DGUV Information 207-010 - Bewegen von Menschen im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege Prävention von Muskel- und Skelett-Erkrankungen

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Abschnitt 4.1 - 4.1 Besonderheiten in bestimmten Arbeitsbereichen

In diesem Abschnitt werden spezielle Arbeitsbereiche auf ihre Besonderheiten in Bezug auf das Bewegen von Menschen betrachtet. Dazu gehören einerseits die Ambulante Pflege und andere Berufsgruppen (z. B. Physiotherapeut*innen, entsprechend qualifizierte Medizinische Fachangestellte, Ärzt*innen), die in den Privatwohnungen erkrankter, hilfe- oder pflegebedürftiger Menschen tätig werden. Besonderheiten in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung werden ebenfalls betrachtet. In speziellen Bereichen wie dem OP, in Funktionsbereichen, der Pathologie oder der Physio-Ergo-Therapie sollten ebenfalls Besonderheiten bezogen auf das Bewegen von Menschen beachtet werden. Dabei ist es nicht von Belang, ob sich diese Bereiche in Krankenhäusern oder in ärztlichen oder therapeutischen Praxen befinden

4.1.1 Ambulante Pflege

Die ambulante Pflege wird hier stellvertretend für alle Berufsgruppen betrachtet, die ihre Gesundheitsdienstleistung in Privatwohnungen hilfe- oder pflegebedürftiger Menschen erbringen. Ein Großteil der hier aufgeführten Aspekte ist auch auf andere Berufsgruppen übertragbar.

Grundsätzlich gelten für die ambulante Pflege die gleichen Schutzziele und Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit wie in stationären Einrichtungen. Da jedoch im privaten Umfeld der zu versorgenden Menschen gearbeitet wird, muss eine Anpassung an diese Situation stattfinden.

Bezogen auf die ergonomische Arbeitsweise trifft dies insbesondere folgende Bereiche:

Arbeitsorganisation

Die Durchführung der Pflege in der Häuslichkeit ist u. a. davon gekennzeichnet, dass im Regelfall eine Person alleine tätig wird. Unternehmensleitungen müssen daher die notwendige Unterstützung für die Beschäftigten durch andere Beschäftigte sowie durch die Beschaffung benötigten Materials auch kurzfristig sicherstellen können.

Mit den zu versorgenden Menschen und ihren Angehörigen sind Vereinbarungen zu treffen, die sowohl den Versorgungsauftrag für die Dienstleistung am Menschen als auch den Gesundheitsschutz der Beschäftigten beinhalten. So sollten vor oder zu Beginn der Übernahme des Pflegeauftrags mit den Betroffenen gemeinsam folgende Rahmenbedingungen beurteilt und ggf. optimiert werden:

  • Arbeitsumgebung in der Häuslichkeit inklusive Planung und Absprache notwendiger Umgestaltungen (z. B. Entfernen von Kabeln als Stolperfallen, Schaffung ausreichender Arbeitsflächen),

  • Ressourcen und Bewegungsabläufe der pflegebedürftigen Person,

  • Beschaffung, Anwendung und Einsatz geeigneter Hilfsmittel (z. B. elektrisch verstellbare Pflegebetten),

  • Unterstützung durch Angehörige der pflegebedürftigen Person.

Grundsätzlich sollten mit den zu versorgenden Menschen und Angehörigen getroffene Absprachen dokumentiert werden (z. B. in der Pflegedokumentation, im Pflegevertrag). So macht die Unternehmensleitung deutlich, dass die Übernahme der häuslichen Versorgung nur in Verbindung mit Maßnahmen zur Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten möglich ist.

