
Neubauplanung, Modernisierung und Nutzungsänderung von Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) (DGUV Information 207-028)
Abschnitt 1.2 – 1.2 Baurecht
Baurecht bezeichnet die Gesamtheit der Rechtsnormen, die das Bauen betreffen. Das Baurecht tangiert die Sicherheit und Gesundheit in vielen Bereichen, z. B. bei der Gestaltung von Arbeitsstätten, bei Flucht und Rettungswegen, beim Lärmschutz, Brandschutz und beim barrierefreien Bauen. Diese Regelungen findet man überwiegend im öffentlichen Bereich.
Dabei wird üblicherweise unterschieden zwischen dem privaten Baurecht - umfasst die Rechtsnormen des Zivilrechts - und dem
öffentlichen Baurecht - jene Teile des öffentlichen Rechts, die (auch) Bauvorhaben betreffen. Innerhalb des öffentlichen Baurechts wird nochmals unterschieden zwischen dem
Bauplanungsrecht - den Normen, die die Bebaubarkeit von Grundstücken regeln; in Deutschland sind dies im Wesentlichen die Vorschriften des Baugesetzbuches - und dem
Bauordnungsrecht - den Normen, die nähere Vorschriften für einzelne Bauvorhaben regeln wie z. B. Sicherheits- und Gestaltungsvorschriften.
1.2.1 Bauordnung
Das Baurecht liegt in Deutschland im Regelungsbereich der Länder, d.h. jedes Bundesland hat eine eigene Bauordnung erlassen. Die Grundlage für die Landesbauordnungen bildet die Musterbauordnung (MBO) vom November 2002, zuletzt geändert im Mai 2016, erarbeitet von der Arbeitsgemeinschaft der Bauminister der Länder (ARGEBAU). Trotz der gemeinsam erarbeiteten Musterbauordnung unterscheiden sich die Landesbauordnungen in einigen Punkten.
Die Bauordnungen befassen sich unter anderem mit folgenden Themen:
Abstandsflächen, Verkehrsflächen
Anforderungen an Standsicherheit
Wärme- und Schallschutz
Brandschutz, Rettungswege
barrierefreies Bauen
Baugenehmigungsverfahren
Bauüberwachung
Einige Bundesländer haben zu ihren Bauordnungen zusätzlich Verwaltungsvorschriften, Ausführungsverordnungen oder Durchführungsverordnungen erlassen.
1.2.2 Sonderbauvorschriften
Zusätzlich zur allgemeinen Bauordnung können und werden Sonderbauten in entsprechenden Vorschriften geregelt, z. B. Versammlungsstätten, Industriebauten, Beherbergungsstätten, Hochhäuser oder Krankenhäuser.
1.2.3 Vergabe- und Vertragsrecht für Bauleistungen
Vergaberecht-Vorschriften
Das Vergaberecht umfasst alle Vorschriften und Regeln, die das Verfahren für die öffentliche Hand beim Einkauf von Gütern und Leistungen vorschreiben. Immer dann, wenn ein Bundesministerium oder eine Landesbehörde z. B. Papier oder Büromöbel beschaffen oder ein neues Gebäude errichten lassen will, müssen diese Regeln beachtet werden.
Vergabe- und Vertragsordnungen
Die Vergabe- und Vertragsordnungen VOL, VOF und VOB enthalten die Detailvorschriften der Vergabe von Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträgen.
In der Regel erfolgt die Vertragsgestaltung auf der Grundlage von Vergabe- und Vertragsrecht. Da die Vergabevorschriften keine Anforderungen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz enthalten, muss dieser gesondert vertraglich geregelt werden.
Honorarordnung für Architekten und Ingenieure HOAI
Wenn im Rahmen einer Planung oder eines Neu- bzw. Umbaus vom Planenden oder Bauleitenden Leistungen erbracht werden, werden diese in der Regel nach den gültigen Sätzen der HOAI abgerechnet. Die Prozentsätze der Leistungsphasen richten sich an der Nettobausumme aus.
Für den Arbeitsschutz ist dies insofern interessant, da mit einer guten Vorplanung und konkreten Angaben sowohl bei der Planung als auch später im Betrieb viel Geld gespart werden kann.
Die 9 Leistungsphasen nach HOAI
Die Leistungen des Architekten werden im Leistungsbild Gebäude und Innenräume nach § 34 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure HOAI in neun Leistungsphasen für Planung und Ausführung von Gebäuden untergliedert und in ihrem Umfang genau beschrieben.
![]() | Good Practice |
Die größten Einflussmöglichkeiten der am Arbeitsschutz beteiligten Personen liegen insbesondere im Bereich der Leistungsphasen 1-4, also noch vor der Genehmigung des Bauvorhabens. |
1. Phase: Grundlagenermittlung
Klären der Aufgabenstellung hinsichtlich Nutzungsanforderungen, Bauqualitäten, Kostenbudget, Terminen, Beratung zum gesamten Leistungsbedarf.
2. Phase: Vorplanung
Analyse der Grundlagen, Abstimmen der Zielvorstellungen, Erarbeiten eines Planungskonzepts, Untersuchung alternativer Lösungsmöglichkeiten, Planskizzen mit erläuternden Angaben, Vorverhandlungen mit Behörden, Kostenschätzung nach DIN 276:2018-12 "Kosten im Bauwesen".
3. Phase: Entwurfsplanung
Erarbeitung des endgültigen Planungskonzepts mit zeichnerischer Darstellung des Gesamtentwurfs, Objektbeschreibung mit Erläuterungen, Integration der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter, Kostenschätzung nach DIN 276:2018-12 "Kosten im Bauwesen".
4. Phase: Genehmigungsplanung
Erarbeiten und Einreichen der Vorlagen für die erforderlichen Genehmigungen und Zustimmungen, Anträge auf Ausnahmen und Befreiungen.
5. Phase: Ausführungsplanung
Durcharbeiten aller Ergebnisse bis zur ausführungsreifen Lösung, Detail- und Konstruktionszeichnungen im Maßstab 1:50 bis 1:1, zeichnerische Darstellung mit allen notwendigen Einzelangaben für Handwerker und Baufirmen.
6. Phase: Vorbereitung der Vergabe
Ermitteln und Zusammenstellen von Mengen als Grundlage für das Aufstellen der Leistungsbeschreibungen und Leistungsverzeichnisse, Koordination der Leistungsbeschreibung.
7. Phase: Mitwirkung bei der Vergabe
Einholen, Prüfen und Werten von Angeboten, Verhandlungen mit Bietern, Kostenanschlag nach DIN 276:2018-12 "Kosten im Bauwesen", Kostenkontrolle durch Vergleich des Kostenanschlags mit der Kostenberechnung.
8. Phase: Objektüberwachung - Bauüberwachung und Dokumentation
Überwachung der Ausführungen in Übereinstimmung mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und Leistungsbeschreibungen, Überwachung des Zeitplans, Kostenfeststellung nach DIN 276:2018-12 "Kosten im Bauwesen", Abnahme von Bauleistungen, Überwachung der Beseitigung etwaiger festgestellter Mängel, Kostenkontrolle durch Überprüfung der Leistungsabrechnung.
9. Phase: Objektbetreuung
Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf von Verjährungsfristen, Überwachung der Beseitigung von Mängeln, Mitwirkung bei der Freigabe von Sicherheitsleistungen.