siehe UVV "Sicherheitskennzeichen am Arbeitsplatz" (BGV A8)).

Soweit Lagerbehälter für sehr giftige oder giftige Gase in einem Werkbereich oder Teilen davon aufgestellt sind, für die gleiche oder weitergehende Bestimmungen für die Vermeidung von Gefahren bestehen, genügt eine entsprechende Kennzeichnung dieser Bereiche.

5.1.2 Sicherheitshinweis

Ergänzend zu Abschnitt 3.2.1.4 ist darauf hinzuweisen, daß nur sachkundige Personen zu Räumen und Bereichen nach Abschnitt 5.1.1 Zugang haben.

5.2 Vorbeugende und schadensbegrenzende Schutzmaßnahmen

Vorbeugend. um Gasaustritte sehr giftiger oder giftiger Gase zu verhindern, sind Maßnahmen entsprechend der Gesundheitsgefahr zu ergreifen. Darüber hinaus sind Maßnahmen zu treffen, um Auswirkungen von störungsbedingten Gasaustritten so gering wie möglich zu halten. Betriebsbedingte Gasaustritte sind bei giftigen Gasen möglichst zu vermeiden, bei sehr giftigen Gasen zu verhindern.

Nachfolgend werden diese Maßnahmen im einzelnen genannt und als "Schutzmaßnahmen" bezeichnet.

5.2.1 Allgemeine Schutzmaßnahmen

5.2.1.1 Besondere Lagerung

Bei den Gasen Phosphorwasserstoff (Phosphin), Schwefelwasserstoff, Carbonylchlorid (Chlorkohlenoxid, Phosgen) und Fluor, sowie bei Cyanwasserstoff (Blausäure) sind die Lagermengen nach sicherheitstechnischen und verfahrenstechnischen Gesichtspunkten klein zu halten und die Lagerbehälter bevorzugt in besonderen Räumen aufzustellen.

5.2.1.2 Meldeeinrichtungen für Gasgefahr

Im Bereich von Lägern für sehr giftige oder giftige Gase müssen Einrichtungen zum Melden von Gasgefahr vorhanden sein. Diese Forderung ist z.B. erfüllt, wenn ein Fernsprecher, Funksprechgerät, Gefahrenmelder schnell erreichbar ist.

In Lägern mit Gasen nach Abschnitt 5.2.1.1 sowie in Lägern, die während des Betriebes nicht mit Personal besetzt sind oder nicht regelmäßig kontrolliert werden, müssen selbsttätig wirkende Einrichtungen zum Erkennen, Warnen und Melden von Gasgefahr, z.B. Gaswarneinrichtungen mit Meldung an eine ständig besetzte Stelle (z.B. Meßstand), vorhanden sein. Die Gaswarneinrichtungen müssen Vor- und Hauptalarm auslösen. Beim Ansprechen des Hauptalarms muß die Anlage selbsttätig in den sicheren Zustand gehen.

Die Gaswarneinrichtungen müssen für die Meßkomponente geeignet sein. Die Anzeige ist für die Meßkomponente zu justieren.

5.2.1.3 Not-Aus-System

Im Bereich von Lägern sehr giftiger oder giftiger Gase muß ein Not- Aus-System mit leicht erreichbarem Auslösesystem und Meldung an eine ständig besetzte Stelle vorhanden sein.

Mit dem Not-Aus-System müssen die Verbindungsleitungen zwischen Lagerbehältern und anderen Anlagenteilen so abgesperrt werden können, daß keine zusätzlichen Gefährdungen auftreten. Das Not-Aus-System kann in mehrere Teilsysteme untergliedert sein und von Hand oder selbsttätig ausgelöst werden. Im Einzelfall ist zu entscheiden, ob die fernbetätigbaren Absperrarmaturen nach Abschnitt 5.2.1.5 in das Not-Aus-System einzubeziehen sind.

5.2.1.4 Überfüllsicherungen

Lagerbehälter für sehr giftige oder giftige Gase in flüssigem Zustand müssen so ausgerüstet sein, daß ein Überfüllen sicher verhindert wird. Diese Forderung ist insbesondere durch den Einbau einer geeigneten Überfüllsicherung erfüllt. An Lagerbehältern mit einem Fassungsvermögen von mehr als 30 t sind zwei voneinander unabhängige Überfüllsicherungen oder ein gleichwertiges System erforderlich,

Die Füllstandsanzeige kann in die Überfüllsicherung integriert sein.

