DGUV Information 206-009 - Suchtprävention in der Arbeitswelt Handlungsempfehlungen

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Abschnitt 7.3 - 7.3 Häufige gestellte Fragen zum rechtssicheren Handeln im (Alkohol)-Akutfall

Ab welchem Grad der Alkoholisierung muss ich als Führungskraft handeln?

Auf die Promillezahl kommt es nicht an und niemand muss einen vermuteten Alkoholkonsum beweisen. Lassen Sie sich nicht auf Diskussionen über Promillegrenzen ein.

Sie entscheiden nach Ihrem subjektiven Eindruck, ob eine beschäftigte Person weiterarbeiten kann. Sie müssen handeln, sobald eine Beeinträchtigung vorliegt und Sie nach ihrer eigenen Lebenserfahrung davon überzeugt sind, dass die betroffene Person ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht mehr hinreichend erfüllen kann.

Besteht kein absolutes Alkoholverbot und die betroffene Person hat lediglich eine "Alkoholfahne" ohne weitere erkennbare Beeinträchtigungen, genügt es, sich zu vergewissern, dass weder Eigen- noch Fremdgefährdung besteht. Um die Sicherheit zu gewährleisten, darf die Person jedoch nicht mit gefahrgeneigten Tätigkeiten (z. B. Führen von Fahrzeugen) beauftragt werden.

Bei offensichtlichen Veränderungen im Auftreten und Verhalten infolge der Alkoholisierung darf die betroffene Person auf keinen Fall weiterarbeiten und Sie müssen für einen sicheren Nachhauseweg bis hin zur Außenhaustür sorgen. Spätestens am folgenden Arbeitstag muss dann ein Vorgesetztengespräch stattfinden. In der folgenden Zeit beobachten sie sorgfältig, ob sich solche Vorfälle wiederholen.

Wie sorge ich als Führungskraft für einen sicheren Heimtransport?

Auf gar keinen Fall dürfen Beschäftigte, die desorientiert wirken oder kaum noch ansprechbar sind, unbeaufsichtigt bleiben. Ebenso wenig dürfen sie auf dem Nachhauseweg sich selbst überlassen werden.

Für einen sicheren Heimtransport sind Sie verantwortlich. Hierbei geht es nicht nur um die zurückzulegende Strecke, sondern um eine Sicherung des Heimwegs bis zur Haustür. Aus Gründen der Fürsorgepflicht müssen Sie das Ihnen Zumutbare tun, damit die betroffene Person sicher nach Hause kommt.

Dies kann z. B. die Begleitung durch Führungskräfte oder andere Beschäftigte im Dienstwagen, Taxi oder im öffentlichen Verkehrsmittel sein. Vorteilhaft ist es, wenn die betroffene Person zu Hause in Empfang genommen wird. Informieren Sie daher die Familie oder andere Personen im Haushalt vorher. Oder Sie organisieren die Abholung durch Nahestehende.

Welche Möglichkeit Sie wählen, entscheiden Sie im Einzelfall. Es hängt vom Zustand der betroffenen Person ab, von ihrer sozialen Einbindung sowie den betrieblichen Gegebenheiten.

Falls zu befürchten ist, dass der oder die Betroffene gewalttätig werden könnte, rufen Sie die Polizei. Bei hilflosen Personen sollten Sie immer und unverzüglich notfallmedizinische Hilfe anfordern (Notruf 112).

Wie geht es nach dem Heimtransport weiter?

Es ist empfehlenswert, über den Arbeitsabbruch ein Protokoll zu fertigen und bei nächster Gelegenheit von der betroffenen Person unterschreiben zu lassen. Die Kosten für den Heimtransport können Sie ihr in Rechnung stellen.

Was mache ich, wenn die betroffene Person sich weigert, den Arbeitsplatz zu verlassen?

