DGUV Information 203-093 - Handlungshilfe für die Gefährdungsbeurteilung beim Betrieb von offenen Laser-Einrichtungen zur Materialbearbeitung mit Handführung oder Handpositionierung (HLG)

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Abschnitt 5.1 - 5.1 Technisch-konstruktive Schutzmaßnahmen am HLG

Gemäß den technischen Normen (u. a. DIN EN ISO 12100) ist der Hersteller eines Produktes verpflichtet, vorrangig eine inhärent sichere Konstruktion vorzunehmen, d. h. technisch-konstruktive Maßnahmen zu ergreifen, um eine Risikominderung und damit ein akzeptables Restrisiko für den Betreiber zu erreichen.

Auch wenn die meisten HLG bezüglich der Laserklasse (gem. DIN EN 60825-1 und DIN EN ISO 11553-2) vom Hersteller in Klasse 4 klassifiziert werden, so lässt sich das Risiko einer Verletzung durch Laserstrahlung mit Hilfe einer inhärent sicheren Konstruktion/technisch-konstruktiver Schutzmaßnahmen am HLG deutlich reduzieren; dieses gilt insbesondere für HLG mit Ausgangsleistungen typischerweise über 1 kW (CW).

Für die Betreiber ist daher die Kenntnis möglicher technisch-konstruktiver Schutzmaßnahmen, die die Hersteller vorgesehen haben, hinsichtlich eines sicheren Betriebs von HLG grundlegend.

Ziel der technisch-konstruktiven Maßnahmen am HLG ist im Wesentlichen:

  1. a.

    Die Laserstrahlung im Fehlerfall sicher zu isolieren/deaktivieren.

    Mögliche technisch-konstruktive Maßnahmen sind:

    • Zweihandschalter,

    • Zustimmungsschalter.

  2. b.

    Im bestimmungsgemäßen Betrieb und im Fehlerfall die unbeabsichtigte Ausbreitung der Laserstrahlung über die Prozesszone hinaus und aus ihr heraus (Reflexionen/Streustrahlung) zu minimieren.

    Mögliche technisch-konstruktive Maßnahmen hinsichtlich Befehlsgeräten sind u. a.:

    • mechanische Aufsatzkontrolle (HLG/Werkstück),

    • berührungslose Abstandskontrolle (HLG zum Werkstück),

    • Neigungssensoren,

    • Beschleunigungssensoren.

5.1.1
Einhausung des Arbeitsbereiches

Eine lokale Einhausung des Prozessbereichs oder des Arbeitsbereiches kann das Austreten von Laserstrahlung verhindern oder zumindest reduzieren. Im Falle der Reduzierung wird die Einhaltung der EGW nicht notwendigerweise sichergestellt, darum müssen dann weitere Maßnahmen getroffen werden.

Die Verwendungsmöglichkeit des HLG kann durch die Einhausung eingeschränkt werden.

Wenn durch die Einhausung sichergestellt werden kann, dass außerhalb der Einhausung die Expositionsgrenzwerte unterschritten werden, so sind keine weiteren ergänzenden technischen Maßnahmen erforderlich.

Kann eine Einhausung geöffnet werden, so wird in der Regel die Position der Einhausung über einen Sicherheitspositionsschalter abgefragt und ausgewertet. Bei geöffneter Einhausung darf keine gefährliche Laseremission möglich sein.

Wird die Einhausung herstellerseitig mitgeliefert und ist die Konformität bescheinigt, kann davon ausgegangen werden, dass diese den sicherheitstechnischen Anforderungen genügt.

Auch bei eingehausten oder teileingehausten Lasereinrichtungen kann in Sonderbetriebsarten (z. B. Wartung, Service, Einstellarbeiten) ein offener Betrieb erforderlich sein. Die Anwahl der Sonderbetriebsarten erfolgt in der Regel über einen abschließbaren Betriebsartenwahlschalter. Es gelten dann die Anforderungen an den offenen Betrieb.

5.1.2
Beobachtungsfenster

Ist eine vollständige Einhausung des Laserbereiches und damit auch des Arbeitsbereiches gegeben, kann eine Beobachtung des Arbeitsvorganges über ein Beobachtungsfenster erfolgen. Dieses Beobachtungsfenster ist von den Herstellern in der Regel nach DIN EN 207 oder DIN EN 60825-4 ausgelegt. Fenster nach DIN EN 207 sind entsprechend gekennzeichnet (siehe auch DGUV-Information 203-042 "Auswahl und Benutzung von Laser-Schutzbrillen, Laser-Justierbrillen und Laser-Schutzabschirmungen"). Alternativ können auch Kameras in der Kabine platziert werden, die das Bild auf einen außerhalb der Kabine befindlichen Monitor übertragen.

