DGUV Information 207-028 - Neubauplanung, Modernisierung und Nutzungsänderung von Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)

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Abschnitt 13.8 - 13.8 Elektroschrottrecycling

1. Beschreibung des Gewerks

Das Elektroschrottrecycling ist ein Bereich, der aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen zur Elektroschrottentsorgung über Jahre aus den WfbM verschwunden war und sich nun wieder neu entwickelt.

Zumeist ist in den Werkstätten die Zerlegung "weißer Ware" (Haushaltsgeräte), aber auch Elektronikschrottrecycling (Zerlegung von Elektronikgeräten und Zubehör sowie von Platinen) vorzufinden. Aufgrund vielfältiger möglicher Gefahrstoffe in den zu zerlegenden Geräten und den z. T. nicht ganz unproblematischen Reststoffen/ Abfällen aus der Zerlegung sind neben den räumlichen Anforderungen auch Belange des Umwelt-, Gefahrstoffund Gefahrgutrecht zu berücksichtigen.

2. Beschreibung der Arbeitsbereiche

Allgemeine Bereiche

Wer Elektro- und Elektronikschrott recyceln möchte, muss sich nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz als Entsorgungsfachbetrieb zertifizieren lassen. Elektro- und Elektronikschrott wird gemäß Elektro- und Elektronikgesetz (ElektroG) in 6 Kategorien eingeteilt, der wiederum in 6 verschiedenen Sammelgruppen erfasst wird.

Kategorien der Elektro- und Elektronikgeräte (nach Anlage 1 des ElektroG):

  • Kategorie 1: Wärmeüberträger,

  • Kategorie 2: Bildschirme, Monitore und Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 Quadratzentimetern enthalten,

  • Kategorie 3: Lampen,

  • Kategorie 4: Geräte, bei denen mindestens eine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt (Großgeräte),

  • Kategorie 5: Geräte, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt (Kleingeräte),

  • Kategorie 6: kleine Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 Zentimeter beträgt.

Abhängig von den unterschiedlichen Kategorien und Sammelgruppen sind durch den Entsorgungsfachbetrieb verschiedene Anforderungen zu erfüllen.

Einteilung der Sammelgruppen (SG):

  • Gruppe 1: Wärmeüberträger,

  • Gruppe 2: Bildschirme, Monitore und Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 Quadratzentimetern enthalten,

  • Gruppe 3: Lampen,

  • Gruppe 4: Großgeräte,

  • Gruppe 5: Kleingeräte und kleine Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik,

  • Gruppe 6: Photovoltaikmodule.

Zunächst muss der Elektroschrott an den Sammelstellen in für die jeweilige Sammelgruppe geeigneten Behältnissen eingesammelt und zur Zerlegestelle transportiert werden. Dort wird er ggf. zwischengelagert und vorfraktioniert. Zum Teil ist eine witterungsgeschützte und überdachte Lagerung erforderlich. Vor der Zerlegung erfolgt eine Grobfraktionierung und Reinigung des Schrotts. Gefahrstoffe müssen bereits hier erfasst und umweltgerecht gesammelt und entsorgt werden. Die Zerlegung des Elektroschrottes erfolgt i.d.R. an Zerlegeplätzen mit Unterstützung einfacher Werkzeuge und Hilfsmitteln zur Lastenhandhabung. Der einzelne Arbeitsplatz ist üblicherweise mit verschiedenen Behältnissen zur Trennung und Sammlung der Wertstoffe und Rest-/Abfallstoffe ausgestattet. Die Größe und technische Ausstattung des einzelnen Arbeitsplatzes richtet sich nach der Größe der zu zerlegenden Geräte und der Anzahl benötigter Sammelbehälter zur Trennung der einzelnen Recyclingfraktionen.

In diesem Kapitel werden nur die räumlichen Anforderungen an die Zerlegung und (Zwischen-)Lagerung betrachtet.

3. Flächenbedarf der Arbeitsbereiche

Exemplarische Angaben von Kenngrößen für die "Grobplanung" des Arbeitsbereichs Elektroschrottrecycling.

