Fachbeitrag  Arbeitssicherheit  

Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Versicherungspflicht in branchenfremden Betriebsteilen

Die Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherungen ist es, Beschäftigte vor Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu schützen sowie die Folgen abzumildern, falls es dennoch zu Schadensfällen kommt. Wer Mitarbeiter beschäftigt muss Mitglied in einer BG sein. Einmann-Betriebe können freiwillig BG-Mitglieder werden, wobei es auch hier Pflichtmitgliedschaften für bestimmte Berufsgruppen gibt, beispielsweise für Friseure und Grafiker.

Die gesetzlichen Unfallversicherungen sind nach Branchen gegliedert. In welcher BG ein Unternehmen Mitglied wird, richtet sich nach der Branche des Unternehmens. Neben den einschlägigen Berufsgenossenschaften gibt es die Unfallkassen der öffentlichen Hand sowie die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und die See-Berufsgenossenschaft. Durch die Gliederung und Zuordnung nach Branchen wird sichergestellt, dass die jeweilige Unfallversicherung über das notwendige branchenspezifisches Fachwissen verfügt um Risiken qualifiziert beurteilen zu können und angemessene Unfallverhütungsvorschriften zu erlassen. Genaue Branchenkenntnisse auf Seiten der BGs sind auch erforderlich, um beim Arbeitsschutz beratend zur Seite stehen zu können.

In der Praxis kommt es jedoch häufig vor, dass in einem Betrieb Tätigkeiten anfallen, die mit der eigentlichen Branche nichts zu tun haben. Sogar ganze Betriebsteile können branchenfremde Tätigkeiten ausüben. Das wirft Probleme auf, da die zuständige BG gewissermaßen nicht „passt": Die Festlegung der Beitragshöhe einer BG basiert auf branchenspezifischen Statistiken, welche das Unfallrisiko abbilden. Unfallverhütungsvorschriften sowie Informationsmaterialien werden von einschlägigen Fachleuten erarbeitet, die auch für die Beratung der Betriebe erforderlich sind.

Beispiele für branchenfremde Betriebsteilen

Fälle von branchenfremden Tätigkeiten sind jedoch gar nicht so selten: Landwirte etwa pflegen und warten ihre Maschinen oft in eigenen Werkstätten, Handelsunternehmen betreiben LKW-Flotten samt zugehöriger Werkstatt, Banken oder Versicherungen können für große Bürogebäude umfangreiche Hausmeistereien besitzen. Oft sind bildende Künstler technisch gesehen Handwerker wie etwa ein Metallbildhauer, dessen Werkstatt durchaus mit einer Schmiede oder Schlosserei vergleichbar sein kann.

Auch bei Behörden gibt es jede Menge Tätigkeiten, die wenig mit der »Schreibtischtäterschaft« des landläufigen Bildes vom Behördenmitarbeiter gemeinsam haben: Die Kfz-Werkstätten der Polizei und anderer Behörden sind zwar großenteils verschwunden, weil Behördenfahrzeuge heute samt Service geleast werden, jedoch sind bei Kommunen Bauhöfe und Gärtnereien noch gang und gäbe, welche vor allem kleinere Tiefbau- und Landschaftsgärtnerarbeiten erledigen sowie ihre Maschinen und Fahrzeuge in eigenen Werkstätten warten. Ähnliches gilt für Forstämter, welche zwar heute schon viele Arbeiten vergeben, jedoch durchaus noch über Maschinenhöfe mit Werkstätten verfügen.

Unterschiedliche Lösungen für die Problematik

Für die genannten Beispiele und noch viele weitere sind die Unfallversicherungen jedoch in aller Regel gut gerüstet. Die Lösungsansätze sind unterschiedlich, jedoch stehen genügend Möglichkeiten zur Verfügung, dass praktisch jeder Spezialfall eingeordnet werden kann.

Zunächst einmal werden heutzutage viele Belange des Arbeitsschutzes durch staatliche Vorschriften geregelt: Technische Anleitungen, Technische Richtlinien, die Betriebssicherheitsverordnung und das Gerätesicherheitsgesetz geben bereits einen tragfähigen groben Rahmen. Zudem ist die BGR A1 »Grundsätze der Unfallverhütung« aufgrund einer Vereinbarung für alle Berufsgenossenschaften gültig.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass Teile des gleichen Betriebes, die unterschiedlichen Branchen zuzuordnen sind, tatsächlich auch in unterschiedlichen Berufsgenossenschaften sind. Die Fertigung einer Maschinenfabrik ist zum Beispiel klar der Metallberufsgenossenschaft zuzuordnen, der Vertrieb kann auch bei der BGHW (Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution) versichert sein. Die kann auch den Fall eines Handelsunternehmens mit Werkstatt für den Fuhrpark lösen kann, da auch Fuhrunternehmen zu ihrer Klientel gehören, so dass einschlägige Vorschriften vorhanden sind.

