DGUV Information 209-200 - Absauganlagen Konzeption, Planung, Realisierung und Betrieb

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Abschnitt 5.3 - 5.3 Kennzeichnung und Dokumentation

5.3.1
Einstufung von Absauganlagen

Absauganlagen sind mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattet. Mindestens ein Teil oder eine Vorrichtung der miteinander durch Rohrleitungen und -kanäle, Gehäusekonstruktionen, etc. verbundenen Gesamtheit ist beweglich.

Die Anlage ist für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt. Maschinen dieser Art sind:

  • Ventilatoren als "Strömungsmaschinen"

    (Energiequelle: Elektrizität)

  • Regenerations-Einrichtungen

    (Energiequelle: Elektrizität oder Pneumatik)

  • Schnecken und Zellenradschleusen

    (Energiequelle: Elektrizität)

  • Absperr-Schieber und motorisch verstellbare Klappen

    (Energiequelle: Elektrizität oder Pneumatik)

Absauganlagen unterliegen damit im Regelfall als Ganzes den Mindestanforderungen der EG- Maschinenrichtlinie (2006/42/EG).

Sie können als "System zur Beseitigung von Emissionen" im Einzelfall aber auch ein Sicherheitsbauteil für die angeschlossenen Maschinen darstellen (im Sinn des Anhangs V der Maschinenrichtlinie), wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

  1. a.

    Gewährleistung einer Sicherheitsfunktion (Einzelfall)

  2. b.

    Gesondert in Verkehr gebracht (Regelfall)

  3. c.

    Ausfall oder Fehlfunktion gefährdet Sicherheit von Personen (Einzelfall)

  4. d.

    Für das Funktionieren der Maschine nicht erforderlich (Regelfall)

Absauganlagen können in bestimmtem Fällen auch als Ganzes der Explosionsschutzrichtlinie ATEX 2014/34/EU unterliegen.

Die ATEX Richtlinie 2014/34/EU gilt nur für Geräte, die

  • eine potentielle Zündquelle besitzen/darstellen und bestimmungsgemäß

  • in einem explosionsgefährdeten Bereich betrieben werden oder

  • mit einem explosionsgefährdeten Bereich verknüpft sind oder

  • sich ihre eigene Ex-Zone außerhalb schaffen.

Damit ist eine Konformität nach der ATEX-Richtlinie 2014/34/EU nur dann erforderlich, wenn das Gerät in einer Zone mit möglicher explosionsfähiger Atmosphäre eingesetzt werden soll, wie ein Staubsauger oder eine kleine Absauganlage in einer Lackieranlage. Ob im Aufstellbereich der Absauganlage eine solche Zone vorliegt, muss der Betreiber der Anlage in seiner (speziellen) Gefährdungsbeurteilung und im Explosionsschutzdokument vor der Aufstellung der Anlage ermitteln und dem Hersteller im sogenannten Lastenheft vorgeben.

Im Gegenzug muss ein Gerät, bei dem der Hersteller eine Konformität nach ATEX (2014/34/EU) ausweist, auch in der entsprechenden Zone betrieben werden können. Es reicht nicht aus, dass ein explosionsfähiges Gemisch eingesaugt werden kann. Die Gesamtanlage darf dann nicht als Zündquelle dienen. Absauganlagen, die außerhalb von Gebäuden im Freien stehen, sind normalerweise vom Anwendungsbereich der ATEX-Richtlinie (2014/34/EU) ausgenommen.

Unabhängig von der Einstufung der Gesamtanlage müssen bei der Absaugung explosionsfähiger Gemische die Komponenten innerhalb der Anlagen, wie Zellenradschleusen, Entkoppelungseinrichtungen, Druckentlastungseinrichtungen, Sensorik oder mechanische Förderer im Rohgasbereich, die Anforderungen nach der ATEX-Richtlinie (2014/34/EU) erfüllen.

Für alle anderen Absauganlagen gelten die Anforderungen der Maschinenrichtlinie (2006/42/EG). Danach muss eine Maschine (oder Absauganlage) so konstruiert und gebaut sein, dass jedes Explosionsrisiko vermieden wird, das von der Maschine selbst oder von Gasen, Flüssigkeiten, Stäuben, Dämpfen und anderen, von der Maschine freigesetzten oder verwendeten, Stoffen ausgeht.

