Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Arbeitsstättenverordnung: Übergangsregelung erlischt

Die Bestandsschutzregel in der ArbStättV verliert ihre Gültigkeit.
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Der 31. Dezember 2020 markiert, streng mathematisch betrachtet, nicht nur das Ende des zweiten Jahrzehnts im laufenden Jahrhundert sondern auch das Ende einer, vor ziemlich genau vier Jahren, in den § 8 Abs. 1 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) eingefügten Bestandsschutzklausel für Altbetriebe.

Mindestvorschrift für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten erlischt

§ 8 Absatz 1 Satz 1 ArbStättV in der Fassung nach Art. 1 der Verordnung zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen vom 30. November 2016 (BGBl. I, Seite 2681) lautet wie folgt:

»Soweit für Arbeitsstätten, die am 1. Mai 1976 eingerichtet waren

  • oder mit deren Einrichtung vor diesem Zeitpunkt (1.5.1976) begonnen worden war
  • oder die am 20. Dezember 1996 eingerichtet waren,
  • oder mit deren Einrichtung vor diesem Zeitpunkt (20.12.1996) begonnen worden war und für die zum Zeitpunkt der Errichtung die Gewerbeordnung keine Anwendung fand,

in dieser Verordnung Anforderungen gestellt werden, die umfangreiche Änderungen der Arbeitsstätte, der Betriebseinrichtungen, Arbeitsverfahren oder Arbeitsabläufe notwendig machen, gelten hierfür bis zum 31. Dezember 2020 die entsprechenden Anforderungen des Anhangs II der Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten (ABl. EG Nr. L 393, Seite 1).«

Im Verordnungsverfahren hat die Bundesregierung im Herbst 2016 dazu folgende Erläuterungen gegeben (BR-Drs. 506/16, Beschluss, S. 42):

»Die Übergangsvorschrift in § 8 Absatz 1 Satz 1 der ArbStättV entstammt noch der ArbStättV vom Mai 1976. Die Anforderungen für Arbeitsstätten in diesen betroffenen Betrieben wurden aus der EG-Arbeitsstätten-Richtlinie aus dem Jahr 1989 übernommen. Sie gilt jedoch nur noch für Betriebe, die seit 1976 keinerlei Veränderungen (Umbau, Renovierung, Umstellung der Arbeitsverfahren oder der Arbeitsabläufe) durchgeführt haben. Nur dort gelten noch die leicht reduzierten Anforderungen des Anhangs II der EG-Arbeitsstätten-Richtlinie von 1989. Der öffentliche Dienst gehört seit 1996 zum Kreis dieser Betriebe.«

Mit Blick auf die aktuellen, stetig kürzer werdenden Innovationszyklen in Wirtschaft und Verwaltung hat die Bundesregierung der jetzt zum Jahresende 2020 auslaufenden Übergangsregelung bereits im Jahre 2016 nur eine eher untergeordnete Rolle beigemessen.

Praxistipp für Betriebe: Es gibt Ausnahmen der Abweichung

Für den immerhin denkbaren Fall, dass Betriebe dennoch bis zuletzt von dieser Bestandsschutzklausel Gebrauch gemacht haben und nunmehr ab dem neuen Jahr uneingeschränkt die geltende ArbStättV, zusätzlich noch mit ihren aktuellen Novellen aus dem Arbeitsschutzkontrollgesetz vom November 2020 anwenden müssen, gibt es gleichwohl noch ein »Hintertürchen«, auf das die Bundesregierung ebenfalls bereits in ihren Erläuterungen von 2016 hinwies:

In begründeten Einzelfällen kann von den Betrieben auch ab dem 1. Januar 2021 weiterhin eine Ausnahmegenehmigung auf der Basis von § 3a Absatz 3 ArbStättV bei den zuständigen (Landes-)Behörden beantragt werden. § 3a Absatz 3, letzter Satz ArbStättV sieht dafür sogar ausdrücklich vor, dass »bei der Beurteilung (gemeint: der Antragsvoraussetzungen) die Belange der kleineren Betriebe besonders zu berücksichtigen sind«.

Stand: Dezember 2020

Über den Autor

Dr. jur. Kurt Kreizberg
Rechtsanwalt in Solingen
seit 2013: Lehrbeauftragter für Arbeits- und Sozialrecht an der FOM Essen
seit 2016: Autor des Loseblatt-Kommentars (Carl Heymanns Verlag)
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