Abschnitt 2 - 2 Lärm im Büro - eine Übersicht
Lärm, der im Büro auftritt, wirkt in der Regel nicht schädigend auf das Gehör. Trotzdem kann er sich störend bemerkbar machen und sich mittelbar auf den Körper und die Psyche auswirken. Die Auswirkungen von Lärm auf Körper und Psyche werden als extra-aurale Lärmwirkungen bezeichnet und beschreiben Effekte, die außerhalb des menschlichen Gehörs auftreten.
Lärm lässt nachweislich die Stresshormone im Körper ansteigen. Blutgefäße können sich verengen, der Blutdruck und die Herzfrequenz ansteigen. Folgen für die Psyche können unter anderem Ärger, Anspannung und Nervosität sein.
Durch Lärm können Konzentration und Aufmerksamkeit gemindert sowie die Kommunikation gestört werden. Eine höhere Fehlerrate und eine geringere Leistungsfähigkeit bei den Beschäftigten können die Folge sein.
Daher fordert die Arbeitsstättenverordnung den Schalldruckpegel bei der Arbeit so niedrig wie möglich zu halten. Die Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR) A3.7 "Lärm" konkretisiert diese Vorgabe in Bezug auf Beurteilungspegel bei verschiedenen Tätigkeiten sowie zu raumakustischen Anforderungen. In Abhängigkeit von der Tätigkeit soll der Beurteilungspegel höchstens 55 dB(A) beziehungsweise 70 dB(A) betragen.
Der Beurteilungspegel von höchstens 55 dB(A) ist zum Beispiel bei folgenden Tätigkeitsmerkmalen einzuhalten:
andauernd hohe Konzentration
schöpferisches Denken
exaktes sprachliches Formulieren
Verstehen von komplexen Texten mit komplizierten Satzkonstruktionen
Entscheidungsfindung
Problemlösungen
hohe Sprachverständlichkeit
Entscheidungen unter Zeitdruck
weitreichende Entscheidungen
Beispiele für Tätigkeiten aus der Praxis hierzu sind:
Wissenschaftliche Tätigkeiten
Entwickeln von Software
Besprechungen und Verhandlungen in Konferenzräumen
Tätigkeitsmerkmale, für die der Grenzwert von 70 dB(A) gilt, sind zum Beispiel:
mittlere, nicht andauernd hohe Konzentration
üblicherweise Routinetätigkeiten, d. h. wiederkehrende ähnliche und leicht zu bearbeitende Aufgaben
das Treffen von Entscheidungen geringerer Tragweite (in der Regel ohne Zeitdruck)
für Kommunikationszwecke erforderliche Sprachverständlichkeit
Beispiele für Tätigkeiten aus der Praxis hierzu sind:
Disponieren
Daten- und Texterfassung
Einfache Prüf- und Kontrolltätigkeiten
Tätigkeiten mit Publikumsverkehr
Nicht immer lassen sich in der Praxis Bürotätigkeiten so genau einstufen und klassifizieren.
Sobald andere Beschäftigte häufig sprechen, sollte dies in der Arbeitsorganisation berücksichtigt werden. Andernfalls können Beurteilungspegel von höchstens 55 dB(A) nur schwer eingehalten werden.
Geringe Abstände zwischen Arbeitsplätzen können die Störwirkung durch Sprache erhöhen. Generell ist es daher wichtig für ausreichend große Flächen und Abstände im Büroraum zu sorgen. Auch aus diesem Grund sind die Richtwerte von 8-10 m2 für Zellenbüros und 12-15 m2 für Großraumbüros für jeden einzelnen Arbeitsplatz zu beachten (Technische Regeln für Arbeitsstätten ASR A1.2 "Raumabmessungen und Bewegungsflächen").
Das Übersichtsbild (Abbildung 1) zeigt, wo im Büro Lärmquellen auftreten und wie die Geräusche beeinflusst werden können.
Geräuschquellen
Gespräche
Ein Mensch spricht ohne Anstrengung ungefähr mit einem Schalldruckpegel von 63 dB(A). Das erklärt bereits, dass ein Schalldruckpegel von 55 dB(A) in Büros, in denen ständig Beschäftigte sprechen, schwer einzuhalten ist. Dazu kommt der Effekt, dass man umso lauter spricht, je lauter die Umgebung ist.
