DGUV Information 207-206 - Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln im Gesundheitsdienst

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Abschnitt 4.3 - 4.3 Hautdesinfektion

Neben der Reinigung der Patientenhaut durch Seife oder gegebenenfalls Shampoo wird auch die Desinfektion der intakten Patientenhaut, z. B. vor einer Behandlung oder einem chirurgischen Eingriff, durchgeführt. Daneben besteht auch die Desinfektion beschädigter Patientenhaut, diese antiseptische Behandlung betrifft Wunden. Bei der Anwendung eines Hautdesinfektionsmittels spielt die Einwirkzeit eine entscheidende Rolle. Diese kann in Bereichen mit talgdrüsenreicher Haut deutlich länger ausfallen. Die Einwirkzeit ist auch im Vorgriff auf eine invasive Tätigkeit entscheidend und für die Infektionsprävention hierbei vor allem die korrekte Anwendung. Herstellerangaben sind dabei unbedingt umzusetzen. Bei speziellen Anwendungen wie beim Legen eines Katheters ist vor dem Hintergrund der Infektionsprävention daher ein Hautdesinfektionsmittel mit Remanenzwirkung erforderlich.

In der Regel erfolgt die Desinfektion der Patientenhaut in zwei Schritten: Reinigen der Patientenhaut, Auftragen und Einziehen des Desinfektionsmittels. Generell wird die Desinfektion auf einer begrenzten Fläche der Patientenhaut (z. B. Ellenbeuge bei Blutentnahme) vorgenommen, vor chirurgischen Eingriffen oder bei der Versorgung von Brandwunden jedoch mitunter großflächig. Verschmutzte Haut ist zuerst mit desinfizierender Seife zu reinigen, abzuspülen und zu trocknen. Anschließend trägt das Personal pro Vorgang ca. 3-50 ml Desinfektionsmittel auf die Patientenhaut, z. B. mittels desinfektionsmittelgetränktem Tupfer mit Pinzette, auf und trägt dabei im Unterschied zur Händedesinfektion Handschuhe. Der Desinfektionsvorgang kann einige Sekunden bis einige Minuten dauern und mehrmals, in der Regel nicht mehr als 10-mal pro Schicht durchgeführt werden. Bei bestimmten chirurgischen Eingriffen ist zusätzlich das Duschen mit einem desinfizierenden Produkt vorgeschrieben. Unselbstständigen Patientinnen oder Patienten reibt das Pflegepersonal die Patientenhaut mit einem desinfektionsmittelgetränkten Waschlappen ab.

4.3.1 Gefährdungen

Desinfektionsmittel für die Hautdesinfektion kommen fast ausschließlich als gebrauchsfertige Produkte, vor allem als Desinfektionsmittellösung oder teilweise als desinfektionsmittelgetränkte Tücher, mit einer alkoholischen Wirkstoffbasis (60-100 Gew.-%) vor. Die typischen Wirkstoffe sind Ethanol oder 2-Propanol. Teilweise sind zusätzlich auch remanent wirksame Wirkstoffe wie Chlorhexidingluconat oder Polyvinylpyrrolidon-Iod enthalten.

Inhalative Gefährdung

Alkohole besitzen einen hohen Dampfdruck und sind flüchtig. Somit können Dämpfe der Inhaltsstoffe oder Aerosole beim Versprühen eine inhalative Gefährdung bedingen.

