DGUV Regel 113-605 - Herstellung von Beschichtungsstoffen

Online-Shop für Schriften

Jetzt bei uns im Shop bestellen

Jetzt bestellen

Abschnitt 2.2 - 2.2 Was für die Branche gilt

Ihre Branche umfasst im Wesentlichen drei Bereiche: Beschichtungsstoffe für industrielle Zwecke, Lacke und Farben für Bauten und Druckfarben für Publikationen und Verpackungen. Typische Gefährdungen gehen von Stoffen, Maschinen und Anlagen aus. Unfallschwerpunkte liegen im innerbetrieblichen Transport und bei Störungsbeseitigung oder Instandhaltung.

g_bu_1437_as_79.jpgRechtliche Grundlagen
  • Arbeitsstättenverordnung

  • Betriebssicherheitsverordnung

  • Gefahrstoffverordnung

  • Lastenhandhabungsverordnung

  • Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge

  • DGUV Vorschrift 68 und 69 "Flurförderzeuge"

  • Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS)

  • Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)

  • Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR)

  • DGUV Regel 109-002 "Arbeitsplatzlüftung - Lufttechnische Maßnahmen"

  • DGUV Regel 113-001 "Explosionsschutz-Regeln (EX-RL)"

g_bu_1437_as_40.jpgWeitere Informationen
  • DGUV Information 209-046 "Lackierräume und -einrichtungen für flüssige Beschichtungsstoffe"

  • DGUV Information 213-054 "Maschinen - Sicherheitskonzepte und Schutzeinrichtungen" (Merkblatt T 008 der BG RCI)

  • DGUV Information 213-850 "Sicheres Arbeiten in Laboratorien - Grundlagen und Handlungshilfen"

  • DIN EN ISO 12100:2011-03 "Sicherheit von Maschinen - Allgemeine Gestaltungsleitsätze - Risikobeurteilung und Risikominderung"

  • Merkblattreihe M für Gefahrstoffe der BG RCI

  • Merkblatt T 008-0 "Maschinen - Bau, Beschaffung und Bereitstellung" der BG RCI

  • "Wesentliche Veränderungen an Maschinen - eine interaktive Arbeitshilfe der BG RCI" Quelle: Homepage der BG RCI

  • Leitmerkmalmethode (Heben und Tragen, Schieben und Ziehen, Manuelle Arbeitsprozesse), Quelle: Homepage BAuA

  • EmpfBS 1114 "Anpassung an den Stand der Technik bei der Verwendung von Arbeitsmitteln"

Maschinen und Anlagen - Stand der Technik

Bei automatisierten Produktionsabläufen entstehen häufig gefahrbringende Bewegungen, die durch Schutzsysteme und Schutzeinrichtungen gesichert werden müssen. Deshalb benötigen Sie durchgängige Schutzkonzepte, die neben dem Normalbetrieb sämtliche möglichen Betriebszustände berücksichtigen. Überproportional viele Unfälle ereignen sich bei Instandhaltung, Wartung und Reinigung.

Prüfen Sie, ob Gründe für die Manipulation von Schutzeinrichtungen vorliegen und verringern Sie entsprechende Anreize durch Verbesserung des Sicherheitskonzepts.

Der Stand der Sicherheitstechnik entwickelt sich ständig weiter. Einen Bestandsschutz für gebrauchte Maschinen gibt es nicht.

Arbeitsmittel dürfen insbesondere erst verwendet werden, nachdem Sie

  • eine Gefährdungsbeurteilung nach Betriebssicherheitsverordnung durchgeführt haben,

  • die dabei ermittelten Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik getroffen haben,

  • festgestellt haben, dass die Verwendung des Arbeitsmittels nach dem Stand der Technik sicher ist.

Gefahrstoffe

Neben Umwelt- und physikalischen Gefahren wie der Verursachung von Bränden und Explosionen können Gefahrstoffe auch direkt gesundheitsschädigend wirken. Während die Wirkungen ätzender oder toxischer Stoffe unmittelbar zu erkennen sind, werden Wirkungen durch beispielsweise krebserzeugende oder sensibilisierende Stoffe häufig erst nach langer Zeit erkannt.

Entsprechende Informationen können Sie den aktuellen Sicherheitsdatenblättern entnehmen.

Treffen Sie geeignete Schutzmaßnahmen nach dem Minimierungsgebot der Gefahrstoffverordnung in der Rangfolge "STOP":

  1. 1.

    Substitution: Erörtern Sie Möglichkeiten, Gefahrstoffe oder Arbeitsverfahren durch weniger gefährliche zu ersetzen.

  2. 2.

    Technische Maßnahmen: Vermeiden Sie einen offenen Umgang mit Gefahrstoffen und achten Sie auf eine angemessene Be- und Entlüftung. Freigesetzte Gefahrstoffe müssen so nahe wie möglich an der Entstehungsstelle abgesaugt werden.

  3. 3.

    Organisatorische Maßnahmen: Sorgen Sie für eine geeignete Arbeitsschutzorganisation - Gefahrstoffverzeichnis, Kennzeichnung, Betriebsanweisung, Unterweisung. Kontrollieren Sie das sichere Verhalten der Beschäftigten.

