DGUV Regel 102-602 - Branche Kindertageseinrichtung

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Abschnitt 3.4 - 3.4 Bildungsangebote gestalten und betreuen

Bildung, Erziehung und Betreuung in Kindertageseinrichtungen haben das Ziel, eine möglichst gute Entwicklung jedes Kindes zu unterstützen. Dabei sollten sich die Kinder soziale, emotionale und körperliche Kompetenzen in einem selbsttätigen Prozess aneignen können. Dafür sind vielfältige pädagogische Angebote geeignet, die sich am Alter und dem Entwicklungsstand der Kinder orientieren. Bei der konkreten Ausgestaltung der Angebote muss das Bildungsprogramm des jeweiligen Bundeslandes ebenso wie Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden.

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Abb. 15
Prävention: Bildungsangebote sind immer unter den Aspekten Sicherheit und Gesundheit zu hinterfragen.

ccc_3684_01.jpgRechtliche Grundlagen
Es sind nur die Gesetze, Verordnungen, Vorschriften und Regeln aufgeführt, die den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegen. Zu diesem Thema gibt es weitere rechtliche Grundlagen.
  • §§ 6, 7 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)

  • Anhang "Anforderungen und Maßnahmen für Arbeitsstätten nach § 3 Nr. Absatz 1", Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)

  • §§ 3, 4, 7, 22 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

  • §§ 8, 14, 15, 16, 18, 20, 21 DGUV Vorschrift 82 "Kindertageseinrichtungen" (bisher GUV-V S 2)

  • Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR)

    • ASR A2.2 "Maßnahmen gegen Brände"

    • ASR A3.7 "Lärm"

ccc_3684_02.jpgWeitere Informationen
Es sind nur die Informationen aufgeführt, die den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegen. Zu diesem Thema gibt es weitere Veröffentlichungen.
  • DGUV Information 202-040 "Holz - Ein Handbuch für Lehrkräfte" (bisher GUV-SI 8042)

  • DGUV Information 202-089 "Erste Hilfe in Kindertageseinrichtungen" (bisher GUV-SI 8066)

  • Gemeinsamer Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen. Beschluss der Jugendministerkonferenz vom 13./14.05.2004/Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 03./04.06.2004

  • Bildungspläne und Bildungsprogramme der Länder 1)

ccc_3684_33.jpgGefährdungen

Die Sicherheit und Gesundheit der Kinder können insbesondere durch folgende Mängel und Rahmenbedingungen gefährdet sein:

  • Gefahrstoffe

  • Defekte Geräte

  • Unsachgemäße Handhabung von Geräten, Werkzeugen und Materialien

  • Nicht alters- oder entwicklungsgerechte Materialien

  • Stolperstellen und Bodenunebenheiten

  • Ungeeignete Ausstattung

  • Unzureichende Qualifikation

  • Mangelnde Aufsicht

ccc_3684_34.jpgMaßnahmen

Gefährdungen kennen und berücksichtigen

Veranlassen Sie bei der didaktischen Planung von Bildungsangeboten sogleich deren Gefährdungsbeurteilung. Die Gefährdungen sind jeweils für die konkreten Gruppen-, Lern- und Arbeitssituationen zu ermitteln - und zwar für alle an dem Bildungsangebot Beteiligten. Machen Sie dabei auch pädagogische und psychologische Aspekte sichtbar.

Fachliche Voraussetzungen schaffen

Sie sollten als Träger sicherstellen, dass Ihre pädagogischen Fachkräfte für die geplanten Angebote ausreichend qualifiziert sind. Sie sollten deshalb Pläne für die fachliche Aus- und Weiterbildung in Ihren Kindertageseinrichtungen entwickeln. Dies kann auch im Austausch mit anderen erfahrenen Einrichtungen erfolgen.

ccc_3684_31.jpg Bieten Sie Ihren pädagogischen Fachkräften fachliche Unterstützung an, wenn sie sich bei der Beurteilung der Gefährdungen oder bei der Umsetzung des Angebotes unsicher fühlen.

Rahmenbedingungen schaffen

Schaffen Sie Rahmenbedingungen für sichere, altersspezifische und entwicklungsförderliche Bildungsangebote. Hierzu gehören unter anderem

  • spezifische Bereiche und Räume für die Durchführung der Angebote wie Kreativraum, Theater, Bibliothek oder Kinderküche,

  • rutschfeste Bodenbeläge, keine Stolperstellen, kein herumliegendes Material, insbesondere in Werk- und Experimentierräumen,

  • kipp- und standsicher aufgestellte Regale, gegen Herausfallen gesicherte Schubladen,

  • sicheres und altersgerechtes Spiel- und Bastelmaterial,

  • proaktives Aufsichtsverhalten,

  • gesicherte und übersichtliche Aufbewahrung von Materialien sowie Werkzeugen,

  • Verhaltensregeln zum Umgang miteinander und zur Handhabung der Werkzeuge, Geräte und Maschinen.

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Abb. 16
In einem sicheren Umfeld können Kinder besondere Fähigkeiten entfalten.

Gemeinsam planen

Es ist empfehlenswert, Bildungsangebote gemeinsam mit den Kindern und im Team zu planen. Auf diese Weise stellen Sie sicher, dass die Themen der Kinder und die Kompetenzen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einfließen sowie gemeinsam verbindliche Regelungen getroffen werden können.

Die Planung berücksichtigt:

  • Alter, Anzahl und Kompetenzen der Kinder

  • Art des Bildungsangebotes

  • Umfang und Gestaltung der Aufsicht

  • Qualifikation und Anzahl der Beschäftigten

  • Maßnahmen bei kurzfristigen Veränderungen der Rahmenbedingungen wie Ausfall einer Begleitperson oder schlechtes Wetter

Es hat sich bewährt, Bildungsangebote zu evaluieren und dabei besondere Vorkommnisse und Unfälle zu berücksichtigen. Für Planung und Evaluation sollten Sie ausreichend Zeit und Räume zur Verfügung stellen.

