DGUV Regel 108-602 - Branche Schrotthandel

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Abschnitt 2.2 - 2.2 Was für die Branche gilt

Die Zahl der meldepflichtigen Unfälle (Unfallarten 1 und 2) pro 1000 Beschäftigte beträgt im Schrotthandel fast das Dreifache im Vergleich zum Durchschnitt aller Branchen des Handels.

Meldepflichtige Unfälle (Unfallarten 1 und 2) in Handelsunternehmen in den Jahren 2013 -2016

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Unter der Unfallart 1 sind Arbeitsunfälle im Betrieb, also z. B. Verbrennungen durch Schweißperlen beim Brennschneiden auf dem Platz, erfasst. Zur Unfallart 2 werden alle Arbeitsunfälle im Straßenverkehr, also z. B. Verletzungen beim Auflegen der Netze auf Absetzcontainer bei der Abholung im öffentlichen Verkehrsraum, gerechnet.

Auch bei den tödlichen Arbeitsunfällen (Unfallart 1 und 2) ist die Unfallhäufigkeit in der Branche des Schrotthandels im Vergleich zu den anderen Branchen am höchsten. Hier bilden Fahrzeuge als unfallauslösender Gegenstand den Schwerpunkt.

Die nachfolgend in den einzelnen Kapiteln beschriebenen Präventionsmaßnahmen unterstützen Sie dabei, diese Gefährdungen zuverlässig zu vermindern.

Tödliche Unfälle (Unfallarten 1 und 2) in Handelsunternehmen in den Jahren 2013 -2016

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ccc_3670_01.jpgRechtliche Grundlagen
  • Arbeitsschutzgesetz, § 5 Beurteilung der Arbeitsbedingungen (Gefährdungsbeurteilung), § 8 Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber, § 13 Verantwortliche Personen

  • Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Betriebssicherheitsverordnung - BetrSichV)

  • Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung - LärmVibrationsArbSchV)

  • DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention", § 6 Zusammenarbeit mehrerer Unternehmer, § 13 Pflichtenübertragung

  • Technische Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (TRLV)

  • Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe und Gefahrstoffe TRBA/TRGS 406

  • "Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege"

  • DGUV Regel 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten"

  • DGUV Regel 112-191 "Benutzung von Fuß- und Knieschutz"

  • DGUV Regel 112-192 "Benutzung von Augen- und Gesichtsschutz"

  • DGUV Regel 112-193 und 112-993 "Benutzung von Kopfschutz"

  • DGUV Regel 112-194 "Benutzung von Gehörschutz"

  • DGUV Regel 112-195 und 112-995 "Benutzung von Schutzhandschuhen"

Betriebsanweisungen

Maßnahmen zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz sind z. B. für

  • Betriebseinrichtungen und Tätigkeiten im inner- und außerbetrieblichen Transport,

  • Betriebseinrichtungen und Tätigkeiten bei der Aufbereitung insgesamt,

  • Tätigkeiten zur Zwischenlagerung,

  • Abbrucharbeiten,

  • Instandsetzungsarbeiten und die Störungsbeseitigung in Betriebsanweisungen festzuhalten.

Spezielle Kriterien für die Bereitstellung und das Tragen von Persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) im Schrotthandel

Die nachfolgende Übersicht stellt dar, bei welchen Gefährdungen welche PSA im Schrotthandel zur Verfügung zu stellen und zu tragen ist unter der Maßgabe, dass alle technischen und organisatorischen Maßnahmen vorher ausgeschöpft wurden:

