DGUV Regel 102-601 - Branche Schule

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Abschnitt 3.6 - 3.6 Sport- und Bewegungsangebote gestalten

Der Schulsport kann Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung fördern und den lebenslangen Zugang zur Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur erschließen. Doch Sport in der Schule ist zugleich mit erheblichen Risiken verbunden. Etwa 40 Prozent der über 900.000 Schulunfälle, die den Unfallversicherungsträgern jährlich gemeldet werden, ereignen sich beim Sport.

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Abb. 24
Die angemessene Ausstattung der Sporthalle trägt zur Sicherheit bei.

g_bu_55_as_51.jpgRechtliche Grundlagen
Es sind nur die Gesetze, Verordnungen, Vorschriften und Regeln aufgeführt, die den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegen. Zu diesem Thema gibt es weitere rechtliche Grundlagen.
g_bu_55_as_92.jpgWeitere Informationen
Es sind nur die Informationen aufgeführt, die den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegen. Zu diesem Thema gibt es weitere Veröffentlichungen.
  • DGUV Information 202-018 "Klettern in Kindertageseinrichtungen und Schulen" (bisher BG/GUV-SI 8013)

  • DGUV Information 202-033 "Minitrampolin - mit Leichtigkeit und Sicherheit" (bisher BG/GUV-SI 8033)

  • DGUV Information 202-035 "Matten im Sportunterricht" (bisher GUV-SI 8035)

  • DGUV Information 202-044 "Sportstätten und Sportgeräte" (bisher GUV-SI 8044)

  • DGUV Information 202-048 "Checklisten zur Sicherheit im Sportunterricht" (bisher GUV-SI 8048)

  • DGUV Information 202-052 "Alternative Nutzung von Sportgeräten" (bisher GUV-SI 8052)

  • DGUV Information 202-072 "Seilgärten in Kindertageseinrichtungen und Schulen" (bisher GUV-SI 8082)

  • DIN 18032-1 "Sporthallen - Hallen und Räume für Sport und Mehrzwecknutzung - Teil 1: Grundsätze für die Planung"

  • DIN 18035-1 "Sportplätze - Teil 1: Freianlagen für Spiele und Leichtathletik, Planung und Maße"

  • DIN 18041 "Hörsamkeit in Räumen - Anforderungen, Empfehlungen und Hinweise für die Planung"

  • DIN 58125 "Schulbau - Bautechnische Anforderungen zur Verhütung von Unfällen"

  • Normen zur Funktion und Prüfung von Sportgeräten 8)

  • Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) (Hrsg.): Lauter Sport in leisen Hallen - Akustische Gestaltung von Sport- und Schwimmhallen. Stuttgart 2015

  • PPE-Guidelines (Oktober 2015) zur europäischen PSA-Richtlinie 89/686/EWG

  • www.sichere-schule.de

g_bu_55_as_18.jpgGefährdungen

Unfallauswertungen und Studien zeigen, dass sich vor allem Sportbegeisterte und Leistungsstarke beim Schulsport verletzen - und zwar vorwiegend bei Routinehandlungen in Ballspielen. Zudem zeigen Studien, dass Sportunterricht für Lehrkräfte auf Dauer besonders beanspruchend ist und zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. Gefährdungen entstehen vor allem durch:

  • Interaktionsschwierigkeiten zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern

  • Defizitäre räumliche Bedingungen

  • Unzureichende oder fehlende sportfachliche Qualifikation

  • Ungenügende motorische und sensomotorische Fähigkeiten und Fertigkeiten der Lernenden

  • Disziplinlosigkeit von Kindern und Jugendlichen

  • Mangelnde Risikokompetenz der Lernenden sowie der Lehrkräfte

  • Defekte und fehlende Sportgeräte

  • Hoher Schallpegel

  • Fehlerhaftes Helfen und Sichern

g_bu_55_as_96.jpgMaßnahmen

g_bu_55_as_8.jpgPädagogische Gefährdungsbeurteilung

Bewegung, Spiel und Sport sind per se mit einem erhöhten Unfallrisiko verbunden. Umso wichtiger ist es, dass Sie als Schulhoheitsträger darauf achten, dass Lehrkräfte, die in Ihren Schulen Sport- und Bewegungsangebote planen und durchführen, eine pädagogische Gefährdungsbeurteilung durchführen, mit deren Hilfe sie die Risiken von Bewegungsangeboten und -aufgaben für Sicherheit und Gesundheit identifizieren und bewerten sowie geeignete Präventionsmaßnahmen frühzeitig ergreifen können.

