DGUV Information 202-113 - Inklusion im Schulsport Handreichung für Lehrkräfte

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Abschnitt 5.6 - 5.6 Kommunikation

Die Lehrkraft und die Schülerinnen und Schüler müssen sich im Schulsport auf besondere Bedingungen für die Kommunikation einstellen. Dazu gehört u. a.

  • die Raumakustik,

  • die Lautstärke in der Übungsstätte (erzeugt durch die Aktionen der Gruppe oder anderer Gruppen),

  • die Kommunikation über große Distanzen in großen Räumen oder

  • die Kommunikation während der Bewegung (oft auch ohne direkten Blickkontakt).

Bei der Anleitung und Erklärung von Aufgaben und Spielen ist es demzufolge besonders wichtig, darauf zu achten, dass diese für alle Schülerinnen und Schüler verständlich sind. Generell kann leichte Verstehbarkeit und das Behalten von sprachlichen Informationen wie folgt unterstützt werden:

  • Einfachheit (z. B. Fremdwörter vermeiden, kurze Sätze)

  • lautspracheunterstützende Gesten und Körpersprache

  • Verwendung von "Signalwörtern/Schlüsselwörtern" (z. B. für einzelne ritualisierte Übungs- und Spielformen)

  • Gliederung/Strukturierung (aufeinanderfolgende Handlungsschritte in der Reihenfolge kleinschrittig darstellen, vor Beginn einer Aktivität alle wichtigen Informationen erklären)

  • klare Darstellung von Schrift (Größe, Zeilenabstand, Kontrast)

  • Kürze/Prägnanz (Darstellung der wesentlichen, wichtigsten Informationen)

  • Veranschaulichung, insbesondere für die Erklärung von Fachbegriffen (z. B. Bilder oder grafische Darstellungen, farbliche Kennzeichnungen, Symbole, Piktogramme)

  • Klarheit im Kommunikationsverhalten (Einsatz von Signalen z. B. für den Beginn einer Aktivität, direkte Ansprache und Sichtkontakt)

  • sinnstiftendes Kommunizieren (Planungsbeteiligung, Gesprächskultur des Fragens, Schülerfeedback)

  • Bewegungsaufgaben (auch von Lernenden) vorzeigen und nachmachen lassen. Raum für Fragen und Wiederholungen geben

Für einzelne Schülerinnen und Schüler kann die Art der Gestaltung der Kommunikation aufgrund ihrer individuellen Voraussetzungen (z. B. eingeschränkte Hörfähigkeit, eingeschränkte Sehfähigkeit, geringe Sprachkenntnisse, Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten) eine entscheidende Hilfe dabei sein, dass Sprache für sie verstehbar wird und Kommunikationsbarrieren gezielt umgangen werden.

BEISPIELE:
Schülerinnen und Schüler mit einer starken Sehbeeinträchtigung profitieren von starken Farbkontrasten und großen Schriftgrößen, um schriftliche Informationen (z. B. Aufgabenstellungen) besser lesen zu können. Sie gewinnen ebenfalls dadurch, dass Instruktionen der Lehrkraft beispielsweise durch ein Signal vorangekündigt werden, damit sie wissen, wann sie zuhören und ihre Aufmerksamkeit fokussieren müssen. Die fehlende visuelle Kontrolle kann dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler Instruktionen durch die Lehrkraft in einem großen Raum nicht mitbekommen.

Schülerinnen und Schüler mit dem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Lernen oder Geistige Entwicklung profitieren von einer klaren und leicht verständlichen Sprache, da sie Informationen besser verstehen und behalten können und so ihre Handlungen besser und zielgerichteter planen können.

Grundsätzlich ist es wertvoll, wenn für Gruppenaufgaben Organisationshilfen für die Kommunikation (z. B. Gesprächsregeln, Gestaltung des Gesprächsrahmens) eingeführt und etabliert werden. Für die Umsetzung und Unterstützung von Kommunikationsprozessen im Schulsport werden in den folgenden Darstellungen einige Hilfen konkretisiert.

Einsatz von optischen und akustischen Signalen

Nonverbale und akustische Signale können eine geeignete Stütze für Kommunikationsprozesse im Schulsport, insbesondere auch für die Organisation von Unterricht sein. Signale haben eine klare Verbindlichkeit für alle Schüler.