In der Tabelle 5.3.1 auf Seite 144 sind die Unterschiede bei der Einstufung in die beiden anzuwendenden Richtlinienund der sich ergebende Handlungsbedarf noch einmal dargestellt.

Neben den genannten Richtlinien können unter Umständen noch folgende Richtlinien einschlägig sein:

  • die Richtlinie über elektromagnetische Verträglichkeit (EMV-Richtlinie 2014/30/EU) für elektronische Bauteile innerhalb der Anlage

  • die Richtlinie für einfache Druckbehälter (2014/29/EU) für kleinere Druckbehälter innerhalb der Anlage (z. B. Feuerlöscher, Druckluftbehälter für Regeneration)

5.3.2
Voraussetzungen für das Inverkehrbringen

Vollständige 1 Absauganlagen dürfen im europäischen Wirtschaftsraum nur in Verkehr gebracht werden, wenn folgende formale Kriterien erfüllt sind:

  • An der Anlage (z. B. auf dem Typenschild) ist ein Symbol angebracht, mit dem die Übereinstimmung mit europäischen Richtlinien bescheinigt wird (CE-Zeichen).

  • Der Hersteller der Anlage übergibt dem Betreiber eine Konformitätserklärung, mit der er die Übereinstimmung mit europäischen Richtlinien schriftlich erklärt.

  • Der Hersteller erstellt und übergibt eine Betriebsanleitung für die Anlage in der Sprache des verwendenden Personenkreises.

Der Inhalt der technischen Dokumentation ist davon abhängig, welche europäischen Richtlinien für dieses Gerät, die Maschine oder die Anlage gelten. Harmonisierte europäische Normen präzisieren die Richtlinien und lösen Vermutungswirkung zur Einhaltung der jeweiligen Richtlinien aus.

Tabelle 5.3.1
Unterschiede bei der Einstufung von Absauganlagen

Maschinenrichtlinie (2006/42/EG)Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) und Explosionsschutzrichtlinie ATEX (2014/34/EU)
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Konsequenzen und Handlungsbedarf:
  1. 1.

    Explosionsfähige Atmosphäre innerhalb der Maschine (Prozess)

  1. 1.

    Explosionsfähige Atmosphäre außerhalb der Maschine (Aufstellung)

  1. 2.

    Sicherheit in der Verantwortung des Herstellers

  1. 2.

    Hersteller liefert Maschine in explosionsgeschützter Ausführung nach ATEX.

  1. 3.

    Info des Herstellers an Betreiber für dessen Explosionsschutzdokument und zur Überprüfung der Aufstellung (mögliche Zündquelle)

  1. 3.

    Betreiber legt Zone im Aufstellungsbereich fest.

  1. 4.

    Konformitätserklärung nach Richtlinie 2006/42/EG

  1. 4.

    Konformitätserklärung nach Richtlinien 2014/34/EU UND 2006/42/EG

5.3.3
Kennzeichnung der Maschine/Anlage

Um nach außen zu verdeutlichen, dass für die Maschine/Anlage vom Hersteller ein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt worden ist und die Maschine/Anlage im europäischen Wirtschaftraum rechtmäßig in Verkehr gebracht werden darf, muss der Hersteller eine gut sichtbare Kennzeichnung (Symbol) an der Maschine, das sogenannte CE-Zeichen, anbringen. Die Form der Kennzeichnung ist verbindlich vorgeschrieben (siehe Abbildung 5.3.1).

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Abb. 5.3.1
Kennzeichnung nach Maschinenrichtlinie (Richtlinie 2006/42/EG, Anhang III)

Bei der Kennzeichnung ist zu unterscheiden, ob dem Konformitätsbewertungsverfahren eine Beurteilung nach der Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) und/oder nach der Explosionsschutzrichtlinie ATEX (2014/34/EU) zugrunde liegt. Die Gestaltung der Kennzeichnung ist nach beiden Richtlinien genormt.

Das "CE-Zeichen" kann entweder gesondert neben dem Typenschild angebracht werden oder auch Bestandteil des Typenschilds sein (siehe Abbildung 5.3.2). Das Typenschild enthält noch zusätzliche Details zur Bezeichnung der Maschine, zu ihren wesentlichen technischen Leistungsdaten und zum Hersteller.

Das "CE-Zeichen" muss dauerhaft an der Maschine angebracht sein.

