DGUV Information 201-060 - Vermessungsarbeiten

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Abschnitt 2.2 - 2.2 Organisation des Arbeitsschutzes

2.2.1 Gefährdungsbeurteilung

Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Arbeitsschutzinstrument, um Gefährdungen zu ermitteln, zu bewerten und auf dieser Grundlage Schutzmaßnahmen festzulegen. Sie muss auf eine bestimmte Tätigkeit oder einen bestimmten Arbeitsplatz bezogen sein, um daraus auf die individuelle Gefährdungslage zugeschnittene Schutzmaßnamen ableiten zu können. Gleichartige Arbeitsplätze können hierbei zusammen betrachtet werden.

Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen sollen nicht nur Unfallgefahren, z. B. im Straßenverkehr, berücksichtigt werden, sondern auch Gesundheitsgefahren, wie z. B. Infektionskrankheiten nach einem Zeckenstich oder auch Risiken für die psychische Gesundheit der Beschäftigten, z. B. durch Zeitdruck. Zudem sind Beschäftigungsbeschränkungen und -verbote für bestimmte Personengruppen, z. B. Jugendliche oder Schwangere, zu beachten.

Wurden die Gefährdungen ermittelt und deren Gesundheitsrisiken nach der Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere der Folgen bewertet, müssen dazu passende Schutzmaßnahmen festgelegt und durchgeführt werden. Dabei gilt das "STOP-Prinzip" (siehe Abbildung 1): Zuerst muss geprüft werden, ob die Gefahrenquelle beseitigt werden kann. Dies würde z. B. bedeuten, ein Arbeitsmittel durch ein weniger gefährliches Arbeitsmittel zu ersetzen (Substitution). Ist ein Ersatz nicht möglich, müssen technische Schutzmaßnahmen angewendet werden. Wenn diese nicht umsetzbar sind, sind organisatorische Maßnahmen durchzuführen. Erst wenn die technischen und organisatorischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kommen persönliche Schutzmaßnahmen, z. B. persönliche Schutzausrüstungen, in Betracht.

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Abb. 1
STOP-Prinzip

Damit die Schutzmaßnahmen tatsächlich wirkungsvoll sind und kontinuierlich verbessert werden können, muss die Durchführung konsequent überwacht und deren Wirksamkeit im Anschluss überprüft werden. Die Dokumentation aller Prozesse und Festlegungen in Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung sollte obligatorisch sein, zumal damit der unternehmerischen Nachweispflicht nachgekommen wird.

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Abb. 2
Vorgehensweise bei der Gefährdungsbeurteilung

2.2.2 Unterweisung

Arbeitgeber sind verpflichtet, Beschäftigte über die Gefahren einer Tätigkeit sowie über entsprechende Maßnahmen und betriebliche Regelungen, z. B. Betriebsanweisungen, zu unterweisen und diese Unterweisung zu dokumentieren. Bestandteil der Unterweisung muss außerdem die Vermittlung von tätigkeitsspezifischen Vorgaben aus dem Regelwerk des Staates und der Unfallversicherungsträger in verständlicher Weise (z. B. hinsichtlich der Sprache) sein.

Statt die Unterweisung selbst durchzuführen, kann ein Arbeitgeber auch eine zuverlässige und fachkundige Person damit beauftragen. Unterweisungen müssen zudem mindestens einmal pro Jahr durchgeführt werden, bei Jugendlichen halbjährlich. Zusätzlich ist eine Unterweisung erforderlich vor Aufnahme einer Tätigkeit, bei Zuweisung einer neuen Tätigkeit, bei Veränderungen im Aufgabenbereich oder in den Arbeitsabläufen sowie anlassbezogen (z. B. nach einem Arbeitsunfall).

Unterweisungen können zudem durch Online-Tools oder Software unterstützt werden. Diese Hilfsmittel sollen und können jedoch nicht die persönliche Unterweisung am Arbeitsplatz ersetzen.

2.2.3 Koordinierung von Arbeiten

Bei Vermessungsarbeiten auf fremdem Betriebsgelände muss der Auftraggeber sicherstellen, dass die spezifischen Arbeitsschutzregelungen des Betriebes bekannt sind. Falls noch weitere Fremdfirmen auf dem Betriebsgelände tätig sind, muss sich das mit den Vermessungsarbeiten beauftragte Unternehmen mit den anderen Firmen bezüglich der Arbeitssicherheit abstimmen.