Die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft sieht den Fall der betriebseigenen Landmaschinenwerkstatt sogar ausdrücklich vor. Dort ist man seit langem damit vertraut, dass auf modernen Bauernhöfen geschraubt, geschweißt und geschlossert wird und verfügt über eine Unfallverhütungsvorschrift „Werkstätten und Reparaturarbeiten". Damit sind auch private und kommunale Forstbetrieb abgedeckt, welche ebenfalls bei der Landwirschaftlichen BG versichert sind.

Die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG), die für den Fall einer Bank oder Versicherung mit umfangreicher Hausmeisterei zuständig ist, ordnet Betriebe nach dem hauptsächlichen Verwendungszweck ein. Hier sind aber nicht nur Unternehmen mit typischen Bürotätigkeiten versichert, sondern auch alle möglichen Freiberufler und Künstler bis hin zum Stuntman. Dadurch gibt es hier UVVen für alle möglichen Fälle. Falls trotzdem keine geeignet ist, können einschlägige UVVen anderer BGen herangezogen werden. Damit ist dann zum Beispiel auch der Metallbildhauer mit Metallwerkstatt abgedeckt.

Besonders vielseitig sind die staatlichen Unfallkassen: Kommunale Bauhöfe mit Werkstatt etwa sind für sie kein Problem, sondern ein ganz normaler Fall. Schon allein weil sie auch für Schulen und damit auch für Berufsschulen zuständig sind, die über Werkstätten verfügen. Hier ist praktisch jede Tätigkeit hinsichtlich der Unfallverhütung erfasst, bis hin zu den staatlichen Forstbetrieben, die - anders als die kommunalen - ebenfalls hier versichert sind.

Resümee und Fazit

Unser System aus staatlichen Vorschriften, UVVen, Informations- und Beratungsangeboten der Berufsgenossenschaften deckt praktisch jeden Sonderfall ab und gewährleistet den Arbeitsschutz auch in branchenfremden Unternehmensteilen. Manche scheinbaren Sonderfälle sind sogar tatsächlich recht gängig und werden von den BGen bereits ausdrücklich geregelt. Dazu kommt, dass die Problematik derzeit sogar geringer wird, da UVVen zurückgebaut und im Arbeitsschutz zunehmend auf staatliche Vorschriften, Technische Regeln und dergleichen sowie auf die Eigenverantwortung der Arbeitgeber gesetzt wird.

Volker Wollny

Teaserfoto: © doug Olson - Fotolia.com

{$slot_slot_46}

Exklusive Produktempfehlungen aus unserem umfangreichen Online-Shop

Kreizberg, Arbeitsstättenverordnung

Arbeitsstättenverordnung
von Dr. jur. Kurt Kreizberg

mit Technischen Regeln für Arbeitstätten (ASR) inkl. Erläuterungen und weiteren Rechtsvorschriften
ca. 1800 Seiten
Carl Heymanns Verlag

Zum Produkt
Gefahrstoffrecht - Loseblattwerksammlung von Klein und Bayer

Gefahrstoffrecht
von Dr. Helmut A. Klein / Dr. Philipp Bayer

Sammlung der chemikalienrechtlichen Gesetze, Verordnungen, EG-Richtlinien und technischen Regeln mit Erläuterungen
Loseblattwerk mit CD-ROM
ca. 1300 Seiten
Carl Heymanns Verlag

Zum Produkt
Lagerung und Abfüllung brennbarer Flüssigkeiten

Lagerung und Abfüllung brennbarer Flüssigkeiten
von Carl-Heinz Degener / Gerhard Krause / Dr.-Ing. Hermann Dinkler / Dr.-Ing. Dirk-Hans Frobese

Vorschriftensammlung mit Kommentar
Band V Vorschriften
Loseblattwerk
Carl Heymanns Verlag

Zum Produkt
Dr.-Ing. Berthold Dyrba

Kompendium Explosionsschutz
von Dr.-Ing. Berthold Dyrba / Patrick Dyrba

Sammlung der relevanten Vorschriften zum Explosionsschutz mit Fragen und Antworten für die Praxis.
Loseblattwerk mit CD-ROM
1300 Seiten
Carl Heymanns Verlag

Zum Produkt