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Quarantäne-Vorschriften: Fristlose Kündigung wegen Anzeige des Chefs?

Ist eine fristlose Kündigung wegen Anzeige des Chefs gerechtfertigt?
Foto: © NicoElNino - stock.adobe.com

Ein Arbeitnehmer meldet den Verstoß seines Vorgesetzten gegen die Quarantäne-Vorschriften eines Landkreises. Der Chef erhält eine Anzeige – und der Beschäftigte die fristlose Kündigung.  

Der Fall: Ein Landkreis erließ eine Allgemeinverfügung zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus. Diese verpflichtete die Bevölkerung bestimmter Ortsteile, sich ausschließlich in ihrer Wohnung oder auf dem eigenen Wohngrundstück aufzuhalten. Ausnahmen galten lediglich für Arbeitnehmer, deren Arbeitsstelle innerhalb dieser Gebiete lag. Ihnen war es gestattet, ihren Arbeitsplatz aufzusuchen. In einem Betrieb außerhalb dieser Zone erschienen der Geschäftsführer sowie ein Meister zur Arbeit. Sie hätten jedoch laut Allgemeinverfügung ihre Wohnung beziehungsweise ihren Ortsteil nicht verlassen dürfen. Ein Beschäftigter des Unternehmens traf beide auf dem Betriebsgelände an, verließ es daraufhin und meldete sich krank. Danach erkundigte er sich per E-Mail beim Landkreis bezüglich rechtlicher Schritte, da der Geschäftsführer und der Meister die Quarantäne-Bestimmungen verletzt hätten. Die Folge: Die zuständige Polizeidienststelle erstellte Strafanzeige gegen den Geschäftsführer und den Meister. Es folgten mehrere Gespräche zwischen Geschäftsführer und Mitarbeiter, jedoch ohne Ergebnis. Schließlich erhielt der Beschäftigte eine fristlose Kündigung. Dagegen klagte er.

Die Entscheidung: Das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau (Urteil vom 12.08.2020 – 1 Ca 65/20) befand das Arbeitsverhältnis für nicht beendet, weder fristlos noch fristgemäß. Zwar könne eine Strafanzeige einen wichtigen Grund darstellen, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Entscheidend sei jedoch, aus welcher Motivation die Anzeige erfolgte und ob sie letztlich als eine unverhältnismäßige Reaktion des Beschäftigten auf das Verhalten des Arbeitgebers angesehen werden kann. 

Ein wichtiger Grund für eine Kündigung ist aus Sicht des Gerichts gegeben, wenn bei einer Anzeige 

  • wissentlich unwahre oder falsche Angaben gemacht werden,
  • es sich um eine Schädigungsabsicht wie Rache handelt und
  • eine mögliche innerbetrieblicher Bereinigung des Missstandes unversucht bleibt. 

In seiner E-Mail habe der Kläger gegenüber dem Landkreis keine wissentlich oder leichtfertig falschen Angaben gemacht, so die Richter. Er habe zutreffend mitgeteilt, dass beide Personen den außerhalb des Quarantäne-Gebietes liegenden Betrieb aufgesucht haben. Das Gericht sah auch keine Schädigungsabsicht gegeben. Der Kläger habe vielmehr aus Gründen des Infektionsschutzes gehandelt. Auch stelle die Verletzung von Quarantäne-Vorschriften aus einer Allgemeinverfügung des Landkreises keinen innerbetrieblichen Missstand dar, den es zunächst intern zu klären gilt.

Quelle/Text: DGB Rechtsschutz, OpenJur / Redaktion arbeitssicherheit.de (SL)

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