DGUV Information 209-082 - Gefahrstoffe im Modell- und Formenbau Handhabung und sicheres Arbeiten

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Abschnitt 12.1 - 12 Branchentypische Gefahrstoffe - Gesundheitsgefahren, Schutzmaßnahmen
12.1 Klebstoffe

Dispersionsklebstoffe bestehen aus in Wasser dispergierten Polymerteilchen und Hilfsstoffen, zum Beispiel Emulgatoren. Von Dispersionsklebstoffen, zum Beispiel Weißleimen für die Holzverklebung (formaldehydfreie Dispersionsleime auf Polyvinylacetat (PVAc)-Basis), gehen im Regelfall keine Gesundheitsgefahren aus. Allerdings können bei empfindlichen Personen einige Inhaltsstoffe, zum Beispiel Konservierungsmittel, bei Hautkontakt zu Reizungen und allergischen Reaktionen führen.

Schmelzklebstoffe werden im Modell- und Formenbau typischerweise aus Heißklebepistolen verarbeitet. Sie bestehen zumeist aus physikalisch abbindender Thermoplaste wie Ethylen-Vinylacetat (EVA). Die Verarbeitungstemperatur liegt produktabhängig häufig im Bereich von ca. 150 bis 180°C. Bei Einhaltung der vom Herstellbetrieb empfohlenen Verarbeitungstemperatur gehen im Regelfall von diesen Schmelzklebstoffen keine besonderen Gesundheitsgefahren aus.

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Durch heißen und tropfenden Schmelzklebstoff kann es besonders an den Händen zu Verbrennungen kommen.

Bei Kontakt-Klebstoffen (lösemittelhaltige 1-Komponenten-Klebstoffe) handelt es sich meist um in organischen Lösemitteln gelöste Polymere, zum Beispiel Polyurethane oder Polychloroprene. Der Klebstoff wird in der Regel auf beide zu verklebenden Teile aufgetragen, die nach weitgehender Trocknung zusammengefügt werden. Gesundheitsgefahren bestehen durch Einatmen von Lösemitteldämpfen und durch direkten Hautkontakt.

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Abb. 12.1
Auftrag eines PUR-Zweikomponenten-Klebstoffs mit einem Zahnspachtel

Reaktionsklebstoffe (Zwei-Komponenten-Klebstoffe) im Modell- und Formenbau beruhen typischerweise auf der Basis von Epoxiden (EP), Polyurethanen (PUR) und Methylmethacrylat (MMA). Zwei-Komponenten-Klebstoffe bestehen aus einer Harzkomponente und einem getrennt vorliegenden Härter (z. B. in getrennten Gebinden oder in Doppelkammerkartuschen). PUR-Klebstoffe werden auch als Einkomponentenprodukte eingesetzt.

Gesundheitsgefahren gehen von den Harzen und besonders von den Härtern aus. Folgende Härter werden typischerweise eingesetzt:

  • Epoxide: meist Amine

  • Polyurethane: Isocyanate

  • Methylmethacrylate: organische Peroxide

Die Zwei-Komponenten-Klebesysteme haben bei direktem Hautkontakt eine reizende oder ätzende Wirkung und können zum Teil schwere Haut- und Augenschäden verursachen. Zudem sind Reizungen der Atemwege möglich. Nach Hautkontakt können Hautallergien auftreten. Bei bestehender Sensibilisierung sollten die Beschäftigten keine weiteren Tätigkeiten mit diesen Klebstoffen ausführen.

Bei Tätigkeiten mit Reaktionsklebstoffen auf Basis von Polyurethan (PUR) gilt:

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Ab dem 24. August 2023 ist durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber sicherzustellen, dass alle Beschäftigten nachweislich zur sicheren Handhabung von Diisocyanaten geschult werden, wenn sie Tätigkeiten mit Stoffen und Gemischen ausführen, die monomeres Diisocyanat mit einem Gehalt von 0,1 % und mehr enthalten. Die entsprechenden Schulungen müssen von den Herstellern oder Inverkehrbringenden angeboten werden.

Die verpflichtende Schulung entbindet nicht von der regelmäßigen Unterweisungspflicht durch den Betrieb. Im Gegensatz zur Unterweisung bietet die Schulung allerdings detaillierte Inhalte, zum Beispiel zu den chemischen Eigenschaften von Diisocyanaten.

Cyanacrylatklebstoffe ("Sekundenkleber") sind Einkomponentensysteme und werden im Modell- und Formenbau meist für punktuelle Verklebungen eingesetzt. Bei der Verarbeitung können Haut, Augen und Atemwege gereizt werden. Verklebungen mit der Haut sind nur äußerst schwer wieder zu lösen.

Polyester (PE/UP)-Spachtelmassen werden im Modell- und Formenbau gelegentlich als Klebstoffe eingesetzt, zum Beispiel für Blockmaterialien. Hinweise zu Gefährdungen und Schutzmaßnahmen finden Sie im Abschnitt 12.3.

Augenschutz muss immer benutzt werden, wenn eine Gefährdung durch Spritzer von Klebstoff bestehen könnte. Das kann zum Beispiel beim Sprühauftrag oder beim Mischen und Umfüllen der Fall sein. Es wird daher empfohlen, beim Verarbeiten von Klebstoffen Augenschutz zu benutzen (zum Beispiel eine Gestellbrille mit Seitenschutz nach DIN EN 166).

Tabelle 3 Schutzmaßnahmen

ProduktAbsaugungccc_1678_as_26.jpgAtemschutzccc_1678_as_27.jpgSchutzhandschuhe
Dispersionsleim
Schmelzklebstoff auf EVA-BasisZum Schutz vor Verbrennungen, z. B. aus dickem Stoff
KontaktklebstoffBesonders bei großflächiger Anwendung erforderlichBei Handauftrag: Filter A2 Bei Niedrigsiedern (z. B. Aceton): IsoliergerätSiehe Sicherheitsdatenblatt.
2-Komponenten-Klebstoffe (EP/PUR/MMA)Besonders bei großflächiger Anwendung oder an dauerhaften Arbeitsplätzen erforderlichBei wirksamer freier oder technischer Lüftung i. d. R. nicht notwendigSiehe Sicherheitsdatenblatt, häufig geeignet bei EP/PUR: Nitril. häufig geeignet bei MMA: Butyl.
Cyanacrylatklebstoff-SekundenkleberBelüftung sicherstellen.Siehe Sicherheitsdatenblatt, häufig geeignet: Nitril.
PE/UP-SpachtelmassenSchutzmaßnahmen siehe Abschnitt 12.3