Fachbeitrag  Arbeitssicherheit, PSA  

Hitze im Job: Dem Kollaps vorbeugen

In vielen Industrie- und Handwerksberufen rinnt ständig der Schweiß. Bei Hochöfen, Schmieden oder Gießereien beispielsweise spricht man von Hitzearbeitsplätzen. Dieser Begriff ist nicht gleichzusetzen mit »Arbeiten bei hohen Temperaturen« - eine Umschreibung, die auch auf Bürotätigkeiten im August zutreffen kann.

Sauna und Bäckerei: Hitzearbeit?

Manche Tätigkeiten werden arbeitsrechtlich eindeutig als Hitzearbeit eingeordnet. So muss Saunapersonal besondere Hinweise beachten. Nach einem Kommentar* zu § 6 »Raumtemperaturen" der Arbeitsstättenverordnung fällt der Aufguss-Job unter die Hitzearbeitsplätze: Die Autoren weisen darauf hin, dass die Beschäftigten sich nicht länger als zehn Minuten in einer 90 Grad Celsius heißen Sauna aufhalten dürfen. Weil dabei ein Anstieg der Körperkerntemperatur zu erwarten ist, sei danach eine Hitzepause (Arbeit im nicht belasteten Klima) von mindestens 50 Minuten erforderlich.

Gaststätten und Restaurantküchen dagegen sind keine Hitzearbeitsplätze in dem Sinne, bestätigt die BG Nahrungsmittel in ihren Publikationen. Doch wie verhält es sich zum Beispiel in einer Pizzabäckerei, wenn dort bei Sommerhitze 50 Grad Celsius erreicht werden?

Hitzearbeit: Die Definition der BGI

Die BGI 579 »Hitzearbeit. Erkennen - beurteilen - schützen« definiert Hitzearbeit als Tätigkeit, »bei der es infolge kombinierter Belastung aus Hitze, körperlicher Arbeit und ggf. Bekleidung zu einer Erwärmung des Körpers und damit zu einem Anstieg der Körpertemperatur kommt. Dadurch können Gesundheitsschäden entstehen.« Beschäftigte, die Hitzearbeiten ausführen, müssen diverse Vorgaben beachten, unter anderem die arbeitsmedizinische Überwachung. Dabei gilt der berufsgenossenschaftliche Grundsatz G30 »Hitzearbeiten«.

Hilfreiche Checkliste

Für die Einschätzung, ob eine Tätigkeit unter Hitzearbeit fällt, wurde die BGI 7002 »Beurteilung von Hitzearbeit« entwickelt. Sie enthält auch eine Checkliste, mit der alle Einflussfaktoren überprüft werden können: Lufttemperatur und -feuchtigkeit, Flüssigkeitsaufnahme, Wärmestrahlung und subjektives Befinden des Beschäftigten sind zu berücksichtigen. Die Ergebnisse liegen entweder im grünen, gelben oder roten Bereich und geben Anhaltspunkte für Schutzmaßnahmen. Es wird jedoch ausdrücklich empfohlen, bei der Bewertung einen Experten zu Rate zu ziehen.

Gefahren bei hohen Temperaturen

Die Arbeit in der Hitze birgt besondere Risiken: Hohe Temperaturen, Wärmestrahlung und schwere körperliche Tätigkeiten treiben die Körpertemperatur in die Höhe. Hinzu kommt häufig, dass falsch ausgewählte Arbeitskleidung oder PSA zusätzlichen Wärmestau verursacht. Das alles kann den Organismus zu stark belasten. Auch wenn es in der Arbeitsumgebung nur zeit- oder stellenweise heiß wird, sind die Gefahren nicht zu unterschätzen, etwa durch Grillgeräte, Fettbackpfannen und Friteusen in Gaststätten und Restaurantküchen. Lüftung und Raumklima müssen deshalb den Anforderungen genügen, die in der BG-Regel 111 »Arbeiten in Küchenbetrieben« festgelegt sind.

Besonders kritisch sind heiße Arbeitsplätze, wenn die Sommersonne noch dazu beiträgt. Die Mitarbeiter müssen sich rechtzeitig darauf einstellen können; Schutzmaßnahmen und Unterweisung müssen angepasst werden. Dazu zählt auch die Kenntnis der Ersten Hilfe bei Hitzenotfällen.

Klima und Akklimatisation

Das Klima am Arbeitsplatz wird beeinflusst durch

  • Lufttemperatur (Trockentemperatur)
  • Luftfeuchtigkeit
  • Luftgeschwindigkeit
  • Wärmestrahlung (thermische Strahlung)

Doch erst das Zusammenspiel dieser physikalischen Größen und weiterer Einflüsse bestimmen die tatsächliche Beanspruchung des Menschen. Unter anderem spielt eine Rolle, ob der Beschäftigte körperlich schwere Arbeit verrichtet und inwieweit er sich an die Hitze gewöhnt hat.

Mit zunehmender Akklimatisation stellt sich der Organismus um: Die Schweißproduktion steigt, der Salzgehalt im Schweiß sinkt und die Herzschlagfrequenz pendelt sich auf einem niedrigeren Niveau ein. Die Akklimatisation beansprucht etwa 14 Tage. Danach wird derselbe Mensch von der gleichen Arbeit weniger beansprucht. Aber Vorsicht, schon ein Wochenende kann alles wieder rückgängig machen: Die Akklimatisation geht innerhalb weniger Tage verloren. Dann ist eine erneute Anpassung erforderlich.