Arbeitsplatzgestaltung

Die Optimierung des Arbeitsplatzes bleibt auch im häuslichen Umfeld der zu versorgenden Menschen Aufgabe der Unternehmensleitung. Sie ist dabei jedoch auf die enge Zusammenarbeit mit den Betroffenen angewiesen. Dies betrifft u. a. folgende Aspekte:

  • Beseitigen von Stolperfallen (z. B. Abkleben von Teppichkanten oder herumliegenden Kabeln),

  • Entfernen von Teppichläufern auf glattem Untergrund,

  • Schaffen von Bewegungsraum für die Beschäftigten und den Einsatz von Hilfsmitteln,

  • Schaffen guter Lichtverhältnisse,

  • Ergonomische Anordnung von Arbeitsflächen für die Beschäftigten.

Viele dieser Aspekte kommen nicht nur den Beschäftigten, sondern auch den pflegenden Angehörigen oder der pflegebedürftigen Person zugute. Die Vermeidung von Stolperfallen ist beispielsweise ein zentraler Bestandteil der Sturzprävention.

Verweigern die zu versorgenden Personen bestimmte notwendige Arbeitsschutzmaßnahmen (z. B. Hilfsmitteleinsatz) - was ihr gutes Recht ist - und es gibt keine andere Möglichkeit, das angestrebte Schutzziel für die Beschäftigten zu erreichen, kann der Versorgungsauftrag aus Sicht von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit nicht angenommen werden. Solche Konstellationen sollten mit den Kostenträgern (z. B. Pflege- und Krankenkassen) thematisiert werden.

Einsatz von Hilfsmitteln

Auch wenn die Durchführung der Pflege in privater Häuslichkeit geleistet wird, ist die Unternehmensleitung in der Pflicht, sich um die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten zu kümmern. Dies ist an manchen Stellen beim Hilfsmittelmanagement komplexer und komplizierter als in einer stationären Einrichtung.

Der Einsatz und die Lagerung - insbesondere unübersehbarer Hilfsmittel wie Lifter - ist in der Häuslichkeit von Seiten der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen oft mit Vorbehalten belegt. Der Einsatz eines Pflegedienstes bedeutet zwar einerseits Hilfestellung, anderseits dringt der Pflegedienst auch in die Privatsphäre der Menschen ein. Oftmals sind zudem noch Veränderungen des häuslichen Wohnumfeldes notwendig. Dazu ist immer die Zustimmung der Betroffenen erforderlich.

Das Agieren in einer solch komplexen Situation ist für jede Unternehmensleitung eine Herausforderung. Dieser müssen sie sich allerdings stellen.

Es ist hilfreich, den zu versorgenden Menschen Argumente zu nennen, die diese inhaltlich nachvollziehen können. So spricht z. B. für den individuellen Einsatz von Liftern:

  • die Steigerung von Pflegequalität und -sicherheit durch die Vermeidung von Überlastungen und Sturzgefahr auf Seiten der pflegebedürftigen Person,

  • das Erhalten der Gesundheit und somit der kontinuierlichen Einsatzfähigkeit der pflegenden Personen.

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Abb. 10
Hilfsmitteleinsatz

Pflegebedürftige Personen haben z. B. nach § 40 SGB XI (Pflegeversicherungsgesetz) Anspruch auf Pflegehilfsmittel und technische Hilfen, die

  • zur Erleichterung der Pflege,

  • zur Linderung der Beschwerden und

  • zur selbstständigen Lebensführung

dienen.

Pflegebedürftige Personen und ihre Angehörigen können (alleine oder mit Unterstützung z. B. ihres häuslichen Pflegedienstes) solche Hilfsmittel ohne Rezept der Hausarztpraxis beantragen. Dies sollte in enger Absprache zwischen den zu versorgenden Menschen und dem Pflegedienst geschehen. Die Unternehmensleitung muss jedoch sicherstellen, dass alle notwendigen Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Insofern dient die Unterstützung der pflegebedürftigen Menschen in diesem Bereich auch zugleich dem betrieblichen Gesundheitsmanagement.

Zu beachten ist hier, dass

  • das ausgesuchte Hilfsmittel auch für den geplanten Bewegungsablauf passend und sinnvoll ist,

  • die Handhabung des Hilfsmittels durch die Beschäftigten im Rahmen gesetzlich vorgeschriebener Unterweisungen vor Nutzung eingeübt werden kann und

  • die pflegebedürftige Person langsam an das Hilfsmittel gewöhnt wird und den Einsatzzweck verstehen kann.

  • Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch ein Anspruch auf Transferhilfsmittel über die gesetzliche Krankenversicherung bestehen. Dann ist jedoch ein Rezept des Hausarztes nötig.

g_bu_1433_as_30.jpgFazit 1: Das ist wichtig für Sie als UNTERNEHMENSLEITUNG
Auch in der Häuslichkeit der zu versorgenden Menschen liegt die Verantwortung für eine sichere Arbeitsplatzgestaltung bei Ihnen als Leitung.

Treffen Sie Absprachen mit den zu versorgenden Menschen und dokumentieren Sie diese Absprachen.

g_bu_1433_as_30.jpgFazit 2: Das ist wichtig für Sie als BESCHÄFTIGTE
Auch in der Häuslichkeit der zu versorgenden Menschen sind die Vorgaben der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes einzuhalten.

4.1.2 Einrichtungen für Menschen mit Behinderung

Zu den Einrichtungen für Menschen mit Behinderung (Behindertenhilfe) zählen u. a. Beratungsstellen, Kindergärten, Sonderschulen, Werkstätten oder Wohnheime für Menschen mit Behinderung. Bezogen auf das Bewegen von Menschen sind entsprechend spezifische Besonderheiten zu beachten, die jedoch an dieser Stelle nicht alle aufgeführt werden können.

Stattdessen wird der Fokus auf einige besondere Aspekte gelegt, die in der Mehrzahl der Einrichtungen von Bedeutung sind.

Arbeitsorganisation

Grundsätzlich orientiert sich die Organisation der Arbeit u. a. an den zu erledigenden Arbeitsaufgaben. So gibt es in vielen Einrichtungen und Diensten für Menschen mit Behinderung insbesondere wochentags "Abhol- und Ankunftszeiten". Beispielsweise sind viele Bewohnerinnen und Bewohner von Wohnheimen in Werkstätten für Menschen mit Behinderung tätig. Dort müssen sie zu Schichtbeginn eintreffen und nach Schichtende verlassen sie die Werkstatt wieder. Ähnliches gilt für Kinder in Kindergärten oder in Schulen. Dies bedeutet, dass z. B. in Wohnheimen viele Menschen in einem engen Zeitkorridor unterstützt werden müssen, bevor sie zur Arbeit gehen oder gefahren werden können. Gleichzeitig kommen die meisten von ihnen nach getaner Arbeit relativ zeitgleich wieder zurück in das Wohnheim. Entsprechend des jeweiligen Unterstützungsbedarfs muss der Personaleinsatz sowie der Einsatz vorhandener Hilfsmittel gut geplant werden. Dies gilt natürlich umgekehrt ebenso für Schulen, Kindertageseinrichtungen und Werkstätten, in denen morgens viele Menschen ankommen und nachmittags wieder abgeholt werden.

Dies wird in der Regel mit Schichtplänen geleistet, die morgens und nachmittags eine höhere Personalbesetzung vorsehen. In der Regel ist die Personalbesetzung in den Wohnheimen zu den Arbeitszeiten in den Werkstätten jedoch stark reduziert. Hier muss der Dienstplan dennoch so gestaltet sein, dass z. B. Hilfe schnell organisiert werden kann, gerade wenn beispielsweise krankheitsbedingt Bewohner nicht arbeiten gehen können. Springerdienste können für eine kurzfristige höhere Personalbesetzung sorgen.

Arbeitsplatzgestaltung

Auch die Gestaltung des Arbeitsplatzes muss sich an den Anforderungen der Tätigkeiten orientieren. In Beratungseinrichtungen sind diese selbstverständlich anders als in Kindertageseinrichtungen, Schulen, Werkstätten oder Wohnheimen. Verbindlich ist jedoch, dass überall die Anforderungen der Barrierefreiheit sowohl für die Beschäftigten als auch für Klientinnen und Klienten beachtet werden müssen.

