TRGS 504 - TR Gefahrstoffe 504

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Abschnitt 6 TRGS 504 - Arbeitsmedizinische Prävention (1)

Außer Kraft am 13. Dezember 2019 durch die Bek. vom 10. Oktober 2019 (GMBl S. 1330)

6.1
Beteiligung des Betriebsarztes an der Gefährdungsbeurteilung

(1) Aufgrund der besonderen Gefährdungssituation bei Tätigkeiten mit A- bzw. E-Staub ist die Beteiligung eines Arbeitsmediziners/einer Arbeitsmedizinerin an der Gefährdungsbeurteilung erforderlich.

(2) Vorrangig ist der mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge beauftragte Arzt zu beteiligen. Die Beteiligung des Arbeitsmediziners kann je nach den Gegebenheiten unterschiedlich ausgeprägt sein und reicht von kurzen schriftlichen oder mündlichen Stellungnahmen bis zum Erstellen der Gefährdungsbeurteilung im Auftrag des Arbeitgebers. Die Verpflichtungen des Arbeitgebers bleiben unberührt.

(3) Der Arbeitgeber hat bei der Gefährdungsbeurteilung die Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge sowie allgemein zugängliche, veröffentlichte Informationen hierzu zu berücksichtigen.

(4) Der mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge beauftragte Arzt berät den Arbeitgeber in Auswertung der arbeitsmedizinischen Vorsorge, insbesondere über Mitteilungen nach § 6 Absatz 4 ArbMedVV (siehe Nummer 6.3 Absatz 8). Diese Beratung erfolgt unter Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht. Im Vordergrund der Beteiligung an der Gefährdungsbeurteilung steht die Vermittlung von Kenntnissen zu den schädigenden Eigenschaften von A- bzw. E-Staub sowie zu Belastungen durch das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung. Die Arbeitsschwere muss in die Beurteilung der inhalativen Belastung einbezogen werden.

(5) Über die Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge im eigenen Betrieb hinaus sollen auch Veröffentlichungen über arbeitsmedizinische Erkenntnisse Berücksichtigung in der Gefährdungsbeurteilung finden. Dazu gehören unter anderem Statistiken der Unfallversicherungsträger über arbeitsbedingte Erkrankungen und Berufskrankheiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Publikationen anderer Betriebe aus gleicher oder ähnlicher Branche und Beispiele guter Praxis (z. B. Publikationen in Fachzeitschriften).

6.2
Allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung

(1) Bei Tätigkeiten mit A- bzw. E-Staub hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass die Beschäftigten eine allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung erhalten. Die allgemeine arbeitsmedizinische-toxikologische Beratung erfolgt auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung. Sie hat hauptsächlich die Erläuterung der möglichen gesundheitlichen Folgen (der Einwirkung von A- bzw. E-Stäuben und deren Vermeidung) sowie die Information über die Ansprüche der Beschäftigten auf arbeitsmedizinische Vorsorge in einer für den Laien verständlichen Beschreibung zum Inhalt. Die Beschäftigten erhalten außerdem Informationen darüber, wie sie selbst dem Entstehen oder Verschlimmern von Gesundheitsschäden, entgegenwirken können.

(2) Die allgemeine arbeitsmedizinischtoxikologische Beratung kann im Rahmen der Unterweisung erfolgen. Sie wird in der Regel in einer Gruppe durchgeführt und ist damit zu unterscheiden von der individuellen Beratung, die Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist.

(3) Die allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung ist immer dann unter Beteiligung des Arztes durchzuführen, der auch mit der Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge beauftragt ist, wenn dies aus arbeitsmedizinischen Gründen erforderlich ist. Die Beteiligung eines Arbeitsmediziners ist insbesondere bei Nichteinhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes (AGW) erforderlich. Unter Beteiligung des Arbeitsmediziners ist nicht zwingend zu verstehen, dass er oder sie die Beratung persönlich vornimmt. Das Beteiligungsgebot kann z. B. erfüllt werden durch Schulung von Führungskräften oder durch Mitwirkung bei der Erstellung geeigneter Unterweisungsmaterialien.

(4) Zu der allgemeinen arbeitsmedizinisch-toxikologischen Beratung bei Tätigkeiten mit A- bzw. E-Staub gehören:

  1. 1.

