DGUV Information 203-092 - Arbeitssicherheit beim Betrieb von Gasanlagen Handlungshilfe zur Erstellung der Gefährdungsbeurteilung

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Abschnitt 19.2 - 19.2 Arbeitsmedizinische Vorsorge

Die in der vorliegenden DGUV Information beschriebenen Maßnahmen zur Gefährdungsvermeidung zielen darauf ab, eine Exposition gegenüber Gefahrstoffen und physikalischen Einwirkungen zu minimieren. Arbeitsmedizinische Vorsorge soll helfen, arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten frühzeitig zu erkennen und zu verhüten.

Nach § 3 Abs.1 ArbMedVV muss die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber anhand der Gefährdungsbeurteilung eine angemessene arbeitsmedizinische Vorsorge durchführen. Dabei haben sie die Vorschriften der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge einschließlich Anhang und die erstellten und bekannt gegebenen arbeitsmedizinischen Regeln (AMR) zu berücksichtigen. Bei Einhaltung dieser Regeln und Erkenntnisse dürfen die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die in der ArbMedVV gestellten Anforderungen erfüllt sind.

Darüber hinaus sind die arbeitsmedizinischen Untersuchungen nach staatlicher Rechtsvorschrift wie z. B. Jugendarbeitsschutz- und Mutterschutzgesetz, Gefahrstoff- und Biostoffverordnung und andere zu beachten.

Solange Untersuchungsgrundsätze über die Regeln zur ArbMedVV nicht vorliegen bzw. diese nicht konkret sind, können weiterhin die DGUV Grundsätze für Arbeitsmedizinische Untersuchungen (6. Auflage 2014) als Empfehlung für die Arbeitsmediziner herangezogen werden.

Schwefelwasserstoff und Kohlenmonoxid

Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung (oder Erfahrungen bzw. Vorkommnissen), dass bei den Tätigkeiten an Gasanlagen eine Exposition z. B. gegenüber Schwefelwasserstoff oder Kohlenmonoxid auftreten kann, so ist für den Beschäftigten gemäß ArbmedVV Anhang Teil 1 Abs. 1 arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge zu veranlassen, wenn für diese Gefahrstoffe der Arbeitsplatzgrenzwert nach der Gefahrstoffverordnung nicht eingehalten wird. Wenn keine Pflichtvorsorge zu veranlassen ist, eine wiederholte Exposition jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, ist den Beschäftigten gemäß ArbmedVV Anhang Teil 1 Abs. 2 Angebotsvorsorge anzubieten. Die AMR 11.1 konkretisiert eine "wiederholte Exposition" als Exposition, die vorhersehbar mehrfach, d. h. mindestens zweimal, auftritt oder auftreten kann.

Als Empfehlung zur inhaltlichen Gestaltung der arbeitsmedizinischen Vorsorge kann der DGUV Grundsatz G 7 "Kohlenmonoxid" und G 11 "Schwefelwasserstoff" herangezogen werden.

Benzol

Bei einer Exposition gegenüber Benzol ist zu beachten, dass für diesen Gefahrstoff eine Einstufung als krebserzeugend nach Kategorie 1 A besteht (nachgewiesene krebserzeugende Wirkung beim Menschen). Hier ist Pflichtvorsorge schon dann zu veranlassen, wenn eine wiederholte Exposition nicht ausgeschlossen werden kann. Die AMR 11.1 konkretisiert eine "wiederholte Exposition" als Exposition, die vorhersehbar mehrfach, d. h. mindestens zweimal, auftritt oder auftreten kann. Bei Benzol liegt auch eine spezifische Zielorgan-Toxizität der Kategorie 1 (H372) vor, so dass ein Regelfall für die Pflichtvorsorge ohne die Option von Ausnahmeregelungen (Abschneidekriterien) nach AMR 11.1 gegeben ist.

Als Empfehlung zur inhaltlichen Gestaltung der arbeitsmedizinischen Vorsorge kann der DGUV Grundsatz G 8 "Benzol" herangezogen werden. Auch muss gemäß ArbMedVV Anhang Teil 1 Abs. 3 eine nachgehende Vorsorge angeboten werden.

Künstliche Mineralfasern (KMF)

Bei Verwendung bzw. Be- und Verarbeitung von Produkten aus Hochtemperaturwolle können Faserstäube mit einem krebserzeugenden Potenzial der Kategorie 1 A oder 1B freigesetzt werden. Davon ist ebenfalls auszugehen, bei "Alter Mineralwolle", die vor 1996 verbaut wurde und für Materialien, die vor 2000 eingesetzt wurden, bei denen keine Information vorliegt. Bei wiederholter Exposition gegenüber Fasern, die aus Hochtemperaturwolle freigesetzt werden, ist für den Beschäftigten gemäß ArbmedVV Anhang Teil 1 Abs. 1 arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge zu veranlassen, entsprechend Angebotsvorsorge, wenn eine Exposition nicht ausgeschlossen werden kann (Anhang Teil 1 Abs.2). Die AMR 11.1 konkretisiert eine "wiederholte Exposition" als Exposition, die vorhersehbar mehrfach, d. h. mindestens zweimal, auftritt oder auftreten kann.

