DGUV Regel 101-604 - Branche Tiefbau

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Abschnitt 3.9 - 3.9 Wasserbau und Taucherarbeiten

3.9.1 Arbeiten auf Schwimmenden Geräten

Berücksichtigen Sie beim Betrieb Schwimmender Geräte die Besonderheiten der Arbeitsumgebung auf dem Wasser sowie die Kombination aus Schwimmkörper und der darauf befindlichen Arbeitsgeräte. Mit richtig ausgewählten und ausgerüsteten Schwimmenden Geräten verringern Sie die Gefährdung, dass z. B. Maschinen an Deck umstürzen, Schwimmende Geräte kentern, Personen ins Wasser fallen.

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Abb. 144
Schwimmendes Gerät mit Seilbagger und Hydraulikbagger an Bord

g_bu_22_as_193.jpgRechtliche Grundlagen
  • Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), §§ 3-6

  • Binnenschiffsuntersuchungsordnung (BinSchUO), §§ 4-6

  • DGUV Vorschrift 64 "Schwimmende Geräte", §§ 3 a, 4-6

  • Technische Regeln für Betriebssicherheit

    • TRBS 2111 "Mechanische Gefährdungen - Allgemeine Anforderungen"

    • TRBS 2111 Teil 1 "Mechanische Gefährdungen - Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen beim Verwenden von mobilen Arbeitsmitteln"

g_bu_22_as_194.jpgWeitere Informationen
  • Bedienungsanleitung des Herstellers

  • Empfehlung zur Betriebssicherheit (EmpfBS) 1113 "Beschaffung von Arbeitsmitteln"

  • Empfehlungen zur Betriebssicherheit (EmpfBS) 1114 "Anpassung an den Stand der Technik bei der Verwendung von Arbeitsmitteln"

g_bu_22_as_195.jpgGefährdungen
  • Kentern des Schwimmenden Gerätes

  • Maschinenumsturz durch:

    • nicht ausreichende Schwimmstabilität des Schwimmenden Gerätes

    • nicht ausreichende Standsicherheit des auf den Schwimmkörper verbrachten Arbeitsgerätes

    • nicht für die zu hebende Last geeignete Arbeitsmaschine

    • nicht für den Arbeitseinsatz geeignete Arbeitsmaschine

  • Absturz von Personen

  • Gefahr des Ertrinkens

  • Quetsch-, Rutsch- und Stolpergefahren

  • Einzugsgefahren z. B. beim Betrieb von Winden

  • Ersticken/Vergiftung in ganz oder teilweise geschlossenen Räumen

g_bu_22_as_196.jpgMaßnahmen

Schwimm-, Kenter- und Standsicherheit

Setzen Sie als Unternehmerin oder Unternehmer nur Schwimmende Geräte ein, bei denen Schwimmfähigkeit und Kentersicherheit rechnerisch nachgewiesen und von einem Sachverständigen geprüft wurde. Dieser Sachverständige muss von der Zentralstelle Schiffsuntersuchungskommission/Schiffseichamt (ZSUK) anerkannt sein. Hierbei sind

  • die tatsächlich eingesetzten Maschinen/Geräte,

  • die Belastungen durch die auszuführenden Arbeiten, z. B. beim Hebezeugbetrieb, und

  • die Positionen der Maschinen/Geräte auf dem Schwimmenden Gerät zu berücksichtigen.

Die Zusammenfassung der Ergebnisse der geprüften Stabilitätsberechnung ist an der Verwendungsstelle vorzuhalten. Die sich aus der Stabilitätsberechnung ergebende Krängung und ihre Auswirkung auf die Standsicherheit der eingesetzten mobilen Arbeitsmittel (z. B. Seilbagger) sind bei Auswahl und Betrieb der mobilen Arbeitsmittel zu berücksichtigen.

Die festgelegten Maßnahmen (z. B. Schwenkbegrenzung, Fahrbahnbegrenzung) sind in einer Betriebsanweisung zu dokumentieren. Diese muss an der Einsatzstelle vorhanden sein.

Unterweisen Sie Ihre Beschäftigten anhand der Betriebsanweisung. Bei verfahrbaren Arbeitsmitteln auf Schwimmenden Geräten sind Einrichtungen zur Fahrbahnbegrenzung (z. B. Anfahrschwellen) zu schaffen. Die Positionierung der Fahrbahnbegrenzungen ergibt sich aus der Stabilitätsberechnung.

