Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Covid-19-Arbeitsschutz: »Arbeitsschutzstandard soll Technische Regel werden«

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Wie arbeitssicherheit.de aus gut unterrichteten Quellen erfahren hat, arbeitet das Bundesarbeitsministerium (BMAS) an dem Entwurf einer Covid-19-ASR – als Nachfolgeprodukt zum Arbeitsschutzstandard, der am 27. April 2020 im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlicht wurde. Damit wird der vormals als Empfehlung ausgesprochene Arbeitsschutzstandard in eine rechtsförmliche Regel überführt. Unser Experte Dr. jur. Kurt Kreizberg kommentiert den neuen Entwurf.

Während Mediziner und Virologen derzeit mit Hochdruck daran arbeiten, die Substanz des Corona-Virus zu entschlüsseln, um so einen neuen Impfstoff gegen die akute Pandemie zu entwickeln, läuft derzeit im Bundesarbeitsministerium gerade ein Parallelprojekt: die »Mutation« des im April mit großem medialem Aufwand präsentierten »Corona-Arbeitsschutzstandards« (Zitat: den empfiehlt die Bundesregierung) zu einer rechtsförmlichen Technischen Regel (TR) als verbindlichem Maßstab für die betriebliche Praxis.

Entwurf zur geplanten Corona-ASR wird kontrovers diskutiert

Während Bundesarbeitsminister Hubertus Heil mit seiner Mitteilung, es handele sich bei dem Corona-Arbeitsschutzstandard um einen auch von den Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden mitgetragenen gemeinsamen Text, scheinen die Tage des österlichen Friedens nunmehr endgültig vorbei zu sein.

Wie von Kennern der Materie erwartet werden durfte, will das BMAS es nun nicht mehr bei einer bloßen Bekanntmachung mit sprachlich sanftem Empfehlungscharakter im Gemeinsamen Ministerialblatt belassen. In Berlin arbeitet man derzeit - passend zum Thema - »fieberhaft« an dem nunmehr bereits 3. (!!!) Entwurf einer neuen »SARS-CoV-2-Arbeitsschutz-Regel«.

Die Anzahl der vom BMAS in den vergangenen zwei Monaten präsentierten Entwürfe (zuletzt im BMAS-Steuerkreis am 5. Juni) lässt erahnen, wie kontrovers derzeit hinter den Kulissen um diese, am Gliederungsschema einer Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR »A«) angelehnten Corona-Regel gerungen wird.

Den Kernbereich der geplanten »Corona-ASR« bildet ein 14 (!!!) Seiten umfassendes Kapitel mit »Schutzmaßnahmen«, in dem, so der Entwurf, die 17 Punkte des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards »aufgegriffen und konkretisiert« werden sollen.

Wirtschaft hält den Entwurf für inakzeptabel

Das Votum der Wirtschaft lautet kurz und knapp: Auch der 3. Entwurf der geplanten Corona-ASR ist nicht akzeptabel. Im Kern wird dieses vernichtende Urteil Richtung BMAS an folgenden Punkten festgemacht:

  1. Es bedarf keiner Arbeitsschutz-Regel. Branchenspezifische Konkretisierungen der gesetzlichen Unfallversicherung in Form von Handlungshilfen reichen aus.
  2. Ebenfalls ausreichend wäre eine »Empfehlung« ohne Vermutungswirkung statt der sich abzeichnenden Regel mit Vermutungswirkung.
  3. Die Informationen für die Betriebe müssen einheitlich, verlässlich und praktikabel sein.
  4. Eine Verschärfung des Arbeitsschutzstandards vom April durch die neue Corona-ASR ist ebenso abzulehnen wie eine unbegrenzte Laufzeit über den Zeitrahmen der akuten Pandemie hinaus.

Fazit: Da nicht zu erwarten steht, dass das BMAS im Tempo der bundesweiten »Lock-Ups« von dem Projekt Abstand nehmen wird, hat die betriebliche Praxis in absehbarer Zeit mit umfänglichen neuen Arbeitsschutz-Regelungen zu rechnen, die länger nachwirken werden als die gesamte Pandemie selbst.

Über den Autor

Dr. jur. Kurt Kreizberg
Rechtsanwalt in Solingen
seit 2013: Lehrbeauftragter für Arbeits- und Sozialrecht an der FOM Essen
seit 2016: Autor des Loseblatt-Kommentars (Carl Heymanns Verlag)
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