Geeignete Behälter für einzelne Sammelgruppen zur Übergabe von Altgeräten

(Anm.: Für eine ordnungsgemäße Erfassung werden gedeckelte Sammelbehälter (keine Plane) als geeignet angesehen *)

  • SG 1 (Wärmeüberträger): Abrollcontainer nach DIN 30722 mit eckiger Boden- Seitenwandverbindung, Fassungsvermögen 30 bis 40 m3, gedeckelt

  • SG 2 (Bildschirme, Monitore): Euro-Gitterboxpaletten nach DIN EN 13626; Abrollcontainer mit eckiger Boden-Seitenwand-Verbindung nach DIN 30722, Fassungsvermögen 30 bis 40 m3, gedeckelt; Absetzcontainer, Fassungsvermögen >7 m3, gedeckelt

  • SG 3 (Lampen): Rungenpaletten: ausreichend dimensionierte geschlossene Behältnisse oder Wannen, Pappkisten (Kompaktlampen), Gitterboxen (Kompaktlampen), Fässer für Bruch

  • SG 4 (Großgeräte): Abrollcontainer nach DIN 30722 mit eckiger Boden- Seitenwandverbindung, Fassungsvermögen 30 bis 40 m3, gedeckelt

  • SG 5 (Kleingeräte): Euro-Gitterboxpaletten nach DIN EN13626, Abrollcontainern mit eckiger Boden-Seitenwand-Verbindung DIN 30722, Fassungsvermögen 30 bis 40 m3, gedeckelt, bzw. Abrollcontainern mit runder Boden-Seitenwand-Verbindung DIN 30722, Fassungsvermögen 30 bis 40 m3, gedeckelt, Absetzcontainer, Fassungsvermögen > 7 m3, gedeckelt

Die Sammelgruppe 6 (Photovoltaikmodule) spielt in den WfbM keine nennenswerte Rolle.

Flächenbedarf

Je nach Festlegung der Bereiche zur Bearbeitung des Zerlegematerials gemäß ElektroG innerhalb der Sammelgruppen (SG) und Kategorien ist eine Aufteilung an Arbeitsplätzen vorzusehen. Bedingt durch diese Vorgaben und die geplanten Mengen pro Schicht (Tag) sind angepasste Arbeitsplätze mit direkt angrenzender Stellfläche (z. B. für Gitterboxen) vorzusehen. Dabei ist entscheidend, ob es eine Komplettzerlegung pro Arbeitsplatz gibt oder das zur Zerlegung bereitgestellte Gut in bestimmten Arbeitsschritten getaktet weitergereicht wird:

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Abb. 13.8.1
Flächenbedarf für Anlieferung und Stellplatz von Abrollcontainern

  1. 1.

    Beispiel Weiße Ware: Entfernen Anbauteile und Gegengewichte, Kabelstränge, Ausbau der Elektroteile und Motoren, Zerlegen der Gehäuse; Edelstahltrommel;

  2. 2.

    Beispiel Kleingeräte, bzw. Geräte der Information- und Telekommunikation, der Unterhaltungselektronik: Ausbau der div. Kabel, Entfernen der Akkus oder Batterien, zerstörungsfreier Ausbau der Platinen und Bildschirmelemente

Annahmebereich

Bei einer Annahme je eines Abrollcontainers mit 35 mfür die Sammelgruppen 1, 2 und 4 ergibt sich folgender Flächenbedarf für das Abladen, Abstellen und Aufnehmen von Containern:

  • Grundfläche Aufstellung Abrollcontainer: ca. 5 m × 4 m;

  • Rangierfläche: Länge Lkw vor dem Abrollcontainer (8 m-9 m) und

  • Platz zum Rangieren (ca. 12 m).

Hieraus resultiert eine Mindestfläche von ca. 26 m × 4 m = 104 m2 pro Abrollcontainer. Wichtig ist, dass diese Fläche von 104 m2 auch tatsächlich in den angegebenen Maßen 24 m x 4 m verfügbar ist. Die Rangierfläche sollte jederzeit frei befahrbar sein. Durch geschickte Anordnung mehrerer Container kann die notwendige Rangierfläche von mehreren Kippmulden genutzt werden, wenn dies die örtlichen Gegebenheiten zulassen. Damit ist es ggf. möglich, bei Stellung mehrerer gleichartiger Abrollcontainern den Flächenbedarf zu reduzieren.

