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Abschnitt 4 - Energieverteilung

4.1
Netzaufbau

4.1.1
Netzsysteme

Die Anlage zur elektrischen Energieversorgung einer Bau- oder Montagestelle besteht aus Übergabepunkt, Verbindungsleitungen, Verteilern und Anschlusspunkten.

Als Netzsysteme sind nach dem Übergabepunkt TN-C-, TN-S-, TT- und IT-Systeme zulässig.

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Abb. 2Versorgung einer größeren Baustelle (Anschluss-, GruppenVerteiler-, GroßGeräte-Verteiler-, Verteiler-, EndVerteiler-Schrank)
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Abb. 3Versorgung einer kleineren Baustelle mit nur einem AnschlussVerteiler-Schrank Abb. 4Beispiel für eine fachgerechte und zuverlässige Ausführung der Erdung

Das TN-C-System darf nur angewendet werden, wenn Leitungsquerschnitte von mindestens 10 mm2 Cu oder 16 mm2 Al verwendet werden. Die Leitungen dürfen während des Betriebes nicht bewegt werden und sind mechanisch geschützt zu verlegen. Leitungen gelten als geschützt verlegt, wenn sie hochgehängt sind oder wenn durch Abdeckung oder Verlegung im Schutzrohr mechanische Schädigungen verhindert werden.

Im TN-System sollten zur Gewährleistung einer sicheren Erdverbindung möglichst alle Baustromverteiler zusätzlich geerdet werden. Auf Grund von Rückströmen im Erdreich in der Nähe von elektrifizierten Gleisanlagen und deren Erdungsanlagen sind Erdspieße in einem ausreichenden Abstand (ca. 10 m) von den Gleisanlagen zu setzen.

Im TT-System muss zur Einhaltung der Abschaltbedingungen die Erdverbindung ausreichend niederohmig sein. Dazu ist jeder Baustromverteiler separat zu erden. Um die Schutzmaßnahme dauerhaft sicherzustellen, ist insbesondere bei der Verwendung von Erdspießen auf eine fachgerechte und zuverlässige Ausführung der Erdung zu achten.

4.1.2
Betriebsmittelauswahl zum Netzaufbau

4.1.2.1
Schaltanlagen und Verteiler

Die elektrische Anlage der Baustelle muss durch Schaltgeräte freigeschaltet werden können. Die Schaltgeräte müssen betriebsmäßig so ausgelegt sein, dass alle aktiven Leiter gleichzeitig geschaltet werden.

Schaltanlagen und Verteiler dürfen auf Baustellen nur betrieben werden, wenn sie mindestens die Schutzart IP 43 aufweisen.

Baustromverteiler müssen den Forderungen der VDE 0660-501 entsprechen und mindestens die Schutzart IP 44 aufweisen. Jeder Baustromverteiler mit mindestens einem Anschlusspunkt muss eine zentrale Einrichtung zum Trennen haben, die während des Betriebes jederzeit frei zugänglich sein muss. Eine Einrichtung zum Trennen kann auch eine zentrale Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) sein.

Bei extremen Temperaturen sind nur Betriebsmittel zu verwenden, die hierfür geeignet sind. Schaltgeräte, z. B. Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs), müssen für Temperaturen bis -25°C geeignet sein, wenn mit Temperaturen unter-5°C gerechnet werden muss.

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4.1.2.2
Leitungen

Als bewegliche Leitungen sind nur mehradrige Leitungen vom Typ H07RN-F oder H07BQ-F zu verwenden (H07BQ-F eingeschränkt beständig gegenüber thermischer Einwirkung von außen, z. B. bei Schweißarbeiten). Bei besonders hoher mechanischer Beanspruchung sind Leitungen der Bauart NSSHöu einzusetzen.

An Stellen, an denen Leitungen mechanisch besonders beansprucht werden können, sind sie geschützt zu verlegen, z. B.

  • hochgehängt,

  • mit festen Materialien, z. B. Holzbohlen, abgedeckt,

  • in Kabelbrücken oder Schutzrohren.

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Abb. 5
Kabelbrücke aus hoch belastbarem Material

Für die Verlegung von nicht flexiblen Kabeln ist VDE 0100-520 zu beachten.

4.2
Schutzmaßnahmen vor dem Anschlusspunkt

In allen Stromkreisen muss eine Schutzmaßnahme nach VDE 0100-410 angewendet werden.

Generell wird beim Einsatz handgeführter elektrischer Verbrauchsmittel unabhängig vom Bemessungsstrom empfohlen, Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) mit einem Bemessungsdifferenzstrom IΔn ≤ 30 mA zu verwenden, da diese Schutzeinrichtungen in bewährter Weise einen zuverlässigen Personenschutz bieten.

Je nach Anwendungsfall und elektrischem Verbrauchsmittel sind entweder pulsstromsensitive (Typ A oder F) oder allstromsensitive (Typ B oder B+) Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) einzusetzen.

