DGUV Regel 102-602 - Branche Kindertageseinrichtung

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Abschnitt 3.5 - 3.5 Bewegungsangebote gestalten

In Kindertageseinrichtungen zielt Bewegungsförderung vor allem darauf, das Wohlbefinden und eine gesunde Entwicklung zu gewährleisten. Durch vielfältige Bewegungsangebote auf dem Außengelände und in den Einrichtungsräumen können Kinder Bewegungserfahrung sammeln. Dadurch bauen sie Sicherheit im Umgang mit sich und ihrer Umwelt auf. Daneben sind angeleitete Bewegungsangebote in Mehrzweck- und speziellen Bewegungsräumen von großer Bedeutung.

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Abb. 19
Bewegung: Zusätzlich zum Spielen drinnen und draußen ermöglichen spezielle Bewegungsangebote ebenfalls Bewegungserfahrungen.

ccc_3684_01.jpgRechtliche Grundlagen
Es sind nur die Gesetze, Verordnungen, Vorschriften und Regeln aufgeführt, die den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegen. Zu diesem Thema gibt es weitere rechtliche Grundlagen.
  • Anhang "Anforderungen und Maßnahmen für Arbeitsstätten nach § 3 Nr. Absatz 1", Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)

  • §§ 3, 7 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

  • §§ 6-10, 13, 14, 23-25 DGUV Vorschrift 82 "Kindertageseinrichtungen" (bisher GUV-V S 2)

  • Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR)

    • ASR A3.6 "Lüftung"

ccc_3684_02.jpgWeitere Informationen
Es sind nur die Informationen aufgeführt, die den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegen. Zu diesem Thema gibt es weitere Veröffentlichungen.
  • DGUV Information 202-018 "Klettern in Kindertageseinrichtungen und Schulen" (bisher BG/GUV-SI 8013)

  • DGUV Information 202-035 "Matten im Sportunterricht" (bisher BG/GUV-SI-8035)

  • DGUV Information 202-044 "Sportstätten und Sportgeräte" (bisher GUV-SI 8044)

  • DGUV Information 202-052 "Alternative Nutzung von Sportgeräten" (bisher GUV-SI 8052)

  • DGUV Information 202-062 "Wahrnehmungs- und Bewegungsförderung in Kindertageseinrichtungen" (bisher GUV-SI 8072)

  • DGUV Information 202-072 "Seilgärten in Kindertageseinrichtungen und Schulen" (bisher GUV-SI 8082)

  • DGUV Information 202-079 "Wassergewöhnung in Kindertageseinrichtungen" (bisher BG/GUV-SI 8089)

  • DGUV Information 202-081 "Trampoline in Kindertageseinrichtungen und Schulen" (bisher GUV-SI 8095)

  • DIN EN 71-1:2018-12 "Sicherheit von Spielzeug - Teil 1: Mechanische und physikalische Eigenschaften"

  • DIN EN 1176-1:2017-12 "Spielplatzgeräte und Spielplatzböden - Teil 1: Allgemeine sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren"

  • DIN 7909:2016-04 "Turn- und Gymnastikgeräte - Turnbank - Maße, Anforderungen, Prüfung"

  • DIN 7910:1999-08 "Turn- und Gymnastikgeräte - Sprossenwände - Anforderungen und Prüfverfahren; einschließlich DIN EN 12346"

  • DIN EN 12503-1:2013-05 "Sportmatten - Teil 1: Turnmatten, sicherheitstechnische Anforderungen"

  • DIN EN 12572-2:2017-05 "Künstliche Kletteranlagen - Teil 2: Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren für Boulderwände"

  • DIN EN 13219:2009-02 "Turngeräte -Trampoline - Funktionelle und sicherheitstechnische Anforderungen, Prüfverfahren"

  • Bildungspläne und Bildungsprogramme der Länder 5)

  • Gemeinsamer Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen. Beschluss der Jugendministerkonferenz vom 13./14.05.2004/ Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 03./04.06.2004: https://www.kmk.org: (Suchbegriff Frühe Bildung)

  • DIN 18041 "Hörsamkeit in Räumen - Anforderungen, Empfehlungen und Hinweise für die Planung"

  • www.sichere-kita.de

ccc_3684_33.jpgGefährdungen

Wenn Kinder klettern, laufen, springen oder mit dem Ball spielen, sind Unfälle und Verletzungen nicht immer zu vermeiden. Sie bauen die dafür benötigten Fähigkeiten und Fertigkeiten erst noch auf.

