DGUV Information 215-220 - Nichtvisuelle Wirkungen von Licht auf den Menschen

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Abschnitt 9 - 9 Hinweise und Empfehlungen für die Arbeitszeit

Für die Beleuchtung ist grundsätzlich Tageslicht zu bevorzugen, weil es die notwendigen Qualitäten für die Synchronisation der inneren Uhr besitzt. Tageslicht kann durch künstliche Beleuchtung nur in bestimmten Merkmalen, jedoch nicht in seiner Gesamtheit nachgebildet werden.

Je besser die innere Uhr durch Tageslicht synchronisiert ist, desto unempfindlicher ist sie gegenüber Störfaktoren, wie z. B. künstlich erzeugtes Licht am Abend. Da die künstliche Beleuchtung ständig verfügbar ist und - oft unkontrolliert - rund um die Uhr eingesetzt wird, stellt sie einen potenziellen Störfaktor für die innere Uhr dar. Menschen, die an Orten mit keinem oder nur wenig Tageslicht arbeiten, sind besonders betroffen. Aber nicht nur Tageslicht und Licht von Lampen und Leuchten, sondern auch Licht von Computerbildschirmen, Tablets oder Smartphones erzeugt nichtvisuelle Wirkungen, unabhängig davon, ob diese Wirkungen gewünscht sind oder nicht.

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ccc_3630_04.jpgHinweise zur Planung
Derzeit lassen sich vorrangig qualitative Empfehlungen ableiten, die beim Umgang mit Licht berücksichtigt werden sollten. Dabei sind diese nicht isoliert zu betrachten, sondern ergänzen die bekannten Gütemerkmale der Beleuchtung sowie die entsprechenden Regelungen zum Arbeitsschutz. Für die Wirkung von Licht ist neben der Beschaffenheit der Lichtquelle ebenso der Umgang mit dem Licht relevant. Bestimmte Empfehlungen und Hinweise ergänzen daher die Maßnahmen zur Gesunderhaltung, obwohl diese nicht direkt das Licht betreffen, z. B. flexible Arbeitszeiten. Hinweise für die Zeiten vor und nach der Arbeit helfen, günstige Effekte zu verstärken.

Über den Zeitpunkt und die Dauer der Nutzung einer Lichtquelle lassen sich potenzielle Risiken beeinflussen. Für Schichtarbeit scheint primär die Beleuchtung während der Nachtschicht von Bedeutung zu sein. Dies ist jedoch zu kurz gedacht. Schichtarbeit bedeutet, dass man Licht bei Nacht - also zur falschen Zeit - ausgesetzt ist und es zudem oft an ausreichend Tageslicht mangelt. Problematisch bei Nachtschichten ist auch, dass Tageslicht auf dem Nachhauseweg zusätzlich die innere Uhr stören kann. Eine Zwickmühle, denn dann findet weder eine Anpassung der inneren Uhr an die Nachtschicht statt, noch ist die Voraussetzung für einen erholsamen Tagschlaf gegeben.

ccc_3630_04.jpgMaßnahmen durch eine Gefährdungsbeurteilung festlegen
Die Hinweise und Empfehlungen dieser DGUV Information helfen, ungünstige Auswirkungen der Beleuchtung auf die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit gering zu halten und sind für die meisten Anwendungen gültig. Die Gefährdungsbeurteilung kann ergeben, dass bei einzelnen Arbeitsplätzen nicht alle Hinweise und Empfehlungen in geeigneter Form anwendbar sind. Individuelle Besonderheiten der Beschäftigten oder andere Gefährdungen können andere Maßnahmen erfordern, beispielsweise bei der Teilnahme am Straßenverkehr.

Hinweise und Empfehlungen

Arbeit am Tage oder Abend (Tag-, Früh- und Spätschicht)

  • Tageslicht

    Um leistungsfähig und gesund zu bleiben, erholsam zu schlafen und die innere Uhr zu synchronisieren, sollte in erster Linie Tageslicht genutzt werden. Deswegen sollten Arbeitsplätze vorzugsweise fensternah angeordnet werden. Je besser die innere Uhr durch Tageslicht synchronisiert ist, desto unempfindlicher ist sie gegenüber Störfaktoren, wie z. B. künstlichem Licht am Abend.