Unterschiedliche Signale können eingesetzt werden:

Nonverbale Signale

BEISPIELE:

  • Gesten: Die Lehrkraft hebt die Hand und signalisiert damit "Bitte zuhören". Die Schülerinnen und Schüler heben die Hand und signalisieren dadurch: "Ich bin bereit und höre zu".

Akustische Signale

BEISPIELE:

  • Materialien, die Geräusche erzeugen, z. B. eine Metalldose gefüllt mit Kugeln: Das akustische Signal, hervorgerufen durch das Schütteln der Dose, legt einen Bewegungszeitraum fest. Die Bewegungen werden so lange durchgeführt, wie das akustische Signal zu hören ist.

  • Pfeife/Glocke: Sie signalisiert das Versammeln an einem Ort, um eine neue Aufgabe zu erklären.

  • Klatschen in die Hände

  • Musik einspielen, wenn Stationen gewechselt werden

Signale können für die gesamte Lerngruppe festgelegt werden. Manchmal ist es auch sinnvoll, mit einzelnen Schülerinnen und Schülern individuelle Signale abzusprechen, um die Kommunikation zu erleichtern.

BEISPIELE:

  • Festgelegte Handzeichen oder Gesten für Schülerinnen und Schüler mit eingeschränkter Hörfähigkeit.

  • Ritualisierte Signale für Schülerinnen und Schüler mit Konzentrationsschwierigkeiten, bei denen es sinnvoll ist, eine kontinuierliche Aufmerksamkeitsfokussierung und Ansprache zu gewährleisten.

  • Akustische Signale für Schülerinnen und Schüler mit eingeschränkter Sehfähigkeit, die z. B. anzeigen, dass die Bewegung sofort gestoppt werden soll, da sonst Unfallgefahr besteht.

Einsatz von Bildern

Bilder helfen dabei, Laut- und Schriftsprache besser zu verstehen. Das Aufnehmen und Erfassen von Aufgabenstellungen steht immer am Anfang eines Lernprozesses. Besonders bei der Beschreibung von Bewegung wird der Gebrauch von differenzierten sportspezifischen Begrifflichkeiten (z. B. Langsitz, Handstütz, Kniestand) unumgänglich. Neue Begrifflichkeiten werden in ihrer Bedeutung für die Bewegung erlernt. Der Einsatz von Bildern kann die Kommunikation erleichtern, Begriffsbildung fördern und so den Lernprozess im Schulsport auf unterschiedliche Weise unterstützen.

Aktivierung:

Bilder rufen bestehendes Wissen über Charakteristika eines Bewegungsablaufs wieder auf. Sie dienen als Gedächtnisstütze für eine motorische Handlung.

Veranschaulichung:

Bilder veranschaulichen die Aufgabenstellung. Sie können als Handlungsanlässe genutzt werden und unterstützen und konkretisieren verbale Informationen.

Aufmerksamkeitszentrierung:

Bilder zentrieren die Aufmerksamkeit auf den Unterrichtsinhalt und machen dadurch Unterrichtsinhalt und Unterrichtsziel transparent.

Verknüpfung von Bild und Bewegungshandlung:

Bilder können bestimmte Bewegungsmerkmale sichtbar machen und als Stütze für die Handlungsplanung dienen. Die Schülerinnen und Schüler verknüpfen ein Bild mit einer Bewegungshandlung.

Gestaltung:

Bilder können bestimmte Bewegungsaktionen herausfordern und die Bewegungsfantasie anregen. Sie bieten Gestaltungsgrundlage für eigene Bewegungshandlungen und Ideen.

Identifikation:

Bilder können mit Geschichten verknüpft werden und Identifikationsgrundlage für die Übernahme und Gestaltung von Rollen innerhalb dieser Geschichte bieten.