Bei der Desinfektion kleiner Patientenhautflächen ist die inhalative Gefährdung vernachlässigbar. Bei der Desinfektion größerer Patientenhautflächen ist die inhalative Exposition durch alkoholische Inhaltsstoffe in der Regel auch gering und liegt unterhalb der AGW. Bei ungünstigen Lüftungsverhältnissen (keine oder nicht ausreichende natürliche oder technische Raumlüftung möglich) können jedoch Konzentrationen von bis zu etwa 60 % des jeweiligen AGW über die Desinfektionsdauer erreicht werden. Zusammen mit anderen Gefahrstoffen, z. B. Narkosegasen oder Desinfektionsmitteldämpfen bei chirurgischer Händedesinfektion, kann daher aufgrund der Gesamtexposition die inhalative Exposition durchaus bei ungünstigen Lüftungsverhältnissen eine Rolle spielen. Im OP-Bereich mit ausreichender natürlicher Lüftung (siehe KRINKO Empfehlung "Prävention postoperativer Wundinfektionen") oder mit einer modernen, normgerechten Lüftungsanlage nach DIN 1946 - Teil 4, die mehr als 1.200 m3/h Frischluft liefert, wird nicht mit einer Überschreitung der AGW für diese Substanzen zu rechnen sein.

Dermale Gefährdung

Bei der Desinfektion der Patientenhaut sind die Hände des medizinischen Personals in der Regel durch medizinische Einmalhandschuhe geprüft nach DIN EN ISO 374 und DIN EN 455 zum Schutz vor Kontakt mit Desinfektionsmitteln und vor Infektionen ausreichend geschützt.

Augengefährdung

Hautdesinfektionsmittel können ernste Augenschäden verursachen.

Brand- und Explosionsgefahr

Brand- und Explosionsgefahr ist bei Anwendung der üblichen alkoholischen Produkte relevant, wenn Zündquellen in der Nähe sind. Bei einer großflächigen Hautdesinfektion besteht diesbezüglich aufgrund der verwendeten Menge, der großen Oberfläche und der Hauttemperatur eine wesentliche Gefährdung.

Kennzeichnung der gebrauchsfertigen Desinfektionsmittel

Die Produkte sind üblicherweise mit folgenden Gefahrenpiktogrammen und Gefahrenhinweisen versehen:

ccc_3519_as_15.jpg

GHS02

ccc_3519_as_16.jpg

GHS07

  • H225 Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar

  • H226 Flüssigkeit und Dampf entzündbar

  • H318 Verursacht schwere Augenschäden

  • H319 Verursacht schwere Augenreizung

  • H336 Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen

  • H412 Schädlich für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung

4.3.2 Schutzmaßnahmen

Die Schutzmaßnahmen in Kapitel 3.5 gelten grundsätzlich. Nachfolgend sind weitere Schutzmaßnahmen für die Desinfektion der Patientenhaut genannt.

Substitution

  • Gefährdende Desinfektionsmittel und Anwendungen sind zu ersetzen, wenn dies dem Therapieziel nicht entgegensteht:

    • Z. B. augengefährdende Desinfektionsmittel durch weniger gefährliche Desinfektionsmittel ersetzen.

    • Z. B. leicht entzündbare Desinfektionsmittel (H225) durch entzündbare (H226) Produkte ersetzen.

  • Gebrauchsfertige Desinfektionsmittel einsetzen. Es sind nur vereinzelt Desinfektionsmittelkonzentrate auf dem Markt, die für eine ordnungsgemäße Anwendung am Menschen verdünnt werden.

  • Ausbringungsverfahren mit Aerosolbildung (Spray-Anwendung) vermeiden.

Technische Schutzmaßnahmen

  • Direkten Hautkontakt des Desinfektionsmittels vermeiden, z. B. desinfektionsmittelgetränkte Tupfer mit Pinzette verwenden.

Organisatorische Schutzmaßnahmen

  • Vor dem Einsatz elektrischer Geräte (z. B. Thermokauter) desinfizierte Patientenhaut vollständig abtrocknen lassen.

  • Desinfektionsmittelgetränkte Utensilien in geschlossenen Behältnissen (Abfalleimer mit Deckel) entsorgen.

Persönliche Schutzausrüstungen

  • Wenn mit Spritzern zu rechnen ist, eine geeignete Schutzbrille (z. B. eine dicht schließende Korbbrille) verwenden.

  • Medizinische Einmalhandschuhe geprüft nach DIN EN ISO 374 zum Schutz vor Kontakt mit Desinfektionsmitteln und vor Infektionen tragen (siehe Kapitel 3.5.4 für weitere Informationen).