Insbesondere auf Baustellen arbeiten häufig Beschäftigte verschiedener Unternehmen. Hier gibt es in der Regel einen Koordinator oder eine Koordinatorin, der oder die die Zusammenarbeit der Unternehmen bezogen auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz organisiert ("SiGeKo"). Bei umfangreichen und besonders gefährlichen Bauarbeiten erstellt der oder die SiGeKo einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan ("SiGePlan") mit den für die Arbeiten geltenden Arbeitsschutzregelungen und Sicherheitsmaßnahmen.

2.2.4 Alleinarbeit

Alleinarbeit heißt, dass eine Person außerhalb von Ruf- und Sichtweite anderer Personen arbeitet. Besonders wenn "gefährliche Arbeiten" von einer Person allein ausgeführt werden müssen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, für weitergehende technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen zu sorgen. "Gefährlichen Arbeiten" nach DGUV Vorschrift 1 bedeutet, dass sich eine erhöhte Gefährdung aus dem Arbeitsverfahren, der Art der Tätigkeit, den verwendeten Stoffen oder der Umgebung ergibt. Zu den Schutzmaßnahmen gehören z. B. regelmäßige Kontrollgänge einer zweiten Person, Funkmeldesysteme oder Personen-Notsignal-Anlagen.

2.2.5 Erste Hilfe

Die Organisation einer wirksamen Ersten Hilfe ist eine Grundpflicht des Arbeitgebers. Dazu gehört die Bereitstellung des notwendigen Erste-Hilfe-Materials in Form von Verbandskästen nach DIN 13157 (klein) oder DIN 13169 (groß). Im Außendienst kann auch der Kraftwagen-Verbandskasten nach DIN 13164 verwendet werden. Zudem sollten den Beschäftigten für einen Notruf Meldeeinrichtungen wie Sprechfunkgeräte oder Mobiltelefone zur Verfügung stehen. Jedem Vermessungstrupp muss mindestens eine Ersthelferin oder ein Ersthelfer angehören. Voraussetzung für die Übernahme dieser Aufgabe ist die erfolgreiche Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Lehrgang sowie die Erste-Hilfe-Fortbildung alle zwei Jahre. Unabhängig von der zwingenden Vorgabe ist eine Erste-Hilfe-Ausbildung für alle Beschäftigten empfehlenswert, die im Außendienst tätig sind.

Erste-Hilfe-Leistungen müssen aufgezeichnet und die Aufzeichnungen mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden. Dafür eignen sich für Vermessungstrupps z. B. der Meldeblock aus der DGUV Information 204-021 "Dokumentation der Erste-Hilfe-Leistungen" oder das so genannte Verbandbuch.

Bei Vermessungsarbeiten auf fremdem Betriebsgelände und Baustellen sollten unbedingt Informationen über die dort vorgesehenen Notfallmaßnahmen eingeholt werden.

Gegebenenfalls kann die Gefährdungsbeurteilung ergeben, dass für den jeweiligen Arbeitseinsatz spezielles Erste-Hilfe-Material, z. B. eine Zeckenzange, erforderlich ist.

2.2.6 Arbeitsmedizinische Prävention

Zur arbeitsmedizinischen Prävention gehören unter anderem die Beteiligung der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes an der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung, die Durchführung von allgemeinen Beratungen und die individuelle arbeitsmedizinische Vorsorge. Je nach Ergebnis dieser Vorsorge müssen vom Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Beschäftigten ergriffen werden.

2.2.7 Qualifikation

Um Risiken richtig einschätzen und mit passenden Maßnahmen begegnen zu können, sind Fachwissen und Kompetenz im Bereich Arbeitsschutz erforderlich. Aus diesem Grund sollten Möglichkeiten zur Fortbildung im Thema Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit geschaffen werden. Berufsgenossenschaften, Unfallkassen und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung bieten ein umfangreiches Programm dieser Qualifizierungsmöglichkeiten für unterschiedliche Zielgruppen an. Die Kosten für die Qualifizierungsmaßnahmen werden in der Regel von den Unfallversicherungsträgern übernommen.

Rechtliche Grundlagen und weitere Informationen
  • Arbeitsschutzgesetz

  • Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)

  • DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

  • DGUV Regel 100-001 "Grundsätze der Prävention"

  • DGUV Information 204-007 "Handbuch zur Ersten Hilfe"

  • DGUV Information 204-021 "Dokumentation der Erste-Hilfe-Leistungen"

  • DGUV Information 212-139 "Notrufmöglichkeiten für allein arbeitende Personen"