Auch wenn es in Deutschland (noch) nicht die Regel ist: Bis zu drei Millionen Beschäftigte haben schon mal zu Medikamenten gegriffen, die beim Stressabbau oder bei der Leistungssteigerung helfen. Die Tendenz ist steigend. Experten zeigen sich besorgt.
Der Trend geht zur Pille
Immer mehr Beschäftigte in Deutschland greifen zu Medikamenten, um Stress bei beruflichen Belastungen abzubauen oder dem steigenden Leistungsdruck bei der Arbeit standzuhalten. Waren es im Jahr 2008 4,7 Prozent, ist die Anzahl der Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren auf 6,7 Prozent angestiegen. Damit haben von rund 42 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland knapp drei Millionen schon mal Medikamente für das Gehirn-Doping genutzt. Das geht aus dem aktuellen DAK-Gesundheitsreport »Update: Doping am Arbeitsplatz« hervor. Die Dunkelziffer liege noch viel höher.
Auslöser für den Griff zur Pille sind meist hoher Leistungsdruck sowie Stress und Überbelastung. Dabei unterscheidet sich das Doping-Verhalten von Männern und Frauen. Während Männer versuchen, vor allem berufliche Ziele noch besser zu erreichen und gleichzeitig nach der Arbeit noch genügend Energie für Freizeit und Privates zu haben, dopen Frauen, damit ihnen die Arbeit leichter von der Hand geht und sie emotional stabil bleiben. Dabei sind es weniger die Beschäftigten in Management-Positionen, die zu den Medikamenten greifen, sondern hauptsächlich Erwerbstätige mit einfachen oder unsicheren Jobs.
Der Effekt der Medikamente ist nur kurzfristig
An der Spitze der am häufigsten eingenommenen Medikamente stehen Substanzen gegen Angst, Nervosität und Unruhe (60,6 Prozent). Den zweiten Platz belegen stimmungsaufhellende Medikamente (34 Prozent). Mehr als jeder Zweite erhält für die Tabletten ein Rezept von einem Arzt. Jeder Siebte bekommt die Pillen von Freunden, Bekannten oder Familienmitgliedern. Jeder zwölfte bezieht die Medikamente rezeptfrei aus dem Internet.
Das Problem mit den Pillen: Oft zeigen sie nur kurzfristige und minimale Effekte auf die kognitive Leistungsfähigkeit, erklärt Professor Dr. Klaus Lieb, Facharzt und Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik Mainz. Abgesehen davon drohten durch die Einnahme gesundheitliche Risiken - von körperlichen Beeinträchtigungen bis hin zu Persönlichkeitsveränderung und Abhängigkeit. Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen, nervöse Zustände und Schlafstörungen seien weitere gesundheitliche Einschränkungen, deren Langzeitfolgen noch völlig unklar seien. Laut einer weiteren Studie steigt die Zahl der Fehltage durch den Konsum von Suchtmitteln von Jahr zu Jahr an.
Für die Studie werteten die Wissenschaftler die Arzneimitteldaten von 2,6 Millionen Erwerbstätigen aus. Zusätzlich wurden 5.000 Berufstätige im Alter von 20 bis 50 befragt.
Quelle/Text: DAK-Gesundheit, AOK-Fehlzeiten-Report 2013, Redaktion arbeitssicherheit.de
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