Kopfschutz, wenn die Gefahr einer Kopfverletzung durch Anstoßen oder herabfallende, pendelnde oder wegfliegende Gegenstände besteht. Legen Sie in der Gefährdungsbeurteilung fest, welche Art von Kopfschutz für die Arbeitsbereiche Ihres Unternehmens erforderlich ist. Industrieschutzhelme sind z. B. erforderlich an Arbeitsplätzen, die im Gefahrbereich von Baggern, Ladern, Kranen, Scheren und Schreddern liegen sowie an Brennschneideplätzen und in Schiffsladeräumen. Auf Abbruchstellen gilt grundsätzlich die Tragepflicht von Industrieschutzhelmen. Bei derartigen Schutzhelmen aus Thermoplasten ist die vom Hersteller anzugebende Nutzungsdauer zu beachten. Schutzhelme aus Duroplasten unterliegen keiner altersbedingten Beeinträchtigung ihrer Schutzfunktion. Sie müssen in der Regel nur nach einer mechanischen Beschädigung ausgesondert werden.

Augenschutz, wenn die Gefahr von optischen, thermischen und/oder mechanischen Einwirkungen besteht, z. B. bei Brennschneidearbeiten, Reparatur- und Wartungsarbeiten. Mechanische Einwirkungen sind auf das Eindringen von Fremdkörpern in das Auge zurückzuführen. Heiße Metallsplitter oder -spritzer können darüber hinaus zu Verbrennungen im Auge führen. Optische Einwirkungen werden durch intensive Lichteinstrahlung hervorgerufen, z. B. beim Brennschneiden. Schutz bieten hier z. B. Schweißerschutzbrillen mit geeigneten Filtersichtscheiben. Für die richtige Auswahl von Filtersichtscheiben ist die Norm DIN EN 169 "Persönlicher Augenschutz; Filter für das Schweißen und verwandte Techniken; Transmissionsanforderungen und empfohlene Verwendung" maßgebend. Danach sollte beim Brennschneiden die Schutzstufe der verwendeten Sichtscheiben mindestens die Stufe 5 betragen. Sie ist in der am Rand der Sichtscheibe angebrachten Kennzeichnung als erste Ziffer leicht ablesbar.

Schutzhandschuhe, wenn die Gefahr von Handverletzungen gegeben ist, z. B. durch scharfkantiges Ladegut, bei der Durchführung von Ladungssicherungsmaßnahmen (Anbringen und Abnehmen von Netzen oder Planen), bei manuellen Sortier- und Demontagearbeiten. In der Norm DIN EN 420 "Allgemeine Anforderungen an Schutzhandschuhe" sind allgemeine Gestaltungsgrundsätze und Anforderungen enthalten. Neben diesen mechanischen Gefährdungen können auch thermische Risiken z. B. beim Brennschneiden hinsichtlich der Auswahl geeigneter Schutzhandschuhe wichtig sein. Hier sollten die Ausführungen in DIN EN 407 "Schutzhandschuhe gegen thermische Risiken" beachtet werden.

Sicherheitsschuhe, wenn die Gefahr von Fußverletzungen gegeben ist, z. B. durch herabfallendes Ladegut, Anstoßen, Einklemmen, umfallende, herabfallende oder abrollende Gegenstände, durch Hineintreten in spitze oder scharfe Gegenstände. Sie müssen der Kategorie S3 nach DIN EN ISO 20345 "Persönliche Schutzausrüstung - Sicherheitsschuhe" entsprechen und sind mit Zehenschutzkappe und durchtrittsicherer Sohle ausgestattet. Den Fuß umschließendes Schuhwerk ist zum sicheren Führen des Fahrzeuges vom Fahrpersonal zu tragen. Der Tragekomfort eines Schuhes wird sehr unterschiedlich empfunden. Die Beschäftigten sollten daher die Möglichkeit erhalten, unter verschiedenen Sicherheitsschuhen den ihnen bequemsten Schuh auszuwählen.

