DGUV Information 207-026 - Zu Hause pflegen - so kann es gelingen! Ein Wegweiser für pflegende Angehörige

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Abschnitt 2.2 - 2.2 Entlastung durch Achtsamkeit und Entspannung

Bei Stress steht unser Geist unter Dauerstrom. Unsere Gedanken drehen sich im Kreis und lassen uns nicht mehr zur Ruhe kommen. Wir schwanken zwischen Sorgen und Zukunftsängsten. Das kann dazu führen, dass wir durch unkonzentriertes Arbeiten Fehler machen, die uns oder dem Pflegebedürftigen schaden können.

Hält dieser Zustand über einen längeren Zeitraum an, wird das zur Belastung für Körper und Psyche. Dies kann sich durch Bluthochdruck, Herzerkrankungen und/oder seelische Beschwerden bemerkbar machen. Um dem vorzubeugen, können Sie frühzeitig Achtsamkeits- und Entspannungsübungen in Ihrem Tagesablauf einplanen. Diese Übungen bringen Ihren Geist und Körper zur Ruhe und Entspannung. Sie lernen wieder, sich selbst zu spüren und Ihre Selbstheilungskräfte zu aktivieren.

Hierzu gibt es unter anderem folgende Methoden

  • Achtsamkeitstraining (Mindfulness-Based Stress Reduction, MBSR)

  • Atemübungen

  • Autogenes Training

  • Body-Scan-Meditation

  • Feldenkrais

  • Gehmeditation

  • Progressive Muskelentspannung

  • Sinnes- oder Traumreisen

  • Sitzmeditation

  • Sounder Sleep System

  • Yoga

  • Hörbuch oder Lieblingsmusik hören

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Abb. 8 Zur Ruhe kommen

Durch regelmäßiges Anwenden bzw. Üben der für Sie passenden Methoden schulen Sie Ihre Selbstbeobachtung und erhalten eine achtsame Körperwahrnehmung. Darüber hinaus reduzieren Sie mit jeder Übungseinheit, Schritt für Schritt, Ihren Stress.

"Achtsamkeitsübungen, Atemübungen und Ausgleichsübungen finden Sie auch im Internet: www.unfallkasse-nrw.de/pflegende-angehoerige

Darum sollten Sie Achtsamkeit trainieren

  • Weil alle Menschen die Erfahrung völliger Ruhe und Erholung brauchen.

  • Weil sie die Selbstheilungskräfte aktivieren kann.

  • Weil man dadurch freundlicher, einfühlsamer und behutsamer im Umgang mit sich selbst und anderen werden kann.

  • Weil sie von Vergesslichkeit und Zerstreuung befreien kann.

  • Weil sie Ängste und Sorgen nehmen kann.

  • Weil das Schmerzempfinden vermindert werden kann.

ccc_3653_06.jpgIm Folgenden werden die Achtsamkeits- und Entspannungsübungen vorgestellt:

Achtsamkeitstraining: Mindfulness-Based Stress Reduction, MBSR

Prof. Dr. Jon Kabat-Zinn ist der Begründer dieses Trainingsprogramms zum Erlernen der Achtsamkeit zur Stressreduktion. Durch ihn wurde das Achtsamkeitstraining in Deutschland bekannt. "Achtsam" heißt hier, im Moment präsent und aufmerksam zu sein. Es bedeutet auch, sich selbst wohlwollend, nicht wertend und mit Geduld zu begegnen.

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Abb. 9 Meditation sorgt für Ausgeglichenheit

Die Body-Scan-Meditation

Bei dieser Form der Achtsamkeitsschulung geht es darum, den Körper wirklich zu spüren und dabei nicht in das urteilende Denken über den Körper zu verfallen. Gedanken werden wahrgenommen ohne sie zu bewerten und wieder losgelassen, indem man sich auf seinen Körper konzentriert. Durch das regelmäßige Üben des Body-Scans lernen Sie, Ihren Körper zunächst bewusster wahrzunehmen und entwickeln Konzentrationsfähigkeit und Achtsamkeit.

Bei der Body-Scan-Methode wird Ihr Körper in Ihrer Vorstellung und mit Hilfe Ihres Atems abgetastet. Dabei liegen Sie auf dem Rücken und erforschen in Ihrer Vorstellung Ihre Körperregionen. Sie schicken mit Ihrer Vorstellungskraft Ihren Atem durch den Körper und nehmen dabei alle Empfindungen wahr. Oft wird bei den Zehen des linken Fußes begonnen und dann geht es aufwärts durch das Bein in die weiteren Körperregionen.