Diese Überfüllsicherungen müssen den Förderstrom automatisch unterbrechen und so eingestellt sein, daß unter Berücksichtigung evtl. Nachlaufmengen der zulässige Füllgrad des Lagerbehälters nicht überschritten wird. Beim Ansprechen der Überfüllsicherung muß ein optischer oder akustischer Alarm ausgelöst werden.

5.2.1.5 Rohrleitungsanschlüsse

Die Forderung nach Schutzmaßnahmen ist insbesondere erfüllt, wenn

  • in allen Füll-, Entnahme- und Gaspendelleitungen je eine Handabsperrarmatur und eine fernbetätigbare Absperrarmatur mit mechanischem, pneumatischem oder elektrischem Stellungsanzeiger vorhanden ist; die fernbetätigbare Absperrarmatur muß bei Ausfall der Antriebsenergie selbsttätig in die sichere Stellung gehen: zusätzlich sind bei sehr giftigen Gasen die fernbetätigbaren Absperrarmaturen in das Not-Aus-System einzubeziehen; abweichend davon sind für giftige Gase bei Betriebsüberdrücken kleiner oder gleich 0,5 bar Handabsperrarmaturen in den Rohrleitungen, die mit der Gasphase in Verbindung stehen, ausreichend,

  • an Probenahmestellen durch Einrichtungen sichergestellt ist, daß betriebsbedingt keine oder nur geringe Mengen austreten können, z.B. Probenahmeöffnungen müssen mit zwei hintereinander geschalteten Absperrarmaturen ausgerüstet und im Durchmesser mit einem entsprechend dimensionierten Querschnitt ausgelegt sein,

  • bei MSR-Leitungen sowohl an der Gas- als auch an der Flüssigphase eine Handabsperrarmatur vorhanden ist,

  • nicht erforderliche Anschlußstutzen am Lagerbehälter vermieden sind,

  • Stutzen ohne angeschlossene Rohrleitung

    • bei giftigen Gasen ohne Armatur blindgesetzt oder mit doppeltabgedichteter oder dichtungsloser Armatur versehen und blindgesetzt werden,

    • bei sehr giftigen Gasen ohne Flansch oder mit Flansch und Schweißlippendichtung dichtgeschweißt werden und

  • an allen Stutzen des Lagerbehälters

    • die Wanddicke der Rohre mindestens 3,2 mm beträgt,

    • die Flansche eine Nenndruckstufe höher ausgeführt sind, als auf Grund des Dampfdruckes des Gases bei der höchstmöglichen Lagertemperatur erforderlich wäre; für DIN-Flansche mit Nennweiten größer DN 250 kann stattdessen der rechnerische Nachweis nach DIN 2505 mit mindestens zweifacher Sicherheit gegen die Streckgrenze geführt werden,

    • Flansche mit Nut und Feder oder Vor- und Rücksprung oder Schweißlippendichtung verwendet werden,

    • Flansche mit glatter Dichtleiste nur in Verbindung mit Metallweichstoffdichtungen oder Metalldichtungen eingesetzt werden; für DIN-Flansche mit Nennweiten größer DN 250 kann stattdessen der rechnerische Nachweis nach DIN 2505 mit mindestens zweifacher Sicherheit gegen die Streckgrenze geführt werden; bei sehr giftigen Gasen dürfen Flansche mit glatter Dichtleiste nicht verwendet werden, ausgenommen Spezialkonstruktionen, die mindestens die gleiche Sicherheit gewährleisten.

5.2.1.6 Persönliche Schutzausrüstung

Im Bereich von Lägern sind geeignete Atemschutzgeräte und gegebenenfalls Körperschutzmittel bereitzuhalten.

