DGUV Information 214-089 - Verhaltensregeln für Mitarbeiter im Eisenbahnbetrieb

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Abschnitt 6.4 - 6.4 Eisenbahnfahrzeuge kuppeln und entkuppeln

6.4.1
Regelungen für alle Mitarbeiter im Eisenbahnbetrieb

Kuppeln und Entkuppeln dürfen Sie grundsätzlich nur im Stillstand. Vor und nach dem Kuppeln schwingen Sie sich unter den Puffern hindurch und halten sich am Kupplergriff fest.

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Beim Aufenthalt im freizuhaltenden Raum (Berner Raum) bei Eisenbahnfahrzeugen mit Zug- und Stoßvorrichtungen der Regelbauart sind Sie nur dann gegen Verletzungen geschützt, wenn Sie aufrecht darin stehen.

Bei Eisenbahnfahrzeugen mit Übergangsbrücken achten Sie vor dem Kuppeln bzw. Entkuppeln darauf, dass die Übergangsbrücken hochgestellt und festgelegt sind.

Achten Sie beim Kuppeln und Entkuppeln auf Hindernisse und Gefahren (z. B. Weichen, Kreuzungen, Gleisbremsen). An solchen Stellen dürfen Sie Eisenbahnfahrzeuge nur kuppeln, wenn sich diese nicht bewegen.

Reihenfolge beim Kuppeln von Schraubenkupplungen

Beim Kuppeln von Eisenbahnfahrzeugen müssen Sie wie folgt vorgehen:

  1. 1.

    Schraubenkupplung einhängen,

  2. 2.

    Kupplungsspindel anziehen,

  3. 3.

    Bremskupplungen verbinden (Hauptluftleitung (HL) und - sofern vorhanden und benötigt - Hauptluftbehälterleitung (HBL)),

  4. 4.

    Luftabsperrhähne öffnen.

Anschließend müssen Sie - sofern vorhanden und benötigt -

  • Dampfheizkupplungen verbinden und Absperrhähne öffnen,

  • elektrische Leitungen verbinden

und

  • Übergänge herstellen sowie Informations- und Steuerleitungen verbinden.

Reihenfolge beim Entkuppeln von Schraubenkupplungen

Beim Entkuppeln von Eisenbahnfahrzeugen müssen Sie

- sofern vorhanden -

  • Informations- und Steuerleitungen trennen und einhängen,

  • Übergänge zurückstellen und festlegen sowie Übergangstüren an der Kupplungsstelle verschließen,

  • elektrische Leitungen trennen und einhängen

und

  • Absperrhähne der Dampfheizleitung schließen, Dampfheizkupplungen trennen und einhängen.

Anschließend müssen Sie wie folgt vorgehen:

  1. 1.

    Luftabsperrhähne schließen,

  2. 2.

    Bremskupplungen trennen und einhängen (Hauptluftleitung (HL) und - sofern vorhanden - Hauptluftbehälterleitung (HBL)),

  3. 3.

    Kupplungsspindel lösen,

  4. 4.

    Schraubenkupplung in Kupplungshalter einhängen.

Besonderheiten

In den Regelungen des Unternehmens kann eine abweichende Reihenfolge beim Kuppeln und Entkuppeln zugelassen sein, wenn beide Eisenbahnfahrzeuge im Stand festgebremst sind (z. B. bei Triebwagen mit im Stillstand automatisch wirkenden Federspeicherbremsen).

Das Kuppeln der Bremsleitungen entfällt, wenn das Rangieren ohne durchgehende Bremse zugelassen ist.

Schraubenkupplungen

Beim Kuppeln eines Triebfahrzeuges soll die Schraubenkupplung des Wagens und nicht die des Triebfahrzeuges verwendet werden.

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Der Kupplungsbügel ist zum Einhängen in den Zughaken weit hinten anzufassen, um die Finger gegen Einklemmen zu schützen. Achten Sie vor dem Kuppeln darauf, dass die Eisenbahnfahrzeuge kuppelreif stehen und die Kupplungsspindel langgemacht ist.

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In Zügen sollen die Eisenbahnfahrzeuge so gekuppelt sein, dass die Pufferfedern etwas angespannt sind. Dies wird in der Regel erreicht, wenn zwischen Mutter und Gewindeansatz der Kupplungsspindel an jeder Seite höchstens zwei Gewindegänge frei bleiben.

Zum Rangieren ist so zu kuppeln, dass stärkere Zerrungen und Stauchungen vermieden werden.