Warnkleidung z. B. beim Be- und Entladevorgang von Behältern (Containern) auf öffentlichen Straßen im Gefahrbereich des fließenden Verkehrs, bei Tätigkeiten auf dem Schrottplatz. Die fluoreszierenden Farben und reflektierenden Streifen der Warnkleidung erhöhen die Erkennbarkeit von Personen und helfen so, Unfälle zu vermeiden. Die Norm DIN EN ISO 20471" Hochsichtbare Warnkleidung - Prüfverfahren und Anforderungen", Ausgabe Juni 2013 legt Anforderungen an Schutzkleidung fest, die die Anwesenheit der Trägerin/des Trägers visuell signalisiert mit der Absicht, sie/ihn in gefährlichen Situationen bei allen möglichen Lichtverhältnissen am Tage sowie beim Anstrahlen mit Fahrzeugscheinwerfern in der Dunkelheit auffällig zu machen.

Wetterschutzkleidung, wenn die Witterungsbedingungen dies erfordern, z. B. bei Nässe, Wind und Umgebungstemperaturen bis -5 °C. Besonders wichtig bei dieser Kleidung ist eine ausreichende Wasserdampfdurchlässigkeit. Bei hohen Umgebungstemperaturen und gleichzeitig schwerer körperlicher Arbeit kann die Tragezeit der Wetterschutzkleidung begrenzt sein.

Kälteschutzkleidung, wenn z. B. Gesundheitsgefahren durch Temperaturen unter -5 °C bestehen. Bei winterlichen Temperaturen sollten alle Körperteile gegen Kälte geschützt werden. Dazu kann beim Helm die Winterauskleidung gehören, außerdem geeignete Schutzhandschuhe sowie Sicherheitsschuhe der Kategorie S3 mit rutschhemmenden Sohlen und Warmfutter.

Atemschutz, wenn gesundheitsschädliche Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube in der Atemluft enthalten sind, z. B. Stäube beim Entleeren des Behälters, beim Brennschneiden.

Atemschutzgeräte können mit verschiedenen Atemanschlüssen, z. B. als Voll-, Halb- oder Viertelmasken, Helm oder Haube ausgestattet sein. Bei filtrierenden Geräten ist auf die richtige Auswahl des geeigneten Filters für den vorhandenen Schadstoff zu achten. Partikelfilter werden nach ihrem Durchlassgrad in 3 Klassen eingeteilt, wobei die Klasse 3 den geringsten Durchlassgrad besitzt. Gasfilter werden nach ihrem Aufnahmevermögen in 3 Klassen unterteilt, wobei hier die Klasse 3 das höchste Aufnahmevermögen und damit die längste Haltedauer besitzt. Bei Arbeiten in Behältern kann Atemschutz mit von der Umgebungsluft unabhängiger Sauerstoffversorgung erforderlich sein.

Gehörschutz, wenn Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen gehörschädigendem Lärm ausgesetzt sind, z. B. beim Arbeiten an lärmemittierenden Betriebseinrichtungen, auf Abbruchstellen. Bei einem Tageslärmexpositionspegel zwischen 80 und 85 dB(A) ist geeigneter Gehörschutz zur Verfügung zu stellen. Ab einem Tageslärmexpositionspegel von 85 dB(A) ist der Gehörschutz verpflichtend zu tragen. Gehörschutzmittel sind in verschiedenen Ausführungen (z. B. als Kapselgehörschutz, als Stöpsel oder Otoplastik) und mit unterschiedlichen Dämmwerten erhältlich. Für jeden Einsatzfall gibt es geeigneten Gehörschutz. Zu beachten sind hier auch mögliche Kombinationen mit Schutzbrillen oder Helmen. Wenn eine Verständigung mit anderen Beschäftigten oder häufiges Telefonieren erforderlich ist, bietet sich hierfür speziell angepasster Gehörschutz an. Lassen Sie sich im Zweifel durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Ihres Unfallversicherungsträgers beraten.

Auf evtl. weitere erforderliche spezielle PSA, zum Beispiel gegen Ertrinken, wird im jeweiligen Kapitel eingegangen.

