Der Gesetzgeber verpflichtet Arbeitgeber dazu, längerfristig erkrankten Beschäftigten ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Dazu zählen alle Mitarbeiter, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen – entweder ununterbrochen oder wiederholt – arbeitsunfähig sind. Das bedeutet: Der Betrieb hat mit Zustimmung und Beteiligung des Betroffenen zu klären,
- wie sie Arbeitsunfähigkeit möglichst überwinden,
- mit welchen Leistungen oder Hilfen sie erneuter Arbeitsunfähigkeit vorbeugen und
- den Arbeitsplatz erhalten können.
Die Rechtsgrundlage dazu liefert § 167 Absatz 2 des Neunten Sozialgesetzbuchs. Vorgeschrieben ist ebenso, dass – sofern der Beschäftigte zustimmt – die Mitarbeitervertretung, bei schwerhinderten Arbeitnehmern die Schwerbehindertenvertretung, zu beteiligen ist. Sofern erforderlich ist ebenso der Betriebs- oder Werksarzt hinzuziehen. Vorgaben, wie die besagte Klärung aber konkret auszusehen hat, liefert der Gesetzestext nicht. Jeder Betrieb kann gemeinsam mit dem erkrankten Beschäftigten individuelle Lösungen finden.
Zunahme psychischer Erkrankungen
Eine häufige Ursache für Arbeitsunfähigkeit sind Muskel-Skelett- und Atemwegserkrankungen. Aber schon lange führen auch psychische Erkrankungen die Fehlzeitenstatistiken der gesetzlichen Krankenkassen an. So zeigt beispielsweise der AOK-Fehlzeitenreport von 2017 einen konstanten Anstieg der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen in den vergangenen zehn Jahren um 79,3 Prozent. Darüber hinaus führen sie zu langen Ausfallzeiten – oftmals doppelt so lange, wie bei anderen Erkrankungen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) führt an, dass hierzulande jedes Jahr mehrere hunderttausend Beschäftigte aus gesundheitlichen Gründen für lange Zeit oder gar für immer aus ihrem Job ausscheiden. Die Ursache dafür liege zunehmend in psychischen Erkrankungen.
Herausforderungen bei der Wiedereingliederung
Der Wiedereingliederung nach einer psychischen Krise liegen BAuA zufolge verschiedene zentrale Aspekte zugrunde. Beschäftigte haben bei Wiedereingliederung nach einer psychischen Erkrankung oftmals die Sorge vor einer Stigmatisierung. Dies beeinflusse einerseits die eigene Selbstsicherheit und Zielorientierung, aber anderseits auch die soziale Interaktion mit anderen Beschäftigten. Konflikte am Arbeitsplatz und Produktivitätsverlust können die Folgen sein. Die BAuA empfiehlt Betrieben einen offenen Umgang mit dem Thema psychische Gesundheit beziehungsweise diesen im Unternehmen zu ermöglichen. Hilfreich dafür seien vor allem Schulungen der Führungskräfte sowie Sensibilisierung und Aufklärung von Kollegen.
Darüber hinaus spielen bei dem Rückkehrprozess nach psychischen Erkrankungen weitere Faktoren eine Rolle. So komme es auf die Dauer und Schwere der Erkrankung an. Aber ebenso wichtig sei es, wie sich die Wiedereingliederung gestalte. Nach langer Erkrankung fällt die Rückkehr in den Job oftmals leichter, wenn diese professionell gesteuert und schon während der Arbeitsunfähigkeit vorbereitet wird. Es braucht eine professionelle Begleitung des Rückkehrers sowie eine soziale Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen. Zudem bietet sich eine stufenweise Eingliederung an, um psychischen Belastungen am Arbeitsplatz gering zu halten.
BEM lohnt sich für Betriebe
Für Beschäftigte ist BEM ein Weg, wieder in ihren Job zurückzukehren – und eine eventuelle Frühverrentung oder Arbeitslosigkeit abzuwenden. Aber auch für Arbeitgeber lohnt es sich, weil es die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten fördert, Fehlzeiten verringert und damit Personalkosten senkt, heißt es seitens Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). In Zeiten des Fachkräftemangels sei BEM ein wichtiges Instrument, um krankheitsbedingtes Ausscheiden von Mitarbeitern zu vermeiden.
Quelle/Text: BAuA, BMAS / Redaktion arbeitssicherheit.de (SL)