Beim Befahren von Gleisbögen sind die Anschriften an Eisenbahnfahrzeugen zum kleinsten befahrbaren Radius zu beachten. Bei Radien kleiner 150 m sind die Schraubenkupplungen lang zu machen. Ist in den örtlichen Regelungen des Unternehmens festgelegt, dass Sie Kuppelstangen benutzen müssen, dürfen Sie diese nur im Stillstand oder beim langsamen Auseinanderfahren einhängen.

Beim Langmachen ist die Kupplungsspindel höchstens bis zum ersten Gewindegang vor dem Endring auszuspindeln (aufzudrehen).

Auf das Einhängen unbenutzter Schraubenkupplungen in die Kupplungshalter dürfen Sie im Abstoß- und Ablaufbetrieb verzichten. Spätestens beim Vorbereiten der Zug- oder Rangierfahrt müssen Sie unbenutzte Schraubenkupplungen in die Kupplungshalter einhängen.

Achten Sie beim Aufdrücken zum Lösen fest angedrehter Schraubenkupplungen darauf, dass die Eisenbahnfahrzeuge, gegen die gedrückt wird, gegen unbeabsichtigte Bewegung gesichert sind.

Druckluftleitungen

Beim Kuppeln eines Triebfahrzeuges öffnen Sie vor dem Verbinden der Bremskupplungen kurzzeitig den Luftabsperrhahn des Triebfahrzeuges, um Fremdkörper zu entfernen.

Wenn ein Luftabsperrhahn einer ungekuppelten Druckluftleitung geöffnet werden muss, halten Sie den Luftschlauch nahe am Kupplungskopf fest, während Sie den Luftabsperrhahn öffnen.

Wenn zwischen zwei Eisenbahnfahrzeugen mehrere Bremskupplungsverbindungen für die Hauptluftleitung (HL) zur Verfügung stehen, stellen Sie nur eine her. Dies gilt auch für die Hauptluftbehälterleitung (HBL).

Elektrische Leitungen

Vor dem Kuppeln und Entkuppeln elektrischer Heiz- und Steuerleitungen hat der Triebfahrzeugführer bei

  • elektrischen Triebfahrzeugen den Stromabnehmer zu senken,

  • allen anderen Triebfahrzeugen die Krafterzeugungsanlage abzustellen, sofern dies technisch möglich ist,

und Ihnen zu bestätigen, dass die elektrischen Leitungen spannungslos sind. Erst danach dürfen Sie mit dem Kuppeln oder Entkuppeln beginnen.

Bei ortsfesten Anlagen müssen Sie sich selbst von der Spannungsfreiheit der Anlage überzeugen.

Zwischen arbeitenden Triebfahrzeugen wird die Zugsammelschiene in der Regel nicht gekuppelt. Wird die Zugsammelschiene doch gekuppelt, ist die Zustimmung beider Triebfahrzeugführer vor dem Kuppeln und Entkuppeln einzuholen.

Nach dem Kuppeln und Entkuppeln melden Sie dem Triebfahrzeugführer die Beendigung der Tätigkeiten. Erst danach darf der Triebfahrzeugführer bei

  • elektrischen Triebfahrzeugen den Stromabnehmer heben,

  • allen anderen Triebfahrzeugen die Krafterzeugungsanlage einschalten, sofern diese vor dem Kuppeln oder Entkuppeln abgestellt wurde.

Beim Kuppeln und Entkuppeln von weiteren elektrischen Leitungen (z. B. Informations- und Steuerleitungen) beachten Sie die Betriebsanweisungen. Zum Kuppeln und Entkuppeln dieser Leitungen dürfen Sie nicht auf Puffer oder Kupplungen treten. Benutzen Sie die vorgesehenen Handgriffe und Tritte.

Unbenutzte und entkuppelte elektrische Leitungen müssen Sie stets in die Blinddosen stecken. Separate Verbindungskabel entkuppeln Sie komplett und legen diese in die vorgesehenen Ablagen.

In den örtlichen Regelungen können besondere Anweisungen für die Bedienung ortsfester Anlagen und die Betätigung elektrischer Fahrzeugkupplungen vorgegeben sein.

Besondere Regelungen beim Wenden von Eisenbahnfahrzeugen mit gekuppelter Zugsammelschiene und gleichzeitigem Triebfahrzeugwechsel

Beim Wenden von Eisenbahnfahrzeugen mit gekuppelter Zugsammelschiene und gleichzeitigem Triebfahrzeugwechsel beachten Sie die Regelungen Ihres Unternehmens.

