Die unverändert akute Corona-Pandemie hat zu einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Diskurs über eine flächendeckende und verpflichtende Corona-Schutzimpfung in Deutschland geführt. Verschiedene Initiativen zur gesetzlichen Impfpflicht sind im Deutschen Bundestag zwar kürzlich durchgefallen, Fragen rund um den Versicherungsschutz bei Impfschäden ergeben sich dennoch.
Das Sozialgericht Koblenz hat mit Urteil vom 22.07.2020 (S 6 U 215/17), so im Ergebnis bestätigt durch das Landessozialgericht Rheinland–Pfalz (Urteil vom 06.09.2021 – L 2 U 159/20), klargestellt, dass Impfschutz in der Arbeitswelt nicht zwingend einhergeht mit sozialrechtlichem Versicherungsschutz.
Sachverhalt
Ein Arbeitnehmer, tätig als Gastronomieleiter eines Krankenhauses, erhielt vom Träger des Krankenhauses, so wie alle dort Beschäftigten, das Angebot, sich auf freiwilliger Basis gegen Influenza impfen zu lassen. Die Impfung war für den Empfänger, der dieses Angebot annahm, kostenfrei. Einige Jahre nach der Impfung entwickelte sich bei dem Mitarbeiter ein autoinflammatorischer Prozess, den er auf die seinerzeitige Impfung zurückführte.
Seinem Antrag auf Entschädigungsleistungen bei der für ihn zuständigen Berufsgenossenschaft als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung blieb ebenso der Erfolg versagt wie seiner Klage vor dem SG Koblenz und auch der anschließenden Berufung zum LSG Rheinland–Pfalz.
Rechtliche Erläuterungen
Das LSG hat in dem zur Entscheidung gestellten Fall das anspruchsbegründende Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung verneint. Insbesondere sei nicht nachgewiesen, dass die Teilnahme an der Grippeschutzimpfung einer objektiv bestehenden Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis gedient habe.
Auch sei die Teilnahme an der angebotenen Impfung weder durch Tarif- und Arbeitsvertrag noch durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers begründet. Die allein subjektive Vorstellung des Klägers, er habe durch die Teilnahme an der Impfaktion als Mitarbeiter auch Arbeitgeber-Interessen gedient, begründet, so das LSG, keinen Versicherungsschutz. Da der Kläger zudem auch keinen Kontakt zu Patienten des Krankenhauses hatte, hat das LSG Rheinland-Pfalz abschließend geurteilt, dass die Impfung auch nicht durch ein erhöhtes Infektionsrisiko – und damit der ausgeübten Tätigkeit selbst – erforderlich war.
Die Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz ist nicht rechtskräftig. Der für das Unfallversicherungsrecht zuständige zweite Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel wird sich nunmehr mit dem Fall befassen (Aktenzeichen: B 2 U 3/22/R).
Weitergehende Hinweise für die betriebliche Praxis
Eine Legaldefinition dessen, was ein Impfschaden ist, enthält zunächst § 2 Nr. 11 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), inhaltlich erweitert durch § 60 Abs. 5 des IfSG. Demnach ist als Impfschaden im Sinne des Gesetzes anzusehen (Zitat) »die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden Schädigung durch die Schutzimpfung«.
Ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wird.
Die davon losgelöst zu betrachtende Frage nach einer Entschädigung für Impfschäden beantwortet sich nach den unter § 60 Abs. 1 IfSG aufgezählten Kriterien. Der Frage, ob die Impfung nach dem IfSG oder einem anderen Gesetz, wie zum Beispiel dem Masernschutzgesetz angeordnet ist, kommt dabei eine herausgehobene Bedeutung zu.
Der Gesetzgeber wird, auch vor dem Hintergrund massiver ökonomischer Herausforderungen durch die noch immer anhaltende Pandemie sowie den Ukraine-Krieg, bei seiner Entscheidung zur generellen oder partiellen Impfpflicht auch die Kosten für eventuelle Impfschäden mit ins Kalkül ziehen müssen. Zumal derartige Aufwendungen für Personen außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses nicht zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung gehen können.
Quelle/Text: Dr. jur. Kurt Kreizberg
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