DGUV Regel 109-603 - Branche Schiffbau

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Abschnitt 3.1 - 3 Arbeitsplätze und Tätigkeiten: Gefährdungen und Maßnahmen
3.1 Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahr

3.1.1 Psychische Belastung

Psychische Belastung resultiert aus vielen Aspekten einer beruflichen Tätigkeit. Wesentliche Merkmale arbeitsbedingter psychischer Belastung sowie mögliche kritische Ausprägungen haben BMAS und Sozialpartner in ihrer gemeinsamen Erklärung zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt 1 2013 veröffentlicht.

Die tätigkeitsbezogene, objektive Erfassung relevanter psychischer Belastungsfaktoren ist Teil der Gefährdungsbeurteilung.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen psychisch relevante Einwirkungen aus Arbeitsinhalt/Arbeitsaufgabe, Arbeitsorganisation, Arbeitsumgebung und sozialen Beziehungen systematisch ermittelt und analysiert werden.

Zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung gibt es ein breites Spektrum an Instrumenten und Verfahren, die verschiedenen betrieblichen Gegebenheiten und Bedürfnissen Rechnung tragen.

ccc_3649_02.jpgRechtliche Grundlagen
  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)

  • Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)

  • Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)

  • DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

  • DGUV Vorschrift 2 "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit"

Psychische Belastung kann im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung anhand von Analyseworkshops, Beobachtungsinterviews oder Befragungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erfasst und beurteilt werden. Jede dieser Vorgehensweisen hat spezifische Stärken, aber auch spezifische Voraussetzungen und Grenzen, die abzuwägen sind (siehe Übersicht "Stärken und Grenzen der Vorgehensweisen im Überblick" in Anlage 2 "Empfehlungen und Prüffragen zur Auswahl von Instrumenten/Verfahren" der GDA Broschüre: "Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung" (2. erweiterte Ausgabe, Januar 2016)).

ccc_3649_03.jpgWeitere Informationen
  • Informationen der DGUV zur Psychischen Belastung:

    ccc_3649_26.jpgwww.dguv.de (Webcode: d57373)

  • Informationen der BGHM "Psychische Belastung und Beanspruchung":

    ccc_3649_26.jpgwww.bghm.de (Webcode: 234)

BMAS und Sozialpartner: Gemeinsame Erklärung zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt, BMAS, 2013

ccc_3649_27.jpgGefährdungen (psychische Belastung)

Tabelle 1
Merkmalsbereiche und Inhalte der Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastung (Quelle: GDA Broschüre: "Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung" (2. erweiterte Ausgabe, Januar 2016))

1.Merkmalsbereich: Arbeitsinhalt/ArbeitsaufgabeMögliche kritische Ausprägung
1.1Vollständigkeit der AufgabeTätigkeit enthält:
  • nur vorbereitende oder

  • nur ausführende oder

  • nur kontrollierende Handlungen

1.2HandlungsspielraumDer/die Beschäftigte(n) hat/haben keinen Einfluss auf:
  • Arbeitsinhalt

  • Arbeitspensum

  • Arbeitsmethoden/-verfahren

  • Reihenfolge der Tätigkeiten

1.3Variabilität (Abwechslungsreichtum)Einseitige Anforderungen:
  • wenige, ähnliche Arbeitsgegenstände und Arbeitsmittel

  • häufige Wiederholung gleichartiger Handlungen in kurzen Takten

1.4Information/Informationsangebot
  • zu umfangreich (Reizüberflutung)

  • zu gering (lange Zeiten ohne neue Information)

  • ungünstig dargeboten

  • lückenhaft (wichtige Informationen fehlen)

1.5Verantwortung
  • unklare Kompetenzen und Verantwortlichkeiten

1.6Qualifikation
  • Tätigkeiten entsprechen nicht der Qualifikation der Beschäftigten (Über-/Unterforderung)

  • unzureichende Einweisung/Einarbeitung in die Tätigkeit

1.7Emotionale Inanspruchnahme
  • durch das Erleben emotional stark berührender Ereignisse (z. B. Umgang mit schwerer Krankheit, Unfällen, Tod)

  • durch das ständige Eingehen auf die Bedürfnisse anderer Menschen (z. B. auf Kunden, Patienten, Schüler)

  • durch permanentes Zeigen geforderter Emotionen unabhängig von den eigenen Empfindungen

  • Bedrohung durch Gewalt durch andere Personen (z. B. Kunden, Patienten)

2.Merkmalsbereich: ArbeitsorganisationMögliche kritische Ausprägung
2.1Arbeitszeit
  • wechselnde oder lange Arbeitszeit

  • ungünstig gestaltete Schichtarbeit, häufige Nachtarbeit

  • umfangreiche Überstunden

  • unzureichendes Pausenregime

  • Arbeit auf Abruf

2.2Arbeitsablauf
  • Zeitdruck/hohe Arbeitsintensität

  • häufige Störungen/Unterbrechungen

  • hohe Taktbindung

2.3Kommunikation/Kooperation
  • isolierter Einzelarbeitsplatz

  • keine oder geringe Möglichkeit der Unterstützung durch Vorgesetzte oder Kollegen