Aufgrund des Unfallrisikos und der allgemeinen Unruhe ist die Bewegungsförderung für die pädagogischen Fachkräfte mit erhöhten Belastungen verbunden.

Ursachen für die Gefährdungen der Kinder und Fachkräfte sind:

  • Alters- und entwicklungsbedingte Einschränkungen des Sicherheitsbewusstseins sowie der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Kinder

  • Defekte oder fehlende Sport- und Spielgeräte

  • Inadäquate räumliche Bedingungen

  • Unzureichende bewegungsdidaktische und -methodische Kompetenzen

  • Unzureichende Risikokompetenz

  • Hoher Schallpegel

  • Unzureichende Aufsichtsführung

  • Ungeeignete Kleidung oder Schmuck

ccc_3684_34.jpgMaßnahmen

Um Unfälle bei der Bewegungsförderung zu verhindern, müssen Maßnahmen ein Höchstmaß an Sicherheit gewährleisten, ohne den Wert des Angebotes oder das Bewegungsbedürfnis der Kinder einzuschränken. Welche konkrete Maßnahme Sie treffen, hängt von der Gefährdungsbeurteilung ab. Grundsätzlich ist auf die im Folgenden aufgeführten Maßnahmen zu achten:

Bewegungsangebote vielfältig und sicherheitsförderlich gestalten

Bewegungsförderung in Ihren Kindertageseinrichtungen sollte Kinder dabei unterstützen, sich aktiv motorische und sensomotorische Fertigkeiten und Fähigkeiten sowie Sicherheitsbewusstsein und Risikokompetenz anzueignen. Deshalb sollten Angebote erlebnisorientiert gestaltet sein und Wagnisse ermöglichen.

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Abb. 20
Risikokompetenz: Lassen Sie die Kinder mit allen Sinnen, alleine und gemeinsam mit anderen Kindern Erfahrungen sammeln.

Geeignete Räumlichkeiten nutzen

Laden Sie in den Gruppenräumen und/oder in den Verkehrsflächen zu Bewegung ein. Für die systematische Bewegungsförderung sollten Sie einen speziellen Bewegungs- und Mehrzweckraum in jeder Kindertageseinrichtung zur Verfügung stellen.

Neben den im Abschnitt 3.2 aufgeführten baulichen und sicherheitstechnischen Kriterien sind folgende Merkmale wichtig:

  • Die Raumfläche sollte so groß sein, dass Lauf- und Ballspiele sowie Toben möglich sind.

  • Wände sollen vom Fußboden bis zu einer Höhe von mindestens 2 m ebenflächig und glatt sein.

  • Ecken und Kanten haben einen Radius von mindestens 10 mm.

  • Fensterbänke stehen nicht über.

  • Türen schlagen nicht nach innen auf.

  • Der Bodenbelag ist elastisch, zum Beispiel Verbundbeläge als Bahnenware mit elastischer Schicht von ≥ 5 mm oder Kork beziehungsweise andere nachgiebige Beläge in einer Schicht von ≥ 5 mm.

  • Es ist ausreichend frische Luft vorhanden.

  • Bodentiefe Glasflächen sind abgeschirmt oder aus bruchsicherem Material gestaltet.

  • Nachhallzeiten werden entsprechend der DIN 18041 erreicht.

Nutzen Sie Flure oder andere Verkehrsflächen für die systematische Bewegungsförderung, müssen diese entsprechend gestaltet sein. Alternativ müssen die Angebote den jeweiligen Rahmenbedingungen angepasst werden.

Ob Gruppen- oder Mehrzweckräume: Für Bewegungsangebote sollte eine hindernisfreie Fläche von mindestens 2 m2 pro Kind zur Verfügung stehen.

