DGUV Regel 114-016 - Straßenbetrieb Straßenunterhalt

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Abschnitt 4.15 - 4.15 Tätigkeiten mit biologischen Gefährdungen

4.15.1 Allgemeines

Bei verschiedenen Tätigkeiten im Straßenunterhaltungsdienst können die Beschäftigten Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Viren) und dem Gefährdungspotential von humanpathogenen Parasiten ausgesetzt sein. Die Beschäftigten kommen dabei mit biologischen Arbeitsstoffen in Kontakt, ohne dass die Tätigkeiten auf diese ausgerichtet sind oder die auftretenden biologischen Arbeitsstoffe im Einzelnen der Art, Menge und Zusammensetzung nach bekannt sind. Deshalb handelt es sich um nicht gezielte Tätigkeiten im Sinne der Biostoffverordnung (BioStoffV). Hierzu zählen insbesondere das Sammeln und Beseitigen von Abfällen oder toten Tieren als auch Tätigkeiten in niederer Vegetation wie Rasen mähen oder Wege bzw. Straßenränder freischneiden, bei denen durch Zeckenstiche Infektionserreger übertragen werden können. Ferner zählen zu den Tätigkeiten mit biologischen Gefährdungen auch der Kontakt mit sensibilisierenden oder giftigen Pflanzen und Insekten wie den Eichenprozessionsspinnern. Diese Tätigkeiten unterliegen zwar nicht den Regelungen der Biostoffverordnung (BioStoffV), jedoch sind sie in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.

Bei allen Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen sind die allgemeinen Hygieneanforderungen gemäß den Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe "Allgemeine Hygienemaßnahmen:

Mindestanforderungen" (TRBA 500) anzuwenden. Weitere Informationen zu biologischen Gefährdungen sind in den technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in der Land- und Forstwirtschaft und bei vergleichbaren Tätigkeiten" (TRBA 230) zu finden.

Folgende Schutzmaßnahmen sind zu berücksichtigen:

  • Vor Eintritt in die Pausen und nach Beendigung der Tätigkeit sind die Hände zu waschen. Hierfür müssen Waschgelegenheiten zur Verfügung stehen.

  • Es müssen Mittel zum hygienischen Reinigen und Trocknen der Hände sowie ggf. Hautschutz- und Hautpflegemittel zur Verfügung gestellt werden.

  • Es sind Möglichkeiten zu einer von den Arbeitsstoffen getrennten Aufbewahrung der Pausenverpflegung und zum Essen und Trinken ohne Beeinträchtigung der Gesundheit vorzusehen.

  • Arbeitskleidung und persönliche Schutzausrüstung sind regelmäßig und bei Bedarf zu reinigen oder zu wechseln.

  • Straßenkleidung ist von Arbeitskleidung und persönlicher Schutzausrüstung getrennt aufzubewahren.

  • Arbeitsräume sind regelmäßig und bei Bedarf mit geeigneten Methoden zu reinigen.

  • Pausen- oder Bereitschafträume bzw. Tagesunterkünfte sollten nicht mit stark verschmutzter Arbeitskleidung betreten werden.

  • Abfälle mit biologischen Arbeitsstoffen sind in geeigneten Behältnissen zu sammeln.

  • Mittel zur Wundversorgung sind bereitzustellen.

Im Einzelfall kann aufgrund der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung der Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung zeitweilig notwendig werden. Folgende persönliche Schutzausrüstung kommt in Betracht:

  • Hautschutz

  • Handschutz

  • Augenschutz/Gesichtsschutz

  • Atemschutz (partikelfiltrierende Atemschutzmaske FFP2).

Siehe auch die Hinweise im Abschnitt 3.3. dieser DGUV Regel.

Weitere Hilfestellung geben die Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" (TRBA 400).

4.15.2 Abfallbeseitigung

Im Straßenunterhaltungsdienst müssen Abfallsammelbehälter auf Parkplätzen und in öffentlichen Anlagen geleert werden. Im Abfall können infektiöse Materialien vorhanden sein, die biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 (z. B. an Spritzen in Abfallsäcken) enthalten. Der Umgang mit diesen Materialien ist in der Gefährdungsbeurteilung entsprechend zu berücksichtigen.

