Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Wenn der Mitarbeiter mit der Adventsdeko von der Leiter fällt

Unfälle mit Leitern finden, bezogen auf die Gesamtheit aller Betriebsunfälle, eher selten statt. Betrachtet man jedoch die durchschnittliche Schwere der Verletzungen, so erscheinen sie in einem anderen Licht: Der Verletzungsgrad ist besonders hoch und ab einer Absturzhöhe von 1,50 Metern nehmen die schweren Unfallfolgen stark zu. Zur Adventszeit ist Vorsicht geboten, weil auch ungeübte Mitarbeiter häufiger Leitern benutzen.

Jetzt ist es wieder mal soweit: Gleich ob Betriebskantine, Außenfassade des Ladens oder der Tannenbaum vor dem Unternehmenseingang - es wird festlich geschmückt. Schließlich wollen alle, vom kleinen Geschäft bis zum Großunternehmen, Kunden und Mitarbeiter mit der richtigen Einstimmung auf Advent, Weihnachten und Neujahr begrüßen. Wer kann, beauftragt einen Dekorateur. Oft genug legen Mitarbeiter jedoch selbst Hand an. Dazu wird die Leiter hervorgeholt, denn Engel, Kugeln und Girlanden müssen an Wänden, Decken oder Fassaden angebracht werden. Also steigt man die Leiter hoch, mit Kartons in den Händen. Genau das kann jedoch zum Verhängnis werden, denn rund zwei Drittel der Leiterunfälle geschehen beim Herauf- und Herabtragen von Gegenständen beziehungsweise beim Auf- oder Absteigen von der Leiter. Dabei kann man leicht einmal das Gleichgewicht verlieren. Wer dann etwas mit beiden Händen transportiert, kann sich nicht mehr an der Leiter festhalten. Ein weiteres Drittel der Unfälle erfolgt während der Handhabung mit Hilfsmitteln. Wer mit Bohrmaschine, Schraubenzieher oder Tacker auf der Leiter agiert, um etwa Lichterketten über Kopf zu befestigen, geht ein Unfallrisiko ein.

Zwar sind Unfälle mit Trittleitern bei Arbeitsunfällen im Betrieb nicht besonders häufig. So nahmen sie im Einzelhandel 2008 mit 3,2% aller Betriebsunfälle nur den 10. Platz ein. Trotzdem sind Unfälle mit Leitern nicht zu unterschätzen, denn sie führen häufig zu besonders schweren Verletzungen. Nach Unfällen auf betrieblichen Verkehrswegen (34,9%) belegten sie Platz 2 bei den Betriebsunfällen, die zu einer Rente führten: 14,2 % der Betroffenen sind durch Unfälle mit Leitern so schwer verletzt, dass sie eine Unfallrente beziehen müssen.

Besonders häufig erleiden diese Unfallopfer Erschütterungen und Prellungen (28,9%), danach folgen Frakturen (24,5%) und an dritter Stelle Torsionen, also Verrenkungen (21,2%). Knöchel oder Fuß (rund ein Fünftel) sind oft in Mitleidenschaft gezogen, bei etwa 16% Kniegelenk oder Unterschenkel und bei rund 11% Schulter, Oberarm oder Ellenbogen. Glücklicherweise rangieren Kopfverletzungen nur an achter Stelle, diese verliefen jedoch zu fast 46% tödlich, wie die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung zu den Unfällen in der gewerblichen Wirtschaft von 2008 ermittelte. Je höher der Sturz von der Leiter ist, um so größer ist im Allgemeinen die Schwere der Verletzung.

Grundsätzlich unterscheidet man unter den meistbenutzten Leitertypen zwischen Klappleitern, die auch Stufenstehleiter genannt wird und Anlegeleitern. Klappleitern darf man nur ihrer Bestimmung gemäß verwenden. Eine zweischenklige Klappleiter soll also nicht zum anlehnen an eine Wand benutzt werden, sondern ausschließlich aufgeklappt und frei im Raum stehend. Dabei muss die Spreizsicherung (Kette, Gurt oder feste Sicherungsmechanik), die beide Schenkel der Leiter zusammenhält, unbedingt gespannt oder, je nachdem mit welcher Technik das Modell ausgestattet ist, eingerastet sein. Ist die Spreizsicherung einer Klappleiter defekt, darf sie nicht mehr verwendet werden.

Solche Leitern an Unebenheiten, Säulen, Stangen, Scheiben oder ähnlichem anzustellen, birgt erhebliche Gefahren. Gleichzeitig muss der Untergrund, auf dem die Leiter aufgestellt wird, eben, tragfähig und trocken sein. Damit kann man das Wegrutschen der Leiter oder gar ein Einsinken verhindern. Wichtig ist auch, dass eine Anlegeleiter in einem Winkel von zwischen 65 und 75 Grad anlegt wird. Wird sie zu steil angelegt, kann sie beim Besteigen hintenüber kippen, ist sie jedoch zu flach angelegt, können die Leiterfüße wegrutschen und die ganze Leiter bewegt sich samt Mitarbeiter unsacht Richtung Boden. Dies kann man folgendermaßen überprüfen: Man stellt sich seitlich zur Leiter, mit den eigenen Füßen unmittelbar am Leiternfuß, dann den Ellbogen auf Schulterhöhe waagerecht anwinkeln. Wenn nun die Spitze des Ellbogens die Leiter leicht berührt, dann steht sie richtig. Bei Anlegeleitern muss auch die Stellung der Leitersprossen berücksichtigt werden, sie dürfen nur in Gehrichtung benutzt werden.

Gefährlich wird es, wenn sich der Mitarbeiter zu stark nach links oder rechts von einer Leiter wegbeugt, etwa wenn in dieser Zeit Girlanden mit Tannengrün an Wänden zu befestigen sind. Auch wenn es mühsam ist: Besser häufiger von der Leiter absteigen und die Leiter immer wieder ein Stück weiter rücken.

Ein Unternehmer muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung abschätzen, ob nicht ein anderes Arbeitsmittel für eine Tätigkeit sicherer ist, wie ein Gerüst oder eine Hubarbeitsbühne. Dazu fordert die Betriebssicherheitsverordnung auf (BetrSichV Anhang 2 Nr. 5.1.4):

»Die Benutzung einer Leiter als hoch gelegener Arbeitsplatz ist auf Umstände zu beschränken, unter denen die Benutzung anderer, sichererer Arbeitsmittel wegen der geringen Gefährdung und wegen der geringen Dauer der Benutzung oder der vorhandenen baulichen Gegebenheiten, die der Arbeitgeber nicht ändern kann, nicht gerechtfertigt ist.«

Zehn sichere Tipps zum Gebrauch von Leitern

  1. Leitern mit beschädigten Sprossen nicht besteigen
  2. Darauf achten, dass an Aluminium-Leitern die Kunststofffüße vorhanden sind
  3. Beim Besteigen der Leiter festes Schuhwerk tragen
  4. Nur schwindelfreie Personen ohne Kreislaufprobleme dürfen Leitern besteigen
  5. Eine freie Hand ist immer zum Festhalten nötig
  6. Eine Anlegeleiter ist nur bis zur viertobersten Sprosse standsicher
  7. Von Klappleitern nicht auf höher gelegene Plätze übersteigen
  8. Keine schweren Arbeiten seitlich von der Leiter aus durchführen
  9. Leitern nicht ungesichert oder unbeobachtet auf Straßen oder Gehwegen aufstellen
  10. Die maximale Belastung der Leiter beachten, da sie bei Überlastung wegrutschen kann

Birgitt Eberlin

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