DGUV Information 206-009 - Suchtprävention in der Arbeitswelt Handlungsempfehlungen

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Abschnitt 7.1 - 7.1 Verantwortung der Führungskräfte/Verantwortung der Beschäftigten - praktisches Vorgehen

Manchmal ist es offenkundig, dass Alkohol oder andere Suchtmittel im Spiel sind.

Kolleginnen und Kollegen sind meistens die ersten, die Auffälligkeiten wahrnehmen. Insofern kann Suchtprävention nur gelingen, wenn die Beschäftigten die betrieblichen Regelungen mittragen und sich in diesen Prozess als erstes Glied der Interventionskette einbringen. Sie sprechen auffällige Kollegen bzw. Kolleginnen direkt an. Falls sich das auffällige Verhalten jedoch nicht ändert, sollte umgehend die zuständige Führungskraft informiert werden. Nur diese kann disziplinarisch tätig werden.

Auch wenn die Gründe für das Fehlverhalten nicht klar erkennbar sind, müssen Führungskräfte im Interesse von Sicherheit, Gesundheit und Qualität bei der Arbeit handeln. Allerdings braucht die Führungskraft dabei niemals eine Diagnose zu stellen. Gründe und Ausgangspunkt für eine Intervention sind immer Auffälligkeiten im Arbeitsverhalten, die angesprochen werden müssen. Ganz gleich, ob Suchtmittel, eine mögliche Depression, soziale Konflikte oder auch andere Erkrankungen ursächlich für Verhaltensauffälligkeit sind: Die Führungskraft muss einen Prozess in Gang setzen, um Risiken zu vermeiden und so ihrer Fürsorgepflicht und Führungsverantwortung gerecht zu werden.

Immer wenn eine Auffälligkeit am Arbeitsplatz sich in einer Erkrankung begründen könnte, muss der betroffenen Person die Möglichkeit eingeräumt werden, dies (betriebs-)ärztlich abklären zu lassen. Denn nur medizinisch und psychologisch geschultes Fachpersonal kann Krankheitsbilder diagnostisch abklären und gegebenenfalls zügig therapeutische Maßnahmen einleiten.

Eine zielführende Intervention seitens der Führungskraft wird nachfolgend beispielhaft am Suchtmittel Alkohol vorgestellt. Die rechtlichen Grundlagen hierfür sind in Kapitel 2 beschrieben.

g_bu_252_as_13.jpgAufgaben der Führungskraft
Die Führungskraft muss:
  • Auffälligkeiten bei Beschäftigten feststellen,

  • diese ansprechen,

  • Unterstützung vermitteln,

  • für die Einhaltung betrieblicher Regelungen sorgen.

Ob Beschäftigte die Angebote in Anspruch nehmen oder andere Möglichkeiten nutzen, liegt in ihrer Eigenverantwortung.

In jedem Fall empfiehlt es sich, Beschäftigte anzusprechen, wenn eine "Alkoholfahne" wahrnehmbar ist. Denn es ist wichtig, dass Betroffenen rückgemeldet wird, dass sie durch Alkoholgeruch auffallen.

Selbst wenn die beschäftigte Person erstmalig berauscht am Arbeitsplatz erschienen ist, muss dieses Fehlverhalten von der zuständigen Führungskraft selbstverständlich umgehend angesprochen werden. Sanktionen müssen dabei nicht unbedingt verhängt werden.

Im Einzelfall können auch schon geringe Alkoholmengen das Arbeits- und Sozialverhalten beeinträchtigen. Betroffene sind dann unter Umständen nicht mehr in der Lage, sicher und korrekt zu arbeiten. Das gilt nicht nur für die Produktion. Fehleinschätzungen oder mangelnde Sorgfalt an Büroarbeitsplätzen können ebenfalls weitreichende Folgen haben.

Eine Diagnose, also die Feststellung, ob der oder die Beschäftigte suchtkrank ist oder nur einmal undiszipliniert war, sollten weder Kolleginnen und Kollegen noch Führungskräfte stellen. Für sie ist lediglich der Sachverhalt entscheidend, dass der oder die Beschäftige an diesem Tag aufgrund einer Berauschtheit die Arbeit nicht sicher und ordnungsgemäß erledigen kann.

g_bu_252_as_5.jpgRechtlicher Hinweis
Die subjektive Einschätzung der Führungskraft über die Arbeitsfähigkeit einer beschäftigten Person genügt - auch bei einem Arbeitsgerichtsprozess. 1)
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Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 28.11.1988, Aktenzeichen 4 Sa 382/88; Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26.1.1995, Aktenzeichen 2 AZR 649/94