Weitere Hinweise gibt die Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe "Abfallsammlung: Schutzmaßnahmen" (TRBA 213) sowie die DGUV Regel 114-601 "Branche Abfallwirtschaft - Teil I Abfallsammlung".

4.15.3 Umgang mit Tierkadavern

Soweit Tierkadaver vom Unterhaltungspersonal von der Straße entfernt und in Beseitigungsanstalten gebracht werden, sind entsprechende persönliche Schutzausrüstung (z. B. Einweghandschuhe, Einwegschutzkleidung) und geeignete Sammelbehälter dafür im Fahrzeug mitzuführen. Kontaminierte Sammelbehälter und die verwendeten Hilfsmittel (Schaufel usw.) sind nach Benutzung durch geeignete Maßnahmen zu reinigen bzw. zu desinfizieren.

Bei besonderen Gefährdungslagen durch infektiöse Tierseuchen wie z. B. Vogelgrippe oder Wildtollwut sind angepasste Maßnahmen zu treffen. Hierzu sind entsprechende Hinweise bei den Veterinärämtern, Gesundheitsämtern oder beim zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung einzuholen.

Weitere Hinweise geben die Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in der Veterinärmedizin und bei vergleichbaren Tätigkeiten" (TRBA 260)

4.15.4 Umgang mit Pflanzen

Beim Umgang mit dornigen oder stachligen Pflanzen ist persönliche Schutzausrüstung zu benutzen. Vor Stichverletzungen durch dornige und stachlige Pflanzen schützen "Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken" nach DIN EN 388:2016+A1:2018 (siehe auch Abschnitt 3.8 dieser DGUV Regel).

Von Pflanzen, Pflanzenteilen und Pflanzensäften können giftige, allergisierende oder ätzende Wirkungen ausgehen. So bildet z. B. der Riesen-Bärenklau Substanzen, die unter Einwirkungen von Sonnenlicht auf der Hautoberfläche vergiftende Wirkungen auslösen. Beim Umgang mit der Pflanze ist deshalb große Vorsicht geboten. Bloße Berührungen und Tageslicht können bei Menschen zu schmerzhaften und schwer heilenden Verbrennungen beziehungsweise Quaddeln führen. Es wird deshalb empfohlen, bei der Bekämpfung der Pflanze vollständige Schutzkleidung zu tragen, zu der auch ein Gesichtsschutz gehört. Daneben kann auch der Pflanzensaft Probleme hervorrufen. Beim Arbeiten mit dem Mäher oder beim Abhacken der Pflanze kann dieser selbst durch die Kleidung hindurch gesundheitliche Probleme bereiten. Stoffe im Pflanzensaft, die bei Hitze ausgasen, können eine wochenlang anhaltende Bronchitis verursachen. Auch Fieber, Schweißausbrüche und Kreislaufschocks können die Folge des Umgangs mit der Pflanze sein.

Auch Ambrosia-Pflanzen (Beifußblättriges Traubenkraut) haben ein starkes allergisches Potential. Durch die Pollen können Atemwegserkrankungen bis hin zu Asthma auftreten. Bei Hautkontakt ist mit Juckreiz und Hautrötungen zu rechnen. Hautkontakt sollte daher vermieden werden. Ein notwendiger Umgang mit blühenden Pflanzen ist unter Anwendung persönlicher Schutzausrüstung (Handschuhe, Schutzbrille) vorzunehmen. Größere Bestände dieser Pflanze sind an die zuständigen Landesbehörden zu melden.

Die Kanadische Goldrute steht im Verdacht, Heuschnupfen auszulösen. Beim Bearbeiten des Holzes von Robinien kann es durch Einatmen von größeren Staubmengen zu Vergiftungserscheinungen kommen. Viele weitere Pflanzen, wie einheimische Giftpflanzen (z. B. Pilze, Fingerhut) und auch die invasiven Neophyten (z. B. Lupine, Traubenkirsche, Robinie, Schmalblättriges Greiskraut) können beim Verzehr zu erheblichen gesundheitlichen Gefährdungen für Mensch und Tier führen.