Für die Arbeitsplatzgestaltung in Wohnheimen gilt in Analogie zu z. B. Pflegeheimen: Hier handelt es sich nicht nur um Arbeitsplätze, sondern auch um Wohnraum für die dort lebenden Menschen. Daher gilt, die Ansprüche an die Gesunderhaltung am Arbeitsplatz mit den Ansprüchen z. B. nach Behaglichkeit und dem Ausdruck individueller Einrichtungsvorlieben in Einklang zu bringen. Dies ist allerdings nicht immer leicht. Daher ist es sinnvoll, dieses Thema in die Wohnverträge mit den Bewohnerinnen und Bewohner und ihren Angehörigen zu integrieren. So können präventiv potentiell kritische Aspekte (z. B. Wie viele eigene Möbel können mitgebracht werden? Warum nicht mehr? Warum sind Teppiche ungünstig?) zu regeln.

Einsatz von Hilfsmitteln

Auch in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung ist oftmals der Einsatz von Hilfsmitteln unumgänglich und muss daher rechtlich betrachtet genauso gehandhabt werden wie in stationären Pflegeeinrichtungen.

Dennoch gibt es Besonderheiten, die auch besondere Lösungen benötigen. Dies kann z. B. ein höherer Material- oder Organisationsbedarf sein.

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Abb. 11
Fahrzeugeigene Hebebühne für Rollstuhlfahrer

So ist beispielsweise eine große Anzahl von Menschen mit Behinderung auf eigens für sie angefertigte Spezialhilfsmittel (z. B. Sitzschalenrollstühle) angewiesen. Dies wiederum kann sich auf den Einsatz von Liftern auswirken. So ist es oftmals kaum möglich, Liftertücher in Sitzschalen sachgerecht einzubringen, wenn die zu transferierende Person bereits in der Sitzschale sitzt. Hier sollten dann Liftertücher verwendet werden, die in der Sitzschale verbleiben können.

Dies kann wiederum zu einem erhöhten organisatorischen Aufwand führen. So müssen beispielsweise die zu Hause oder im Wohnheim verwendeten Liftertücher mit den Liftern in der Schule oder Werkstatt kompatibel sein. Deutlicher gesagt: Liftertücher und Lifter können immer nur miteinander verwendet werden, wenn sie gemäß Herstellerangaben und MPG miteinander kompatibel sind.

Gleichzeitig muss geklärt werden, wer für die Bereitstellung, Instandhaltung und Wartung der Hilfsmittel zuständig ist. Hier müssen Werkstätten, Schulen, Wohnheime, Eltern oder Betreuerinnen und Betreuer sowie Kostenträger gut kooperieren.

Insbesondere für Förderbereiche in Schulen, Kindergärten oder Werkstätten sind Deckenliftersysteme zu empfehlen.

g_bu_1433_as_30.jpgFazit 1: Das ist wichtig für Sie als UNTERNEHMENSLEITUNG
Beziehen Sie die Besonderheiten der jeweiligen Einrichtung und Dienste in alle Planungen ein.

g_bu_1433_as_30.jpgFazit 2: Das ist wichtig für Sie als BESCHÄFTIGTE
Maßnahmen für die Sicherheit und Gesundheit dienen sowohl der Sicherheit der Menschen mit Behinderung als auch Ihnen - daher sind sie einzuhalten.

4.1.3 Funktionsdienste (z. B. Röntgen, Endoskopie, EKG)

In den Funktionsdiensten sind die Beschäftigten verschiedenen Belastungen des Stütz- und Bewegungsapparates ausgesetzt. Bezogen auf das Bewegen/die Bewegungsunterstützung hilfebedürftiger Menschen sind dies insbesondere folgende Tätigkeiten:

  • das Umbetten von Menschen z. B. vom Bett auf den Röntgentisch/die Untersuchungsliege,

  • das Umsetzen von Menschen z. B. vom Rollstuhl auf den Röntgentisch/die Untersuchungsliege,

  • das Positionieren von Menschen für/bei Untersuchungen,

  • das Untersuchen von Menschen in ungünstigen Körperhaltungen.