  • Tageslichtergänzung

    Wenn an Arbeitsplätzen kein oder nur wenig Tageslicht zur Verfügung steht, sollte tagsüber ergänzend helle künstliche Beleuchtung oder Beleuchtung mit hohen Blauanteilen genutzt werden. Hierfür sind in der Regel Lichtquellen mit hohen Farbtemperaturen günstig. Dieses Licht kann ähnliche nichtvisuelle Lichtwirkungen wie Tageslicht erzielen, es jedoch nicht ersetzen.

    ccc_3630_17.jpgArbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
    Die ArbStättV regelt im Anhang, Abschnitt 3.4: Der Arbeitgeber darf als Arbeitsräume nur solche Räume betreiben, die möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und die eine Sichtverbindung nach außen haben.
  • Spektrum und Lichtverteilung

    Am Abend sollte helles Licht und Licht mit hohen Blauanteilen vermieden werden. Nach derzeitigem Kenntnisstand sollte dies spätestens zwei Stunden vor dem gewohnten Schlafbeginn geschehen. Das Licht sollte in dieser Zeit primär die für die Sehaufgabe relevante Arbeitsfläche beleuchten und nicht direkt ins Auge fallen. Der direkte Blick in die Lichtquelle und auf sehr hell beleuchtete Flächen sollte vermieden werden.

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    Die Zeit des Schlafengehens liegt im privaten Bereich der Beschäftigten. Für die Berücksichtigung in betrieblichen Maßnahmen kann sie nur fiktiv angenommen werden.
  • Abschalten nicht benötigter Lichtquellen

    Nicht benötigte Lichtquellen sollten am Abend, spätestens zwei Stunden vor dem gewohnten Schlafbeginn, abgeschaltet oder gedimmt werden. Wenn dies nicht möglich ist und wenn die Arbeitsaufgabe es zulässt, sollte die Blickrichtung oder die Position des Arbeitenden so verändert werden, dass der Abstand zwischen Auge und Lichtquelle so groß wie möglich ist. Der direkte Blick in die Lichtquelle und auf sehr hell beleuchtete Flächen sollte vermieden werden.

  • Nutzung von elektronischen Endgeräten

    Bei Arbeit am Computer, Tablet oder Smartphone sollten , spätestens zwei Stunden vor dem gewohnten Schlafbeginn, spezielle Blaulichtfilter-Programme (z. B. f.lux, Night Shift oder weitere herstellerspezifische Blaulichtfilter-Apps) genutzt werden. Solche Software sorgt für eine automatische Anpassung der Farbtemperatur und Helligkeit des Bildschirms für die Zeiten, in denen blaue Lichtanteile vermieden werden sollen. Die Nutzung solcher Software ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Arbeitsaufgabe es zulässt, z. B. wenn sie keine speziellen Anforderungen an die Farbqualität stellt. Für die Installation muss in der Regel die IT-Abteilung des Unternehmens die Voraussetzungen schaffen.

  • Arbeitspausen

    Pausen sollten vorzugsweise im Freien verbracht werden, weil dort am meisten Tageslicht verfügbar ist. Ist dies nicht möglich, dann sollten Pausen möglichst nah am Fenster verbracht werden. Kurze Pausen im Tageslicht können auch zu nur kurz anhaltenden aktivierenden und leistungssteigernden Wirkungen führen. Sie sind deshalb kein vollwertiger Ersatz für die Tageslichtnutzung am Arbeitsplatz. Selbst ein wolkenbehangener Himmel im Januar bietet ausreichend Tageslicht für die beschriebenen nichtvisuellen Wirkungen.