Die Beschäftigten müssen deshalb über das Aussehen und die von den Pflanzen ausgehenden Gefahren und über geeignete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr unterwiesen werden.

4.15.5 Zecken

Zecken können Krankheiten übertragen. Dazu zählen ernsthafte Erkrankungen wie Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Deshalb ist ein Zeckenstich eine Verletzung, mit der keineswegs leichtfertig umgegangen werden sollte. Zeckenstiche sind zu dokumentieren.

Vorbeugende Maßnahmen (Expositionsprophylaxe) sind das Tragen von langen Hosen und hohem Schuhwerk sowie das Meiden von Unterholz und hohem Gras. Körper und Kleider sollten nach der Arbeit auf Zecken abgesucht werden. Gefundene Zecken sollten mit einer Zeckenpinzette oder Zeckenkarte fachkundig entfernt, die Stelle des Stichs mit einem geeigneten zur Verfügung gestellten Mittel desinfiziert und der Zeitpunkt notiert werden. Gegebenenfalls sollte ein Arzt aufgesucht werden. Eine Frühsommer-Meningoenzephalitis kann durch eine aktive Impfung häufig verhindert werden.

Sollte nach einem Zeckenstich eine Wanderröte auftreten, ist umgehend ein Arzt aufzusuchen.

Weitere Hinweise sind in der DGUV Information 214-078 "Vorsicht Zecken!" zu finden.

4.15.6 Eichenprozessionsspinner

Für den Menschen gefährlich sind die Haare des 3. Larvenstadiums (Mai, Juni) des Eichenprozessionsspinners. Sie halten sich auch an den Kleidern und Schuhen und lösen bei Berührungen stets neue allergische Reaktionen aus. Die fast unsichtbaren Brennhaare dringen leicht in die Haut und Schleimhaut ein und setzen sich dort mit ihren Häkchen fest. Alte Gespinstnester, ob am Baum haftend oder am Boden liegend, stellen eine anhaltende Gefahrenquelle dar. Da die Raupenhaare eine lange Haltbarkeit besitzen, reichern sie sich über mehrere Jahre in der Umgebung, besonders im Unterholz und im Bodenbewuchs (Gräser, Büsche, Sträucher) an.

Als Hautreaktion können sich Quaddeln, Hautentzündungen und Knötchen, die an Insektenstichreaktionen erinnern, zeigen. Meist sind alle Hautbereiche betroffen, welche nicht bedeckt waren.

Reizungen an Mund- und Nasenschleimhaut durch Einatmen der Haare können zu Bronchitis, schmerzhaftem Husten und Asthma führen. Begleitend treten Allgemeinsymptome wie Schwindel, Fieber, Müdigkeit und Bindehautentzündung auf. In Einzelfällen neigen überempfindliche Personen zu allergischen Schockreaktionen.

Folgende Schutzmaßnahmen sind zu beachten:

  • Hautbereiche (z. B. Nacken, Hals, Unterarme, Beine) durch körperbedeckende Kleidung schützen.

  • Raupen und Gespinste nicht berühren.

  • Sofortiger Kleiderwechsel und gegebenenfalls Duschbad mit Haarreinigung nach möglichem Kontakt mit Raupenhaaren.

  • Auf Holzernte- oder Pflegemaßnahmen verzichten, solange Raupennester erkennbar sind.

  • Bekämpfung wegen gesundheitlicher Belastung und spezieller Arbeitstechnik nur von Fachleuten durchführen lassen.

