DGUV Information 201-011 - Verwendung von Arbeits-, Schutz- und Montagegerüsten

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Abschnitt 4.7 - 4.7 Maßnahmen zur Sicherung gegen Absturz

Beim Auf-, Um- und Abbau von Gerüsten müssen Beschäftigte gegen Absturz geschützt sein. Die Sicherungsmaßnahmen werden im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festgelegt. Dabei ist die Rangfolge der Schutzmaßnahmen zu beachten, siehe Abschnitt 4.1.2.

Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz sind dann nicht erforderlich, wenn der horizontale Abstand zwischen der Kante der Belagfläche des Gerüstes und einer tragfähigen und ausreichend großen Fläche des Bauwerkes nicht mehr als 0,30 m beträgt.

4.7.1 Absturzsicherungen bei der Montage

Auf der obersten Gerüstlage ist für den Horizontaltransport von Gerüstbauteilen bei durchgehender Gerüstflucht mindestens ein einteiliger Seitenschutz je Gerüstfeld zu verwenden, sofern nicht bauliche Gegebenheiten, wie z. B. Balkone, Erker oder besondere Gerüstbauarten, wie z. B. Hänge- oder Raumgerüst, diese Maßnahme der Absturzsicherung nicht ermöglichen.

Wird der Gerüstabschnitt erst ab einer bestimmten Höhe unterbrochen (z. B. Dachvorsprung, Gesims), ist bis dahin und danach die technische Schutzmaßnahme zu verwenden.

Anforderungen an den Seitenschutz können z. B. den Aufbau- und Verwendungsanleitungen der Gerüsthersteller oder DIN EN 12811-1, DIN 4420-1 entnommen werden.

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Abb. 6
Beispiel für einen vorlaufenden, systemimmanenten oder -integrierten Seitenschutz

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Abb. 7
Beispiel für einen vorlaufenden systemimmanenten oder -integrierten Seitenschutz

Der Seitenschutz bei der Montage bzw. Demontage kann als Bauteil bzw. technische Schutzvorrichtung welche beim Auf-, Um- und Abbau im Gerüst verbleibt (systemimmanent bzw. -integriert), als Montagesicherungsgeländer (MSG) oder durch den bereits montierten Seitenschutzausgeführt sein. Bei Gerüstendfeldern ist dabei auch die Stirnseite gegen Absturz zu sichern.

4.7.2 Auffangeinrichtung

Sind Absturzsicherungen nicht möglich, können Auffangeinrichtungen bei speziellen baulichen Gegebenheiten, wie beispielsweise Gerüsten auf Kranbahnen oder Öffnungen im Gebäude unterhalb der Gerüsterstellung, verwendet werden.

Die Auffangeinrichtung ist als Schutzgerüst oder Schutznetz auszuführen.

Anforderungen an ein Schutzgerüst sind z. B. in DIN 4420-1 beschrieben, Anforderungen zu Schutznetzen können z. B. DIN EN 1263-1 entnommen werden. Hinweise zu Schutznetzen siehe DGUV Regel 101-011 "Einsatz von Schutznetzen (Sicherheitsnetzen)".

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Abb. 8
Beispiel einer Auffangeinrichtung

4.7.3 Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz für Gerüstbauarbeiten

Ist eine technische Schutzmaßnahme aufgrund des einzurüstenden Objekts oder der Gerüstbauart nicht möglich, ist als personenbezogene Schutzmaßnahme eine geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSA gegen Absturz) zu verwenden.

Der Unternehmer bzw. die Unternehmerin hat für die bestimmungsgemäße Benutzung der PSA gegen Absturz zu sorgen. Dies setzt folgendes voraus:

  • Vorhandensein von geeigneten Anschlagpunkten

  • eine besondere Gefährdungsbeurteilung

  • ein Rettungskonzept

  • gesonderte Unterweisung der Beschäftigten in der ordnungsgemäßen Benutzung der PSA gegen Absturz und der Rettungsausrüstung mit jeweils praktischen Übungen, welche auch die Durchführung der erforderlichen Rettungsmaßnahmen nach dem Auffangvorgang beinhaltet. Am Einsatzort ist die erforderliche Ausrüstung zur Rettung in Abhängigkeit des Rettungskonzepts bereit zu halten.