  • Flexible Arbeitszeiten

    Flexible Arbeitszeiten erhöhen die Wahrscheinlichkeit, ausgeschlafen bei der Arbeit zu erscheinen. Der moderne Lebenswandel geht mit künstlicher Beleuchtung vor dem Schlaf einher, das den Beginn des Einschlafens hinauszögern kann. Da die meisten Menschen morgens trotzdem zur selben und oft frühen Uhrzeit aufstehen, führt dies zu einer Verkürzung des Schlafes. Flexible Arbeitszeiten sind eine einfache Maßnahme, die Folgen von zu viel Licht am Abend und Schlafmangel abzumildern.

Hinweise und Empfehlungen

Arbeit in der Nachtschicht (ohne Dauernachtschicht)

Die hier getroffenen Hinweise und Empfehlungen sollen negativen Auswirkungen von Licht in der Nacht entgegenwirken. Diese sind bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.

  • Spektrum und Lichtverteilung

    Um die innere Uhr und den Tagschlaf nach der Nachtschicht möglichst wenig zu stören, müssen während der Nachtschicht helles Licht oder Licht mit hohen Blauanteilen vermieden werden. Das Licht sollte in dieser Zeit primär die für die Sehaufgabe relevante Arbeitsfläche beleuchten und nicht direkt ins Auge fallen. Der direkte Blick in die Lichtquelle und auf sehr hell beleuchtete Flächen sollte vermieden werden.

  • Abschalten nicht benötigter Lichtquellen

    Grundsätzlich muss das für die Arbeit benötigte Licht auch nachts zur Verfügung stehen. Nicht benötigte Lichtquellen sollten abgeschaltet oder gedimmt werden. Wenn ein Abschalten oder Dimmen nicht möglich ist und die Arbeitsaufgabe es zulässt, sollte die Blickrichtung oder die Position des Arbeitenden so verändert werden, dass der Abstand zwischen Auge und Lichtquelle so groß wie möglich ist. Es muss aber beachtet werden, dass bei Arbeiten in der Nacht das Licht auch der Übersicht über das gesamte Arbeitsumfeld dient. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass Dunkelheit in großen Bereichen auch zu Beklommenheit oder Angst führen kann.

  • Nutzung von Endgeräten

    Bei Arbeit am Computer, Tablet oder Smartphone sollten am Abend und in der Nacht spezielle Blaulichtfilter-Programme (z. B. f.lux, Night Shift oder weitere herstellerspezifische Blaulichtfilter-Apps) genutzt werden. Solche Software sorgt für eine automatische Anpassung der Farbtemperatur des Bildschirms für die Zeiten, in denen blaue Lichtanteile vermieden werden sollen. Die Nutzung solcher Software ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Arbeitsaufgabe es zulässt, z. B. wenn sie keine speziellen Anforderungen an die Farbqualität stellt. Für die Installation muss in der Regel die IT-Abteilung des Unternehmens die Voraussetzungen schaffen.

  • Arbeitspausen

    Für die Pausen gelten dieselben Hinweise und Empfehlungen wie für die Arbeitszeit.

  • Aktivierung durch Licht

    Für Tätigkeiten, die besonders risikobehaftet sind oder erhöhte Aufmerksamkeit erfordern, kann auch in der Nacht helles Licht und/oder Licht mit hohen Blauanteilen eingesetzt werden, um Wachheit und Aufmerksamkeit zu fördern. Insbesondere hier ist eine Gefährdungsbeurteilung maßgeblich, um diese Maßnahme zu rechtfertigen.

  • Schichtende und Nachhauseweg

    Wenn zum Ende der Nachtschicht oder auf dem Nachhauseweg bereits Tageslicht vorherrscht, kann dieses den anschließenden Schlaf stören. In diesen Fällen kann ein Schutz vor Tageslicht z. B. durch Jalousien oder blaulichtreduzierende (orangefarbene) Brillen sinnvoll sein.

    Wenn am Ende der Nachtschicht die Müdigkeit besonders hoch ist, kann das Tragen einer solchen Brille jedoch zu einem erhöhten Risiko insbesondere im Straßenverkehr führen.

  • Bereitschaftsdienst

    Grundsätzlich sollte immer in dunklen, ruhigen und kühlen Zimmern geschlafen werden. Dies gilt auch für den Schlaf nach der Nachtschicht oder während des Bereitschaftsdienstes am Dienstort.