DGUV Regel 102-601 - Branche Schule

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Abschnitt 3.12 - 3.12 Umgang mit Unfällen und Notfällen

Unfälle, insbesondere solche mit schweren Folgen, und Notfälle wie Gewalttaten und -androhungen sowie mögliche Kindeswohlgefährdung sind für alle Beteiligten Ausnahmesituationen. Diese Ereignisse können bei den helfenden Personen zu erhöhten psychischen Beanspruchungen führen. Einerseits gilt es, Ruhe zu bewahren, andererseits schnell die Situation einzuschätzen, kompetent zu handeln und gegebenenfalls externe Fachleute hinzuzuziehen.

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Abb. 47
Unfälle und Notfälle - Ausnahmesituationen für alle Beteiligten.

g_bu_55_as_51.jpgRechtliche Grundlagen
Es sind nur die Gesetze, Verordnungen, Vorschriften und Regeln aufgeführt, die den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegen. Zu diesem Thema gibt es weitere rechtliche Grundlagen.
g_bu_55_as_92.jpgWeitere Informationen
Es sind nur die Informationen aufgeführt, die den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegen. Zu diesem Thema gibt es weitere Veröffentlichungen.
  • DGUV Information 202-058 "Prävention und Gesundheitsförderung in der Schule" (bisher GUV-SI 8064)

  • DGUV Information 202-059 "Erste Hilfe in Schulen" (bisher GUV-SI 8065)

  • DGUV Information 202-091 "Medikamentengabe in Schulen" (bisher BGI/GUV-SI 8098)

  • DGUV Information 204-008 "Handbuch zur Ersten Hilfe in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder" (bisher BGI/GUV-I 5146)

  • DGUV Information 204-020 "Verbandbuch" (bisher BGI/GUV-I 511-1)

  • DGUV Information 204-021 "Dokumentation der Erste-Hilfe-Leistungen (Meldeblock)" (bisher BGI/GUV-I 511-3)

  • DGUV Grundsatz 304-001 "Ermächtigung von Stellen für die Aus- und Fortbildung in der Ersten Hilfe" (bisher BGG/GUV-G 948)

  • DGUV Fachbereich "Erste Hilfe": Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb - Checkliste

  • DIN EN ISO 10075-1 "Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung - Teil 1: Allgemeine Aspekte und Konzepte und Begriffe"

  • DIN 13157 Erste-Hilfe-Material - Verbandkasten C"

  • Schulvorschriften der Länder zur Ersten Hilfe

  • Schulvorschriften der Länder zur Notfall- und Krisenprävention

  • Bezirksregierung Münster (Hrsg.): Konflikte bearbeiten - Mobbing verhindern ... auf dem Weg zum gesunden Arbeitsplatz Schule. Münster 2007

g_bu_55_as_18.jpgGefährdungen

Personen können bei Unfällen und Notfällen gefährdet werden durch Mängel

  • in der Erste-Hilfe-Organisation,

  • bei der Information,

  • in der Qualifikation,

  • beim Eigenschutz,

  • bei der Aufsicht und

  • in der Vorbereitung

sowie aufgrund von Überlastung der Helfenden.

g_bu_55_as_96.jpgMaßnahmen

g_bu_55_as_8.jpgEinrichtungsspezifische Organisation

Schulhoheitsträger müssen eine dauerhafte und krisenfeste Organisation der Ersten Hilfe und der Notfallhilfe in Ihren Schulen sicherstellen. Dabei sind die länderspezifischen Regelungen zum Umgang mit Notfällen und Krisen zu berücksichtigen.

Es ist empfehlenswert, die Organisation der Ersten Hilfe und der Notfallhilfe als einen Aspekt von Schulqualität auszuweisen, im Schulprogramm zu verankern und in einem einrichtungsspezifischen Leitfaden festzulegen. Bestandteile dieses Leitfadens sollten unter anderem folgende Aspekte sein:

  • Brandschutzordnung

  • Ablauf der Maßnahmen festlegen, etwa bei Mobbing oder Gewaltanwendung

  • Regelmäßige Kontrolle der Erste-Hilfe-Materialien auf Vollständigkeit und Funktionsfähigkeit

  • Absprachen und Vereinbarungen mit den Eltern, zum Beispiel bezüglich Medikamentengabe oder Allergien

  • Transport verletzter Schülerinnen und Schüler zur ärztlichen Praxis oder ins Krankenhaus

  • Informieren der Eltern oder anderer Personensorgeberechtigten

  • Umgang mit Eltern bei Konflikten

  • Aufsicht der "verbleibenden" Schülerinnen und Schüler

  • Maßnahmen im Fall einer Evakuierung

  • Mögliche Notfallunterkunft bei Evakuierung des Gebäudes

  • Festlegung von Ansprechpersonen

  • Dokumentation von Not- und Unfällen

g_bu_55_as_57.jpgAus präventiver Sicht ist es empfehlenswert, an den Schulen Arbeitsgruppen einzurichten, deren Mitglieder sich um die Erstellung, Weiterentwicklung und Umsetzung des Leitfadens kümmern. Schulleiter und Schulleiterinnen sollten darin aktiv mitwirken.

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Abb. 48
Auch das Absetzen eines Notrufes muss trainiert werden.

g_bu_55_as_50.jpgAnzahl der Helfenden

Es ist erforderlich, dass für die Versorgung unfallverletzter Personen eine ausreichende Anzahl von Ersthelferinnen und -helfern zur Verfügung steht. Mindestens 20 Prozent des pädagogischen Personals einer Schule in Erster Hilfe zu qualifizieren, ist empfehlenswert. Zu beachten sind auch die Regelungen in den einschlägigen Schulvorschriften der Länder.