Hilfreich bei pädagogischen Gefährdungsbeurteilungen können regelmäßige Analysen des Schulsportunfallgeschehens Ihrer Schulen sein, beispielsweise mithilfe einer Selbstevaluation.

g_bu_55_as_8.jpgFachliche Voraussetzungen

Es liegt in Ihrer Verantwortung als Schulhoheitsträger, dass Ihr Personal für die Bewegungsfelder beziehungsweise Sportarten, die im Rahmen des Schulsports angeboten werden, ausreichend qualifiziert ist. Erforderlich sind aus präventiver Sicht Kenntnisse über

  • die physiologische Entwicklungssituation der Schülerinnen und Schüler,

  • die Sachstruktur der Bewegungsfelder und Sportbereiche,

  • besondere Risiken der Sportarten sowie über Möglichkeiten der Förderung von Sicherheit und Gesundheit,

  • methodische Vorgehensweisen, insbesondere von speziellen Vermittlungsformen für ängstliche und motorisch schwächere Schülerinnen und Schüler oder solche mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung,

sowie die Fähigkeiten,

  • Bewegungsanforderungen einschätzen zu können,

  • den Unterricht oder das Bewegungsangebot unter spezifischer didaktisch-methodischer Grundsätze zu gestalten,

  • die physische, psychische und soziale Disposition der Lernenden einzuschätzen,

  • bei Schwimm- und Badeangeboten Personen zu retten.

Erforderlich ist auf jeden Fall, dass Sportunterricht erteilende Lehrkräfte über eine aktuelle Erste-Hilfe-Ausbildung verfügen und in der Lage sind, jederzeit Erste Hilfe zu leisten. Darüber hinaus sind auf jeden Fall die landesspezifischen Schulvorschriften zu beachten.

g_bu_55_as_8.jpgGeeignete Vermittlungs- und Lernwege

Geeignete Vermittlungswege sollten grundsätzlich an der Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler, den Sportarten und situativen Rahmenbedingungen ausgerichtet werden.

Variantenreiche Spiel- und Übungsformen, die gezielte Schulung der Wahrnehmungsfähigkeiten, der für die Selbstregulation wichtigen exekutiven Funktionen sowie der konditionellen und koordinativen Fähigkeiten, aber auch die Aneignung von Risikokompetenz verbessern die Bewegungssicherheit der Schülerinnen und Schüler und schützen vor Unfällen und Verletzungen.

Es ist empfehlenswert, die Schülerinnen und Schüler in die Gestaltung des Unterrichts mit einzubeziehen, weil dadurch die Teamarbeit gefördert wird. Dies erhöht wiederum die Motivation und Selbstwirksamkeit und fördert das soziale Klima in der Klasse.

g_bu_55_as_8.jpgOrdnungsrahmen

Die Sicherheit im Schulsport hängt wesentlich von einem effektiven Ordnungsrahmen ab. Hierzu gehören unter anderem folgende Maßnahmen:

  • Deutliche Kennzeichnung der Spiel- und Übungsräume, Ablaufpunkte, Rücklaufwege und Wartezonen

  • Geeigneter Standort der Lehrkraft

  • Ausreichende und hindernisfreie Sicherheitsabstände zu Wänden und Geräten

  • Gesicherte und übersichtliche Aufbewahrung von Sportgeräten in Geräteräumen

  • Aufbewahrung aller nicht benutzten Sportgeräte außerhalb der Spiel- und Übungsflächen

  • Geschlossene Geräteraumtore während des Spiel- und Übungsbetriebes

  • Freie Fluchtwege und Notausgänge

Zudem sollten Sie die verantwortlichen Lehr- und pädagogischen Fachkräfte darauf hinweisen, die Hallenordnung sowie die Platzordnung der Freisportanlagen zu beachten und den Schülerinnen und Schülern bekannt zu machen.