Arbeitsplatzgestaltung

Die Gestaltung des Arbeitsplatzes in den Funktionsdiensten muss vielerlei Anforderungen genügen.

So müssen z. B. die Verkehrswege ausreichend breit sein, um Menschen liegend befördern zu können. Türen sollten selbstständig und berührungslos zu öffnen sein. Die Beschaffenheit des Fußbodens muss ein leichtgängiges Rollen der Betten, Rollstühle, Untersuchungsgeräte und anderer Materialien sicherstellen. Die Räumlichkeiten sollten ausreichend Bewegungsfreiraum bieten und barrierefrei sein. Untersuchungsliegen, Röntgentische etc. sollten von beiden Seiten zugänglich sein. Monitore sollten so angebracht sein, dass sie eine ergonomische Körperhaltung ermöglichen.

Einsatz von Hilfsmitteln

Zum Umbetten/Umsetzen und Drehen von Menschen ist ein Deckenschienensystem das Mittel der ersten Wahl. Ggfs. können dafür auch Einmal-Liftertücher Anwendung finden. Der Einsatz des Rollbretts ist erleichternd aber dennoch nicht belastungsarm für das Personal. Mindestens zwei Beschäftigte - bei schwergewichtigen Personen bis zu sechs Beschäftigte - müssen zur Verfügung stehen. Es sollten auf jeden Fall röntgendurchlässige möglichst leichte Rollbretter ggfs. mit zusätzlichen Schutzbezügen zum Einsatz kommen. Für schwergewichtige Personen können diese ggfs. mit einer entsprechenden Gleitmatte kombiniert werden.

Es ist zu überlegen, ob eine Person wirklich immer umgelagert werden muss oder ob nicht bestimmte Untersuchungen/Röntgenaufnahmen auch im Bett vorgenommen werden können.

Zum Drehen von Personen können auch entsprechend große Gleitmatten und ggfs. Antirutschmatten eingesetzt werden; diese sollten in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen.

Untersuchungsliegen, Röntgentische etc. müssen elektrisch höhenverstellbar sein und elektrisch verstellbare Kopfteile haben.

Mobile Röntgengeräte sollten so leicht und fahrfreundlich wie möglich sein. Da sie schwer zu rangieren sind, sollten sie nur in dringenden Fällen zum Einsatz kommen.

Ergonomische Stühle sollten für das Sitzen bei Untersuchungen wie z. B. bei Endoskopie, Katheteruntersuchungen oder Ultraschall zur Verfügung stehen.

Geeignete kippsichere Aufstiegshilfen sollten für kleinere Personen zur Verfügung stehen.

Lagerungsmöglichkeiten für Hilfsmittel sollten ortsnah zur Verfügung stehen.

Alle fahrbaren Arbeitsmittel sollten ergonomische Griffe in einer geeigneten Greifhöhe haben; ihre Rollen sollten regelmäßig geprüft und gewartet und ggfs. ausgetauscht werden.

g_bu_1433_as_30.jpgFazit 1: Das ist wichtig für Sie als UNTERNEHMENSLEITUNG
Organisieren Sie Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze so, dass möglichst wenige Transfers bei den zu untersuchenden Menschen durchgeführt/unterstützt werden müssen.

g_bu_1433_as_30.jpgFazit 2: Das ist wichtig für Sie als BESCHÄFTIGTE
Die sichere und gleichzeitig ergonomische Bewegungsunterstützung anderer Personen ist mit Hilfsmitteln sehr gut durchführbar. Nutzen Sie die zur Verfügung gestellten Hilfsmittel.

