DGUV Information 202-113 - Inklusion im Schulsport Handreichung für Lehrkräfte

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Abschnitt 4.2 - 4.2 Auswirkungen auf den Schulsport

Austausch und Abstimmung zum Gesundheitszustand einholen

Die Kenntnis über die individuelle gesundheitliche Situation und deren relevante Auswirkungen auf das Schulleben sind dringend erforderlich, um geeignete Angebote auswählen und das Angebot entsprechend anpassen und strukturieren zu können. Es gelten die gleichen Grundsätze wie bei jeder anderen Krankheit: "Wer von Amts wegen Kenntnis von einer Erkrankung hat, ist zur Verschwiegenheit verpflichtet" (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA), S. 27).

Auf Basis einer differenzierten Einschätzung kann abgeleitet werden, welche Angebote im Schulsport für die einzelne Schülerin, den einzelnen Schüler förderlich oder nicht förderlich sind und welche Risiken bestehen. Dafür ist ein enger Austausch und die Abstimmung mit den Eltern notwendig und unumgänglich. Die Lehrkraft ist darauf angewiesen, dass die Eltern die relevanten Informationen zur Verfügung stellen. Lehrkräfte und Eltern tragen eine gemeinsame Verantwortung. Ein vorbehaltloses und vertrauensvolles Zusammenarbeiten ist wichtig, um der betroffenen Schülerin, dem betroffenen Schüler helfen zu können (vgl. BzgA, S. 27). Im Mittelpunkt des Austausches mit Eltern bzw. Erziehungsberechtigten und gegebenenfalls Ärztinnen und Ärzten sollten relevante Fragen zur gesundheitlichen Situation mit Blick auf das Bedingungsfeld Schule und den Schulsport stehen und diese sollten ausführlich besprochen werden. Dadurch können Risiken besser eingeschätzt und vermieden werden.

Das Hinzuziehen einer zusätzlichen ärztlichen oder fachärztlichen Einschätzung ist in jedem Fall geboten, um der schulischen Garantenstellung für die Sicherheit und Gesundheit der anvertrauten Schülerinnen und Schülern nachzukommen. Dem Informationsaustausch mit Ärztinnen und Ärzten können die Eltern oder Erziehungsberechtigten mit einer entsprechenden Schweigepflichtsentbindung zustimmen.

Über eine mögliche Schweigepflichtsentbindung sollte mit den Eltern oder Erziehungsberechtigten gesprochen werden, wenn sie zu der von allen Beteiligten als notwendig erachteten Informationsweitergabe nicht in der Lage sind (vgl. BzgA, S. 27). Es ist ausdrücklich zu empfehlen, die eingeholten Informationen zum Gesundheitszustand und den individuellen Besonderheiten schriftlich festzuhalten.

Holt die Lehrkraft die relevanten Informationen ein, berücksichtigt diese für ihr Handeln und verhält sie sich entsprechend umsichtig und vorausschauend, so kann sie als medizinischer Laie für eventuell auftretende Vorfälle nicht haftbar gemacht und zur Verantwortung gezogen werden. Generell ist es bedeutend, im Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit einer chronischen Erkrankung oder gesundheitlicher Krise mit besonderer Vorsicht, Bedacht und Einfühlungsvermögen zu handeln.

Prinzipiell ist es ratsam, mit den Mitschülerinnen und Mitschülern über das Krankheitsbild einer Schülerin, eines Schülers zu sprechen und besondere Verhaltensregeln, Sicherheitsvorkehrungen und methodische Maßnahmen transparent zu machen. Wenn die Mitschülerinnen und Mitschüler informiert sind, gehen sie erfahrungsgemäß verständnisvoller mit der Situation um. An dieser Stelle ist jedoch zu beachten, dass in jedem Einzelfall mit den Eltern und der betroffenen Schülerin, dem betroffenen Schüle beraten werden sollte, ob sie der Nennung der Diagnose vor der Lerngruppe zustimmen. Ohne schriftliches Einverständnis der Erziehungsberechtigten darf die Diagnose nicht publik gemacht werden (vgl. BzgA, S. 24).

Relevante Informationen bündeln

Ein besonders wichtiger Punkt ist die Organisation der Informationsweitergabe. Vielfach nehmen Schülerinnen und Schüler in der Schulwoche an unterschiedlichen Schulsportangeboten mit unterschiedlichen Lehrkräften teil. Oft ist es daher notwendig, dass die beteiligten Lehrkräfte sich untereinander abstimmen. Eine Bündelung der Informationen ist aus diesem Grunde von Vorteil, bei denen die verantwortlichen Personen auch im Ganztagsbereich mit einbezogen sind. Die Festlegung eines Ortes, an dem die entsprechenden Informationen zusammengefasst werden, ist anzusteuern. Es ist hilfreich, wenn alle beteiligten Lehrkräfte in die Bündelung der Informationen eingebunden sind und die Klassenlehrerin, der Klassenlehrer die Informationen zusammenführt. Die relevanten Informationen sollten auf jeden Fall auch im Förderplan dokumentiert und zusammengefasst werden.

BEISPIEL
In einem Klassensportordner, der beispielsweise im Lehrerzimmer an einem festgelegten Ort aufbewahrt wird und von den jeweils verantwortlichen Sportlehrkräften zum Unterricht mitgenommen wird oder im Vorfeld eingesehen werden kann, können alle relevanten Informationen zu den Schülerinnen und Schülern zusammengefasst sein. Hier sind die landesspezifischen Bestimmungen zum Datenschutz zu beachten und einzuhalten.

Handlungssicherheit aufbauen

Im Kern geht es für die Lehrkräfte darum, auf Basis aller relevanten Informationen, Souveränität im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern und deren individuellen gesundheitlichen Voraussetzungen zu erlangen. Im Mittelpunkt steht, ein Gespür für die jeweilige Situation, in der die Schülerin, der Schüler sich befindet, zu entwickeln und mögliche Konstellationen gedanklich durchzuspielen und einen Handlungsplan zurechtzulegen. Dazu gehören nicht nur Handlungen, die sich direkt auf den Umgang mit der Schülerin, dem Schüler beziehen, sondern auch die, die sich auf den organisatorischen Rahmen beziehen. Je mehr Erfahrung und Routine eine Lehrkraft im Umgang mit der Schülerin, dem Schüler und ihren bzw. seinen spezifischen gesundheitlichen Voraussetzungen hat, desto besser kann sie die entsprechenden Situationen einschätzen und das Angebot und die Handlungen entsprechend darauf abstimmen. Wenn wenige Erfahrungen gesammelt wurden, kann Verunsicherung entstehen und eine differenzierte Einschätzung der Situation schwerfallen. Vor diesem Hintergrund muss die verantwortliche Lehrkraft entscheiden, unter welchen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen sie die Verantwortung in der Situation tragen kann. Die Angebote müssen dementsprechend gestaltet werden. Mit Blick auf den Einzelfall ist es wichtig, einschätzen zu können, welche Krisensituationen eintreten oder welche Gefahren entstehen können und welche Handlungsmaßnahmen in der jeweiligen Situation einzuleiten sind. Präventive Sicherheitsvorkehrungen und Maßnahmen sowie Aufsichtserfordernisse können dementsprechend geplant und veranlasst werden.