Als Empfehlung zur inhaltlichen Gestaltung der arbeitsmedizinischen Vorsorge kann der DGUV Grundsatz G 1.3 "Mineralischer Staub, Teil 3: Künstlicher mineralischer Faserstaub" herangezogen werden.

Für alle Fasern, die in Kategorie 1 A oder 1B eingestuft sind, muss gemäß ArbMedVV Anhang Teil 1 Abs. 3 auch eine nachgehende Vorsorge angeboten werden.

Silikogener Staub (Quarz)

Bei Tätigkeiten mit wiederholter Exposition gegenüber silikogenem Staub ist für den Beschäftigten gemäß ArbmedVV Anhang Teil 1 Abs. 1 arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge zu veranlassen, entsprechend Angebotsvorsorge, wenn eine Exposition nicht ausgeschlossen werden kann (Anhang Teil 1 Abs.2).

Als Empfehlung zur inhaltlichen Gestaltung der arbeitsmedizinischen Vorsorge kann der DGUV Grundsatz G 1.1 "Mineralischer Staub, Teil 1: Silikogener Staub" herangezogen werden.

Auch muss gemäß ArbMedVV Anhang Teil 1 Abs. 3 eine nachgehende Vorsorge angeboten werden.

Hitze

Bei Hitzearbeitsplätzen (Thermoprozessanlagen) ist gemäß ArbmedVV Anhang Teil 3 Absatz 1 Pflichtvorsorge zu veranlassen, wenn die Tätigkeit mit einer extremen Hitzebelastung verbunden ist und zu einer besonderen Gefährdung führen kann. Die Kriterien für eine extreme Hitzebelastung werden in der arbeitsmedizinischen Regel AMR 13.1 konkretisiert, z. B. wenn mindestens einer der folgenden Parameter vorliegt:

  • Lufttemperatur über 45 °C und Beschäftigungsdauer >15 Min.

  • Lufttemperatur über 30 °C mindestens vier Stunden pro Schicht und gleichzeitig

  • hohe Luftfeuchte (gekennzeichnet beispielsweise durch feuchte oder nasse Haut)

  • Flüssigkeitsaufnahme über vier Liter pro Schicht

  • Wärmestrahlung im Gesicht unerträglich

Als Empfehlung zur inhaltlichen Gestaltung der arbeitsmedizinischen Vorsorge kann der DGUV Grundsatz G 30 "Hitzearbeiten" herangezogen werden.

Lärm

Gemäß ArbmedVV Anhang Teil 3 Abs. 1 ist bei Tätigkeiten mit Lärmexposition, wenn die oberen Auslösewerte von Lex, 8 h = 85 dB(A) beziehungsweise LpC,peak = 137 dB(C) erreicht oder überschritten werden, Pflichtvorsorge zu veranlassen. Bei Tätigkeiten mit Lärmexposition, wenn die unteren Auslösewerte von Lex, 8 h = 80 dB(A) beziehungsweise LpC,peak = 135 dB(C) überschritten werden, ist eine Angebotsvorsorge anzubieten.

Als Empfehlung zur inhaltlichen Gestaltung der arbeitsmedizinischen Vorsorge kann der DGUV Grundsatz G 20 "Lärm" herangezogen werden.

Lex, 8 h: Tages-Lärmexpositionspegel bezogen auf 8 Stunden
LpC, peak: Spitzenschalldruckpegel

Atemschutzgeräte

Gemäß ArbmedVV Anhang Teil 4 Abs. 1 ist bei Tätigkeiten, die das Tragen von Atemschutzgeräten der Gruppen 2 und 3 erfordern, Pflichtvorsorge zu veranlassen. Bei Tätigkeiten, die das Tragen von Atemschutzgeräten der Gruppe 1 erfordern, ist Angebotsvorsorge anzubieten. Die arbeitsmedizinische Regel AMR 14.2 konkretisiert die Einstufung der Atemschutzgeräte in Abhängigkeit vom Atemwiderstand und dem Gerätegewicht. Neben der Vorsorge zum Atemschutz wird i.d.R. auch eine Vorsorge zum Gefahrstoff selber erforderlich.

Als Empfehlung zur inhaltlichen Gestaltung der arbeitsmedizinischen Vorsorge kann der DGUV Grundsatz G 26 "Atemschutzgeräte" herangezogen werden.