4.1.4 Operationsbereich (OP)

Im OP sind die Beschäftigten verschiedenen Belastungen des Stütz- und Bewegungsapparates ausgesetzt. Bezogen auf das Bewegen/die Bewegungsunterstützung bei anderen Menschen sind dies insbesondere folgende Tätigkeiten:

  • das Umbetten von Personen beim Ein- und zum Teil verstärkt beim Ausschleusen,

  • das Lagern/Umlagern der zu operierenden Menschen auf dem OP-Tisch,

  • das längere Halten einzelner Körperteile z. B. zur Hautdesinfektion.

Einige ausgesuchte Aspekte für ergonomisches Arbeiten im OP werden diesbezüglich hier allgemein benannt. Der Vorgang des Ein- und Ausschleusens wird ausführlicher betrachtet.

Arbeitsplatzgestaltung

Die Gestaltung des Arbeitsplatzes "OP" muss vielerlei Anforderungen genügen.

So müssen z. B. die Verkehrswege ausreichend breit sein, um Menschen liegend transportieren zu können. Türen sollten selbstständig und berührungslos zu öffnen sein. Die Beschaffenheit des Fußbodens garantiert ein leichtgängiges Rollen der OP-Lafetten und anderer Materialien.

Wenn in bestimmten OP-Sälen immer wieder Operationen durchgeführt werden, bei denen die zu Operierenden im Laufe der Operation gedreht werden müssen, kann ein geeignetes Deckenliftersystem sinnvoll sein.

Hilfsmittel sollten also bedarfsgerecht zur Verfügung stehen. Dies kann auch bedeuten, dass Lagerungsmöglichkeiten für mobil zu verwendende weitere Hilfsmittel (z. B. Gleithilfen) eingeplant werden müssen.

Einsatz von Hilfsmitteln

Neben den bereits erwähnten Transferhilfsmitteln (Deckenliftersystem, OP-Lafette) können im OP weitere Hilfsmittel zu Bewegungsunterstützung zum Einsatz kommen.

Neben Lagerungshilfen am OP-Tisch können Rollbretter oder auch Gleithilfen (z. B. bei der Umlagerung in Bauchlage) sinnvoll eingesetzt werden.

Arbeitskleidung

Auch die Arbeitskleidung im OP muss verschiedenen Anforderungen gerecht werden. So soll sie z. B. Verspannungen durch den Luftzug der Klimaanlage verhindern, aber auch die Bewegungsfreiheit nicht einengen.

Ein- und Ausschleusen

Idealerweise werden Menschen mittels eines Umbetters vom Bett auf den OP-Tisch (Einschleusen) bzw. vom OPTisch ins Bett (Ausschleusen) transferiert. Die Umlagerung der Patienten erfolgt, indem die Liegefläche mit Umrollmechanik unter den Körper gleitet und so für einen sicheren Transfer vom Bett auf den OP-Tisch oder umgekehrt sorgt.

Stationäre Umbetter sind in der Schleuse fest installiert. Mobile Systeme können an unterschiedlichen Orten eingesetzt werden.

Umbetter dienen einerseits der Entlastung des einschleusenden Personals, weil durch sie das manuelle Umlagern und Transferieren entfällt. Andererseits ermöglichen sie für Patientinnen und Patienten einen sicheren Transfer, da ihr Gewicht vom Umbetter und nicht vom Personal getragen wird.

Bei fachgerechtem Einsatz des Umbetters ist davon auszugehen, dass sich die physische Belastung für das einschleusende Personal stark reduziert. Insbesondere beim Einschleusen sind viele Menschen noch so mobil, dass sie die meisten Bewegungen weitgehend selbstständig durchführen können. Das "einschleusende Personal" unterstützt beim Umlagern und achtet z. B. auf Infusionsschläuche, Katheter oder andere Sonden.

Beim Ausschleusen kann der physische Einsatz der Beschäftigten in der Schleuse größer sein. Auch wenn der Umbetter weiterhin das Gewicht übernimmt, benötigen die meisten Menschen postoperativ mehr Unterstützung.