Die Gehmeditation

Bei der Gehmeditation geht es darum, sich gezielt dem Erlebnis des Gehens selbst zu widmen. Hierbei ist es wichtig, sich auf die Empfindungen in den Füßen, den Beinen oder auch auf das Gefühl des sich bewegenden Körpers als Ganzem zu konzentrieren. Geübtere können das Gehen auch noch ihrem Atemrhythmus anpassen. Für eine Gehmeditation suchen Sie sich einen Ort, an dem Sie für die Zeit der Meditation ungestört sein können. Wenn Sie erst einmal genügend Sicherheit erlangt haben, kann jeder Weg, den Sie gehend zurücklegen, zur Meditation werden. Entscheiden Sie sich für einen Platz, an dem Sie etwa zehn Schritte ohne Hindernisse zurücklegen können. Es gibt auch die Möglichkeit, in einem Kreis zu laufen, ganz nach dem Platz, der Ihnen zur Verfügung steht. Im Freien kann es hilfreich sein, Anfang und Ende ihres Weges zu markieren. Die Gehmeditation dient der Stressbewältigung und der Entspannung. Denn Meditation ist Balsam für die gestresste Seele: Studien belegen, dass Meditierende viel seltener an psychischen Krankheitsbildern wie Angststörungen und Depressionen leiden als andere.

Die Feldenkrais-Methode

Der Begründer der Feldenkrais-Methode war der israelische Physiker Moshé Feldenkrais. Die Feldenkrais-Methode ist ein dynamischer Lernprozess, ausgehend von der menschlichen Bewegung. Jede unserer Bewegungen gibt uns eine Vielzahl an Informationen. Diese Hinweise können wir beachten und von ihnen lernen. Unsere Haltungen und Bewegungen werden spürbar, bewusster und damit veränderbar. Unsere individuelle Bewegung wird Ausgangspunkt für eine Entdeckungsreise zu uns und unserem Verhalten in Bezug auf unsere Umwelt. In der Feldenkrais-Methode erfahren Sie grundlegende individuelle Bewegungsmuster und Reaktionsweisen. Sie experimentieren mit verschiedenen Möglichkeiten und Variationen und erweitern damit ihr Bewegungs- und Verhaltensrepertoire. Spielerisch leicht verbessert sich das Körpergefühl und das Körperschema wird deutlich erweitert. Je klarer und detaillierter diese innere Landkarte wird, umso flexibler und gelöster können wir uns bewegen.

Sounder Sleep System

Michael Krugman entwickelte dieses einfache und wirksame System auf der Basis der Feldenkrais-Methode sowie traditioneller und moderner Selbstheilungsmethoden einschließlich Yoga, Qi-Gong und Meditation. Das Sounder Sleep System ist eine höchst effektive Methode zur Stressbewältigung und bietet dadurch Hilfe bei stressbedingten Gesundheitsstörungen. Es besteht aus kleinen, sanften, einfachen Bewegungen und Atemtechniken, die auf einer weichen Unterlage liegend oder auf einem Stuhl sitzend ausgeführt werden. Die Bewegungen bieten eine wirksame Hilfe beim Ein-, Durch- und Wiedereinschlafen und führen zu einer schnellen allgemeinen Entlastung, Entspannung und zu mehr Wohlbefinden. Die Übungen lassen sich mit wenig Zeitaufwand leicht und einfach in den Alltag integrieren. Am besten lernt man solche Methoden unter Anleitung in einem Kurs. Fragen Sie hierzu bei den Krankenkassen z. B. nach Präventionskursen. Auch Kurse der Pflegekassen können Entspannungsmethoden beinhalten. Viele dieser Angebote sind kostengünstig oder kostenlos. Auch im Internet, z. B. unter www.unfallkasse-nrw.de/pflegende-angehoerige, finden Sie Anregungen für regelmäßiges Üben zu Hause.

Was Sie täglich für sich tun können:

  • Gehen Sie achtsam mit sich um und schaffen Sie sich Inseln der Entspannung im Alltag.

  • Nehmen Sie sich bewusst Zeit für sich selbst.

  • Meditieren Sie.

  • Lesen Sie ein Buch.

  • Trinken Sie in Ruhe Kaffee oder Tee.

  • Treffen Sie sich mit einem Freund oder einer Freundin.

  • Führen Sie ein nettes Telefonat.

  • Genießen Sie bewusst die Schönheit der Natur (im Garten, den Baum vor dem Fenster usw.).

  • Halten Sie an Ritualen fest.

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Abb. 10 Eine Auszeit bedeutet für jeden etwas anderes