  • keine klar definierten Verantwortungsbereiche

3.Merkmalsbereich: Soziale BeziehungenMögliche kritische Ausprägung
3.1Kollegen
  • zu geringe/zu hohe Zahl sozialer Kontakte

  • häufige Streitigkeiten und Konflikte

  • Art der Konflikte: Soziale Drucksituationen

  • fehlende soziale Unterstützung

3.2Vorgesetzte
  • keine Qualifizierung der Führungskräfte

  • fehlendes Feedback, fehlende Anerkennung für erbrachte Leistungen

  • fehlende Führung, fehlende Unterstützung im Bedarfsfall

4.Merkmalsbereich: ArbeitsumgebungBeispiele für negative Wirkungen
4.1Physikalische und chemische Faktoren
  • Lärm

  • unzureichende Beleuchtung

  • Gefahrstoffe

4.2Physische Faktoren
  • ungünstige ergonomische Gestaltung

  • schwere körperliche Arbeit

4.3Arbeitsplatz- und Informationsgestaltung
  • ungünstige Arbeitsräume, räumliche Enge

  • unzureichende Gestaltung von Signalen und Hinweisen

4.4Arbeitsmittel
  • fehlendes oder ungeeignetes Werkzeug bzw. Arbeitsmittel

  • ungünstige Bedienung oder Einrichtung von Maschinen

  • unzureichende Softwaregestaltung

5.Merkmalsbereich: Neue ArbeitsformenBeispiele für negative Wirkungen
Diese Merkmale sind nicht Gegenstand des Aufsichtshandelns, spielen aber für die Belastungssituation der Beschäftigten eine Rolle.
  • räumliche Mobilität

  • atypische Arbeitsverhältnisse, diskontinuierliche Berufsverläufe

  • zeitliche Flexibilisierung, reduzierte Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben

ccc_3649_28.jpgMaßnahmen
Folgende allgemeine Maßnahmen der Arbeitsgestaltung haben sich zum Schutz und zur Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung bewährt:
  • vielfältige Aufgabenanforderungen und Informationen

  • Vermeidung von Ermüdung durch die Entkopplung taktgebundener Aufgabenerfüllung mithilfe von Puffern und die dadurch zunehmende Autonomie

  • Arbeitswechsel durch Wechsel von Arbeitsaufgaben und Arbeitsorten (Job-Rotation)

  • Arbeitserweiterung durch quantitative Erweiterung der Aufgaben (Job-Enlargement)

  • Arbeitsbereicherung durch Zusammenfassen von Arbeitsaufgaben zu einer größeren Aufgabe (Job-Enrichment)

  • Erweiterung von Handlungsoptionen in Arbeitsgruppen mit Übertragen von Planungs-, Entscheidungs- und/oder Kontrollfunktionen bei fehlenden Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitsaufgabe durch technische oder organisatorische Maßnahmen: Mechanisierung oder Automatisierung repetitiver Funktionen mit eng eingeschränkten Aufgabenanforderungen

  • Erleichterung/Unterstützung von Kommunikationsmöglichkeiten der Beschäftigten.

Die Beschäftigten sollten unbedingt in den Bewertungsprozess der psychischen Belastungsfaktoren und in die Ableitung der Schutzmaßnahmen einbezogen werden, um hinreichende positive Effekte erzielen zu können.

3.1.2 Gesundheit im Betrieb

ccc_3649_27.jpgGefährdungen

Physische, physikalische, chemische, biologische und psychische Einwirkungen bei der Arbeit können die Gesundheit der Beschäftigten beeinträchtigen oder schädigen (Hinweise z. T. in anderen Abschnitten).

ccc_3649_28.jpgMaßnahmen

Empfehlungen:

  • Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wissen oft am besten, was sie an ihrem Arbeitsplatz beeinträchtigt bzw. krank macht. Beteiligen Sie sie aktiv an einer Gefährdungs- und Belastungsbeurteilung und beziehen Sie sie in Ihre Überlegungen zu Arbeitsgestaltungsmaßnahmen ein. Das sorgt für eine höhere Akzeptanz und motiviert die Beschäftigten.

  • Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung unterstützen im Einzelfall ihre Mitglieder und Unternehmen bei der Organisation und beim Angebot von Maßnahmen zur Gesundheitsförderung.

    • Maßnahmen zur Vermeidung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren durch Erhalt und Stärkung der Gesundheit Beschäftigter im Betrieb haben sich insbesondere in folgenden Themenbereichen bewährt (s. a. DGUV Fachbereich "Gesundheit im Betrieb"):

      • Arbeiten im demografischen Wandel

      • Arbeitsorganisation/gesundheitsgerechte Gestaltung der Arbeitsaufgaben

      • Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

      • Förderung von Bewegung

      • Förderung von gesunder Ernährung

      • gesundheitsförderliches Führungsverhalten

      • Gewaltprävention

      • interkulturelle Aspekte der Prävention

      • psychische Belastung und Beanspruchung

      • Suchtprävention

ccc_3649_03.jpgWeitere Informationen
  • Informationen des DGUV Fachbereichs "Gesundheit im Betrieb":

    ccc_3649_26.jpgwww.dguv.de (Webcode: d138325)

  • Informationen der BGHM "Psychische Belastung und Beanspruchung":

    ccc_3649_26.jpgwww.bghm.de (Webcode: 234)