In der Regel werden ca. 4 Container benötigt. Da beim Absetzen und Aufnehmen der Abrollcontainer erheblicher Raum beansprucht wird, ist bei der Planung realistisch von ca. 104 m2 (26 m × 4 m) pro Container auszugehen, damit die Verhältnisse für einen gefahrenfreien Arbeitsablauf ausreichend dimensioniert sind.

Damit beanspruchen alleine diese 4 Abrollcontainer inklusive der Verkehrsflächen schon ca. 416 m2in einer Halle oder in der Annahme- und Verladezone.

Bei der Annahme von Elektroschrott in Gitterboxen für die Sammelgruppen 2 und 5 kann der Flächenbedarf wie folgt abgeschätzt werden:

Die benötigte Standfläche für eine Gitterbox beträgt ca. 1 m2. Die Verwendung von Gitterboxen ist immer in Verbindung mit der Verwendung von Ladehilfsmitteln zu sehen.

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Abb. 13.8.2
Abstellplatz für Abrollcontainer

Leerboxen werden in der Regel jeweils drei- bis fünffach übereinander in einem Bereich gestapelt. Bei den verfüllten Boxen verhält es sich analog. Lediglich diejenigen Gitterboxen, die zur Befüllung vorgesehen sind, werden einzeln aufgestellt.

40 Gitterboxen entsprechen einer Abholmenge von ca. 30 m3. Bei Bereitstellung von 4 Gitterboxen zur Befüllung beträgt der Platzbedarf mindestens 4 m2. 36 leere Gitterboxen sind dreifach gestapelt und beanspruchen eine Fläche von 12 m2. Hinzu kommt ein Rangier- und Handhabungsbereich von ca. 20 m2.

In der Summe wird damit eine Fläche von mindestens 40 m2pro Sammelgruppe für die Handhabung von Gitterboxen benötigt.

Eine für eine WfbM vertretbare Stapelhöhe sollte 4 Gitterboxen übereinander nie überschreiten!

Zerlegebereich

Weiße Ware (Sammelgruppen 1, 4 und 5):

Die Zerlegetische sind als Hubarbeitstische auszuführen um bei der Zerlegung der sperrigen Geräte immer eine ergonomisch optimale Arbeitshöhe einstellen zu können.

Es sind Hebehilfen wie Krane in leichter Ausführung an Schwenkarmen oder fahrbare Hebegeräte vorzusehen um die Geräte sicher auf die Zerlegetische zu heben und zu positionieren.

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Abb. 13.8.3
Stellplatz für weiße Ware

Die erforderlichen Verkehrswege sind hinsichtlich der Breite und Bodentragfähigkeit mindestens für die Benutzung durch Gabelstapler oder Mitgängerflurförderzeuge auszulegen (siehe Kapitel 4 "Infrastruktur und Verkehrswege").

Es sind Stellflächen für Gitterboxen zur Sammlung der einzelnen Wertstofffraktionen in unmittelbarer Nähe der Zerlegeplätze vorzusehen.

Elektro- und Elektronikschrott (Sammelgruppen 2 und 5)

Vor der eigentlichen Zerlegung muss ggf. eine Reinigung der Geräte in speziellen abgesaugten Kabinen erfolgen, um das Austreten von Gefahrstoffen während der Zerlegung zu verhindern.

Der Ausbau von LCD-Hintergrundbeleuchtungen sollte wegen der Gefahr des Freisetzens von Quecksilber bei beschädigten Röhren in einer geschlossenen Zerlegebox erfolgen. Umweltrechtliche Aspekte sind zu beachten.

An den Zerlegetischen sollten die benötigten elektro- oder druckluftbetriebenen Handwerkzeuge an Ballanciers aufgehängt sein. Die Zerlegetische sind mit einer Arbeitsplatzbeleuchtung auszustatten. Bei Bedarf muss an den Zerlegearbeitsplätzen auch die Fläche für optische Unterstützungssysteme bei der Zerlegung vorgesehen werden (siehe Abbildung 13.8.4).

In unmittelbarer Nähe der Arbeitsplätze sind Sammelmöglichkeiten für die Entsorgungsfraktionen (Edel-/ Buntmetalle, Kondensatoren, Glas, etc.) vorzusehen (siehe Abbildung 18.8.5).

Die Verkehrswege sind für die Benutzung durch Mitgängerflurförderzeuge oder Handhubwagen auszulegen.