Sachdienlichen Ordnungsrahmen schaffen

Zu einem sachdienlichen Ordnungsrahmen gehören unter anderem:

  • Deutliche Kennzeichnung, etwa der Spiel- und Übungsräume, Wartezonen

  • Geeigneter Standort der Fachkraft

  • Ausreichende und hindernisfreie Sicherheitsabstände zu Wänden und Einrichtungsgegenständen

  • Bewegungsflächen ohne Stolperstellen, zum Beispiel Aufkantungen im Fußbodenbereich, herumliegendes Spielmaterial

  • Sichere und übersichtliche Aufbewahrung von Spielgeräten und -materialien sowie Sportgeräten

  • Verhaltensregeln zum Umgang untereinander und zur Handhabung von Geräten und Kleinmaterialien

  • Vorgaben zur bewegungsgerechten Kleidung und zum Tragen von Schmuck

  • Situationsgerechte Aufsichtsführung

Sichere Sport- und Spielgeräte verwenden

Setzen Sie bei der Bewegungsförderung in Ihren Kindertageseinrichtungen möglichst nur alters- und normgerechte Sportgeräte und mit dem CE-Zeichen versehene Spielzeugmaterialien ein. Sinngemäß müssen diese Anforderungen auch sonstige Materialien erfüllen, die im Rahmen der Bewegungsförderung eingesetzt werden. Zudem darf kein Spielzeug mit verschluckbaren Kleinteilen bei Bewegungsangeboten für Kinder unter drei Jahren eingesetzt werden.

Sorgen Sie dafür, dass Ihr pädagogisches Personal Materialien und Geräte in Augenschein nimmt und auf ihre Funktionssicherheit hin kontrolliert, bevor es sie - sicher und bestimmungsgemäß - verwendet. Besonderer Wert ist auf die Standsicherheit von Geräten zu legen.

Veranlassen Sie zudem, dass Sportgeräte regelmäßig, am besten jährlich, durch Sachkundige geprüft werden. Defekte Materialien, Spiel- und Sportgeräte dürfen auf keinen Fall eingesetzt werden.

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Abb. 21 + 22
Ordnung bei der Gerätelagerung erleichtert die pädagogische Arbeit und schafft Sicherheit.

Bei Bewegungsaufgaben ab einer Höhe von 60 cm, bei denen Niedersprünge möglich sind und Stürze nicht ausgeschlossen werden können, beispielsweise beim Balancieren oder beim Klettern an der Boulderwand, sind Sportmatten zu verwenden. Die Auswahl richtet sich nach der Art der Aufgabe, den Kompetenzen der Kinder sowie der Sprung- und Fallhöhe.

Gruppengröße beachten

Stellen Sie sicher, dass Ihre pädagogischen Fachkräfte nur so viele Kinder betreuen, wie sie für deren Sicherheit sorgen können. Vor allem bei Bewegungsangeboten mit einem erhöhten Risiko sollte die Gruppe nicht zu groß sein. Empfohlen wird zum Beispiel bei der Wassergewöhnung mit Kindern über drei Jahren in einem öffentlichen Schwimmbad ein Betreuungsschlüssel von 1:5.

Wo Kinder mit und ohne Bedarf an besonderer Unterstützung gemeinsam lernen, ist die Gruppengröße und/oder die Anzahl der Fachkräfte nach den besonderen pädagogischen und medizinischen Erfordernissen festzulegen.

Fachliche Voraussetzungen

Sie sollten dafür Sorge tragen, dass Ihre Beschäftigten für die Bewegungsförderung alle fachlichen Voraussetzungen besitzen und diese kontinuierlich aktualisieren. Hierzu gehören zum Beispiel:

  • Kenntnisse über die physiologische Entwicklungssituation der Kinder

  • Fähigkeit, die physische, psychische und soziale Disposition der Kinder einzuschätzen

  • Kenntnisse über die Sachstruktur von Bewegungsaufgaben

  • Kenntnisse über besondere Risikofaktoren und über Möglichkeiten der Sicherheits- und Gesundheitsförderung

  • Fähigkeit, Bewegungsangebote entsprechend didaktisch-methodischer Grundsätze zu gestalten

  • Kenntnisse methodischer Vorgehensweisen, insbesondere von speziellen Vermittlungsformen für ängstliche und motorisch schwächere Kinder sowie für Kinder mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung

  • Kenntnisse im kindgerechten Helfen und Sichern

  • Badspezifische Rettungsfähigkeit, wenn Wassergewöhnung angeboten wird

Zudem sind die länderspezifischen Reglungen und Vorgaben zu berücksichtigen.

Übersicht siehe Anhang 4.4