5.2.1.7 Schutzraum

Im Bereich von Lagern für sehr giftige Gase ist erforderlichenfalls ein Schutzraum einzurichten, in dem z.B. Körperschutzmittel und Atemschutzgeräte vorhanden sind. Der Schutzraum ist mit Notbeleuchtung, Telefon, Not-Aus-Schalter und - soweit durch die Gaseigenschaften erforderlich - mit einer Notdusche auszustatten. Der Schutzraum kann auch eine entsprechend ausgestattete Prozeßleitwarte sein.

Der Schutzraum muß so belüftet sein, daß keine gefährlichen Konzentrationen sehr giftiger Gase auftreten können. Diese Forderung ist erfüllt, wenn z.B. ein leichter Überdruck von mindestens 0,2 mbar aufrechterhalten wird und die Zuluft aus sicheren Bereichen angesaugt wird.

5.2.2 Schutzmaßnahmen bei Aufstellung in Räumen

5.2.2.1 Türen

Türen von Räumen, in denen Lagerbehälter für sehr giftige oder giftige Gase aufgestellt sind, müssen selbstschließend sein.

5.2.2.2 Benachbarte Räume

Räume mit Lagerbehältern für sehr giftige oder giftige Gase dürfen neben, unter oder über Räumen, die dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, nur vorhanden sein, sofern die Trennwände zu diesen angrenzenden Räumen öffnungslos und gasdicht ausgeführt sind.

5.2.2.3 Einrichtung zum Ableiten oder Vernichten

Abweichend von Abschnitt 3.2.2.5 müssen Räume mit Lagerbehältern für sehr giftige oder giftige Gase mit einer Einrichtung versehen sein, mit der ausgetretenes Gas gefahrlos

  • abgeleitet oder

  • aufgefangen und beseitigt

werden kann.

Die Einrichtungen müssen von ungefährdeten Stellen aus betätigt werden können.

5.2.3 Schutzmaßnahmen bei Aufstellung im Freien

5.2.3.1 Ausführung der Aufstellplätze

An Lagerbehältern für sehr giftige oder giftige, tiefkalte Gase in flüssigem Zustand, die bei einem Betriebsüberdruck von weniger als 0,5 bar gelagert werden, muß der Boden im Bereich der Anschlüsse und Armaturen so ausgeführt sein, daß austretendes Gas nicht eindringen kann. Einer besonderen Ausführung des Bodens bedarf es nicht, wenn

  • das Gas gasförmig entnommen wird,

  • die Anschlüsse einschließlich Armaturen an der Flüssigphase - ausgenommen MSR-Leitungen - keine lösbaren Verbindungen besitzen oder

  • die Armaturen entsprechend Abschnitt 5.2.1.5 angeordnet sind.

5.2.3.2 Bereiche mit möglicher Gesundheitsgefährdung

5.2.3.2.1 Bemessung der Bereiche

Um mögliche betriebsbedingte Gasaustrittsstellen an Lagerbehältern mit sehr giftigen oder giftigen Gasen sind zum Schutz von Personen Bereiche festzulegen, in denen gesundheitsgefährliche Atmosphäre nicht ausgeschlossen werden kann.

Die Forderung ist erfüllt, wenn um die möglichen betriebsbedingten Gasaustrittsstellen

  • ein kugelförmiger Bereich mit 5 m Radius zu anderen Anlagen auf dem Werkgelände,

  • 10 m Abstand zur Grenze des Werkgeländes eingehalten ist - siehe Anlage 7.

5.2.3.2.2 Kennzeichnung der Bereiche

Die Bereiche mit möglicher Gesundheitsgefährdung müssen mit dem Warnzeichen "Warnung vor deutlich erkennbar und dauerhaft gekennzeichnet sein - siehe Abschnitt 5.1.1.

Die Forderung ist erfüllt, wenn die Zugänge zu den Bereichen gekennzeichnet sind.

5.2.3.2.3 Nutzung der Bereiche

In den Bereichen mit möglicher Gesundheitsgefährdung durch sehr giftige oder giftige Gase dürfen sich nur Baulichkeiten und Einrichtungen befinden, die dem Betrieb der Lagerbehälter dienen.

5.2.3.2.4 Einschränkung der Bereiche

Die Einschränkung der Bereiche ist durch bauliche Maßnahmen möglich. Um die natürliche Umlüftung zu erhalten, ist eine Einschränkung nur an ein oder zwei Seiten zulässig. Bei Einschränkungen an mehr als zwei Seiten sind ergänzende Lüftungsmaßnahmen vorzusehen.