Bildungsangebote vielfältig gestalten

Indem sich Kinder mit möglichst vielen und unterschiedlichen Themen, Materialien und Gegenständen beschäftigen, können sie Kompetenzen aufbauen und damit Sicherheit gewinnen. Deshalb sollten Sie Kindern auch die Möglichkeit geben, den sicheren Umgang mit Werkzeugen und Maschinen sowie Feuer und Wasser zu lernen. Verbote sind angebracht, wenn die verantwortliche Fachkraft bei der Gefährdungsbeurteilung die Gefahren für die Kinder trotz aller präventiven Maßnahmen als zu groß einstuft. Dabei sind die Möglichkeiten und Bedürfnisse aller Kinder zu berücksichtigen.

ccc_3684_31.jpg Schaffen Sie in Ihren Teams ein gemeinsames Verständnis von Aufsichtsführung und eine einheitliche Einschätzung von Risiken, Wagnissen und Gefährdungen.

Bildungsangebote betreuen

Kinder benötigen Freiräume, um sich zu entfalten. Sie benötigen aber auch Regeln und Vorgaben, damit ihre Sicherheit bei allen Bildungsangeboten gewährleistet werden kann. Stellen Sie in Ihren Einrichtungen sicher:

  • Kindgerechte Vermittlung wichtiger Informationen

  • Keine verdeckten Risiken und Gefahren

  • Zulassen von Freiräumen für Eigenaktivitäten der Kinder sowie von Fehlern, denn sie gehören zum Lern- und Entwicklungsprozess von Kindern dazu

  • Einbeziehung der Kinder bei der Aufstellung von Regeln

  • Verantwortungsübernahme durch die Kinder

  • Beteiligung der Kinder bei der Auswertung von besonderen Vorkommnissen und Unfällen

ccc_3684_29.jpg Achten Sie darauf, dass sich Umfang und Intensität der Aufsicht an dem Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung orientieren.

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Abb. 17
Alles klar? Regeln können kindgerecht vermittelt werden.

Umgang mit Gefahrstoffen vermeiden

Kreativ mit Farben, Klebstoffen, Knete, Ton oder Holz umzugehen, gehört zum Alltag in Kindertageseinrichtungen. Mit Blick auf die Gesundheit müssen Sie in Ihren Einrichtungen darauf achten, dass

  • insbesondere Kinder keine Gefahrstoffe verwenden, sondern Farben und Kleber ohne gesundheitsgefährliche Lösemittel,

  • keine Materialien bearbeitet werden, die gefährliche Stäube entwickeln wie Speckstein und Harthölzer,

  • vorhandene Gefahrstoffe in verschlossenen Räumen oder Schränken aufbewahrt werden.

Mit Feuer sicher umgehen

Wird mit offenem Feuer gearbeitet, sind folgende Rahmenbedingungen notwendig:

  • Brandschutzordnung und gegebenenfalls weitere länderspezifische Regelungen beachten

  • Offenes Feuer nur in Gegenwart Erwachsener verwenden

  • Alle brennbaren Stoffe aus der unmittelbaren Umgebung des Feuers entfernen

  • Geeignete Löschmittel wie Sand oder Wasser beziehungsweise Feuerlöscher bereitstellen

  • Bei offenen Flammen Unterlagen aus nicht brennbarem Material verwenden

  • Ausreichende Sicherheitsabstände zum Feuer einhalten

  • Kontinuierliche Aufsicht sicherstellen

Mit Werkzeugen, Maschinen und Geräten umgehen

Wo die Kinder mit Geräten, Maschinen und Werkzeugen umgehen, brauchen sie eine fachgerechte Anleitung, sichere Rahmenbedingungen und ausreichend Aufsicht. Dazu muss Ihr Personal selbst die Betriebsanweisungen der Arbeitsmittel kennen und im Umgang unterwiesen worden sein.

ccc_3684_29.jpg Alles, was von den Kindern nicht ohne Aufsicht benutzt werden darf, müssen Sie gegen unbefugte Benutzung sichern, beispielweise durch Schlüsselschalter oder Aufbewahrung in einem verschließbaren Schrank oder Raum.

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Abb. 18
Alles im Blick: Die Gefährdungsbeurteilung zeigt, mit welchen Gefahren in einem Werkraum zu rechnen ist.

Sicher kochen

Kochstellen in Kinderküchen sollen Sie durch Herdschutzgitter sichern. Strom-Zuleitungen und Standflächen von Küchengeräten sollten sich außerhalb der Reichweite der Kinder befinden. Die Energiefreigabe des Herdes soll durch einen gesonderten Schalter außerhalb der Reichweite der Kinder gewährleistet werden.

An Entnahmeapparaturen, die Kindern zugänglich sind, soll die Wassertemperatur 43 °C nicht überschreiten.

ccc_3684_31.jpg Sollen Kinder in Küchen tätig werden, die für Erwachsene eingerichtet sind, haben sich höhengerechte Standplätze für Kinder bewährt.

Mit digitalen Medien umgehen

Wo digitale Medien zum Bildungsangebot gehören, sorgen Sie unter anderem für folgende Voraussetzungen:

  • Kindgerechte Gestaltung des Lernplatzes

  • Alters- und entwicklungsgerechte Hard- und Software

  • Einheitliche Regeln für die Benutzung der digitalen Medien

  • Regelmäßige Prüfung der elektrischen Betriebsmittel

  • Steckdosen mit Kindersicherung

Übersicht siehe Anhang 4.4