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Abb. 5.3.2
Beispiel eines Maschinentypenschilds nach der Maschinenrichtlinie (Richtlinie 2006/42/EG, Anhang III)

Eine Kennzeichnung nach ATEX enthält zusätzliche Angaben, die für die Beurteilung des Explosionsschutzes und für die sich daraus ergebenden Gefährdungen von Bedeutung sind (siehe Abbildung 5.3.3).

Warnhinweise:

Je nach ihrer Beschaffenheit und den von der Maschine ausgehenden (Rest-)Gefährdungen müssen auf der Maschine zusätzlich alle für die Sicherheit bei der Verwendung wesentlichen Hinweise angebracht sein.

5.3.4
Konformitätserklärung/Einbauerklärung

Der Hersteller muss dem Gerät oder der Anlage eine EG-Konformitätserklärung oder eine EG-Einbauerklärung (siehe Abbildung 5.3.4 auf Seite 147) beifügen und sicherstellen, dass dieses Dokument dem Gerät/der Maschine/der Anlage beiliegt. Das gilt auch für den Fall, dass der Betreiber einzelne Anlagenteile (z. B. Ventilatoren, Filteranlagen oder Rohrleitungen) gebraucht erwirbt und sie zu einer Anlage neu zusammenfügt. In diesem Fall übernimmt der Betreiber auch die Herstellerverantwortung. Die Risikoanalyse ist nicht Inhalt der Dokumentation für den Betreiber. Die Angaben für die Gefährdungsbeurteilung stehen für den Betreiber in der Bedienungsanleitung.

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Abb. 5.3.3
Beispiel einer Kennzeichnung nach ATEX-Richtlinie (Richtlinie 2014/34/EU, Anhang II)

5.3.4.1
Einbauerklärung

Die Einbauerklärung wird mit unvollständigen Maschinen ausgeliefert. Eine unvollständige Maschine stellt eine Gesamtheit von Komponenten dar, die fast eine Maschine bildet, für sich genommen aber keine bestimmte Funktion erfüllen kann. Eine vollständige Absauganlage ist keine unvollständige Maschine; auch bei Einbau in eine Maschine, als Teil der Maschine, ist die Absaugung als Komponente eine Maschine nach Definition der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. In den seltensten Fällen ist eine Absauganlage unvollständig. Einzelne Komponenten von Absauganlagen, wie ein Ventilator mit elektrischem Antrieb ohne Steuerung, können als unvollständige Maschine mit Einbauerklärung in Verkehr gebracht werden. Der Interpretationsleitfaden der Maschinenrichtlinie macht jedoch die Einschränkung, dass "Maschinen, die für sich genommen eine bestimmte Anwendung ausführen können und bei denen lediglich die erforderliche Schutzeinrichtung oder Sicherheitsbauteile fehlen, nicht als unvollständige Maschine gelten". Solche Maschinen sind als unsichere Maschinen definiert und dürfen deshalb nicht unverändert verwendet werden. Der Betreiber sollte darauf achten, dass alle gelieferten Maschinen (z. B. Ventilatoren, Filtereinheiten, Austrageinheiten, etc.) eine eigene EG-Konformitätserklärung besitzen oder ein mit den Vorgängen vertrautes Generalunternehmem die unvollständigen Maschinen zu einer Absauganlage zusammenbaut und eine Konformitätserklärung für die gesamte Anlage ausstellt.

Achtung:

Bei Inbetriebnahme von Anlagen, die aus unvollständigen Maschinen und/oder vom Betreiber hinzugefügten Komponenten bestehen, wird der Betreiber zum Hersteller und muss die "EG-Konformität" erklären. Der Betreiber übernimmt damit für die Anlage die vollständige Verantwortung des Herstellers.

Der Hersteller einer unvollständigen Maschine kann nicht alle Anforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllen. ABER: Der Satz "Hiermit erklären wir, dass die Maschine folgenden einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2006/42/EG entspricht", mit Angabe der erfüllten Bestimmungen, darf nicht fehlen!

Der Ersteller der Gesamt-Konformitätserklärung muss - neben der Einbauerklärung - eine Montageanleitung erhalten. Im Rahmen der Beschreibung der Gesamtmaschine erstellt der Hersteller der Gesamtmaschine eine die Maschine mit ihren unvollständigen Komponenten umfassende Bedienungsanleitung. Durch die Einbauerklärung wird sichergestellt, dass der Komponentenhersteller seiner Dokumentationspflicht nachgekommen ist.