4.15.7 Taubenkot

Im Straßenunterhaltungsdienst können Beschäftigte in bestimmten Arbeitsbereichen in Kontakt mit Taubenkot kommen. Solche Arbeitsbereiche können z. B. Brücken oder sonstige überdachte Anlagen sein, die häufig als Aufenthaltsorte und Nistplätze von Tauben dienen und demzufolge mit Taubenkot und sonstigen Ausscheidungen sowie Federn und Parasiten verschmutzt sind. Tauben scheiden mit dem Kot viele Mikroorganismen aus. Darunter können sich auch krankheitserregende Organismen (Bakterien, Hefen und Pilze) der Risikogruppe 2 befinden. Als Vertreter der Risikogruppe 3 ist im Taubenkot oft das Bakterium Chlamydophila psittaci (Erreger der Papageienkrankheit) anzutreffen. Die Krankheitserreger können auch am Gefieder der Tauben haften und beim Aufflattern der Tiere in den Luftraum gelangen. Neben der Infektionsgefährdung ist auch die sensibilisierende und toxische Wirkung zu berücksichtigen. Darüber hinaus besitzt Taubenkot auch eine ätzende Wirkung.

Weitere Hinweise sind der DGUV Information 201-031 "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung (BioStoffV) Gesundheitsgefährdungen durch Taubenkot" zu entnehmen.

4.15.8 Hantaviren

Mitteleuropäische Hantavirus-Arten verursachen grippeähnliche Infektionen, mit über drei bis vier Tage anhaltendem hohen Fieber (über 38 °C) sowie Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen. In einer darauffolgenden Krankheitsphase können Blutdruckabfall und schließlich Nierenfunktionsstörungen bis zum akuten Nierenversagen auftreten. Sehr selten kann sich die Erkrankung auf die Lunge auswirken oder deutlich sichtbare, äußere Blutungen verursachen.

Das größte Infektionsrisiko für eine Hantavirus-Infektion besteht, wenn man Kontakt mit Nagern oder deren Ausscheidungen hat. Hantaviren sind bei verschiedenen Nagetieren und auch bei Spitzmäusen, Maulwürfen und Fledermäusen entdeckt worden. Die Viren werden von infizierten Tieren über Speichel, Urin und Kot ausgeschieden. Der Mensch infiziert sich über den Kontakt mit Ausscheidungen von infizierten Nagern, wenn kontaminierter Staub aufgewirbelt und die Erreger eingeatmet werden. Die Viren können in der Umwelt mehrere Wochen überdauern. Daher ist zur Ansteckung kein direkter Kontakt mit den Nagern notwendig. Eine Infektion durch Bisse von infizierten Nagern ist ebenfalls möglich. Bei Verdacht auf eine Infektion sollte ein Arzt bzw. eine Ärztin aufgesucht werden.

Zu den Tätigkeiten mit besonderem Infektionsrisiko in Gebieten mit Hantavirus-Vorkommen gehören:

  • Arbeiten in Forstwirtschaft oder Bauwesen

  • der Aufenthalt in und - vor allem - die Reinigung von Scheunen, Schuppen, Ställen oder Häusern, in denen Nager vorkommen oder vorkamen

  • Aktivitäten im Freien, die zum Kontakt mit Nagern und/oder deren Ausscheidungen führen können (z. B. Grünpflegearbeiten, Holzschlagen oder -stapeln)

  • der Aufenthalt in Gegenden, in denen sich Nager stark vermehrt haben und in hoher Dichte vorkommen

Um die Gefahr von Virusinfektionen zu verringern, kommt der Bekämpfung von Mäusen eine große Bedeutung zu:

  • Tote Mäuse müssen sicher beseitigt und kontaminierte Flächen (Böden, Arbeitsflächen und andere Oberflächen) sorgfältig mit Haushaltsreiniger gesäubert werden.

  • Es sind Gummihandschuhe und bei Staubentwicklung möglichst ein eng anliegender Mundnasenschutz zu tragen. Empfohlen wird eine Atemschutzmaske (FFP3-Maske).

  • Staubaufwirbelungen bei der Entfernung von Mäusekot und Nestmaterial sind zu vermeiden. Mäuse, belegte Fallen und Mäuseausscheidungen sind zunächst gründlich mit einem handelsüblichen Reinigungsmittel zu besprühen.

Die Hinweise sind dem Merkblatt "Informationen zur Vermeidung von Hanta-Virus-Infektionen" des Robert Koch-Instituts entnommen. Darin sind weitere Informationen zu finden.