Wenn eine betroffene Person trotz mehrfacher Aufforderung nicht gehen will, macht sie sich in der Regel des Hausfriedensbruchs schuldig. Sie können die Polizei verständigen. Dies gilt erst recht, wenn Sie den Eindruck haben, dass Fremd- und/oder Eigengefährdung besteht.

Lassen Sie sich keinesfalls auf Diskussionen über Trinkmengen, Promillegrenzen oder die Arbeitsfähigkeit ein. Als Führungskraft haben Sie das Weisungsrecht in Ihrem Betrieb. Sie beurteilen und entscheiden, ob Beschäftigte arbeitsfähig sind und am Arbeitsplatz bleiben oder nicht.

Muss ich der betroffenen Person den Schlüssel abnehmen, wenn sie mit dem Auto gekommen ist?

Sie müssen auf jeden Fall versuchen, die auffällige Person daran zu hindern, mit dem Auto zu fahren. Wenn sie Ihnen den Schlüssel nach Aufforderung überlässt, ist das in Ordnung. Weigert sie sich und will trotzdem nach Hause fahren, schalten Sie die Polizei ein.

Was passiert, wenn alkoholisierte Beschäftigte in einen Arbeits- bzw. Wegeunfall verwickelt werden?

Alkoholisierte Beschäftigte handeln fahrlässig und können regresspflichtig gemacht werden. Bei suchtmittelbedingten Unfällen endet der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung - auch bei sehr niedrigen Promillewerten.

Wenn bekannt wird, dass Sie als Führungskraft von der Alkoholisierung wussten und eine betroffene Person nicht am Weiterarbeiten gehindert oder für einen sicheren Heimweg gesorgt haben, sind auch Sie regresspflichtig. Sie können wegen eigener Pflichtverletzung, u. a. auch der Aufsichtspflicht, möglicherweise sogar strafrechtlich belangt und/oder zivilrechtlich haftbar gemacht werden. Somit ist für Sie eine rechtliche Verpflichtung zum Handeln gegeben.

Wann kann ein Alkohol- oder Drogentest veranlasst werden?

Immer wenn Beschäftigte auffälliges Verhalten zeigen, dass den Verdacht auf Suchtmittelkonsum erweckt, sollten sie mit dem Verdacht konfrontiert werden. Durch einen Alkohol- oder Drogentest erhalten Betroffene die Gelegenheit, diesen Verdacht zu entkräften. Wenn sie sich weigern, müssen sie hinnehmen, dass das Vorkommnis als "Drogenfall" bewertet wird und sie mit den dann vorgesehenen Konsequenzen rechnen müssen.

Muss ich als Führungskraft einen Alkohol- bzw. Drogentest veranlassen?

Nein, Beschäftigte könnten sogar zu Recht derartige Maßnahmen verweigern. Es reicht zum Beweis vollkommen aus, wenn Sie nach allgemeiner Lebenserfahrung davon überzeugt sind, dass eine beschäftigte Person zu viel getrunken hat oder ein für Suchtmittelkonsum typisches Verhalten zeigt und somit die arbeitsvertraglichen Pflichten nicht erfüllen kann. Ihr subjektiver Eindruck genügt - auch vor Gericht. Empfehlenswert ist es in jedem Fall, Dritte hinzuzuziehen, die Auffälligkeiten und beobachtetes Verhalten bezeugen können. Dies gilt im Übrigen für jede Art der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit.

Wie zuverlässig sind Alkohol- und Drogentests?

Für den Nachweis eines Suchtmittelkonsums gibt es verschiedene Methoden. Alkoholkonsum lässt sich durch eine Messung der Atem-Alkohol-Konzentration oder einen Bluttest ermitteln.

Zum Nachweis eines Drogenkonsums gibt es Drogenschnelltests, bei denen Urin, Speichel oder Schweiß als Probematerial verwendet werden. Diese sind jedoch nicht immer zuverlässig. Rechtssicher ist nur der Einzelsubstanznachweis aus dem Blut.