Lärm und Vibration

Lärm und Vibrationen können zu dauerhaften gesundheitlichen Schädigungen führen. Sie sind dazu verpflichtet, Ihre Beschäftigten davor zu schützen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte dürfen nicht überschritten werden.

In der Branche werden viele Betriebseinrichtungen und Arbeitsverfahren eingesetzt, bei denen eine Lärm- und/oder Vibrationsexposition der Beschäftigten besteht. Dazu zählen beispielsweise

  • Bagger, Lader und Flurförderzeuge

  • manuelle Sortierarbeiten je nach Umgebung

  • Brecher, Brennschneiden, Mühlen aller Art

  • Scheren, Granulieranlagen und Zerkleinerer.

Überschreitet die Lärmbelastung an den Arbeitsplätzen die Grenzwerte, die in der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung angegeben sind, führen Sie nacheinander folgende Maßnahmen durch:

  • Vermindern Sie die Lärmbelastung durch technische Lösungen (z. B. lärmgeminderte Arbeitsmittel, Schallschutzmaßnahmen, raumakustische Maßnahmen).

  • Beginnen Sie Lärmminderung immer an der lautesten Lärmquelle. Trennen Sie nach Möglichkeit lärmintensive Arbeitsmittel von leiseren Arbeitsbereichen (z. B. Umhausung, Kapselung).

  • Verringern Sie durch organisatorische Maßnahmen die Einwirkungszeit des Lärms (z. B. Arbeitsteilung).

  • Beschränken Sie den Zugang zu Lärmbereichen.

  • Weisen Sie bei Arbeiten im Lärmbereich das Tragen von Gehörschutz an und nehmen Sie auch Kontrollen vor.

Überschreitet die Vibrationseinwirkung an den Arbeitsplätzen die Grenzwerte, die in der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung angegeben sind, führen Sie nacheinander folgende Maßnahmen durch:

  • Gestalten Sie Verkehrsflächen eben.

  • Reduzieren Sie die Schwingungsbelastung durch technische Lösungen (z. B. schwingungsgeminderte Arbeitsmittel, schwingungsmindernde Sitze).

  • Verringern Sie durch organisatorische Maßnahmen die Einwirkungszeit der Schwingungen auf die Beschäftigten (z. B. Arbeitsteilung).

  • Die Fahrgeschwindigkeit sollte den Fahrbahnverhältnissen angepasst sein.

Beleuchtung im Betrieb

Viele Arbeitsplätze des Schrotthandels befinden sich im Freien. Auf den Verkehrswegen und an den Arbeitsplätzen besteht oft eine erhöhte Gefahr von Stolper-, Sturz- und Rutschunfällen durch Unebenheiten, gleitfördernde Stoffe wie Altöl und herumliegende Schrottteile. Auf Grund dieser Umstände kommt einer ausreichenden und blendfreien Beleuchtung bei Dämmerung und Dunkelheit besondere Bedeutung zu. Anforderungen hierzu finden sich in der ASR A3.4 "Beleuchtung".

ccc_3670_02.jpgWeitere Informationen
  • DGUV Information 208-033 "Belastungen für Rücken und Gelenke - was geht mich das an?"

  • DGUV Information 211-010 "Sicherheit durch Betriebsanweisungen"

  • DGUV Information 212-024 "Gehörschutz"

  • DGUV Information 212-515 "Persönliche Schutzausrüstungen"

  • DGUV Information 240-200 "Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem DGUV Grundsatz G 20 ‘Lärm‘"

  • DGUV Information 240-460 "Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 46 ‘Belastungen des Muskel- und Skelettsystems einschließlich Vibrationen‘"

  • VDI 4085 "Planung, Errichtung und Betrieb von Schrottplätzen"

  • Musterbetriebsanweisungen finden Sie im Kompendium Arbeitsschutz der BGHW unter

    ccc_3670_22.jpgwww.bghw.de

  • Gefährdungsbeurteilung online der BGHW unter

    ccc_3670_22.jpgwww.bghw.de