Es muss beim Umlagern auf Drainagen oder Infusionsschläuche geachtet werden. Je nach operierter Körperregion und Größe des OP-Gebietes sind Patientinnen und Patienten aufgrund der Narkose oder großflächigen Verbänden oder auch Schmerzen oft stark bewegungseingeschränkt.

Aufgrund dessen ist beim Ausschleusen besonders auf die ergonomische Arbeitsweise und gute Absprachen zwischen den Beteiligten zu achten.

g_bu_1433_as_30.jpgFazit 1: Das ist wichtig für Sie als UNTERNEHMENSLEITUNG
Bezogen auf die Bewegung / Bewegungsunterstützung von Menschen im OP sind die zu betrachtenden Tätigkeiten gut abzugrenzen. Entsprechend können Sie gezielte Maßnahmen ergreifen.

g_bu_1433_as_30.jpgFazit 2: Das ist wichtig für Sie als Beschäftigte
Die sichere und gleichzeitig ergonomische Bewegungsunterstützung anderer Personen ist mit Hilfsmitteln sehr gut durchführbar. Nutzen Sie die zur Verfügung gestellten Hilfsmittel.

4.1.5 Physio-/Ergotherapie

Nicht alle Menschen, die in der Physio- bzw. Ergotherapie behandelt werden, sind mobil. Therapeutinnen und Therapeuten sind somit verschiedenen Belastungen des Stütz- und Bewegungsapparates bezogen auf das Bewegen/die Bewegungsunterstützung von Menschen bei der Therapie ausgesetzt; dies sind insbesondere folgende Tätigkeiten:

  • das Mobilisieren von Menschen,

  • das Umsetzen von Menschen z. B. vom Bett in den Rollstuhl/Mobilisationsstuhl,

  • das therapeutische Positionieren von Menschen für verschiedene Prophylaxen und Therapien,

  • das Behandeln von Menschen in ungünstigen Körperhaltungen.

Arbeitsplatzgestaltung

Die Gestaltung des Arbeitsplatzes für bewegungstherapeutische Maßnahmen muss vielerlei Anforderungen genügen. Die Räumlichkeiten sollten ausreichend Bewegungsfreiraum bieten und barrierefrei sein. Behandlungsliegen sollten von beiden Seiten zugänglich sein.

Einsatz von Hilfsmitteln

Zum Mobilisieren von Menschen ist ein Deckenschienensystem das Mittel der ersten Wahl. Ggfs. können auch Einmal-Liftertücher Anwendung finden. Für den Einsatz auf bettenführenden Stationen oder in Pflegeeinrichtungen sollten neben Deckenschienensystemen auch mobile Lifter und Positionswechselhilfen für Therapeutinnen und Therapeuten zur Verfügung stehen. Vollelektrisch verstellbare Tagespflegestühle sind für die Mobilisation unverzichtbar.

Kleine Hilfsmittel wie Rutschbrett, Beingurt, Haltegurt und Bettzügel sollten ebenso wie Rollatoren und Gehhilfen in verschiedenen Ausführungen in ausreichender Anzahl für den personenbezogenen Einsatz zur Ausstattung der Abteilung gehören.

Zum therapeutischen Positionieren der zu behandelnden Personen sollten Gleitmatten und ggfs. Antirutschmatten eingesetzt werden sowie geeignetes Material zur Positionsunterstützung wie Schlangen oder Halbmondkissen eingesetzt werden; diese sollten in ausreichender Anzahl zum patientenbezogenen Einsatz zur Verfügung stehen.

Eine enge Absprache und Zusammenarbeit zwischen Therapie und Pflege ist beim Einsatz der Hilfsmittel unverzichtbar. Behandlungsliegen müssen fahrbar und vollelektrisch verstellbar sein sowie für unterschiedliche Gewichtsklassen ausgelegt sein. Ergonomische Stühle sollten für das Sitzen bei Behandlungen zur Verfügung stehen.

Geeignete kippsichere Aufstiegshilfen sollten für kleinere Menschen zur Verfügung stehen. Lagerungsmöglichkeiten für Hilfsmittel sollten ortsnah zur Verfügung stehen.