  4. 4.

    Persönliche Schutzmaßnahmen: Beschaffen Sie unter Einbeziehung Ihrer Beschäftigten geeignete Schutzbrillen, ableitfähige Sicherheitsschuhe, Chemikalienschutzhandschuhe, Schutzkleidung und falls erforderlich Atemschutzgeräte.

Für eine wirksame Erste Hilfe tragen Sie dafür Sorge, dass an geeigneten Stellen Körper- und Augennotduschen zur Verfügung stehen, um Kontaminationen durch Gefahrstoffe zu entfernen.

Informationen zur Prüfung von Körper- und Augennotduschen sowie zu Tragezeiten von Chemikalienschutzhandschuhen entnehmen Sie der DGUV Information 213-850 "Sicheres Arbeiten in Laboratorien - Grundlagen und Handlungshilfen". Die Inhalte zu diesen Themen gelten auch für Produktionsbetriebe.

Bei Alleinarbeit mit Gefahrstoffen sind zusätzliche Schutzmaßnahmen für gefährliche Arbeiten (siehe Kapitel 2.1) zu gewährleisten.

Besondere Aufmerksamkeit ist krebserzeugenden, keimzellmutagenen und reproduktionstoxischen Stoffen entgegen zu bringen (z. B. formaldehydhaltigen Melaminharzen, Chromatpigmenten, Benzol als Bestandteil von Rohöldestillaten, Nickel-Titantrioxid). Dabei sind zusätzliche Maßnahmen der Gefahrstoffverordnung und der entsprechenden Technischen Regeln für Gefahrstoffe umzusetzen (u.a. Expositionsverzeichnis, arbeitsmedizinische Vorsorge, Meldung zur nachgehenden Vorsorge/ODIN).

Bei sensibilisierenden Stoffen wie beispielsweise Isocyanaten können durch einmaligen intensiveren Kontakt oder mehrfachen Kontakt mit geringeren Isocyanatmengen Atemwege oder Haut sensibilisiert werden. Bei zukünftigem Kontakt können dann allergische Erkrankungen bei den Beschäftigten auftreten.

Der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und den entsprechenden Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR) entnehmen Sie konkrete Anlässe zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (Pflichtvorsorge, Angebotsvorsorge, Wunschvorsorge). Pflichtvorsorge ist beispielsweise erforderlich, wenn bei Tätigkeiten mit Isocyanaten ein regelmäßiger Hautkontakt nicht ausgeschlossen werden kann oder eine Luftkonzentration von 0,05 mg/m3 überschritten wird. Auch Feuchtarbeit (Tragen von Chemikalienschutzhandschuhen fällt darunter) von regelmäßig mehr als vier Stunden pro Tag führt zur Pflichtvorsorge, zwischen zwei und vier Stunden zu einer Angebotsvorsorge.

Explosionsschutz

Explosionen bzw. Brände mit gefährlichen Auswirkungen können auftreten, wenn vier Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:

  • Hoher Verteilungsgrad brennbarer Stoffe. Hierzu gehören Gase, Dämpfe (z. B. von Lösemitteln), Nebel oder Stäube, innerhalb ihrer Explosionsgrenzen.

  • Ausreichend Oxidationsmittel (z. B. Luftsauerstoff ).

  • Wirksame Zündquelle wie heiße Oberflächen, offene Flammen, mechanisch erzeugte Funken, elektrische Funken, Entladungen statischer Elektrizität.

  • Gefahrdrohende Menge explosionsfähiger Atmosphäre.

Wenn Sie mit entzündbaren Lösemitteln arbeiten, wenn bei Ihnen brennbare Stäube entstehen oder wenn Sie Lacke versprühen (Aerosole), dann prüfen Sie, ob Sie Maßnahmen zum Explosionsschutz treffen müssen. Bereits ein Rest von einem Teelöffel Benzin füllt ein 200 Liter Fass mit gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre. Schon 10 Liter zusammenhängende explosionsfähige Atmosphäre in geschlossenen Räumen sind unabhängig von der Raumgröße als gefahrdrohend zu betrachten.

Auch wasserbasierende Aerosole können eine Explosionsgefahr darstellen. Die DGUV Regel 113-001 "Explosionsschutz-Regeln (EX-RL)" enthält in Anlage 4 "Beispielsammlung" unter Abschnitt 4.5.1 eine Formel, mit der Sie berechnen können, ob ein wasserbasierender Beschichtungsstoff explosionsfähige Gemische bilden kann.

Kann die Entstehung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre nicht verhindert werden, müssen Sie jegliche Zündquellen vermeiden. Ist dies nicht möglich, so kommt der konstruktive Explosionsschutz wie beispielsweise explosionsdruckfeste Bauweise oder explosionstechnische Entkopplung (Flammendurchschlagsicherung usw.) ins Spiel.

Treffen Sie die erforderlichen Maßnahmen gemeinsam mit einer fachkundigen Person:

  • Ermitteln Sie explosionsgefährdete Bereiche und nehmen Sie eine Zoneneinteilung vor. Für Gase und Dämpfe können die Zonen 0, 1, 2, für Stäube die Zonen 20, 21 und 22 vorliegen. Dokumentieren Sie dies und die festgelegten Maßnahmen im Explosionsschutzdokument.