5.3.4.2
Konformitätserklärung

Mit der Konformitätserklärung bestätigt der Hersteller eines verwendungsfertigen Geräts oder einer verwendungsfertigen Maschine/Anlage die Übereinstimmung mit den jeweils einschlägigen europäischen Richtlinien. Dazu führt er ein sogenanntes Konformitätsbewertungsverfahren durch, zu dem unter anderem auch eine Risikobeurteilung zur Ermittlung vorhandener Risiken während des Betriebs der Maschine gehört. Das Bewertungsverfahren kann er auch einer autorisierten Prüfstelle übertragen, wozu er bei den in Anhang IV der Maschinenrichtlinie gelisteten, besonders gefährlichen Maschinen, auch verpflichtet ist.

Mit der Konformitätserklärung bescheinigt der Hersteller, dass er die Risiken bewertet und gemäß den Mindest-Vorschriften der Richtlinien beseitigt hat. Er trägt damit für den Zeitpunkt des Inverkehrbringens die volle Verantwortung. Auf nicht zu beseitigende Restrisiken muss er den Betreiber in seiner Betriebsanleitung hinweisen, die dieser im Zuge seiner Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen hat.

Vom Betreiber veranlasste nachträgliche Veränderungen an der Maschine oder der Anlage können dazu führen, dass die Maschine, beziehungsweise die Anlage, zur Neumaschine wird und die Herstellerverantwortung auf den Betreiber übergeht. Das gilt besonders dann, wenn die Änderungen zu zusätzlichen oder höheren Gefährdungen führen.

Um nachträgliche Änderungen zu vermeiden, sollte sorgfältig geplant werden. Für nachträgliche Änderungen muss der Betreiber nach dem Interpretationspapier des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales "Wesentliche Veränderungen von Maschinen" vom 9. April 2015 bewerten, ob eine wesentliche Veränderung vorliegt. In einem solchen Fall wäre ein neues Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen.

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Abb. 5.3.4
Beispiel einer Einbauerklärung für eine unvollständige Maschine

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Abb. 5.3.5
Beispiel einer Konformitätserklärung nach Maschinenrichtlinie für einen verwendungsfertigen Entstauber

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Abb. 5.3.6
Beispiel einer Konformitätserklärung nach ATEX für eine Zellenradschleuse

In Bezug auf Absauganlagen oder deren Komponenten beziehen sich die Konformitätserklärungen entweder auf die Maschinenrichtlinie (Beispiel siehe Abbildung 5.3.5) und/oder auf die Explosionsschutzrichtlinie (ATEX) (Beispiel siehe Abbildung 5.3.6).

Achtung!

Der Satz "Hiermit erklären wir, dass die Maschine allen einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2006/42/EG entspricht" darf nicht fehlen.

Sofern es sich bei der Absauganlage um ein Sicherheitsbauteil handelt, müssen weitere Anforderungen erfüllt werden (siehe Abschnitt 5.3.4.4).

Hinweis 1:

Eine Konformität nach Maschinenrichtlinie schließt die Einhaltung der ATEX-Richtlinie und der Richtlinie für einfache Druckbehälter aus. Die Konformitätserklärungen der von diesen Richtlinien betroffenen Komponenten sind der technischen Kundendokumentation beizufügen.

Hinweis 2:

Formal ist die Fundstelle einer harmonisierten Norm das Europäische Amtsblatt (ABl L) mit Erscheinungsdatum. Üblich ist aber, dass die Hersteller nur die jeweils angewandte EN-Norm nennen. Beim Bezug auf eine harmonisierte Norm ist sie vollständig umzusetzen. Alternativ muss der Hersteller jede Abweichung von der Norm nennen.

5.3.4.3
Gesamtkonformitätserklärung

Absauganlagen können aus mehreren "einbaufertigen" Maschinen (z. B. Ventilatoren, Schnecken, Zellenradschleusen, Absperrschiebern, Druckgeräten, Brikettierpressen, etc.), oder aus weiteren, für das sichere Funktionieren wichtigen Bauteilen bestehen. Deshalb müssen zum Beispiel Rohrleitungen bedarfsgerecht dimensioniert und montiert sein, um die notwendigen Luftgeschwindigkeiten innerhalb der Anlage zu gewährleisten.

