Wenn ein Arbeitnehmer dienstlich telefoniert und gleichzeitig eine private Tätigkeit ausübt, bei der er verunfallt, stellt sich die Frage, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt oder nicht. Das Landessozialgericht NRW hat wie folgt dazu entschieden.
Das Landesozialgericht hat zu folgendem Fall eine Entscheidung getroffen:
Eine Altenpflegerin ging mit dem Einverständnis ihres Chefs während ihrer Rufbereitschaft spazieren. Ein Anruf auf ihrem Diensthandy forderte ihre Aufmerksamkeit und sie übersah beim Überqueren einer Straße eine mit Schnee bedeckte Bordsteinkante. Sie kam zu Fall und brach sich den Knöchel.
Arbeitsunfall oder nicht?
Die Altenpflegerin war der Meinung, es handelte sich um einen Arbeitsunfall, und forderte von der Unfallversicherung eine Entschädigung. Diese lehnte ab mit der Begründung, die Altenpflegerin habe zum Unfallzeitpunkt eine gemischte Tätigkeit ausgeübt. Das heißt halb privat und halb dienstlich. Wäre sie nicht privat mit dem Hund gegangen, hätte sie auch keinen Unfall gehabt. Sie hätte während des dienstlichen Telefonats nämlich nicht die Straße überquert und die Bordsteinkante wäre so auch nicht ihrer Aufmerksamkeit entgangen. Der Vorfall sei daher vom Unfallschutz ausgeschlossen.
Die Altenpflegerin erhob Klage - mit Erfolg
Das Landessozialgericht NRW gab der Klägerin im geschilderten Fall Recht und entschied, dass es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt habe, der nicht vom Unfallschutz ausgenommen ist.
Begründung in Kurzform: Das Telefonieren habe im sachlichen Zusammenhang mit ihrer versicherten Tätigkeit gestanden. Die Beschäftigte sei verpflichtet gewesen, die auf ihrem Diensthandy eingehenden Anrufe entgegenzunehmen. Dieser Verpflichtung sei sie auch nachgekommen.
Fakt ist: Im Wesen der Rufbereitschaft liege es, dass ein dienstlicher Anruf während einer privaten Tätigkeit erfolgen kann. Dies bedeute aber auch, dass die Altenpflegerin während ihrer Rufbereitschaft dienstliche Anrufe bei jeder Tätigkeit und an jedem Ort annehmen müsse. Hier geht es also nicht darum, ob sie diesen Unfall auch gehabt hätte, wäre sie während des Telefonats nicht spazieren gegangen, sondern, ob sie auch telefoniert hätte, wäre das Gehen entfallen. Da Rufbereitschaft bedeutet, dass sie in jedem Fall telefoniert hätte, stehe die gemischte Tätigkeit insgesamt, also Gehen und Telefonieren, unter Versicherungsschutz.
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Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2012 - L 15 U 270/12 -
Quelle/Text: Landessozialgericht NRW, ra-online (vt/rb), Redaktion arbeitssicherheit.de
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