Absturz

Lassen Sie Kanten von Decks durch feste Geländer (Relinge), Schanzkleider oder klapp- bzw. abnehmbare Geländer sichern. Die Sicherungen dürfen nur in den Bereichen fehlen, in denen sie den Betrieb ständig behindern.

Zum Erreichen und Verlassen der Schwimmenden Geräte müssen Laufstege mit mindestens einseitigem Geländer oder Beiboote benutzt werden.

Weitere Maßnahmen

In Fahrgewässern Vorkehrungen treffen gegen

  • von anderen Schiffen hervorgerufene Wellen beim Vorbeifahren (Wellenschlag, Schwell), z. B. durch Ladungssicherung,

  • Anfahren von Abspann- und Verholseilen, z. B. durch Warn- und Verbotsschilder, Bojen.

Das Kollisionsschott (die vordere wasserdichte Abteilung) und das Heckschott sind dicht zu fahren (offenstehende Luken im Schott wasserdicht verschließen).

Sorgen Sie z. B. durch Absperrungen dafür, dass Einstiegsluken und Eingänge, die sich im Dreh- und Fahrbereich von mobilen Arbeitsmitteln (z. B. Oberwagen von Baggern) befinden, während des Betriebes nicht betreten werden.

Auspuffanlagen von motorgetriebenen Arbeitsmitteln nicht in der Nähe von Einstiegsluken positionieren.

Vor dem Betreten von Räumen im Pontoninneren messtechnisch prüfen, ob Sauerstoffmangel herrscht oder gesundheitsschädliche Gase in der Atemluft vorhanden sind. Erforderlichenfalls vor dem Betreten ausreichend belüften.

Sorgen Sie für sicher begehbare Arbeitsplätze und Verkehrswege, z. B. durch trittsichere Decks.

Einzugstellen von Winden durch trennende oder ortsbindende Schutzeinrichtungen (z. B. Abdeckungen oder Steuerung mit Nullstellungszwang/Personenbindung) sichern.

Rettungsmittel

Für jede an Bord befindliche Person sind automatisch aufblasende Rettungswesten gemäß DIN EN ISO 12402 mit einem Mindestauftrieb von 150 N vorzuhalten. Die Gefährdungsbeurteilung kann ergeben, dass im Einzelfall eine Rettungsweste mit einer höheren Mindestauftriebskraft (z. B. 275 N) zu wählen ist. Im Besteht die Gefahr des Ertrinkens, z. B. in Bereichen, in denen keine Absturzsicherungen vorhanden sind, bei Überfahrten in Booten, müssen Rettungswesten getragen werden.

Sorgen Sie dafür, dass Rettungsmittel, z. B. Rettungsringe, Rettungsboot, bereitgehalten werden. Rettungsmittel sind so auszuwählen und zu positionieren, dass sie im Notfall bestimmungsgemäß eingesetzt werden können.

Die Rettungsboote müssen einsatzbereit und bei stark strömenden Gewässern (v > 3 m/s) zusätzlich mit Motorantrieb ausgerüstet sein.

Bei Dunkelheit, niedrigen Wassertemperaturen, starken Strömungen können zusätzliche Maßnahmen wichtig für die Rettung von Personen nach einem Sturz ins Wasser sein, z. B.:

  • Ausstattung der Beschäftigten mit Leuchtmitteln, damit sie bei Dunkelheit im Wasser geortet werden können;

  • Ausstattung der Boote mit Scheinwerfern zum Absuchen der Wasseroberfläche;

  • Ermöglichung einer schnellen Rettung durch eine Fahrbereitschaft im Boot, z. B. bei Arbeiten mit dem unmittelbaren Risiko für die Beschäftigten, ins stark strömende Wasser zu stürze;

  • Ausstattung der Beschäftigten mit Überlebensanzügen.

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Abb. 145
Seilbagger auf Ponton mit Krängung

3.9.2 Taucharbeiten

Die Durchführung von Taucherarbeiten birgt zahlreiche Gefahren. Eine sorgfältige Planung der Taucharbeiten und der Notfallmaßnahmen reduziert das Risiko eines Tauchunfalls.