Für die eingebauten Komponenten liegen in der Regel von deren Herstellern eigenständige Konformitäts- oder Einbauerklärungen vor. Der Hersteller der Absauganlage muss für die Gesamtanlage ein Gesamtkonformitätsbewertungsverfahren durchführen. Dabei kann er die Konformitäts- oder Einbauerklärungen der verbauten Komponenten berücksichtigen. In diesem Fall sind der korrekte Einbau oder die bestimmungsgemäße Verwendung der Einzelkomponenten und besonders die Schnittstellen zwischen den beschriebenen Komponenten zu bewerten. Das Ergebnis wird dann in einer Gesamtkonformitätserklärung dokumentiert. In die technische Dokumentation der Gesamtanlage sind die Dokumente der Komponenten aufzunehmen.

Für den Betreiber ergibt sich die wesentliche Frage, wie weit, also bis zu welchem Bestandteil/Bauteil, erstreckt sich der Geltungsbereich der Gesamtkonformitätserklärung?

Im Regelfall wird das die Schnittstelle zwischen dem Anschlussstutzen der Bearbeitungsmaschine und der Maschinenanschluss-Rohrleitung der Absauganlage sein. Die für die Auslegung der Absauganlage wesentlichen "Schnittstellendaten" der Bearbeitungsmaschine (z. B. Luftmenge oder Volumenstrom, Luftgeschwindigkeit, erforderlicher Unterdruck zur Erzielung der Luftgeschwindigkeit) müssen aus der Betriebsanleitung der Bearbeitungsmaschine hervorgehen.

Erfassungselemente, die nicht an einer Bearbeitungsmaschine angebracht sind, sollten Bestandteil der Gesamtkonformitätserklärung des Absauganlagen-Herstellers sein.

In Ausnahmefällen muss die Absauganlage die Funktion einer Sicherheitseinrichtung für eine Bearbeitungsmaschine übernehmen (siehe Abschnitt 5.3.4.4 Fall 3). In diesem Sonderfall muss sich die Gesamtkonformitätserklärung auf die Bearbeitungsmaschine, einschließlich der angeschlossenen Absauganlage, erstrecken. Dabei können entweder der Hersteller der Bearbeitungsmaschine (Regelfall) oder der Hersteller der Absauganlage (Ausnahmefall) als Ersteller der Gesamtkonformitätserklärung fungieren.

Hinweis:

Fügt der Betreiber die Absauganlage aus vorhandenen oder (gebraucht) erworbenen Einzelkomponenten selbst zusammen, gilt er als "Inverkehrbringer" und übernimmt somit selbst die Verantwortung eines Herstellers für die Erstellung der Gesamtkonformitätserklärung. Da ein Betreiber im Regelfall mit den gesetzlichen und technischen Anforderungen an solche Anlagen nicht vertraut ist, ist von einer solchen Vorgehensweise aus rechtlichen und praktischen Gründen abzuraten.

5.3.4.4
Einordnung von Absauganlagen im Hinblick auf unterschiedliche Gefährdungen

Im Folgenden sollen drei unterschiedliche Fälle zur Bewertung von Anlagen zur Absaugung von Emissionen an/aus Maschinen und deren Einstufung in Bezug auf die vorgenannten Sachverhalte betrachtet werden:

Fall 1: Durch Emission von Substanzen oder Stäuben bei ungenügender Absaugung dauerhafte, das heißt, nicht nur kurzfristige, Gefährdung der Gesundheit der Beschäftigten (Regelfall):

Maßnahmen Maschinenhersteller: Keine

Notwendige Erklärungen: einzelne Konformitätserklärungen (z. B. Absauganlage, Bearbeitungsmaschine) ausreichend

Fall 2: Durch Emission von Substanzen oder Stäuben bei ungenügender Absaugung auch kurzfristige Gefährdung von Beschäftigten bei ungenügender Absaugung durch die Maschine (z. B. Explosionsgefahr):

Maßnahmen Maschinenhersteller:

  • Bearbeitungsmaschine schaltet sich im Gefahrenfall selbstständig ab (z. B. bei Unterschreitung eines Mindestunterdrucks im Absaugstutzen).

  • Sicherheitsfunktion ist, gemäß dem Risikographen nach EN ISO 13849-1, eingestuft und umgesetzt.