    Informationen über Aufnahmewege von A- bzw. E-Staub,

  2. 2.

    Informationen über die Wirkungen von A- bzw. E-Staub (Über längere Zeit eingeatmete A- und E-Stäube können dosisabhängig die Selbstreinigungsmechanismen der Lunge überfordern. A- und E- Stäube können insbesondere chronische Entzündungsprozesse in Bronchien und im Lungengewebe mit messbarer Einschränkung der Lungenfunktion auslösen, die in eine chronische Bronchitis bis zu einem dauerhaften Lungengerüstumbau münden können. Erkrankungen durch A- und E-Stäube können unter bestimmten Bedingungen als Berufskrankheit anerkannt werden.),

  3. 3.

    Information, dass die Grenzwerte für A- und E-Stäube und diese TRGS nur für unlösliche oder schwer lösliche Stäube gilt, nicht jedoch für lösliche Stoffe, Lackaerosole, grobdisperse Partikelfraktionen, und Stäube mit spezifischer Toxizität, z. B. Stäube mit keimzellmutagenen, karzinogenen (Kategorie 1A, 1B), fibrogenen oder sensibilisierenden Wirkungen,

  4. 4.

    Erläuterungen zu möglichen Kombinationswirkungen,

  5. 5.

    medizinische Faktoren, die zu einer Erhöhung der Gefährdung führen können, z. B. bestimmte Vorerkrankungen oder Dispositionen (Fortgesetztes inhalatives Zigarettenrauchen verstärkt die nachteilige Wirkung von A- und E-Stäuben. Dies gilt insbesondere für die Entstehung von chronischen Atemwegsentzündungen, da der Selbstreinigungsmechanismus der Lunge nachhaltig durch Zigarettenrauchen gestört wird.),

  6. 6.

    mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten,

  7. 7.

    die medizinischen Aspekte des Gebrauchs von persönlicher Schutzausrüstung (z. B. Schutzhandschuhe, Schutzkleidung, Atemschutz), einschließlich Handhabung, maximale Tragzeiten und Wechselturnus,

  8. 8.

    mögliche Belastungen und Beanspruchungen durch persönliche Schutzausrüstung,

  9. 9.

    die konsequente Umsetzung von Hygienemaßnahmen,

  10. 10.

    weitere Maßnahmen zur Verhältnis- und Verhaltensprävention, z. B. zu Essen, Trinken und Rauchen am Arbeitsplatz,

  11. 11.

    Verhaltensweisen bei Erkrankungsverdacht mit Hinweis auf arbeitsmedizinische Beratungsmöglichkeit bei Symptomen (Erste Symptome eines Gesundheitsschadens bestehen in Husten und Auswurf. Regelmäßige Lungenfunktionsuntersuchungen ermöglichen eine Früherkennung.),

  12. 12.

    Information über Inhalt und Ziel der arbeitsmedizinischen Vorsorge.

6.3
Arbeitsmedizinische Vorsorge

(1) Arbeitsmedizinische Vorsorge richtet sich nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und den dazu veröffentlichten Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR).

(2) Arbeitsmedizinische Vorsorge dient der Beurteilung der individuellen Wechselwirkungen von Arbeit und physischer und psychischer Gesundheit und der Früherkennung arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen sowie der Feststellung, ob bei Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung besteht (§ 2 Absatz 1 Nummer 2 ArbMedVV). Dabei steht die Aufklärung und Beratung der Beschäftigten zur Tätigkeit mit A- bzw. E-Staub und den sich daraus ergebenden Gefährdungen für ihre Gesundheit im Vordergrund. Wenn körperliche oder klinische Untersuchungen aus Sicht des Arztes für die Aufklärung und Beratung nicht erforderlich sind oder vom Beschäftigten abgelehnt werden, kann sich die arbeitsmedizinische Vorsorge auf ein Beratungsgespräch beschränken.

(3) Arbeitsmedizinische Vorsorge ist für die betroffenen Beschäftigten nach § 4 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang Teil 1 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a ArbMedVV durch den Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeit und danach in regelmäßigen Abständen (vgl. AMR 2.1) zu veranlassen (Pflichtvorsorge), wenn der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) von 1,25 mg/m3 (A-Staub) bzw. 10 mg/m3 (E-Staub) nicht eingehalten wird. Der Arbeitgeber darf die Tätigkeit durch die betroffenen Beschäftigten nur ausüben lassen, wenn sie zuvor an der Pflichtvorsorge teilgenommen haben (§ 4 Absatz 2 ArbMedVV).

