Fachbeitrag  Recht und Urteile, Arbeitssicherheit, Gefahrstoffe  

Infektionsschutzgesetz geändert: Wichtige Neuerungen für die betriebliche Praxis

Foto: © Jürgen Fälchle - stock.adobe.com

Trotz der machtvoll rollenden 4. Coronawelle endet die epidemische Lage am 25. November 2021. Dafür haben Bundestag und Bundesrat zahlreiche Veränderungen an der vorrangig auf dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) basierenden „SARS-CoV-2“-Gesetzgebung beschlossen.

Während Krankenhäuser und Universitätskliniken sich sorgenvoll darauf einrichten, dass die von Gesundheitsexperten schon lange vorhergesagte vierte Coronawelle – vergleichbar mit einem unabwendbaren Tsunami – über Deutschlands Gesundheitssystem hereinbricht, haben Bundestag und Bundesrat am 18. und 19. November 2021 zahlreiche Veränderungen an der vorrangig auf dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) basierenden „SARS-CoV-2“-Gesetzgebung beschlossen.

Wesentlicher Baustein der Neuregelungen ist die Bestätigung des noch vom „alten“ Bundestag vor der Wahl beschlossenen Endes der epidemischen Lage von nationaler Tragweite zum 25. November 2021.

Verfallsdaten und Zeitkorridore

Auch die aktuellen Corona-Regelungen haben ein „Verfallsdatum“, nunmehr der 19. März 2022, gewissermaßen der 2. Jahrestag der Coronapandemie in Deutschland. Bereits am 9. Dezember 2021 soll, so die Verabredung der Ampelkoalition mit Bundesrat und Opposition, eine erste Evaluierung der neuen Regelungen vorgenommen werden.

Das gilt fortan für die betriebliche Praxis

Die Neuregelungen nehmen sowohl die Betriebsinhaber als auch die Beschäftigten in verschiedenster Form in die Pflicht, vor allem, was die Testung, Testangebote und die Homeofficepflicht betreffen.

Testnachweise: Arbeitsstätten, bei denen das Zusammentreffen mit anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann, dürfen mit dem Ende der epidemischen Lage von Beschäftigten nur noch betreten werden, wenn das 3-G-Kriterium (geimpft, genesen oder getestet) erfüllt wird. Dazu muss ein entsprechender Nachweis mitgeführt und vorgelegt werden.

Ein negativer Test darf dabei nicht älter als 24 Stunden, ein PCR-Test nicht älter als 48 Stunden alt sein. Ein Kontrollversagen wird geahndet.

Testangebote der Arbeitgeber: Die schon aus § 6 der Corona-Arbeitsschutzverordnung bekannte Arbeitgeberpflicht, jedem Mitarbeiter pro Woche zwei kostenlose Schnelltests zur Verfügung zu stellen, bleibt bestehen.

Homeoffice in Neuauflage: Die zur Jahresmitte beendeten Homeoffice-Regelungen aus der Corona-Arbeitsschutzverordnung werden reaktiviert. Der Arbeitgeber wird erneut verpflichtet, soweit keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen, Homeoffice-Arbeit anzubieten. Der Mitarbeiter kann dieses Angebot nur ablehnen, wenn „Gründe“ entgegenstehen.

Im Klartext: Während also die Friseurin gar nicht erst fürchten muss, dass sie die Dauerwelle demnächst in ihren eigenen vier Wänden legt, kann die Buchhalterin die Heimarbeit nur ablehnen, wenn etwa die Raumsituation in ihrer Privatwohnung dem eindeutig entgegensteht.

Offene Fragen – keine Antworten vom Gesetzgeber

So wie die stetig neuen Mutationen des Coronavirus Mediziner und Pharmaindustrie vor ständig neue Herausforderungen stellen, verhält es sich bildhaft gesprochen auch mit den Mutationen in der Regelsetzung.

So fehlt eine klare Antwort auf die sich alsbald stellende Frage, wer die Kosten für tägliche Schnelltests trägt, wenn der Arbeitgeber nur zwei Tests pro Woche bereitstellen muss. Der Auffassung, dass die Beschäftigten die restlichen Tests bezahlen müssen, um überhaupt ihrer Nachweispflicht genügen zu können, könnte durchaus eine analoge Anwendung des § 3 Abs. 3 ArbSchG entgegenstehen, wonach Kosten des Arbeitsschutzes nicht dem Mitarbeiter auferlegt werden dürfen.

Auch die Frage, wie in puncto Entlohnung zu verfahren sei, wenn Beschäftigte keinen 3-G-Nachweis führen können oder wollen, steht noch ungeklärt im Raum.

Die dazu vom Bundesarbeitsministerium gegebene Auskunft, dass dann immer noch das Homeoffice übrig bliebe, ansonsten (siehe den oben genannte Friseur-Fall) an eine Lohnkürzung zu denken sei, dürfte vor dem Hintergrund jüngster BAG-Rechtsprechung (Totaler Entfall des Entgeltanspruchs bei behördlich angeordneter Betriebsschließung, Urteil vom 13.10.2021 – 5 AZR 211/21-) nicht der Königsweg sein, zumal dann der Arbeitgeber gezwungen wäre, entgegenstehende betriebliche Gründe, die für einen Verbleib an der angestammten Arbeitsstätte sprechen, dem aktuellen Corona-Status des Mitarbeiters zwangsweise unterzuordnen.

Es ist schon jetzt absehbar, dass die neuen Regeln sowie die aus ihnen erwachsenden Fragestellungen bei den Arbeitsrechtlern in Justiz und Anwaltschaft in Kürze eine epidemische Lage auslösen werden, womit wir dann wieder am Ausgangspunkt der Betrachtungen angelangt wären.

Quelle/Text: Dr. jur. Kurt Kreizberg

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