Ableitströme können die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) zur Auslösung bringen. Aus diesem Grund ist bei der Auswahl der Betriebsmittel darauf zu achten, dass diese möglichst geringe Ableitströme verursachen.

4.2.1
Stromkreise ohne Steckdosen

Stromkreise mit Bemessungsstrom In ≤ AC 32 A mit fest angeschlossenen handgeführten elektrischen Verbrauchsmitteln müssen über Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) mit einem Bemessungsdifferenzstrom IΔn ≤ 30 mA betrieben werden.

4.2.2
Stromkreise mit Steckdosen

Für diese Stromkreise sind die folgenden Schutzmaßnahmen anzuwenden:

  • Stromkreise mit Bemessungsstrom In ≤ AC 32 A sind über Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) mit einem Bemessungsdifferenzstrom IΔn ≤ 30 mA zu betreiben,

  • Stromkreise mit Bemessungsstrom In > AC 32 A sind über Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) mit einem Bemessungsdifferenzstrom IΔn ≤ 500 mA zu betreiben.

4.2.3
Weitere Schutzmaßnahmen

Außer den aufgezeigten Maßnahmen sind noch folgende Schutzmaßnahmen möglich:

  • SELV (Schutzkleinspannung) nach VDE 0100-410 Abschnitt 414

  • Schutztrennung nach VDE 0100-410 Abschnitt 413
    In leitfähigen Bereichen mit begrenzter Bewegungsfreiheit sind die Maßnahmen nach BGI 594 anzuwenden. Bei Verwendung von Stromerzeugern sind die Maßnahmen nach BGI 867 anzuwenden.

  • IT-Systeme nach VDE 0100-410 Abschnitt 411.6
    dürfen nur mit Isolationsüberwachungseinrichtungen (IMDs) betrieben werden. Bei Meldung eines Isolationsfehlers ist dieser unverzüglich zu beseitigen. Sofern die Isolationsüberwachungseinrichtungen nicht überwacht werden, muss die elektrische Anlage beim Auftreten des ersten Fehlers abschalten. Überwacht heißt hier, dass die Wahrnehmung der Meldung sichergestellt ist und Maßnahmen zur Fehlerbeseitigung durch eine Elektrofachkraft eingeleitet werden.

4.2.4
Schutzmaßnahmen beim Einsatz frequenzgesteuerter Betriebsmittel

Zur Erhaltung der Schutzmaßnahme muss sich der Betreiber vor dem Anschließen frequenzgesteuerter Betriebsmittel vergewissern, dass die vorgeschalteten Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) für das Betriebsmittel geeignet sind;

Hinweise können aus der Betriebsanleitung entnommen werden. Daher sollte der Betreiber frequenzgesteuerte Betriebsmittel deutlich kennzeichnen.

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Abb. 6
Beispiel für die Kennzeichung eines frequenzgesteuerten Krans, hier Anschlussschrank mit Frequenzumrichter (FU)

Frequenzgesteuerte Betriebsmittel verursachen aufgrund von EMV-Maßnahmen betriebsbedingte Ableitströme, die über den Schutzleiter abfließen. Die Ableitströme können die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) zur Auslösung bringen. Aus diesem Grund ist bei der Auswahl der Betriebsmittel darauf zu achten, dass diese möglichst geringe Ableitströme (weniger als 40 % des Bemessungsfehlerstromes) verursachen.

Um im Falle einer Unterbrechung des Schutzleiters eine Gefährdung zu minimieren, ist es erforderlich, erdungsunterstützende Maßnahmen zu treffen, z. B. zusätzliche Erdungsspieße an den Betriebsmitteln oder an den Baustromverteilern.

4.2.4.1
Mehrphasig betriebene elektrische Betriebsmittel mit Frequenzumrichtern

Diese Betriebsmittel, z. B. Krane, Aufzüge, Schweißumformer, können folgende Fehlerströme erzeugen:

  • hochfrequente Wechselfehlerströme, die von einer pulsstromsensitiven Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) vom Typ A nicht erkannt werden und daher nicht zur Auslösung führen,

  • glatte Gleichfehlerströme, die nicht zur Auslösung von pulsstromsensitiven Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) vom Typ A oder F führen und diese unwirksam machen.

Deshalb dürfen diese elektrischen Betriebsmittel hinter einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) vom Typ A oder F nicht betrieben werden. Der Schutz im Fehlerfall kann nur sichergestellt werden durch

  • den Einsatz von allstromsensitiven Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) vom Typ B oder B+,

  • Trenntransformatoren mit nur einem angeschlossenen Verbrauchsmittel,

  • Festanschluss, wobei die Maßnahmen nach VDE 0100-410 angewendet und die Abschaltbedingungen eingehalten werden müssen sowie die nachgeschalteten Stromkreise keine Steckdosen enthalten dürfen.

