Fachbeitrag  Arbeitssicherheit, Recht und Urteile  

Infektionsschutz: Neue Corona-Vorschriften zum Frühlingsanfang

Die Politik sorgt für schrittweise Lockerungen im gesellschaftlichen Leben.
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Die politisch Verantwortlichen ebnen nach nunmehr zwei Jahren Corona-Pandemie und trotz unverändert hoher Inzidenzzahlen den Weg für schrittweise Lockerungen im gesellschaftlichen Leben unseres Landes. Welches sind die neuen einschlägigen Regelungen?

Von Worten und Werten

Die neueste Kreation aus dem Worte–Varianten–Gebiet ist der »Hot Spot«. Dieser, da die Amtssprache im Bundesgebiet immer noch Deutsch ist (§ 23 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz), taucht zwar begrifflich in den einschlägigen Dokumenten zum neuen Infektionsschutzgesetz (BT-Drs. Nr. 20/958 vom 10.03.2022, Seite 1und 13 sowie Bundesgesetzblatt Nr. 10 vom 18. März 2022, Seite 466) noch auf, steht jedoch als Synonym für eine »lokal begrenzte bedrohliche Infektionslage«. Das löst unweigerlich die Frage aus, ob hier nicht die »epidemische Lage von nationaler Tragweite« nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG fröhliche Urstände feiert, also nach neuerer Rechtssprache aus Berlin ein »Remake« erfährt.

Der Hot Spot im Infektionsschutzgesetz (IfSG)

Formalrechtlich ist der »Hot Spot« verortet im neuen § 28 a Abs. 8 IfSG, wo er dann auch gleich Bezug nimmt auf die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag, die aber für Hot Spots keine Rolle spielen soll.

Vielmehr liegt seit der nunmehr geltenden neuerlichen IfSG-Novelle der Ball im Spielfeld der 16 Bundesländer, deren jeweilige Parlamente unabhängig voneinander und auch unabhängig vom Deutschen Bundestag (Zitat) in einer konkret zu benennenden Gebietskörperschaft, in der durch eine epidemische Ausbreitung der COVID-19-Krankheit die konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage besteht, über den Absatz 7 hinaus zahlreiche weitere notwendige Schutzmaßnahmen treffen können, sofern das Landesparlament das Vorliegen der konkreten Gefahr und die Anwendung konkreter Maßnahmen in dieser Gebietskörperschaft feststellt.

Angesichts der Tatsache, dass die Ampel-Parteien, die diesen Gesetzentwurf zur Verfahrensbeschleunigung im Deutschen Bundestag eingebracht haben (BT-Drs. 20/958 vom 10.03.2022), innerhalb eines Absatzes gleich dreimal das Wort »konkret« verwenden und damit den Ländern einen ziemlich anspruchsvollen Maßstab vorgeben, ist die Frage erlaubt: Was bedeutet das konkret?

Die Konkretisierungen im § 28 Abs. 8 IfSG

Gesetzliche Konkretisierungen dessen, was »konkret« gemeint ist, finden sich im Absatz 8 des § 28 in der zum Frühjahrsbeginn in Kraft getretenen IfSG-Novelle.

Eine konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage gemäß Abs. 8 Satz 2 besteht, wenn

  1. in der jeweiligen Gebietskörperschaft die Ausbreitung einer Virusvariante des Coronavirus SARS-CoV-2 festgestellt wird, die eine signifikant höhere Pathogenität aufweist, oder
  2. aufgrund einer besonders hohen Anzahl von Neuinfektionen oder eines besonders starken Anstiegs an Neuinfektionen eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten in der jeweiligen Gebietskörperschaft droht.

Bereits an dieser Stelle ist festzustellen, dass die konkrete Gefahr an unkonkreten Tatbestandsmerkmalen festgemacht wird, zumal weder die Anzahl noch der (besonders starke) Anstieg der Neuinfektionen mit Kennziffern, sowie Inzidenz- und Prozentwerten festgemacht wird und auch die Überlastung von Krankenhauskapazitäten – streng mathematisch – schon bei 101 Prozent beginnen würde.

Nur unwesentlich besser sieht es bei den konkreten Maßnahmen aus, die vom jeweiligen Landesparlament für Gebietskörperschaften getroffen werden sollen. Hierzu führt § 28 Abs. 8 Satz 1 IfSG in den Ziffern 1 bis 4 aus:

  • die Verpflichtung zum Tragen einer Atemschutzmaske,
  • die Anordnung eines 1,5 m-Abstandsgebotes,
  • die Verpflichtung zur Vorlage von Impf- bzw. Genesenen- oder Testnachweis nach § 22a Abs. 1 bis 3 IfSG nebst amtlichem Lichtbildausweis sowie
  • die Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten für die im Gesetz näher beschriebenen Einrichtungen, Betriebe und Veranstaltungen.

Keine Konkretisierung von Gebietskörperschaften

Die Konkretisierung von Gebietskörperschaften mit den vorstehend aufgeführten Parametern überlässt der Bundesgesetzgeber nunmehr den Landesparlamenten, was, wie schon zu Beginn der Corona-Pandemie, sowohl an den innerdeutschen Landesgrenzen etwa von Hessen zu Bayern oder Nordrhein-Westfalen zu Niedersachsen, abstruse Regelungsvielfalt gezeitigt hat. Auch wirtschaftlich und strukturell als Einheit zu betrachtende Regionen wie etwa das Ruhrgebiet, das Rhein-Main-Gebiet oder das Städtedreieck im Bergischen Land werden nunmehr kleinteilig parzelliert.

Dass im Jahr 2022 mehrere Landtagswahlen mit gegebenenfalls wechselnden Mehrheiten anstehen, macht die Vorausschaubarkeit möglicher Entscheidungen zum epidemischen Glückspiel.

Quelle/Text: Dr. jur. Kurt Kreizberg

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Über den Autor

Dr. jur. Kurt Kreizberg
Rechtsanwalt in Solingen
seit 2013: Lehrbeauftragter für Arbeits- und Sozialrecht an der FOM Essen
seit 2016: Autor des Loseblatt-Kommentars (Carl Heymanns Verlag)
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