Notwendige Erklärungen: einzelne Konformitätserklärungen (z. B. Absauganlage, Bearbeitungsmaschine) ausreichend

Hinweis:

Ob die Anforderungen der Maschinenrichtlinie an eine Sicherheitsfunktion auch bei langfristigen, gesundheitlichen Gefährdungen durch Emissionen angewendet werden können, bleibt offen. Nach ASR A 3.6 "Lüftung" muss bei Gesundheitsgefahren der Ausfall oder die Störung einer Lüftungsanlage durch eine Warneinrichtung angezeigt werden (Abschnitt 6.7). In Anlehnung daran wäre auch bei dem kurzfristigen Ausfall der Absauganlage keine Gefährdung der Beschäftigten im Sinne der Maschinenrichtlinie vorhanden und eine Warneinrichtung, zum Beispiel bei überhöhtem Filterdruckverlust und damit Unterschreitung der Mindest-Luftgeschwindigkeit an der Absauganlage, ausreichend. Das gilt nur, wenn sich durch eine Konzentrationserhöhung keine kurzfristigen Gefährdungen (z. B. Explosionsgefährdung) oder Gesundheitsschäden (z. B. Vergiftung, Reizung, Verätzung, etc.) ergeben können.

Fall 3: Gefährdungen aus Emissionen im Zusammenhang mit dem Maschinenbetrieb bei gleichzeitig ungenügender Absaugung, wobei die Sicherheitsfunktion für die Maschine an die Absauganlage ausgelagert wird:

In diesem Fall ergibt sich ein produktions- und sicherheitstechnischer Zusammenhang zwischen Bearbeitungsmaschine und Absauganlage. Damit fällt die Logikeinheit der erforderlichen Sicherheitsfunktion unter Anhang IV der Maschinenrichtlinie (2006/42/EG).

Maßnahmen Maschinenhersteller:

  • Beschreibung der Schnittstelle Maschine/Absauganlage

  • Sicherheitsfunktion ist gemäß dem Risikographen nach EN ISO 13849-1 eingestuft und maschinenseitig umgesetzt.

  • Absauganlage übernimmt Sicherheitsfunktion gemäß der Einstufung im Risikographen nach EN ISO 13849-1 (Beschreibung in Maschinen-Bedienungsanleitung und Umsetzung durch Absauganlagen-Hersteller).

  • Sicherer Eingang zum sofortigen Abschalten der Maschine durch die Absauganlage

Notwendige Erklärungen: Gesamtkonformitätserklärung (für Bearbeitungsmaschine + Absauganlage als Einheit).

5.3.5
Betriebsanleitungen

Die mitzuliefernde Betriebsanleitung muss in der Sprache des Verwenders oder der Verwenderin (z. B. deutsch) artikuliert sein und folgende Mindestangaben enthalten:

5.3.5.1
Bestimmungsgemäße Verwendung/Vorhersehbare Fehlanwendung

Der Maschinenrichtlinie gemäß muss der Hersteller die bestimmungsgemäße Verwendung der Maschine und Warnhinweise für Fehlanwendungen, zu denen es erfahrungsgemäß kommen kann, beschreiben. Bei Absauganlagen sind das besonders:

  • Material und Aggregatszustände (Gase/Aerosole/Stäube), die abgesaugt werden dürfen (z. B. "nur nichtbrennbare Stäube")

  • zugehörige Stoffeigenschaften (KST-Wert, Mindestzündenergie, Dichte, Partikelgröße, etc.)

  • Ausschluss von Stoffen und/oder Stoffeigenschaften

  • Einsaugen von Zündfunken/Zündquellen: zulässig oder ausgeschlossen

  • Aufsaugen von Flüssigkeiten oder Flüssigkeiten/Staub/Luftgemischen: zulässig oder ausgeschlossen

  • Einsaugen von explosiven Gasen: zulässig oder ausgeschlossen

  • Betrieb in explosionsgefährdeten Bereichen: zulässig oder ausgeschlossen

  • Hinweise zur Aufnahme in das Explosionsschutzdokument

Achtung!

Die Anlage darf nur bestimmungsgemäß verwendet werden. Das bedeutet: Der Betreiber darf nur Materialien und Stoffe mit Eigenschaften absaugen, die der Hersteller der Absauganlage ausdrücklich zulässt.

5.3.5.2
Detaillierte Beschreibung der Ausstattung und Funktion

Die Betriebsanleitung muss eine allgemeine Beschreibung der Absauganlage enthalten, damit Fragen zu folgenden Punkten ausreichend beantwortet werden:

  • Wo sind die von den Herstellerbescheinigungen erfassten Grenzen der Absauganlage (siehe hierzu den Hinweis auf Seite 153)? Beinhalten diese:

    • das Rohrsystem?