Vgl. § 31 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".

Ein Muster für eine Betriebsanweisung für die Benutzung eines Auffangsystems für Arbeiten im Gerüstbau zeigt Anhang 7.4, siehe auch DGUV Regel 112-198 "Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz".

Im Rettungskonzept und in der Gefährdungsbeurteilung ist u. a. die Verletzungsgefahr, z. B. durch Anprallen oder Hängetrauma, zu berücksichtigen.

Hinweise für geeignete Anschlagpunkte können z. B. der Aufbau- und Verwendungsanleitung des jeweiligen Gerüstherstellers sowie der Gebrauchsanleitung des Herstellers der PSA gegen Absturz entnommen werden. Sind keine geeigneten Anschlagpunkte ausgewiesen, sind diese im Einzelfall zu bestimmen und nachzuweisen. Geeignete Anschlagpunkte für PSA gegen Absturz sollten grundsätzlich oberhalb des oder der Beschäftigten, bei längenorientierten Arbeits- und Schutzgerüsten mindestens jedoch in 1 m Höhe über der Standfläche des oder der Beschäftigten, angeordnet sein.

Anschlagpunkte sind vom Unternehmer bzw. der Unternehmerin festzulegen, siehe auch DGUV Regel 112-198 "Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz".

Ein Muster für eine Betriebsanweisung zur Benutzung von PSA zum Retten aus Höhen und Tiefen für Arbeiten im Gerüstbau zeigt Anhang 7.5.

Weitere Hinweise siehe DGUV Regel 112-199 "Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen zum Retten aus Höhen und Tiefen".

Bei der Benutzung von PSA gegen Absturz ist ein Schutzhelm mit Kinnriemen zu verwenden. Dieser muss den Anforderungen nach DIN EN 397 entsprechen.

Vgl. Abschnitt 4.2.4 der TRBS 2121-1 und DGUV Regel 112-193 "Benutzung von Kopfschutz".

4.7.4 Arbeitsplätze und Verkehrswege

Arbeitsplätze und Verkehrswege müssen ein sicheres Arbeiten und Begehen ermöglichen. Der Unternehmer bzw. die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass nur tragfähige Arbeitsplätze und Verkehrswege genutzt werden. Bei Arbeitsplätzen und Verkehrswegen auf nicht begehbaren Bauteilen müssen geeignete Maßnahmen vorhanden sein, die ein Durchbrechen und Abstürzen von Personen verhindern.

Siehe DGUV Vorschrift 38 "Bauarbeiten", § 8 ff.

Tragfähigkeit von vertikalen Flächen

Eine vertikale Fläche des Bauwerkes kann als tragfähig angesehen werden, wenn sie den Anforderungen für Seitenschutz nach DIN EN 12811-1 entspricht.

Eine vertikale verglaste Fläche des Bauwerkes kann als tragfähig angesehen werden, wenn sie den Anforderungen für Verglasungen nach DIN 18008-4 entspricht.

Tragfähigkeit von horizontalen Flächen

Horizontale Flächen des Bauwerkes, die für die Gerüstbauarbeiten

  • betreten werden, müssen begehbar sein,

  • als Auffangfläche bei einem Absturz dienen, müssen durchsturzsicher sein.

Nicht begehbare bzw. nicht durchsturzsichere horizontale Flächen können z. B. aus PVC-Platten, Glasplatten, Faserzementplatten, Lichtkuppeln oder -bändern bestehen.

Eine Fläche gilt z. B. dann als durchsturzsicher ( jedoch nicht als begehbar), wenn sie nach dem DGUV-Prüfgrundsatz GS-BAU 18 "Grundsätze für die Prüfung und Zertifizierung der Durchsturzsicherheit von Bauteilen bei Bau- oder Instandhaltungsarbeiten" geprüft worden ist.

Begehbare Bauteile sind alle Bauteile, für die der Hersteller ausdrücklich eine Begehbarkeit bestätigt hat oder für die eine statische Berechnung vorliegt, welche die Begehbarkeit berücksichtigt.

Die Unterlage für spätere Arbeiten nach BaustellV enthält in der Regel entsprechende Informationen.