5.1.3
Werkstückbeobachtung durch ein Okular

Es werden oft Okulare mit starker Vergrößerung zur Beobachtung des Arbeitsprozesses eingesetzt.

Bei der Beobachtung durch das Okular ist im Beobachtungsweg ein Filter oder ein Shutter (Strahlverschluss) entsprechend der DIN EN 60825-1 und DIN EN ISO 11553-2 von den Herstellern in der Regel integriert worden (Grundlage ist die Risikobeurteilung).

Besteht die Möglichkeit, direkt oder seitlich auf den Prozess zu blicken und den Laser zu betätigen, so können die Expositionsgrenzwerte überschritten werden und es ist mit Laserschutzbrille zu arbeiten.

Bei Anwendungen gemäß Abbildung 2, bei denen der Arbeitsraum geschlossen ist und nur mit den Händen zugänglich ist, braucht in der Regel keine Laserschutzbrille getragen zu werden.

Die Betreiber können mit Unterstützung des Fachkundigen anwendungs- bzw. applikationsspezifisch (kein direkter Blick möglich) durch eine genaue Einzelanalyse andere Schutzmaßnahmen (z. B. partielle Abschirmungen, organisatorische Maßnahmen) in der Gefährdungsbeurteilung festlegen und dokumentieren.

5.1.4
Technisch konstruktive Steuerungseinrichtungen zur sicheren Laserstrahlfreigabe (und Anzeigeelemente)

5.1.4.1
Bedienungseinrichtungen, Anzeigen

Ist eine Gefährdung von Personen durch Laserstrahlung möglich, darf die Auslösung der Laserstrahlung nur durch eine zu haltende Betätigungseinrichtung erfolgen. Ein Fußtaster ("Fußschalter") oder ein Handtaster muss haltend betätigt werden.

An der Laser-Einrichtung muss ein Not-Halt-Taster (früher oft auch als NOT-AUS bezeichnet) vorhanden sein. Ist ein Laserhandgerät weit vom Lasersystem entfernt, muss sowohl am Handgerät als auch am Lasersystem ein Not-Halt-Taster vorhanden sein.

Jede Laser-Einrichtung muss mit einer optischen oder akustischen Warneinrichtung ausgestattet sein, die die Laseremission anzeigt. Die Betriebsbereitschaft des Lasers wird durch eine weitere Warnleuchte angezeigt. Die Warneinrichtung muss ausfallsicher oder redundant sein. An dem Laserbearbeitungsgerät muss ein Schlüsselschalter (oder vergleichbare Einrichtung) zur Autorisierungskontrolle vorhanden sein.

5.1.4.2
Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen in der Regel vom Hersteller einer Laser-Einrichtung aus geführt

Konstruktionsmaßnahmen für Steuerungen müssen so gewählt und ausgelegt werden, dass ihr sicherheitsrelevanter Beitrag zu einer ausreichenden Risikominderung führt.

Die Normenreihe DIN EN ISO 13849 beschreibt die erforderliche Risikominderung bei Gestaltung, Aufbau und Integration von sicherheitsbezogenen Teilen von Steuerungen und Schutzeinrichtungen, gleich ob elektrischer, elektronischer, hydraulischer, pneumatischer oder mechanischer Art. Die Leistungsfähigkeit sicherheitsbezogener Teile von Steuerungen, eine Sicherheitsfunktion unter verschiedenen Bedingungen auszuführen, wird einer von fünf Stufen zugeordnet, den so genannten Performance Level (PL).

Für jede vorgesehene Sicherheitsfunktion wird zunächst ein erforderlicher Performance Level PLr (r: required) bestimmt - im technischen Sinne der Sollwert - und der ermittelte PL muss ≥ PLr sein.

Typische Beispiele für Sicherheitsfunktionen sind:

  • Stillsetzen im Notfall,

  • Start- / Stopp-Funktionen,

  • Laserstrahlisolierung (Strahlverschluss),

  • Freigabesteuerung / Zustimmeinrichtung,

  • Schutz vor unerwartetem Anlauf,

  • Verriegelungseinrichtungen,

  • Überwachungs-/Diagnosefunktionen,

  • Zwei-Hand-Steuerung sowie

  • Aufsatzkontrolle.

In der Regel ergibt sich bei diesen Sicherheitsfunktionen ein PLr von d.