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Abb. 146
Taucheinsatz

g_bu_22_as_193.jpgRechtliche Grundlagen
g_bu_22_as_194.jpgWeitere Informationen
  • DGUV Information 201-033 "Tauchen mit Mischgas"

  • DGUV Information 201-034 "Taucheinsätze in kontaminiertem Wasser"

  • Leitfaden Taucherarbeiten Offshore der DNV GL SE

  • DIN EN 15333 "Schlauchversorgte Leichttauchgeräte mit Druckgas"

  • DIN EN 14225 "Tauchanzüge"

  • DIN EN 12021 "Atemgeräte - Druckgase für Atemschutzgeräte"

g_bu_22_as_195.jpgGefährdungen
  • Mangelhafte Abstimmung zwischen Auftraggebe bzw. Auftraggeberin und Tauchunternehmen;

  • mangelhafte Verkehrswege und Arbeitsplätze;

  • biologische und chemische Stoffe, Kampfmittel;

  • Umgebungsbedingungen im Tauchmedium, z. B. Enge, schlechte Sicht, Temperatur, Strömung;

  • Ertrinken, Sauerstoffunterversorgung Sauerstoffvergiftung;

  • falsche Atemgaszusammensetzung, schnelle Druckwechsel;

  • manuelles Bewegen schwerer Lasten, Zwangshaltung;

  • getroffen und erfasst werden von bewegten Lasten, Bauteilen, Arbeitsmitteln, Anlagen, Schiffsverkehr;

  • eingezogen werden in Anlagen/Bauwerke von Sog/Strömung;

  • elektrische Anlagen und Betriebsmittel;

  • Lärm, Vibration.

g_bu_22_as_196.jpgMaßnahmen

Abstimmung

Eine detaillierte Planung muss in Zusammenarbeit zwischen Tauchunternehmen, Auftraggeber bzw. Auftraggeberin, Koordinator bzw. Koordinatorin (z. B. BaustellV, TRGS 524) und ggf. Anlagenbetreibern erfolgen. Die Zuständigkeiten, Informationsflüsse und Schnittstellen sind schriftlich zu regeln (siehe z. B. Leitfaden Taucherarbeiten Offshore).

Zur Abstimmung gehört auch, dass Anlagen, die die Taucherarbeiten gefährden können, stillgelegt werden. Die Inbetriebnahme muss mit dem Taucheinsatzleiter oder der Taucheinsatzleiterin abgestimmt werden. Schiffsverkehr im Bereich der Tauchstelle muss in der Planung berücksichtigt werden. Die Sicherungsmaßnahmen und die Kennzeichnung der Tauchstelle sind mit der zuständigen Ordnungsbehörde abzustimmen.

g_bu_22_as_234.jpgPlanung der Arbeiten

Unter Berücksichtigung der auszuführenden Arbeiten, den Umgebungsbedingungen und den zur Anwendung kommenden Arbeitsmitteln ist vom Tauchunternehmen eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Diese muss ggf. täglich überprüft und angepasst werden.

Die Beschäftigten und weitere Beteiligte sind entsprechend zu unterweisen bzw. zu informieren.

g_bu_22_as_267.jpgPersonalplanung

Die Gruppe muss von einem Taucheinsatzleiter bzw. einer Taucheinsatzleiterin geleitet werden. Diese müssen den sicheren Ablauf des Tauchereinsatzes überwachen und gehört nicht der Tauchergruppe an. Folgendes Personal muss für die Tauchgruppe eingeplant werden: Taucher bzw. Taucherin, Signalmann bzw. Signalfrau, Taucherhelfer bzw. Taucherhelferin und Reservetaucher bzw. Reservetaucherin. Die Gefährdungsbeurteilung kann ergeben, dass weiteres Personal, auch für evtl. auftretende Notfälle vorgehalten werden muss (z. B. weiterer Signalmann/Signalfrau, weitere Tauchhelfer/Tauchhelferinnen). Die eingesetzten Taucher bzw. Taucherinnen müssen u. a. über hinreichende Kenntnisse und Fähigkeiten für die sichere Durchführung von Taucharbeiten verfügen.

g_bu_22_as_317.jpgArbeitsmedizinische Vorsorge

Die eingesetzten Taucher und Taucherinnen müssen gesundheitlich geeignet sein, dazu ist eine Pflichtvorsorge nach ArbMedVV vom Unternehmen zu veranlassen. Diese ist in regelmäßigen Abständen, spätestens nach drei Jahren, zu erneuern. Die Vorsorge darf nur von Fachärzten bzw. Fachärztinnen für Arbeitsmedizin oder von Ärzten bzw. Ärztinnen mit der Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin durchgeführt werden. Diese können die Fristen zur Vorsorge in begründeten Fällen individuell verkürzen.