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Abb. 25
Im Geräteraum sollten alle Bälle in geeigneten Ballschränken oder Ballkörben aufbewahrt werden.

g_bu_55_as_8.jpgGröße der Lerngruppe

Sie sollten sicherstellen, dass die Größe einer Lerngruppe zur Situation passt und alle Sicherheitsanforderungen seitens der verantwortlichen Lehr- und pädagogischen Fachkräfte eingehalten werden können. Dies gilt insbesondere bei erschwerten organisatorischen und pädagogischen Bedingungen, beispielsweise Schwimmunterricht mit Kindern, die nicht alle schwimmen können.

Empfehlenswert ist es zudem, bei Lernenden mit und ohne Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung die Gruppengröße und/oder die Anzahl der Lehr- und Fachkräfte nach den besonderen pädagogischen und medizinischen Erfordernissen festzulegen. Dabei sind landesspezifische Regelungen zu beachten.

g_bu_55_as_50.jpgg_bu_55_as_8.jpgGeeignete Sportstätten

Sichere Sportstätten sind eine wesentliche Voraussetzung für einen verletzungsfreien und curriculumskonformen Sportunterricht. Deshalb sind Sportstätten erforderlich, die in Bau und Einrichtung dem Stand der Technik entsprechen. Dafür ist der Schulsachkostenträger verantwortlich.

Wichtige Faktoren sind:

  • Alle Wände sollen bis 2 m Höhe eben und glatt sein. Das gilt auch für Einbauten wie Feststellvorrichtungen, Sprossenwände und Geräteraumtore. Alle Wände und Einbauten sollten ebenfalls bis 2 m Höhe mit nachgiebigem Material (sogenannter Prallschutz) versehen sein.

  • Decken, Wände und Einbauten von Sporthallen sollen ballwurfsicher ausgeführt sein.

  • Der Boden der Sportstätte darf keine Stolperstellen aufweisen und muss nachgiebig sowie trittsicher sein.

  • Geräteraumtore sollen so gestaltet sein, dass sie weder Schülerinnen und Schüler noch pädagogische Fachkräfte gefährden.

Stellen Sie dies sicher und sorgen Sie für regelmäßige Funktionskontrollen und jährliche Prüfungen durch fachkundige Personen.

Wer für den inneren Schulbereich zuständig ist, sollte die pädagogischen Fachkräfte unterweisen,

  • vor der Benutzung die Sportstätte und Sportgeräte auf ihren sicheren Zustand zu prüfen, mindestens auf äußerlich erkennbare Schäden oder Mängel,

  • die räumlichen Anforderungen an das jeweilige Bewegungsfeld beziehungsweise den Sportbereich zu berücksichtigen.

g_bu_55_as_50.jpgg_bu_55_as_8.jpgEinsatz von Sportgeräten

Als Schulsachkostenträger sollten Sie nur Sportgeräte anschaffen, die den geltenden Normen entsprechen.

Für die Kontrolle und Prüfung von Sportgeräten gelten die gleichen Verantwortlichkeiten und Fristen wie für Sportstätten.

Defekte Sportgeräte dürfen auf keinen Fall eingesetzt werden. Sie müssen als Schulhoheitsträger Ihre Schulleitungen darauf hinweisen, dass sie sicherstellen müssen, dass defekte Geräte nicht mehr benutzt werden. Zudem sollten ihre Schulleitungen auf jeden Fall Mängel der zuständigen Stelle für Sachkosten melden.