Andere Kupplungsbauarten

Für das Kuppeln und Entkuppeln von anderen Kupplungsbauarten (Automatische Kupplungen, Rangierkupplungen, Übergangskupplungen, Abschleppkupplungen) müssen Sie die Betriebsanweisungen beachten.

Dampfheizleitungen

Alle Teile der Dampfheizung können beim Heizbetrieb eine Oberflächentemperatur bis zu 160 °C aufweisen. Es besteht Verbrennungs- und Verbrühungsgefahr! Tragen Sie bei Arbeiten an Heizkupplungen und dampfführenden Teilen der Dampfheizung Arbeitsschutzhandschuhe.

Dampfheizleitungen dürfen Sie nur kuppeln, wenn beide Absperrhähne an der Kuppelstelle geschlossen sind.

  • Achten Sie bei der Stahlgelenkrohrhalbkupplung oder Gummihalbkupplung darauf, dass der Gummidichtring etwa 1 mm über dem Gehäuse vorsteht. Sonst ist die Verschraubung mit dem Dichtring herauszudrehen. Stecken Sie bei der Stahlrohrgelenkhalbkupplung oder Gummihalbkupplung die beiden Halbkupplungen zusammen und klappen Sie die Sicherungsbügel herunter. Halbkupplungen mit defektem Sicherungsbügel dürfen Sie nicht verwenden.

  • Verwenden Sie zwischen Dampfabsperrhahn und der Heizkupplung nur den passenden Kupferdichtring. Bei der Verbindungskupplung zwischen Lokomotive und Tender oder bei Heizkupplungen von Schmalspurfahrzeugen verbinden Sie die Heizschläuche mit dem Dampfabsperrhahn und ziehen Sie die Knebelschrauben der Spannbügel an.

Danach öffnen Sie die Dampfabsperrhähne an der Kuppelstelle.

Dampfheizleitungen dürfen Sie nur entkuppeln, nachdem das Triebfahrzeugpersonal bestätigt hat, dass die Dampfheizleitung abgestellt und kein Druck mehr in der Leitung vorhanden ist.

Schließen Sie beide Dampfabsperrhähne an der Kuppelstelle. Als Folge strömt der Dampf aus den Bohrungen der Absperrhähne; über die Entwässerungseinrichtung fließt das angesammelte Wasser ins Freie. Zum Lösen dürfen Sie nicht mit einem Hammer auf den Ventilstößel oder das Ventilgehäuse schlagen.

Erst wenn kein Dampf mehr aus den Bohrungen strömt, dürfen Sie vorsichtig die Kupplung öffnen.

  • Bei der Stahlgelenkrohrhalbkupplung oder Gummihalbkupplung klappen Sie zunächst nur einen Sicherungsbügel hoch und drücken die Kupplung vom Körper weg. An der Verbindungsstelle der Halbkupplungen kann noch vorhandenes heißes Wasser abfließen. Dann klappen Sie den zweiten Sicherungsbügel hoch, trennen die Kupplung und hängen die Halbkupplungen in die dafür vorgesehenen Vorrichtungen vorsichtig ein.

  • Bei Verbindungskupplungen zwischen Lokomotive und Tender oder bei Heizkupplungen von Schmalspurfahrzeugen lösen Sie auf einer Kuppelseite die Knebelschraube des Spannbügels. Dann halten Sie das Schlauchende an dieser Kuppelseite fest, klappen den Spannbügel weg und entnehmen den Kupferdichtring. Das Restwasser im Heizschlauch ist vorsichtig zu entleeren. Den Heizschlauch hängen Sie in die dafür vorgesehenen Vorrichtungen vorsichtig ein.

Danach öffnen Sie wieder vorsichtig die beiden Dampfabsperrhähne an der Kuppelstelle.

Achten Sie beim Durchblasen der Heizleitung mit Druckluft darauf, dass die Heizkupplung am letzten Wagen nicht in Richtung von Personen oder Gegenständen gerichtet ist.

Übergänge herstellen

Bei der Zugbildung achten Sie darauf, dass die erste und letzte Übergangstür im Zug jeweils verschlossen sind.

Beim Einsatz von historischen Eisenbahnfahrzeugen können in Betriebsanweisungen abweichende Regelungen zum Verschließen der Übergangstüren festgelegt sein.