Ob Geräusche oder Gespräche anderer als störend empfunden werden, hängt von der eigenen Tätigkeit und dem Kontext ab und ist individuell verschieden. Ist ein Gespräch von anderen Personen für die eigene Arbeit wichtig, hat es kaum Störpotenzial. Dagegen können themenfremde Telefonate und Gespräche die Konzentration auf die eigene Tätigkeit beeinträchtigen.
Computer
PCs machen sich durch die Lüftergeräusche bemerkbar. Deswegen sollten möglichst leise Geräte beschafft werden - zum Beispiel mit dem Prüfzeichen "Blauer Engel".
Drucker, Kopierer, Faxgeräte
Diese Geräte können nicht nur störende Geräusche verursachen, sondern die Beschäftigten auch ablenken, wenn sie als Abteilungsdrucker in einem Büroraum aufgestellt sind und stark frequentiert werden. Deshalb sollten sie, wie PCs, möglichst leise arbeiten - zum Beispiel Geräte mit dem Prüfzeichen "Blauer Engel" - oder separat in einem Raum aufgestellt werden. Dies gibt außerdem den Beschäftigten Gelegenheit, nicht nur am Arbeitsplatz zu sitzen, sondern - ergonomisch günstig - hin und wieder aufzustehen und sich zu bewegen.
Abb. 1
Lärmquellen im Büro
Telefone und Telefonate
Nicht nur die Telefonate, auch die Telefone selbst können durch lautes Klingeln stören. Leise, angenehme Klingeltöne oder nur optische Signale sollten daher bevorzugt werden. In Büros, in denen die Beschäftigten viel telefonieren müssen, ist es ratsam, ihnen gute Headsets (ggf. mit Geräuschunterdrückung) zur Verfügung zu stellen.
Klimaanlage
Klimaanlagen sollten keinen störenden Lärm verursachen. Unter bestimmten Voraussetzungen können sie auch zur Beeinflussung der Sprachverständlichkeit genutzt werden.
Beeinflussung der Raumakustik
Decke
Da die Decke meist die größte freie Fläche im Büroraum darstellt, kann man in Büroräumen - außer in sehr kleinen Büros - mit einer schallabsorbierenden Decke die größte akustische Wirkung erzielen, also die meiste Schallenergie absorbieren. In größeren Besprechungsräumen dagegen kann es günstig sein, dass die Decke nicht voll ausgekleidet ist, um die Sprachverständlichkeit über größere Distanzen zu gewährleisten (siehe Beispiel 9.5 "Konferenzraum").
Wände
Wände sind in der Regel schallhart. Der Schall reflektiert an ihnen und kann sich - je nach Raumgeometrie - auch "aufschaukeln". Bei Bedarf ist es sinnvoll, Wände ganz oder teilweise mit akustisch wirksamen Materialien auszukleiden oder schallabsorbierende Wandelemente, wie Bilder, anzubringen.
Schränke
Schrankoberflächen ohne besondere akustische Ausstattung reflektieren den Schall. Akustisch wirksam gestaltete Schrankflächen - zum Beispiel Türen - können einen hohen Schallabsorptionsgrad haben. Sie wirken sich bei ausreichend großer Fläche positiv auf die Raumakustik aus.
Fenster
Wie freie Wandflächen reflektieren Fenster stark den Schall. Um dort etwas akustisch zu verbessern, eignen sich unter anderem schallabsorbierende Lamellenstores. Sie stellen eine sinnvolle Ergänzung dar, wirken jedoch nicht in dem Maße wie akustisch wirksame Flächen an Decke, Wand, Möbeln oder im Raum.
Mensch
Die Anwesenheit von Personen bewirkt eine zusätzliche Absorption im Raum.
Pflanzen
In der Regel tragen Pflanzen nicht zur Verbesserung der Raumakustik bei.
Boden
Teppichboden reduziert den Trittschall. Im Frequenzbereich der menschlichen Sprache trägt Teppichboden nur wenig zur Schallabsorption bei. Er absorbiert Schall mit höheren Frequenzen. Seine Wirkung auf die Raumakustik wird dadurch subjektiv als angenehm empfunden.