(4) Arbeitsmedizinische Vorsorge ist den betroffenen Beschäftigten nach § 5 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang Teil 1 Absatz 2 Nummer 1 ArbMedVV durch den Arbeitgeber vor Aufnahme der Tätigkeit und danach in regelmäßigen Abständen (vgl. AMR 2.1) anzubieten (Angebotsvorsorge), wenn er keine Pflichtvorsorge zu veranlassen hat und eine Exposition gegenüber A- bzw. E-Staub nicht ausgeschlossen werden kann. Das Ausschlagen eines Angebots entbindet den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung, weiter regelmäßig Angebotsvorsorge anzubieten. Die AMR 5.1 zeigt einen Weg der Angebotsunterbreitung auf.

(5) Neben der Tätigkeit mit A- bzw. E-Staub können sich in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung weitere Anlässe für Pflicht- oder Angebotsvorsorge gemäß Anhang der ArbMedVV ergeben (z. B. bei Tätigkeiten, die das Tragen von Atemschutzgeräten erfordern). Sofern die betroffenen Beschäftigten Atemschutzgeräte tragen müssen, soll die Pflicht- bzw. Angebotsvorsorge hierfür (Anhang Teil 4 Absatz 1 Nummer 1 bzw. Absatz 2 Nummer 2 ArbMedVV) mit der Vorsorge wegen Exposition gegenüber A- bzw. E-Staub kombiniert werden. Die Benutzung von Atemschutzgeräten befreit nicht von den zuvor genannten Verpflichtungen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge bei Tätigkeiten mit A- bzw. E-Staub.

(6) Der Arzt hält nach § 6 Absatz 3 ArbMedVV das Ergebnis und die Befunde der arbeitsmedizinischen Vorsorge einschließlich einer ggf. durchgeführten Untersuchung schriftlich fest und berät den Beschäftigten darüber. Auf Wunsch des Beschäftigten, stellt er diesem das Ergebnis der Vorsorge zur Verfügung. Der Arzt stellt dem Beschäftigten und dem Arbeitgeber eine Bescheinigung über die durchgeführte arbeitsmedizinische Vorsorge aus. Die Bescheinigung enthält Angaben über den Zeitpunkt und den Anlass des aktuellen Vorsorgetermins sowie die Angabe, wann aus ärztlicher Sicht weitere arbeitsmedizinische Vorsorge angezeigt ist (vgl. AMR 6.3). Diese Bescheinigung enthält weder Diagnosen oder andere Informationen über den Gesundheitszustand des Beschäftigten noch eine medizinische Beurteilung zur Eignung für bestimmte Tätigkeiten.

(7) Der Arbeitgeber hat über die durchgeführte arbeitsmedizinische Vorsorge eine Vorsorgekartei zu führen mit Angaben darüber, wann und aus welchen Anlässen diese für jeden Beschäftigten stattgefunden hat (§ 3 Absatz 4 ArbMedVV).

(8) Der Arzt wertet die Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge aus (§ 6 Absatz 4 ArbMedVV). Ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes nicht ausreichend sind, so hat der Arzt dies dem Arbeitgeber mitzuteilen und ihm (ergänzende) Schutzmaßnahmen für exponierte Beschäftigte vorzuschlagen. Hält der Arzt aus medizinischen Gründen, die ausschließlich in der Person des Beschäftigten liegen, einen Tätigkeitswechsel für erforderlich, so bedarf die Mitteilung darüber an den Arbeitgeber der Einwilligung des Beschäftigten. Konkretisierungen enthält die AMR 6.4. Der Arbeitgeber hat als Folge eines solchen Vorschlags vonseiten des Arztes nach § 8 Absatz 1 ArbMedVV die Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen und unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen. Wird ein Tätigkeitswechsel vorgeschlagen, so hat der Arbeitgeber nach Maßgabe der dienst- und arbeitsrechtlichen Regelungen dem oder der Beschäftigten eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Dem Betriebs- oder Personalrat und der zuständigen Behörde sind die getroffenen Maßnahmen mitzuteilen (§ 8 Absatz 2 ArbMedVV).