Wenn pädagogische Fachkräfte sowie Schülerinnen und Schüler Sportgeräte benutzen, müssen sie vorher in ihre Handhabung und Nutzung unterwiesen werden. Für die Unterweisung sind die Verantwortlichen für den äußeren und inneren Schulbereich gemeinsam verantwortlich. Vorgenommen werden sollte die Unterweisung von der Person, die für das Sportangebot verantwortlich ist beziehungsweise das Sportangebot anbietet.

Wichtig ist, dass sie überprüft, dass die Schülerinnen und Schüler die Inhalte der Unterweisung verstanden haben.

g_bu_55_as_50.jpgg_bu_55_as_8.jpgLärm vermeiden

Ein hoher Lärmpegel beim Sportunterricht strengt alle Beteiligten an, zudem können wichtige Hinweise der Lehrkräfte von den Schülerinnen und Schülern nicht verstanden werden.

Wer die Sachkosten trägt, muss durch bauliche und technische Maßnahmen die Lärmbelastung minimieren, etwa durch Trennvorhänge zwischen Bereichen, die von unterschiedlichen Gruppen genutzt werden. Schließen Sie dabei auch Schallnebenwege aus. Weitere schallabsorbierende Maßnahmen können die Nachhallzeit reduzieren, beispielsweise eine kraftabbauende Prallwand aus ballwurfsicheren Akustikpaneelen oder Akustikplatten und Schallabsorber im Deckenbereich.

Seitens des Schulhoheitsträgers sollten Schulleitungen und Lehrkräfte angehalten werden, organisatorische und pädagogische Maßnahmen zu ergreifen:

  • Auf Regeln und Rituale, nonverbale Kommunikation sowie lärmarme Bewegungs- und Übungsszenarien zurückgreifen

  • Für geringe Wartezeiten, gute Organisationsplanung und geeignete Gesprächsorte sorgen

  • Zeiten der Stille und Ruhe im Sportunterricht einplanen

g_bu_55_as_50.jpgg_bu_55_as_8.jpgFunktionsgerechte Sportkleidung

Es gehört zum Verantwortungsbereich des inneren Schulbereichs, auf angemessene Sportkleidung der Schülerinnen und Schüler, die Bewegungsfreiheit gibt und auch beim Helfen und Sichern nicht behindert, zu achten.

Uhren und Schmuck sind aus präventiven Gründen bei vielen Sportarten und Bewegungsfeldern nicht erlaubt. Brillen müssen für die jeweilige sportliche Tätigkeit tauglich sein oder durch geeignete Kontaktlinsen ersetzt werden.

Kopftücher sollten so getragen werden, dass sie zum einen die Wahrnehmung nicht beeinträchtigen, zum anderen ohne Nadeln zu befestigen sind.

Bei der Entscheidung, welche Sportkleidung geeignet ist, haben die verantwortlichen Fachkräfte die Vorgaben zur Schulsportkleidung in den länderspezifischen Regelungen zum Schulsport zu beachten. Sie sollten zudem auch die Ergebnisse der sportpädagogischen Gefährdungsbeurteilung berücksichtigen. Bei Sportarten wie Hockey und Fußball ist bei offiziellen Wettkämpfen persönliche Schutzausrüstung (PSA) erforderlich. Bei Sportarten mit einem besonderen Unfallrisiko wie Inlineskating, Rollschuhfahren oder Skifahren wird das Tragen von Schutzkleidung durch landesspezifische Regelungen vorgegeben. Die Schulleitung stellt über ihre pädagogischen Fachkräfte sicher, dass die Ausrüstungen bei den entsprechenden Sportangeboten getragen werden.

Für die Beschaffung, Instandhaltung und den Ersatz von persönlicher Schutzausrüstung für Schülerinnen und Schüler ist grundsätzlich der Schulsachkostenträger verantwortlich.

Kosten dürfen Schülerinnen und Schülern nicht auferlegt werden.

siehe Übersicht in Anhang 4.10

siehe Übersicht in Anhang 4.12