5.2.3.3 Begrenzung der Ausbreitung

Die Schutzmaßnahmen zur Begrenzung der Ausbreitung bei störungsbedingten Gasaustritten sind insbesondere erfüllt durch Einrichtungen zum

  • Erzeugen von Wasserschleiern zum Niederschlagen einer Gaswolke bei Gasen, die wasserlöslich sind, z.B. Ammoniak, Schwefeldioxid, Stickstoffoxide, Ethylenoxid, Chlorwasserstoff,

  • Erzeugen von Wasserschleiern zur Begrenzung der Ausbreitung einer Gaswolke bei Gasen, die in Wasser nicht oder nur wenig löslich sind, z.B. Chlor,

  • chemischen Umsetzen des ausgetretenen Gases durch Versprühen geeigneter Flüssigkeiten, z.B. Ammoniakwasser für Phosgen oder

  • Begrenzen der flächigen Ausbreitung durch Verwirbeln des ausgetretenen Gases mittels Wasserdampf (Dampfsperre).

Diese Einrichtungen, z.B. Sprührohre. Sprühwände, können fahrbar oder ortsfest eingebaut sein oder durch die Werkfeuerwehr bereitgestellt werden.

5.2.3.4 Windrichtungsanzeiger Im Bereich der Lagerbehälter für sehr giftige oder giftige Gase muß ein gut sichtbarer Windrichtungsanzeiger, z.B. Windsack, aufgestellt sein. Ist durch die Art der Aufstellung ein örtlicher Windrichtungsanzeiger nicht zweckdienlich, so kann die Windrichtung auch zentral an der für die Gefahrenabwehr zuständigen Stelle, z.B. Werkfeuerwehr, angezeigt werden.

5.2.3.5 Sicherheitsabstände

Es ist ein Sicherheitsabstand gemäß Abschnitt 2.16 erforderlich, außerhalb dessen bei störungsbedingten Gasaustritten das Auftreten einer gesundheitsgefährlichen Atmosphäre ausgeschlossen werden kann. Davon kann ausgegangen werden, wenn der ERPG-2-Wert 1 bzw. ein vergleichbarer gasspezifischer Grenzwert nicht überschritten wird.

5.2.3.5.1 Für bestimmbare Leckraten ist unter Berücksichtigung

  • der maximal möglichen Gasaustrittsmenge,

  • der Grenzwertkonzentration des austretenden Gases,

  • der Austritts- und Ausbreitungsbedingungen,

eine Ausbreitungsrechnung, z.B. nach VDI-Richtlinie 3783 Blatt 1 für Gase gleichschwer oder leichter als Luft bzw. nach VDI-Richtlinie 3783 Blatt 2 für Gase schwerer als Luft durchzuführen.

5.2.3.5.1.1 Die maximal mögliche Gasaustrittsmenge ist die Menge, die maximal aus einem Leck austreten kann. sofern sichergestellt ist, daß durch eine Störung nicht mehrere Gasaustrittsstellen gleichzeitig auftreten können. Ist dies nicht sichergestellt. sind die gleichzeitig auftretenden Gasaustrittsmengen zu berücksichtigen.

5.2.3.5.1.2 Die Grenzwertkonzentration ist die Konzentration, unterhalb der für sehr giftige und giftige Gase das Auftreten einer gesundheitsgefährlichen Atmosphäre ausgeschlossen werden kann. Davon kann ausgegangen werden, wenn der ERPG-2-Wert (1) oder ein vergleichbarer gasspezifischer Grenzwert nicht überschritten wird.

5.2.3.5.1.3 Bei der Festlegung der Austritts- und Ausbreitungsbedingungen sind jeweils die besonderen Randbedingungen für den Standort zu betrachten.

(2) Red. Anm.:

Außer Kraft am 1. Januar 2013 durch die Bek. vom 17. Oktober 2012 (GMBl S. 902)

(1) Amtl. Anm.:

Über diesen Grenzwert wird in den zuständigen Ausschüssen noch diskutiert.