Zusätzlich sind Zwischenlagerbereiche mit Behältern für die verschiedenen Fraktionen (Stahl, Edelstahl, Buntmetalle, Gummi, Kunststoff, Glas, ...), für Geräte, sowie eine Schrottpresse zum Verdichten der Blechgehäuse vorzusehen.

Die Freisetzung von Schadstoffen wie z. B. Asbest aus Haushaltskleingeräten, Gefahrstoffen aus aufgerissenen Kondensatoren oder Batterien, oder Quecksilber z. B. aus Leuchtmitteln ist zu vermeiden. Die Entsorgung hat nach geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu erfolgen. Eine regelmäßige Reinigung der Arbeitsplätze und Verkehrswege mit nichtstaubenden Verfahren ist erforderlich.

Alle Vorgänge des Transports, von der Beladung des Sammelbehälters über evtl. Umladevorgänge des Sammelbehälters bis zum Entladen, haben mit angemessener Vorsicht zu erfolgen.

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Abb. 13.8.4
Zerlegearbeitsplatz für Elektro-/Elektronikschrott mit einem optischen Unterstützungssystem

Sammelbehälter, die nicht mit Gitterboxen befüllt sind, sind auf dem Boden abzusetzen. Nach dem Öffnen der Türen sind die Sammelbehälter langsam in max. 30 ° Schräglage anzuheben und dann langsam so abzuziehen, dass die Altgeräte beim Entladen nicht beschädigt werden. Für diese Maßnahme wird mindestens eine Fläche benötigt, die der 1,5-fachen Länge des Sammelbehälters entspricht. Um den Aufprall der Geräte zu vermindern, wird empfohlen, eine Bodenmatte auszulegen. Für Geräte, Baugruppen oder Bauteile, die wassergefährdende Flüssigkeiten, umweltgefährdende Gase (z. B. in Leuchtstoffröhren) oder Feststoffe (Asbest, Schäume) enthalten oder enthalten können, sind besondere Vorkehrungen zu treffen (Vorhaltung von Bindemittel und geeignete Behälter). Kühlgeräte sind händisch oder geräteunterstützt (Vakuumgreifer) einzeln schonend zu entladen.

Raum für Umkleide und Schulung/Unterweisung

Wegen einer möglichen Schadstoffkontamination der Kleidung der Mitarbeitenden und Beschäftigten sind Umkleideräume mit der Möglichkeit einer Schwarz/Weiß Trennung und Wasch-/Duschgelegenheit vorzusehen.

Für die erforderlichen Schulungen und Unterweisungen aufgrund der unterschiedlichsten Rechtsquellen im Recyclingbereich ist ein entsprechender Schulungsraum vorzusehen Die Unterweisung des Personals hat so zu erfolgen, dass den Anforderungen des ElektroG, § 12 des ArbSchG und § 14 der GefStoffV Rechnung getragen wird. Die Sachkunde bzw. die Personalqualifikation und Berufserfahrung und ggf. die Einweisung durch einen Sachkundigen ist nachzuweisen.

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Abb. 13.8.5
Lagermöglichkeiten für Elektro- und Elektronikschrott

Rechtsquellen, Verordnungen, Literaturhinweise

  • Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) vom 20.10.2015

  • Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG)

  • Verordnung über Entsorgungsfachbetriebe, technische Überwachungsorganisationen und Entsorgergemeinschaften (Entsorgungsfachbetriebeverordnung - EfbV)

  • Mitteilung der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 31: Anforderungen zur Entsorgung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten. Altgeräte-Merkblatt.

  • Technische Regeln für Arbeitsstätten ASR V3a.2 "Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten"

  • DGUV Regel 114-602 "Branche Abfallwirtschaft, Teil II: Abfallbehandlung"

  • DGUV Information 213-733 "Empfehlungen Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGU) nach der Gefahrstoffverordnung - Quecksilberexpositionen bei der Demontage von Flachbildschirmen"

  • VDI Richtlinie 2343 Blatt 1 - 5 "Recycling elektrischer und elektronischer Geräte - Grundlagen und Begriffe"

Die Auflistung ist nicht abschließend und sollte vor Anwendung auf Aktualität geprüft werden.

Bei den Behältern der SG 1 ist die Auslaufsicherheit (Kühlgeräte) zu gewährleisten, Behälterböden dürfen keine undichten Stellen aufweisen.