4.2.4.2
Einphasig betriebene elektrische Betriebsmittel mit Frequenzumrichtern

Diese Betriebsmittel, z. B. Rüttler, Bohrhämmer, können neben Wechsel- und Pulsfehlerströmen der Netzfrequenz auch nieder- und höherfrequente Wechselfehlerströme aufweisen, die von Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) des Typs A nicht ausreichend empfindlich erkannt werden. Unter der Voraussetzung, dass keine glatten Gleichfehlerströme entstehen können, werden in diesen Fällen Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) des Typs F empfohlen.

Hinweis:Für Betriebsmittel mit Phasenanschnittsteuerung ist eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) des Typs A ausreichend.

Genormte Symbole auf Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs)

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Abb. 74-polige Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs);
Erklärung der Symbole siehe Anhang 1

4.2.5
Steckdosen in einer bestehenden Installation

4.2.5.1
Steckdose mit unbekannter Schutzmaßnahme

Um die in Abschnitt 3.2 genannten Steckdosen einer Gebäudeinstallation nutzen zu können, ist ein zusätzlicher Schutz erforderlich. Dieser kann durch eine ortsveränderliche Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (PRCD nach VDE 0661) realisiert werden, die nachfolgende Anforderungen erfüllt:

  • Bemessungsdifferenzstrom IΔn ≤ 30 mA

  • allpolig schaltend, einschließlich Schutzleiter

  • Unterspannungsauslösung

  • kein selbständiges Wiedereinschalten nach Spannungswiederkehr

Außerdem muss diese Schutzeinrichtung folgende ergänzende Funktionen aufweisen:

  • die Schutzeinrichtung darf sich nicht einschalten lassen, wenn der Schutzleiter unterbrochen ist oder unter Spannung steht,

  • wenn während des Betriebes Spannung auf dem Schutzleiter auftritt oder der Schutzleiter unterbrochen wird, muss die Schutzeinrichtung abschalten,

  • beim Auftreten von Fremdspannung auf dem Schutzleiter, z. B. durch Anbohren einer Leitung eines anderen Stromkreises, darf die Schutzeinrichtung den Schutzleiter nicht abschalten.

Diese ortsveränderliche Schutzeinrichtung kann über eine genormte Steckvorrichtung zwischen ein Betriebsmittel und eine Steckdose geschaltet werden oder in Betriebsmitteln, z. B. Leitungsroller, integriert sein.

In ungeerdeten Netzen, z. B. hinter Stromerzeugern, lässt sich diese Schutzeinrichtung nicht in Betrieb nehmen, da sie sich nicht einschalten lässt.

Als weitere wirksame Schutzmaßnahme ist der Einsatz eines Trenntransformators zum Betrieb eines einzelnen Verbrauchsmittels möglich.

Kleinstbaustromverteiler werden im Gegensatz zu früheren Ausgaben dieser Information nicht mehr erwähnt. Sie spiegeln nicht den Stand der Technik wieder und sind in der praktischen Anwendung nur noch selten zu finden.

4.2.5.2
Geprüfte Steckdose ohne Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD)

Die Steckdose muss nachweislich frei von Installationsfehlern sein.

Die Schutzmaßnahmen müssen bekannt und die Prüfungen nach Abschnitt 4.3 nachgewiesen sein.

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Abb. 8
Mobiler Verteiler mit Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD), Leitungsschutzschaltern und mehreren Steckdosen

Der Anwender muss hinter einer solchen Steckdose in jedem Fall eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) entsprechend den Festlegungen der Abschnitte 4.2.2 und 4.2.4 einsetzen.

4.2.5.3
Geprüfte Steckdose mit geeigneter Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD)

Die Steckdose muss nachweislich frei von Installationsfehlern sein.

Die Schutzmaßnahmen müssen bekannt und die Prüfungen nach Abschnitt 4.3 nachgewiesen sein.

Eine geeignete Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) muss die Anforderungen nach den Abschnitten 4.2.2 und 4.2.4 erfüllen.

Unter diesen Voraussetzungen darf die Steckdose direkt als Anschlusspunkt genutzt werden.

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Abb. 9
Stationärer Verteiler mit zugewiesenen, geprüften Steckdosen und geeigneter Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD)

4.3
Prüfungen

Jede elektrische Anlage muss vor Inbetriebnahme, nach Änderung und nach Instandsetzung sowie in angemessenen Zeitabständen von einer Elektrofachkraft geprüft werden (§ 5 BGV A3 oder § 5 GUV-V A3). Die Prüfungen sind zu dokumentieren.

Inbetriebnahmeprüfung
Die Inbetriebnahmeprüfung ist entsprechend der in VDE 0100-600 festgelegten Maßnahmen durchzuführen.

Wiederholungsprüfungen
Die Häufigkeit der Wiederholungsprüfungen richtet sich nach den Festlegungen in der Gefährdungsbeurteilung, der Umfang nach den Festlegungen in VDE 0105-100.

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Abb. 10
Inbetriebnahmeprüfung eines Baustromverteilers nach VDE 0100-600