6.4.2
Besondere Regelungen für Lokrangierführer und Rangierbegleiter/Rangierleiter

Auch für Sie als Lokrangierführer oder Rangierbegleiter/Rangierleiter ist es am sichersten, wenn Sie zum Kuppeln erst ins Gleis treten, wenn alle Eisenbahnfahrzeuge kuppelreif zum Stillstand gekommen sind.

Als Lokrangierführer oder Rangierbegleiter/Rangierleiter dürfen Sie dann bereits vor Stillstand aller Eisenbahnfahrzeuge in den freizuhaltenden Raum (Berner Raum) treten,

  • wenn das stillstehende Eisenbahnfahrzeug so gegen unbeabsichtigte Bewegung gesichert ist, dass es infolge des Anstoßes höchstens ein kurzes Stück, weniger als etwa einen halben Meter, weiterrollen kann,

  • solange der Abstand zwischen den Eisenbahnfahrzeugen größer als 5 m ist

und

  • wenn das herannahende Eisenbahnfahrzeug ganz langsam - mit weniger als Schrittgeschwindigkeit - auflaufen wird.

Auch als Lokrangierführer oder Rangierbegleiter/Rangierleiter dürfen Sie in den folgenden Fällen zum Kuppeln erst dann zwischen die Eisenbahnfahrzeuge treten, wenn beide Eisenbahnfahrzeuge kuppelreif zum Stillstand gekommen sind:

  1. a.

    wenn der freizuhaltende Raum (Berner Raum) zwischen den Stirnseiten zweier Eisenbahnfahrzeuge eingeschränkt ist. Der freizuhaltende Raum kann eingeschränkt sein

    • bei Wagen mit verrutschter Ladung,

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    • bei Wagen, deren Übergangsbrücken und klappbaren Stirnwände nicht hochgestellt und festgelegt sind (Abb. 1),

    • bei Wagen mit absenkbarer Pufferbohle oder heruntergeklappter Überfahrklappe (z. B. Tiefladewagen oder Huckepack-Wippenwagen, Abb. 2),

    • bei Eisenbahnfahrzeugen mit verschiedenartigen Kupplungen (z. B. Schraubenkupplung mit selbsttätiger Kupplung oder Spezialkupplung, Abb. 3),

    • bei Triebfahrzeugen mit automatischer Rangierkupplung (z. B. RK 900, Abb. 4),

    • bei Eisenbahnfahrzeugen mit automatischer Zugkupplung (Z-AK), sowohl mit artreiner Kuppelstelle (Z-AK/ Z-AK) als auch mit Gemischtzugkupplung (Z-AK/Schraubenkupplung),

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    • bei Eisenbahnfahrzeugen mit Sonderformen der Zug- und Stoßeinrichtungen (z. B. Huckepackniederflurwagen des Systems "Rollende Landstraße", Abb. 5).

  2. b.

    bei Eisenbahnfahrzeugen mit tief herunterreichenden Pufferschürzen (z. B. Kleinlokomotiven, Abb. 6),

  3. c.

    bei Eisenbahnfahrzeugen mit feuerflüssigem Ladegut,

  4. d.

    bei Eisenbahnfahrzeugen mit Mittelpufferkupplungen ohne zusätzliche Seitenpuffer (z. B. Selbstentladewagen oder Triebwagen, Abb. 7),

  5. e.

    bei ablaufenden oder abgestoßenen Wagen, die mit Hemmschuh gebremst werden.

Im Geltungsbereich der Bau- und Betriebsordnung für Anschlussbahnen (BOA) der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen dürfen Sie zum Kuppeln generell erst dann ins Gleis treten, wenn die Eisenbahnfahrzeuge kuppelreif zum Stillstand gekommen sind.

Ihr Unternehmen kann festlegen, dass der freizuhaltende Raum (Berner Raum) zum Kuppeln generell erst betreten werden darf, nachdem beide Eisenbahnfahrzeuge kuppelreif zum Stillstand gekommen sind.

Beim Ablaufen und Abstoßen dürfen Sie nur vorher "lang gemachte" Schraubenkupplungen während der Fahrzeugbewegung mit einer Entkuppelstange von einem sicheren Standort auf dem Rangiererweg entkuppeln. Achten Sie dabei auf bewegte Eisenbahnfahrzeuge im daneben liegenden Gleis. In Vorbereitung des Entkuppelns müssen alle Brems- und sonstigen Verbindungsleitungen getrennt und in die dafür vorgesehenen Halterungen eingehängt worden sein.

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