    • die Erfassungen?

    • die Entsorgung, z. B. Transportanlage oder Leitungen in ein (Zwischen-)Lager?

  • Welche Haupt-Anschlussdurchmesser (eventuell auch mehrere) für die belastete Rohluft hat die Absauganlage?

  • Welche technischen Leistungsgrenzen hat die Absauganlage (Nennvolumenstrom, Unterdruck bei Nennvolumenstrom, Nennluftgeschwindigkeit, Kennlinien der Ventilatoren, etc.)?

  • Mit welchen Energieträgern wird die Anlage versorgt und wo werden sie innerhalb der Anlage benötigt (elektrische Energie, Druckluft)?

  • Wie gestaltet sich die Anlagensteuerung/-regelung?

    • Wo steht der Schaltschrank?

    • Welche Sensorik wird zur Steuerung verwendet (An-/Abschalten von Bearbeitungsmaschinen; Funktion von Brandmeldern, Füllstands-Überwachung, Display, etc.)?

    • Welche Funktionen werden gesteuert (An-/Abschalten des Ventilators; Rück- und Abluft, etc.)?

  • Handelt es sich um eine Überdruck- oder Unterdruck-Anlage? In welchen Anlagenteilen herrscht Unterdruck oder Überdruck?

  • Welche Abscheidetechnik wird verwendet (Abscheider-Typ, Abscheider-Belastung, etc.)? Wo wird abgeschieden?

  • Welche Regenerationstechnik wird verwendet (motorische Rüttelung, Druckluftimpuls, Luftspülung, Wasserspülung, etc.)?

  • Gibt es bei brennbaren Gasen/Aerosolen/Stäuben explosionsgefährdete Bereiche innerhalb der Anlage, und wurden diese Bereiche in Zonen eingeteilt?

In konkreten Einzelfällen sind weitere wichtige, aber hier nicht genannte Fragestellungen zu beantworten.

Wichtiger Hinweis:

Es muss besonders erläutert werden, ob die Erfassungselemente und die Anschluss-Rohrleitungen zur Absauganlage oder eventuell zu den abgesaugten Maschinen gehören.

Besonders wichtig ist dabei die Schnittstelle zwischen der Absauganlage und den Erfassungselementen oder den Maschinenstutzen.

Der Betreiber sollte darauf achten, dass der Absauganlagen-Hersteller die Rohrleitungen in seine Konformitätserklärung aufnimmt. Durch ein falsch dimensioniertes Rohrleitungssystem oder eine unsachgemäße Schiebersteuerung können Gefährdungen entstehen, die der Betreiber nicht ausreichend bewerten kann.

5.3.5.3
Beschreibung der Maßnahmen zur Wartung, Instandhaltung und Prüfung

Laut der Maschinenrichtlinie müssen die von der Benutzerin oder vom Benutzer durchzuführenden Einrichtungs- und Wartungsarbeiten, die zu treffenden vorbeugenden Wartungsmaßnahmen und die im späteren Betrieb durchzuführenden regelmäßigen Prüfungen (siehe auch Abschnitt 6.4) beschrieben werden. Außerdem sind Anweisungen zum sicheren Einrichten und Warten einschließlich der dabei zu treffenden Schutzmaßnahmen anzugeben. Zeichnungen, Schaltpläne oder Wartungsanweisungen unterstützen die Wartung und Instandhaltung der Anlage:

  • Übersichtszeichnungen der Gesamtanlage mit Rohrsystem und Erfassungselementen/Maschinenanschlüssen, Absperrschiebern, Revisionsöffnungen, Funkenlöschanlage, Brandschutzklappen und Rückschlagklappen

  • Wartungspunkte

  • Welche besonderen Schutzmaßnahmen (z. B. nicht funkenreißende Werkzeuge, Atemschutz) sind bei den unterschiedlichen Arbeiten zu beachten?

  • elektrische, pneumatische und hydraulische Schaltpläne

  • ggf. Übersicht über das Feuerlöschsystem

  • ggf. Angaben zu Druckentlastungseinrichtungen und Entkoppelungsanlagen

  • Antriebe, Schmierstellen

  • Detailzeichnungen, Einzelkomponenten (z. B. Regeneration, Austragung, Brandschutzklappen, Rückschlagklappen, Zellenradschleusen, etc.)