g_bu_22_as_318.jpgKontaminationen

Grundlage für die Taucharbeiten in kontaminierten Bereichen ist der Arbeits- und Sicherheitsplan (gem. DGUV Regel 101-004) des Bauherrn oder der Bauherrin. Entsprechend des Planes legt der Unternehmer bzw. die Unternehmerin die weiteren Schutzmaßnahmen für die Taucharbeiten fest. Als Hilfestellung ist die DGUV Information 201-034 heranzuziehen. Die Schutzmaßnahmen betreffen das gesamte an der Tauchstelle eingesetzte Personal.

g_bu_22_as_318.jpgKampfmittel

Grundlage für den Umgang mit Kampfmitteln ist der Arbeits- und Sicherheitsplan (Räumkonzept gem. DGUV Information 201-027) des Bauherrn bzw. der Bauherrin. Die für die Sondierungsarbeiten eingesetzten Taucher und Taucherinnen müssen den Befähigungsschein nach § 20 Sprengstoffgesetz besitzen.

Einsatz von Mischgas

Grundlage für das Arbeiten mit Mischgasen als Atemgas ist die DGUV Information 201-033 "Tauchen mit Mischgas". Der Einsatz von Mischgas kann in Abhängigkeit von Tauchtiefe und -zeit vorteilhaft sein (z. B. Minimierung Stickstoffnarkose). Der Einsatz von Mischgasen muss vom zuständigen Unfallversicherungsträger genehmigt werden. Beim Einsatz von Mischgasen werden besondere Austauchtabellen (anerkannte/validierte Tabellen) benötigt. Der Unternehmer oder die Unternehmerin muss sich vom Lieferanten die Qualität des Mischgases bestätigen lassen.

Die Tauchgruppe und der Taucheinsatzleiter bzw. die Taucheinsatzleiterin müssen Erfahrungen mit dem Einsatz von Mischgas nachweisen können.

Tauchgeräte

Die eingesetzten Tauchgeräte müssen für den jeweiligen Einsatz geeignet sein und eine EG-Baumusterprüfung nach PSA Richtlinie/Verordnung über persönliche Schutzausrüstungen besitzen. Die Baumusterprüfung erkennt man am CE-Zeichen mit vierstelliger Zahl der Prüfstelle.

Notfälle/Rettungsmaßnahmen

Für jeden Taucheinsatz sind die Rettungsmaßnahmen im Rahmen einer Notfallplanung festzulegen. Die notwendigen Rettungsmittel sind an der Tauchstelle vorzuhalten. Das Retten des Tauchers oder der Taucherin bis zur Übergabe an den Rettungsdienst ist regelmäßig zu üben. Mindestens ein an Land befindliches Mitglied der Tauchgruppe und der Einsatzleiter oder die Einsatzleiterin müssen eine Ausbildung in Erster Hilfe nachweisen können und mit den spezifischen Anforderungen und Verfahren bei Tauchunfällen vertraut sein. Die Erreichbarkeit einer Taucherdruckkammer innerhalb von 3 Stunden muss geprüft werden, ansonsten ist eine Taucherdruckkammer an der Tauchstelle vorzuhalten. Eine Übersicht der Druckkammern ist auf der Seite www.gtuem.org zu finden.

Arbeitsplätze/Arbeitsplattformen

Arbeitsplätze mit Absturzgefahr (auch bei Absturzgefahr ins Wasser hinein) müssen über eine Absturzsicherung verfügen. Arbeitsplätze und Arbeitsplattformen müssen über sichere Verkehrswege (z. B. Verwendung von Treppen oder Personenaufnahmemittel an Hebezeug) erreichbar sein.

Lärm und Vibration

Im Bereich der Tauchstelle sollten keine lärm- und vibrationsintensiven Arbeiten (z. B. Rammarbeiten) von Dritten ausgeführt werden. Eine räumliche oder zeitliche Trennung ist zu prüfen. Die beim Tauchen verwendeten Arbeitsmittel müssen vibrationsarm sein und wenig Lärm emittieren.