  • Lassen Sie Staubablagerungen in Arbeitsräumen in angemessenen Zeitabständen beseitigen (absaugen - nicht abblasen). So vermeiden Sie eine Einteilung des Arbeitsraums als Zone 22 und die damit einhergehenden besonderen technischen Anforderungen.

  • Für Feuerarbeiten Erlaubnisscheine ausstellen, Maßnahmen durchführen und überprüfen.

  • Falls erforderlich, Abschaltmöglichkeiten für elektrische Einrichtungen und Anlagen außerhalb des gefährdeten Bereiches schaffen.

Elektrostatische Aufladungen

Eine häufig unterschätzte Zündquelle sind Entladungen statischer Elektrizität: Mit Aufladungen ist beispielsweise zu rechnen beim

  • Handhaben organischer Lösemittel und Harze sowie körniger oder pulverförmiger Stoffe (z. B. Pulverlacke),

  • Umgang mit nicht ableitfähigen Oberflächen wie beispielsweise Kunststoffgebinden, -leitungen und -folien,

  • Füllen und Entleeren von Behältern mit Flüssigkeiten,

  • Umpumpen, Rühren, Mischen und Versprühen von Flüssigkeiten,

  • Verwenden nicht ableitfähiger Schuhe,

  • Verwenden von Arbeitsmitteln wie Flurförderzeuge, Leitern oder Gerüste mit fehlerhaftem Potentialausgleich.

Mit folgenden Maßnahmen sind Sie auf der sicheren Seite:

  • Verwenden Sie ausschließlich leitfähige oder ableitfähige Materialien und Arbeitsmittel, bei denen Sie die Erdung durch eine zur Prüfung befähigte Person regelmäßig prüfen lassen.

  • Lassen Sie arbeitstäglich die Erdung durch Betriebspersonal auf äußerlich erkennbare Schäden überprüfen.

  • Im Prüfumfang auch Anlagenteile berücksichtigen, die neben ihrer eigentlichen Funktion auch andere Anlagenteile erden und in den Potenzialausgleich einbeziehen, beispielsweise Schlauch und Zapfventil.

  • Explosionsgefährdete Bereiche der Zonen 0, 1, 20 oder 21 mit ableitfähigen Fußböden ausstatten, Verschmutzungen oder Beschichtungen können die Ableitfähigkeit aufheben.

  • Beschaffen Sie für Ihre Beschäftigten ableitfähige Schuhe.

  • Arbeitskleidung oder Schutzkleidung darf in explosionsgefährdeten Bereichen der Zonen 0 und 1 nicht gewechselt, nicht aus- und nicht angezogen werden.

Innerbetrieblicher Transport

Bei der Herstellung von Beschichtungsstoffen stellt der innerbetriebliche Transport einen Unfallschwerpunkt dar. Er kann beispielsweise mittels Hubwagen, kraftbetriebenen Flurförderzeugen oder Rollenbahnen erfolgen.

  • Setzen Sie ausschließlich geeignete, ausgebildete und beauftragte Personen zum Führen von Flurförderzeugen ein.

  • Verhindern Sie die unbefugte Benutzung von Flurförderzeugen.

  • Verwenden Sie als Rückhaltesystem vorzugsweise Bügel- oder Kabinentüren.

  • Stellen Sie sicher und überprüfen Sie, dass Sicherheitsgurte angelegt werden.

  • Setzen Sie für die Vorwärts- und Rückwärtsfahrt optische ("Bluespot", "Redspot") oder akustische Warneinrichtungen ein.

  • Sorgen Sie für eine sichere Gestaltung der Verkehrswege für Fußgänger bzw. Fußgängerinnen und Flurförderzeuge und trennen Sie diese, wo es möglich ist.

  • Kennzeichnen Sie Lagerflächen und sorgen Sie dafür, dass andere Flächen nicht durch Lagergut zugestellt werden.

Ergonomie, Transport von Hand

Bei der Herstellung von Beschichtungsstoffen werden Arbeitsmittel und -stoffe häufig händisch transportiert. Bei diesen Tätigkeiten ereignen sich auch überproportional viele Unfälle, außerdem können sich langfristig Muskel-Skelett-Erkrankungen entwickeln.

  • Setzen Sie zur Gefährdungsbeurteilung die Leitmerkmalmethoden der BAuA ein.

  • Stellen Sie geeignete Lastaufnahme- und Transportmittel zur Verfügung.

  • Setzen Sie bewegliche Hebehilfen wie Vakuumheber und Fasskippvorrichtungen oder Hubtische ein.

  • Unterweisen Sie Ihre Beschäftigten, auf die richtige Körperhaltung zu achten (z. B. Heben mit möglichst gerader Wirbelsäule, Last möglichst nah am Rumpf halten, Heben und Tragen mit verdrehtem Oberkörper vermeiden). Bewährt hat sich die praxisorientierte Unterweisung direkt am Arbeitsplatz.