  • Wartungs-/Instandhaltungsplan

  • usw.

Folgendes sollte aus den den Schaltplänen (elektrisch/pneumatisch/hydraulisch) hervorgehen:

  • Sensoren,

  • Eingänge zu sowie Ausgänge von Ventilator-Motoren, Stellantrieben und sonstigen Aktoren,

  • Umsetzung der Sicherheitsfunktionen,

  • Stückliste,

  • Bauteilkennzeichnung zum Auffinden der Bauteile im Schaltschrank,

  • Absicherung der einzelnen Leitungsabschnitte und farbliche Kennzeichnung der Leitungen,

  • Gesamtabsicherung der Anlage

  • usw.

Hinweis:

Bei der Wartung und Instandhaltung dürfen nur die vom Hersteller in der Betriebsanleitung spezifizierten Ersatzteile verwendet werden, wenn sie sich auf die Sicherheit und Gesundheit des Bedienpersonals auswirken.

5.3.5.4
Zusätzliche Anforderungen bei ATEX-Anlagen (2014/34/EU Anhang II)

In Bezug auf die ATEX-Richtlinie gibt es für Geräte, die in einem explosionsfähigen Bereich betrieben werden, folgende zusätzliche Anforderungen:

  • Angaben zu Restrisiken aus Flammen- und Druckauswirkungen im Außenbereich sind erforderlich und, im besonderen Fall, die Markierung von gefährdeten Bereichen vor Druckentlastungseinrichtungen.

  • Es sind Angaben erforderlich, nach denen zweifelsfrei entschieden werden kann, ob die Verwendung eines Geräts (entsprechend seiner ausgewiesenen Kategorie) oder eines Schutzsystems in dem vorgesehenen Bereich unter den zu erwartenden Bedingungen gefahrlos möglich ist.

  • Außerdem sind Angaben zu elektrischen Kenngrößen und auftretenden Drücken, zu höchsten Oberflächentemperaturen sowie zu anderen kritischen Kenngrößen (teilweise auch gemäß der Maschinenrichtlinie) gefordert.

5.3.6
Weitere Dokumente, die für die Genehmigung von Absauganlagen von Bedeutung sein können

In einigen Bundesländern werden Genehmigungsanforderungen für Absauganlagen (baurechtlich und emissionsschutzrechtlich) gestellt. Der Betreiber sollte für solche Fälle folgende Dokumente vorhalten:

  • Nachweis der Emissionen in die Umgebung,

  • Nachweis des Reststaubgehalts/der Restschadstoffbelastung/der Emissionen bei Rückführung der abgesaugten Luft in den Arbeitsbereich,

  • Angaben zur Lärmemission,

  • Nachweis der Feuerfestigkeit des Gehäuses und sonstiger, für den Brandschutz wichtiger Komponenten,

  • Nachweis der Flammenreichweite und Druckausbreitung im Außenbereich für die Schutzmaßnahme "Druckentlastung",

  • eine Ausweisung von Schutzzonen um die Anlage (Aufenthaltsverbote, Rauchverbote, Anforderungen an Nachbargebäuden etc.) bei Brand- und Explosionsgefährdung,

  • das vor Inbetriebnahme zur erstellende Explosionsschutzdokument (vom Betreiber zu erstellen),

  • Festigkeits- und Standfähigkeitsnachweise für große Filteranlagen (Wind, Erdbeben, Brand, Löschwasser, maximale Beladung, etc.),

  • für die Baugenehmigung erforderliche Dokumente,

  • für Wasser- und Abwasseranschlüssen erforderliche Angaben,

  • usw.

Nicht jede Absauganlage besitzt alle aufgeführten Eigenschaften oder eine Absauganlage muss weitere Anforderungen erfüllen, die hier nicht aufgeführt sind. Für das jeweilige Gerät oder die Anlage ist deshalb eine Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde notwendig.

Hinweis: Gemäß § 46 des Interpretationsleitfadens (2017) der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG gelten Maschinen, denen lediglich die erforderlichen Hilfsmittel oder Sicherheitskomponenten, wie Schutzeinrichtungen, fehlen, nicht als unvollständige Maschinen. Auf Absauganlagen bezogen ist zu vermuten, dass Absauganlagen auch ohne Absaugrohre deshalb als vollständige Maschinen gelten.