Bei allen fahrbaren Arbeitsmitteln sollten die Rollen regelmäßig geprüft und gewartet und ggfs. ausgetauscht werden.

Behandlungsliegen
Damit eine Behandlungsliege nur von geschulten Personen verstellt werden kann, muss sie mit einer Sicherheitsvorrichtung ausgerüstet sein. Die Bedienung der Liege darf nur dann möglich sein, wenn die autorisierte Person die Sicherheitsvorrichtung abgeschaltet hat. Nach jeder Nutzung der Liege muss diese wieder eingeschaltet werden. Ein tödlicher Unfall ereignete sich, da der Sicherungsstift einer sogenannten "Sperrbox" nach Behandlungsende nicht herausgezogen wurde (vgl. BGW Mitteilungen, Ausgabe 2/2017).

4.1.6 Pathologie

In der Pathologie werden ebenfalls Menschen bewegt. Hier ist der Transfer primär nach ergonomischen Gesichtspunkten zu gestalten. Dies schließt einen würdevollen Umgang mit den Verstorbenen ein.

Es ist davon auszugehen, dass insbesondere folgende Transfers von Verstorbenen oder von Leichenteilen vorkommen:

  • beim Verbringen in eine Kühlzelle (zur Aufbewahrung),

  • bei Entnahme aus der Kühlzelle (z. B. zur Aufbahrung, zur Abholung durch Bestatter),

  • bei notwendigen Obduktionen (aus der/in die Kühlzelle/auf den/herunter vom Obduktionstisch).

Arbeitsplatzgestaltung

Bei der baulichen Gestaltung ist bereits im Rahmen der Planung zu berücksichtigen, dass ergonomisches Arbeiten ausreichend Platz benötigt. So muss z. B. bei einer durchschnittlichen Sarggröße von 200cm x 70cm x 65cm der Bereich vor den Kühlzellen und -boxen mindestens eine Breite von 3 Metern aufweisen, damit notwendige Rangierräume für den Einsatz von Hilfsmitteln vorhanden ist. Auch um den Obduktionstisch sind entsprechende Rangierräume einzuplanen. Die Rangierräume sollten nicht als Lagerfläche eingeschränkt werden

Türen und Tore der Leichenaufbewahrungs- und Kühlräume sollten mindestens 1,70 Meter breit sein (DGUV Information 207-017 "Neu- und Umbauplanung im Krankenhaus unter Gesichtspunkten des Arbeitsschutzes - Anforderungen an Funktionsbereiche").

Bodenbeläge sind neben hygienischen Anforderungen auch auf die leichtgängige Nutzung von Hilfsmitteln mit Rollen zu gestalten.

Einsatz von Hilfsmitteln

Für die ergonomische Arbeitsweise beim Transfer von Verstorbenen/Leichenteilen stehen inzwischen auch zahlreiche Hilfsmittel zur Verfügung. Hierzu zählen u. a.

  • höhenverstellbare Leichenmuldenhubwagen (hydraulisch oder elektrisch verstellbar),

  • höhenverstellbare Leichenmuldentransportwagen,

  • höhenverstellbare Scherenwagen,

  • Bodylifter (Leichenlifter),

  • Rollbretter,

  • Transfertücher,

  • Gleitfolien,

  • höhenverstellbarer Obduktionstisch.

Auch hier gilt, dass die zur Verfügung gestellten Hilfsmittel entsprechend ihres Zwecks sach- und fachgerecht verwendet werden müssen.

g_bu_1433_as_30.jpgFazit 1: Das ist wichtig für Sie als UNTERNEHMENSLEITUNG
Planen und statten Sie auch Pathologien nach ergonomischen Grundsätzen aus.

g_bu_1433_as_30.jpgFazit 2: Das ist wichtig für Sie als BESCHÄFTIGTE
Auch in der Pathologie sind die Vorgaben der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes einzuhalten und z. B. Hilfsmittel entsprechend zu nutzen.