Der Isolationswert der Bekleidung

Wer schon einmal versucht hat, in einer Plastiktüte einen Marathon zu laufen, weiß: Die Bekleidung spielt beim Wärmeaustausch zwischen Haut und Umgebung eine wesentliche Rolle. Der Wärmeaustausch wiederum hängt von der Isolationswirkung der Bekleidung ab: Luftundurchlässige Stoffe bilden regelrechte Barrieren zwischen Haut und Umgebung. Der Isolationswert wird übrigens in clo angegeben (abgeleitet vom englischen Begriff »clothes« für Bekleidung): 1 clo = 0,155 m2 K/W.

Das Verhalten anpassen

Damit ungünstige Klimaverhältnisse, schwere körperliche Arbeit oder/und stark isolierende Bekleidung nicht zu einer Erhöhung der Körpertemperatur führen, müssen Beschäftigte diese Einflüsse über Wärmeregulation ausgleichen können. Mit entsprechendem Verhalten können sie bei Hitzearbeit ihre Leistungsfähigkeit erhalten und möglichen gesundheitlichen Gefährdungen vorbeugen. Dazu zählen neben den Trinkgewohnheiten und geeigneter Kleidung auch die gegenseitige Rücksichtnahme und Beobachtung der Mitarbeiter untereinander.

Nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sind Gefährdungen primär durch technische Schutzmaßnahmen zu vermeiden. Bei Hitzebelastung müssen also zunächst Möglichkeiten wie Luftführung und -kühlung erwogen werden. Lässt sich dies nicht umsetzen, sind organisatorische Schutzmaßnahmen anzuwenden, etwa indem die Beschäftigten weniger schwere Arbeiten verrichten oder sich häufiger ablösen.

So viel Schweiß darf sein

Bei Temperaturen über 32 Grad Celsius geben Menschen ihre Körperwärme hauptsächlich über den auf der Haut verdunstenden Schweiß ab. Dabei können, unter extremen Bedingungen, bis zu zwei Liter Schweiß pro Stunde herauskommen. Akzeptabel ist nach Angaben der BGI 579 jedoch nur ein Schweißvolumen von 0,6 bis 0,8 Liter pro Stunde (beziehungsweise drei bis sechs Liter pro Schicht).

Das Schwitzen hat Folgen für den Stoffwechsel: Mit der Flüssigkeit werden auch Kochsalz und andere Mineralien ausgeschieden. Ausreichendes Trinken und eine ausgewogene Ernährung sind wichtig, um Wasser- und Salzverlust wieder auszugleichen. Ein Erwachsener benötigt circa 2 bis 2,5 Liter Flüssigkeit pro Tag, bei Hitzebelastung jedoch deutlich mehr. Geeignete Getränke sind Trink- und Mineralwasser (möglichst ohne Kohlensäure) sowie ungesüßter Kräutertee. Sehr kalte Getränke sollten vermieden oder nur in geringen Mengen konsumiert werden. Eine zusätzliche Salzzufuhr ist nach Einschätzung der Fachleute nicht erforderlich.

Geeignete Kleidung und PSA tragen

Vor allem an ausgewiesenen Hitzearbeitsplätze ist außerdem geeignete Persönliche Schutzausrüstung erforderlich. Entsprechend der jeweiligen Tätigkeit bietet sie zum Beispiel Schutz vor Wärmestrahlung, hohe Lufttemperatur, Verbrennungen an heißen Oberflächen und durch feuerflüssige Spritzer sowie durch körperliche Beanspruchung bei Hitzeeinwirkung.

Die Hitzeschutzkleidung muss über Eigenschaften verfügen, die den besonderen Belastungen gerecht werden, etwa hinsichtlich Wärmestrahlungsreflexionsvermögen, Wärmedämmung, Hitzebeständigkeit oder schwerer Entflammbarkeit. Spezielle Bekleidung kann aber auch einem Ansteigen der Körperkerntemperatur entgegen wirken und die Akklimatisation erleichtern. Dazu tragen Eigenschaften wie Luftdurchlässigkeit, Feuchtigkeitsdurchlässigkeit (Schweiß), Tragekomfort, Hautfreundlichkeit und geringes Gewicht bei.

Bei Schwäche sofort reagieren

Sobald ein Mitarbeiter bei sich selbst oder Kollegen erste Anzeichen von Schwäche bemerkt, müssen die Signale ernst genommen werden. Es könnte sich bereits um eine Hitzeerschöpfung handeln, die sich meist durch blasse, feucht-kalte Haut bemerkbar macht. Bei einem Hitzschlag dagegen ist die Haut gerötet und trocken, später grau und fahl. Weitere Alarmsignale bei Hitze sind Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit und Muskelkrämpfe sowie ungewöhnliches Verhalten (zum Beispiel Aggressivität, vermindertes Urteilsvermögen, Apathie oder unkontrollierte Bewegungen).

Der Betroffene sollte schon bei ersten Anzeichen von Überhitzung alle Aktivitäten einstellen, überflüssige Bekleidung ablegen, häufig kleine Mengen Flüssigkeit trinken und möglichst eine kühlere und schattige Umgebung aufsuchen und ruhen. Auch kühlende Maßnahmen wie Luftzufuhr durch einen Ventilator und Abspritzen mit Wasser können zur Linderung beitragen. Bei akuten Beschwerden ist Erste Hilfe zu leisten und gegebenenfalls der Notarzt zu alarmieren: Ein Hitzschlag ist potenziell lebensbedrohlich.

*Dipl.-Ing. Rainer Opfermann, Dipl.-Ing. Dr. rer. Nat. Wilhelm Streit, Prof. Dr.-Ing. habil. Jörg Tannenhauer (Hrsg.): Arbeitsstätten. 40. Ergänzungslieferung August 2003, Forkel-Verlag Heidelberg, ISBN 3-7719- 1448-5.

Christine Lendt

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