Leichte Sprache

Für Schülerinnen und Schüler mit eingeschränkten sprachlichen Fähigkeiten und Menschen mit Migrationshintergrund, die Sprachanfänger in Deutsch sind, kann "Leichte Sprache" eine Hilfestellung sein, um Texte besser zu verstehen. Grundsätzlich ist Leichte Sprache aber für alle leicht verständlich. Auch für den Schulsport bietet das Konzept der Leichten Sprache hilfreiche Ansatzpunkte, um z. B. Aufgabenstellungen, Spielregeln leicht verständlich aufzubereiten. Das Netzwerk Leichte Sprache 2 entwickelte das Konzept für Leichte Sprache in erster Linie für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Ein festgelegtes Regelwerk befasst sich damit, einfacher zu sprechen und zu schreiben. Eine Übersetzung oder Darstellung von Inhalten in Leichter Sprache erfordert Expertenwissen und eine Qualitätsprüfung. Die Regeln der Leichten Sprache können für Lehrkräfte jedoch hilfreiche Anhaltspunkte dafür aufzeigen, wie Sprache effektiv vereinfacht werden kann.

Die wichtigsten Regeln der Leichten Sprache:

  • Benutzen Sie kurze Wörter.

  • Benutzen Sie einfache Wörter.

  • Trennen Sie lange Wörter mit einem Binde-Strich.

  • Benutzen Sie bekannte Wörter.

  • Benutzen Sie keine Abkürzungen.

  • Benutzen Sie immer die gleichen Wörter für die gleichen Dinge.

  • Erklären Sie schwere Wörter.

  • Benutzen Sie Verben.

  • Benutzen Sie den Dativ.

  • Schreiben Sie nur wenige Zahlen.

  • Benutzen Sie keine Sonder-Zeichen.

  • Schreiben Sie jeden Satz in eine neue Zeile.

  • Schreiben Sie kurze Sätze mit einfachem Satzbau.

  • Machen Sie viele Absätze und Überschriften.

  • Benutzen Sie Bilder.

  • Benutzen Sie Bilder nicht im Hintergrund. (vgl. Lebenshilfe Bremen 2013, S. 68ff.)

Es gibt bereits auch mehrere Veröffentlichungen für den Sport, die in Leichter Sprache zur Verfügung stehen und für den Einsatz im Schulsport interessant sind. Special Olympics Deutschland bietet beispielsweise eine Reihe von Informationen zu verschiedenen Sportarten und deren Regelwerke in Leichter Sprache an: Special Olympics Deutschland, Sportarten, http://leichtesprache.specialolympics.de/sport/sportarten/

Unterstützte Kommunikation

"Unterstützte Kommunikation" fördert die Kommunikationsmöglichkeiten von Schülerinnen und Schülern mit eingeschränkten lautsprachlichen Fähigkeiten. Unterstützte Kommunikation ist ein flexibles Konzept, welches sich in der Sonderpädagogik flächendeckend etabliert hat. Es werden die zur Verfügung stehenden Äußerungs- und Mitteilungsmöglichkeiten von Schülerinnen und Schülern mit eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten gezielt gefördert und unterstützt. Mit den Schülerinnen und Schülern werden alternative Kommunikationsformen entwickelt, um sich allgemein verständlich machen zu können. Die Schülerinnen und Schüler lernen beispielsweise mit erlernten Gebärden auszudrücken, was sie möchten, mit Symbolen auf einer Kommunikationstafel zu zeigen, was sie denken, oder die Schülerin, der Schüler nutzt beispielsweise ein elektronisches Sprachausgabegerät (z. B. Talker, Taster) damit andere sie/ihn besser verstehen. Diese individuellen Kommunikationsformen unterstützen in erster Linie die Alltagskommunikation (z. B. Mitteilen von Bedürfnissen, Wünschen, Interessen) und können im Schulsport eine große Hilfe für die Verständigung und Mitbestimmung sein. Wichtig ist, dass das Gegenüber die individuellen Kommunikationsformen kennt, damit eine Verständigung gelingt. Die Lehrkraft für Sonderpädagogik kann an dieser Stelle aufklären und beraten, wie bereits vorhandene individuelle Kommunikationshilfen im Schulsport eingesetzt werden können. Es kann auch sinnvoll sein, speziell für den Schulsport individuelle Kommunikationshilfen in Zusammenarbeit mit der Lehrkraft für Sonderpädagogik und der Schülerin/dem Schüler zu entwickeln und bereitzustellen.