TRBA 212 - TR Biologische Arbeitsstoffe 212

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Abschnitt 4 TRBA 212 - Gefährdungsbeurteilung (1)

4.1Gefährdungen

(1) Im Anlieferungs- und im Bunkerbereich von Thermischen Abfallbehandlungsanlagen kann eine Vielzahl von Bakterien, Schimmelpilzen und Viren auftreten, die sich gegebenenfalls im angelieferten Material vermehrt haben [1,2]. Einige Actinomyceten tragen ein bedeutendes sensibilisierendes Potenzial, welches insbesondere beim Einatmen zu einer Gefährdung führen kann. Nur von wenigen Pilzen sind bisher allergene Wirkungen bekannt geworden und daher kann das allergene Potenzial allgemein als gering eingeschätzt werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass längerfristiger, intensiver Kontakt mit luftgetragenen Schimmelpilzen in großer Dichte insbesondere bei bestehender Veranlagung (Atopie) zu einer Sensibilisierung bis hin zu schwerwiegenden allergischen Reaktionen führen kann. Stäube, die Schimmelpilze und Actinomyceten enthalten, sind in der TRGS 907 "Verzeichnis sensibilisierender Stoffe" und den Begründungen dazu als sensibilisierende Gefahrstoffe bewertet. Eine schädigende Wirkung entfalten auch Zellwandbestandteile abgestorbener Mikroorganismen wie z.B. Endotoxine von gramnegativen Bakterien und Glucane von Pilzen.

(2) Gemäß BioStoffV werden biologische Arbeitsstoffe entsprechend ihrem Infektionsrisiko in Risikogruppen eingeteilt. In Thermischen Abfallbehandlungsanlagen treten in der Regel biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppen 1 und 2 auf [3]. In bestimmten Bereichen, wie z.B. im Bunkerbereich, können infektiöse Materialien vorhanden sein, die biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 enthalten. Der Umgang mit diesen Stoffen ist in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Eine geeignete Information der Öffentlichkeit und der Anlieferer sowie entsprechende Kontrollverfahren sind Hilfsmittel, um den Abfall möglichst frei von derartigen Störstoffen zu halten und damit die Gefährdung der Beschäftigten zu minimieren.

(3) Bei der Verbrennung von Tiermehlen, welche nicht entsprechend § 5 TierKBAnstV (Tierkörperbeseitigungsanstaltenverordnung) behandelt wurden, kann eine Gefährdung durch TSE-Erreger gegeben sein.

Hierbei ist insbesondere der Beschluss 602 des ABAS "Spezielle Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch BSE/TSE - Erreger" zu beachten [14, 15].

4.2 Gefährdungsbeurteilung

(1) Der Arbeitgeber hat entsprechend § 7 BioStoffV eine Gefährdungsbeurteilung bei nicht gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen durchzuführen. Dazu hat er vor Aufnahme von Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen ausreichende Informationen zu beschaffen, die eine Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich biologischer Gefährdungen ermöglichen (§ 5 BioStoffV). Der Betriebs- oder Personalrat, die Fachkraft für Arbeitssicherheit, der Betriebsarzt oder der Arzt nach § 15 Abs. 5 BioStoffV sind bei der Gefährdungsbeurteilung zu beteiligen [4]. Bei der Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen sind diese zur Zusammenarbeit bei der Gefährdungsbeurteilung verpflichtet (§ 8 ArbSchG).

Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung bei Änderungen der Arbeitsbedingungen, die zu einer erhöhten Gefährdung der Beschäftigten führen sowie bei den weiteren in § 8 BioStoffV genannten Anlässen zu wiederholen. Spätestens nach Ablauf eines Jahres ist die Beurteilung zu überprüfen.

(2) Bei der Beschaffung von Informationen für die Gefährdungsbeurteilung sind neben den zu erwartenden biologischen Arbeitsstoffen auch

  • die mit ihnen verbundenen Übertragungswege und Aufnahmepforten (z.B. über die Atmung),
  • die Art und die Dauer der Tätigkeiten,
  • anlagenspezifische Faktoren (z.B. geschlossene Anlieferungshalle, Shredderanlagen, Fördereinrichtungen),
  • andere spezifische, das Gefährdungspotenzial beeinflussende Einwirkungen (z.B. definiertes Eingangsmaterial, Störstoffe, Liefermengen) sowie
  • tätigkeitsbezogene Faktoren (z.B. wechselnde Tätigkeiten, kurzzeitige Tätigkeiten) zu beachten.

(3) Bei der Gefährdungsbeurteilung sind auch Informationen über bekannte tätigkeitsbezogene Erkrankungen bei vergleichbaren Tätigkeiten zu berücksichtigen. Dabei ist auch auf sensibilisierende oder toxische Wirkungen zu achten.

(4) Tätigkeiten in Thermischen Abfallbehandlungsanlagen können auf Grund der derzeitigen Kenntnisse über die Gefährdung, die von den vorhandenen biologischen Arbeitsstoffen ausgeht, in der Regel der Schutzstufe 2 zugeordnet werden [1]. Mit der Durchführung der Maßnahmen nach dieser TRBA kann der Betreiber einer Thermischen Abfallbehandlungsanlage davon ausgehen, dass er die Anforderungen der BioStoffV an die Schutzstufe 2 erfüllt. Die Maßnahmen dieser TRBA berücksichtigen auch die sensibilisierenden oder toxischen Wirkungen biologischer Arbeitsstoffe.

(5) Wartungs- und Reinigungsarbeiten sind bei der Gefährdungsbeurteilung ausdrücklich zu berücksichtigen. Dazu sind Angaben über die Häufigkeit der Arbeiten, die erforderlichen Tätigkeiten und Expositionszeiten zu dokumentieren.

(6) Der Einsatz von mobilen Maschinen (z.B. Zerkleinerungsaggregaten) ist in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Bei der Einrichtung von Stellplätzen sind mögliche Gefährdungen für Arbeitnehmer zu berücksichtigen, z.B. durch Verschleppung biologischer Arbeitsstoffe.

(1) Red. Anm.:

Außer Kraft am 21. Dezember 2018 durch die Bekanntmachung vom 11. Dezember 2018 (GMBl S. 1170)