Darüber hinaus sollten Sie als Verantwortliche oder Verantwortlicher für den inneren Schulbereich dafür Sorge tragen, dass in Ihren Schulen weitere Unterstützung zur Verfügung steht, beispielsweise geschulte pädagogische Fachkräfte für die Intervention bei Gefahrensituationen und Kindeswohlgefährdung sowie Brandschutzhelferinnen und Brandschutzhelfer.

g_bu_55_as_50.jpgg_bu_55_as_8.jpgQualifikation der Helfenden

Die Qualifikation von Ersthelferinnen und Ersthelfern für die Beschäftigten in Schulen muss in der Regel alle zwei Jahre durch ermächtigte Stellen erfolgen. Grundlage sind die Vorgaben der DGUV zur Aus- und Fortbildung des Erste-Hilfe-Personals. Die Ersthelferinnen und Ersthelfer für die Schülerinnen und Schüler werden hingegen ausschließlich nach den Vorgaben des Schulhoheitsträgers aus- und fortgebildet. Empfehlenswert sind auch bei diesen Ersthelferinnen und Ersthelfern ein zweijähriger Fortbildungsrhythmus und die Berücksichtigung der inhaltlichen Vorgaben der DGUV.

Das gesamte Personal der Schule sollte in der Umsetzung des schulspezifischen Leitfadens unterwiesen und trainiert sein. Hierzu gehört, das Verhalten in spezifischen Unfall- und Notfallsituationen zu üben, zum Beispiel bei Brandfällen, Gewalttätigkeiten, Kindeswohlgefährdungen oder Amoksituationen (Siehe auch Kapitel 2.2).

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Abb. 49
Bereiten Sie Ihr Personal auf Notfallsituationen vor.

g_bu_55_as_50.jpgg_bu_55_as_8.jpgDokumentation

Sorgen Sie dafür, dass in Ihren Schulen Unfälle von Beschäftigten, Schülerinnen und Schülern sowie Notfälle dokumentiert werden. Bei Unfallverletzungen, die zwar eine Erste-Hilfeleistung, aber keinen Besuch in einer ärztlichen Praxis oder einem Krankenhaus zur Folge haben, geschieht dies zum Beispiel durch den Eintrag in das Verbandbuch oder in den Meldeblock. Bei Behandlungen in einer Praxis oder in einem Krankenhaus erfolgt die Dokumentation durch die Unfallanzeige.

Für die Dokumentation von sonstigen Notfällen und besonderen Vorkommnissen sollten Ihre Schulen schuleigene Verfahren entwickeln. Dabei sind die landesspezifischen Regelungen und Hinweise, zum Beispiel Vorgaben und Empfehlungen in den landesspezifischen Krisenordnern, sowie die des Schulsachkostenträgers hilfreich.

g_bu_55_as_50.jpgg_bu_55_as_8.jpgInformationen zur Verfügung stellen

Bei einem Unfall und Notfall müssen sowohl Beschäftigte als auch Schülerinnen und Schüler wissen, wie sie sich verhalten sollen. Tragen Sie gemeinsam Sorge dafür, dass alle an Ihren Schulen über die aktuelle Erste-Hilfe- und Notfallorganisation unterwiesen sind.

Ihre Schulleitungen sollten Kontakt zur zuständigen Polizeibehörde und zum Schulpsychologischen Dienst aufnehmen und mit ihnen gemeinsam das Verhalten bei einer Amoksituation festlegen.

g_bu_55_as_8.jpgAufsicht sicherstellen

Sie haben als Schulhoheitsträger dafür Sorge zu tragen, dass in Not- und Unfallsituationen sichergestellt ist, dass alle Schülerinnen und Schüler beaufsichtigt werden, sowohl die mittelbar als auch unmittelbar betroffenen Schülerinnen und Schüler. Es ist deshalb zu empfehlen, dass in den Schulen im Vorfeld gemeinsam mit allen Beteiligten vereinbart wird, wie die Aufsicht sowie die Zuständigkeiten bei Unfällen und Notfällen organisiert wird.

Für unmittelbar vom Not- oder Unfall betroffene Schülerinnen und Schüler, insbesondere minderjährige, ist unabhängig von der Verletzungsschwere so lange eine Betreuung notwendig, bis die Eltern oder Personensorgeberechtigten die Aufsicht übernehmen oder sie stationär in ein Krankenhaus aufgenommen werden.

g_bu_55_as_50.jpgg_bu_55_as_8.jpgNachsorge anbieten

Bei schweren Unfällen und Notfällen hat es sich bewährt, betroffenen Beschäftigten, Schülerinnen und Schülern Unterstützung anzubieten. Eine psychologische Nachsorge unterstützt beim Umgang mit potentiell traumatisierenden Ereignissen und kann die Wahrscheinlichkeit einer Chronifizierung psychischer Beeinträchtigungen verringern. Die Unternehmerinnen beziehungsweise Unternehmer beider Schulbereiche sollten deshalb für Ihre Beschäftigten, der Schulhoheitsträger zusätzlich für die Schülerschaft, die psychologische Betreuung traumatisierter Personen in Notfallsituationen im Sinne einer Akutintervention regeln. Die nachgehende Betreuung kann über die gesetzliche Unfallversicherung in die Wege geleitet werden (Stichwort "Psychotherapeutenverfahren").

Siehe Übersicht in Anhang 4.8